TE Vwgh Erkenntnis 2002/1/30 97/12/0136

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2002
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
Exekutivdienstgefährdungsvergütung 1992 §1 Z1 idF 1994/137;
Exekutivdienstgefährdungsvergütung 1992 idF 1994/137;
GehG 1956 §19b;
GehG 1956 §74a Abs3 idF 1992/314;
GehG 1956 §82 Abs3 idF 1994/550;
GehG 1956 §82 idF 1994/550;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des G in P, vertreten durch Riedl und Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. März 1997, Zl. 18.315/106-II/2/97, betreffend Bemessung der Vergütung für besondere Gefährdung der Wachebeamten (§ 82 des Gehaltsgesetzes 1956 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 536/1992), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 931,93 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Major in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion P, bei der er seit 1. Oktober 1994 Kommandant der (mit diesem Zeitpunkt neu geschaffenen) Verkehrsabteilung ist.

Mit Ansuchen vom 9. November 1994 beantragte der Beschwerdeführer beim Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion P im Hinblick auf die mit 1. Oktober 1994 rückwirkend in Kraft getretene Organisationsänderung die "Anweisung der erhöhten Gefahrenzulage" im Sinne des § 1 Z. 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres BGBl. Nr. 536/1992.

Der Bundesminister für Inneres teilte über Anfrage der Dienstbehörde erster Instanz dieser mit Schreiben vom 1. Dezember 1995 seine Rechtsansicht mit, derzufolge der in § 1 Z. 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. Nr. 536/1992 in der Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 137/1994, über die Bemessung der Vergütung für Gefährdung der Wachebeamten angeführte Terminus "Kommandanten der Verkehrsabteilungen ..." sich ausschließlich auf den Gendarmeriebereich beziehe und Beamte mit gleich lautender Funktionsbezeichnung aus dem Polizeibereich hievon nicht erfasst seien und daher ein Anspruch auf den mittleren Satz der Vergütung für besondere Gefährdung nur dann bestehe, wenn der betreffende Beamte der Verwendungsgruppe W1 (E1) den Nachweis erbringen könne, dass er zumindest die Hälfte der Plandienstzeit im exekutiven Außendienst erbringe. Diese Rechtsauskunft wurde dem Beschwerdeführer von der Dienstbehörde erster Instanz mit Erledigung vom 18. März 1996 mit dem Bemerken zur Kenntnis gebracht, dass sie sich vollinhaltlich mit jener der zuständigen Personalreferentin der Dienstbehörde erster Instanz decke.

Der Beschwerdeführer ersuchte daraufhin mit Eingabe vom 19. Jänner 1996 um die bescheidmäßige Feststellung der Nichtzuerkennung des erhöhten Satzes der Gefahrenzulage.

Die Dienstbehörde erster Instanz stellte mit Bescheid vom 4. Juli 1996 fest, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Funktion als Kommandant der Verkehrsabteilung ab 1. Oktober 1994 die begehrte pauschalierte Gefahrenzulage in der Höhe von 9,13 % des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V, basierend auf der "688. Verordnung des Bundesministeriums für Inneres" (BGBl. Nr. 688/1993) in Verbindung mit der "137. Verordnung des Bundesministeriums für Inneres" (BGBl. Nr. 137/94) nicht zustehe, weil er einerseits nicht dem in § 1 Z. 1 der Verordnung des Bundesministeriums für Inneres BGBl. Nr. 536/1992 zitierten Personenkreis zuzuordnen sei und weil er andererseits nicht regelmäßig mindestens die Hälfte seiner planmäßigen Dienstzeit als Kommandant der Verkehrsabteilung exekutiven Außendienst versehe.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, bei den in § 1 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 536/1992 in der Fassung BGBl. Nr. 137/1994 genannten Verwendungen handle es sich ausschließlich um solche, die schon ihrer Art nach und ohne Prüfung des Anteiles des exekutiven Außendienstes einen Anspruch auf erhöhte Gefährdungsvergütung begründeten. Seine Verwendung als Kommandant der Verkehrsabteilung sei explizit angeführt, weshalb ihm eine Vergütung im Ausmaß vom 9,13 % von V/2 jedenfalls zustehe. Die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde, der Passus "Kommandanten der Verkehrsabteilungen" beziehe sich ausschließlich auf den Gendarmeriebereich, sei nicht nachvollziehbar und entbehre einer rechtlichen Grundlage (wird näher ausgeführt). Da der Beschwerdeführer immer davon ausgegangen sei, dass er bereits auf Grund seiner konkreten Verwendung einen Anspruch auf eine erhöhte Vergütung für besondere Gefährdung habe, sei das konkrete Ausmaß seiner Außendiensttätigkeiten ohne Relevanz. Vertrete man jedoch die Ansicht, dass dem Beschwerdeführer nicht bereits auf Grund seiner Verwendung die erhöhte Gefährdungsvergütung zustehen solle, so wäre es Aufgabe der erstinstanzlichen Behörde gewesen zu überprüfen und zu ermitteln, ob dem Beschwerdeführer nicht auf Grund des Ausmaßes seiner Außendiensttätigkeiten eine erhöhte Gefährdungsvergütung zustehe.

Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens, in dem der Beschwerdeführer und sein Dienstvorgesetzter Stellungnahmen über eine konkrete Quantifizierung der exekutiven Außendienstleistungen des Beschwerdeführers im Verhältnis zur gesamten dienstplanmäßigen Leistung abgaben, wies der Bundesminister für Inneres mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. März 1997 die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Geschehens im Verwaltungsverfahren und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, es sei davon auszugehen, dass sich der im § 1 Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 536/1992 in der geltenden Fassung enthaltene Terminus "Kommandanten der Verkehrsabteilungen" ausschließlich auf den Gendarmeriebereich beziehe. Dies ergebe sich in eindeutiger Weise daraus, dass die in Rede stehende Funktion in einem Block von Funktionen genannt werde, die allesamt ausschließlich den Gendarmeriebereich betreffen. So werde die genannte Aufzählung mit der Funktion "Gendarmeriepostenkommandanten" eingeleitet und der Funktion "beim Gendarmerieeinsatzkommando als Einsatzkommandanten oder deren Stellvertreter verwendete Beamte der Verwendungsgruppe W1" abgeschlossen. Darüber hinaus sei maßgeblich, dass die mit der Verordnungsnovelle BGBl. 688/1993 erfolgte Aufnahme der "Kommandanten der Verkehrsabteilungen" in den für den mittleren Satz der Vergütung anspruchsberechtigten Kreis auf ausschließliche Initiative der Gendarmerie erfolgt sei und nur für deren Bereich Geltung haben sollte. Unmittelbarer Auslöser für diese Maßnahme sei die Neustrukturierung der Bezirksgendarmeriekommanden gewesen. Da somit Beamte aus dem Polizeibereich in der Funktion eines Kommandanten (Leiters) einer als Verkehrsabteilung bezeichneten Organisationseinheit nach dem nach Ansicht der belangten Behörde eindeutigen Wortlaut der bezughabenden Verordnung nicht von deren § 1 Z. 1 erfasst seien, erübrige sich auch jedes Eingehen auf den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Vergleich zwischen seinem Aufgabengebiet und jenem eines Kommandanten einer Verkehrsabteilung aus dem Gendarmeriebereich.

Den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach der Verordnungsgeber nicht nur Außendienst, sondern auch reine Innendiensttätigkeit als den erhöhten Satz der Vergütung für besondere Gefährdung begründend qualifiziert habe, wenn diese Innendiensttätigkeit in der Abwicklung von Parteienverkehr durch einen Exekutivbeamten bestehe, sei entgegenzuhalten, dass die Behauptung schon deshalb nicht von Relevanz sei, da - wie bereits dargelegt - der in § 1 Z. 1 der gegenständlichen Verordnung verwendete Terminus "Kommandanten der Verkehrsabteilungen" nur entsprechende Funktionsträger aus dem Gendarmeriebereich erfasse und an dieser Feststellung die Überlegungen des Beschwerdeführers keine Änderung herbeiführen könnten.

Soweit die Argumentation des Beschwerdeführers darauf abziele, die Parteienverkehrszeit als exekutiven Außendienst zu qualifizieren, um sie damit bei der Ermittlung des in § 1 Z. 1 der gegenständlichen Verordnung genannten Mindestmaßes der Hälfte der Plandienstzeit mit zu berücksichtigen, die ein Beamter, der keine der dort genannten Funktionen innehabe, aufweisen müsse, sei entgegenzuhalten, dass die Abwicklung von Parteienverkehr hinsichtlich des damit verbundenen Gefahrenmomentes einem exekutiven Außendienst nicht gleichzuhalten sei (wird näher ausgeführt).

Die belangte Behörde habe bei ihrer Entscheidung davon auszugehen gehabt, dass sich der Anspruch auf Vergütung für besondere Gefährdung unmittelbar auf Grund des Gesetzes ergebe und es zur Anspruchsbegründung weder eines konstitutiven Bescheides noch eines wie immer gearteten Antrages des Beamten bedürfe. Die Dienstbehörde sei daher verpflichtet gewesen, die zur Feststellung des Anspruches notwendigen Erhebungen von Amts wegen einzuleiten und zu führen. Die Prüfungspflicht der Behörde könne daher durch Parteienantrag in keiner Weise eingeschränkt werden. Wenngleich sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des mittleren Satzes der Vergütung ausschließlich auf seine Funktion als Kommandant der Verkehrsabteilung bezogen habe, seien die Behörden in Ansehung obiger Ausführungen dennoch verhalten gewesen, die Prüfung auf alle in Betracht kommenden Tatbestände auszudehnen. Daraus resultiere die Notwendigkeit, Erhebungen auch über das Ausmaß der vom Beschwerdeführer im exekutiven Außendienst erbrachten Dienststunden zu führen.

Auf Grundlage der im Zuge des Berufungsverfahrens geführten Erhebungen sei für die belangte Behörde als erwiesen anzusehen, dass die vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner dienstplanmäßigen Stunden zu erbringenden exekutiven Außendienstleistungen nicht das geforderte Ausmaß von mindestens der Hälfte der Dienstzeit erreichten (wird näher ausgeführt).

Weder aus der Funktion des Beschwerdeführers als Leiter (Kommandant) der Verkehrsabteilung noch aus dem Umfang der von ihm erbrachten exekutiven Außendienstleistungen könne folglich ein Anspruch auf den mittleren Satz der Vergütung für besondere Gefährdung abgeleitet werden. An diesen Feststellungen könnten auch die Verweise des Beschwerdeführers auf Beamte anderer Verwendungen, denen der Anspruch auf den mittleren Satz der Vergütung zukomme, keine Änderung herbeiführen. Das Begehren des Beschwerdeführers habe daher abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 Gehaltsgesetz 1956 (§ 74a dieses Gesetzes) in Verbindung mit § 1 Z. 1 der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Bemessung der Vergütung für besondere Gefährdung der Wachebeamten durch unrichtige Anwendung dieser Normen, insbesondere der letzteren Norm, verletzt. Die belangte Behörde vertrete die Ansicht, unter "Kommandanten der Verkehrsabteilung" im Sinne des durch BGBl. Nr. 688/1993 novellierten § 1 Z. 1 der in Rede stehenden Gefährdungsvergütungsverordnung seien ausschließlich solche des Gendarmeriebereiches und (offensichtlich gemeint:) nicht solche des Polizeibereiches gemeint. Als einziges interpretatorisches Element, das aus der Verordnung selbst abgeleitet werde, führe die belangte Behörde ins Treffen, dass die Kommandanten der Verkehrsabteilungen in § 1 Z. 1 in einer Gruppe von Verwendungen genannt werden, die alle ausschließlich die Gendarmerie beträfen. Das sei falsch: schon der erste Begriff "Wachkommandanten der Sicherheitswache" werde überhaupt nicht für die Gendarmerie, sondern nur für die Polizei verwendet. Es folge mit "Gendarmeriepostenkommandanten" der entsprechende, die Gendarmerie betreffende Begriff. Wenn daran anschließend ein weiterer Begriff aufscheine, der buchstabengleich für beide Bereich gelte, gebe es überhaupt keinen Grund, aus der Regelungssystematik eine Einschränkung im Sinne des behördlichen Standpunktes vorzunehmen.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung mit Nachdruck geltend gemacht, dass auch der gleichheitsrechtliche Aspekt dem Behördenstandpunkt widerspreche und verlange, dass unter "Kommandanten der Verkehrsabteilungen" auch jene des Polizeibereiches angesehen werden müssten. Er habe geltend gemacht, dass die Verwendung in beiden Fällen im Wesentlichen gleich sei. Die belangte Behörde versuche nicht einmal, dem irgendetwas entgegenzusetzen. Es sei daher davon auszugehen, dass diese Verwendungsgleichheit in den hier relevanten Aspekten unbestritten sei.

Verordnungen seien ebenso wie Gesetze primär aus ihrem Wortlaut grammatikalisch - logisch zu interpretieren. Schon an zweiter Stelle komme das Gebot der gesetzes- und verfassungskonformen Interpretation. Soweit danach eine bestimmte Interpretation erforderlich sei und diese aus dem Normenwortlaut überhaupt als möglich erscheine, habe sie Platz zu greifen.

Der verfassungsrechtliche Gleichheitsschutz des Art. 7 B-VG verlange unter der im vorigen Sinne unbestrittenen Voraussetzung einer im Wesentlichen gegebenen Gleichheit der Verwendungen der Kommandanten der Verkehrsabteilungen bei Gendarmerie einerseits und Polizei andererseits, dass auch Regelungsgleichheit hinsichtlich des gegenständlichen Vergütungsanspruches bestehe. Eine dahingehende Interpretation sei nach dem Regelungswortlaut nicht nur möglich, sondern ebenfalls unmittelbar geboten. Selbst wenn es ein dagegen sprechendes Argument aus der Regelungssystematik gäbe, so wäre dies unter diesen Umständen unerheblich. Was den Willen des Gesetzgebers (Verordnungsgebers) betreffe, sei dieser nach ständiger Lehre und Rechtsprechung aus dem Gesetz (der Verordnung) selbst zu erschließen und hätten dem gegenüber Redaktorenmeinungen keine Bedeutung. Auch aus dem Argument der Verordnungsentstehung (Erfüllung eines Gendarmeriewunsches) lasse sich daher nichts für den behördlichen Standpunkt gewinnen.

Im Beschwerdefall ist für die Bemessung (Gebührlichkeit) der Vergütung für besondere Gefährdung nach dem Grundsatz der zeitbezogenen Betrachtung der Zeitraum von 1. Oktober 1994 bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (7. März 1997) von Bedeutung.

§ 74a GG (Vergütung für besondere Gefährdung) wurde durch Art. 1 Z. 7 der 53. Gehaltsgesetznovelle, BGBl. Nr. 314/1992, mit Wirkung ab 1. September 1992 für Wachebeamte in das Gehaltsgesetz als Sonderbestimmung gegenüber § 19b GG eingefügt. Durch die Novelle BGBl. Nr. 16/1994 wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 1994 der Vergütungssatz in Abs. 1 von 6,35 % auf 7,30 % angehoben.

Das Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBl. Nr. 550, hat die bisherige Bestimmung des § 74a (in der damals geltenden Fassung) mit Wirkung vom 1. Jänner 1995 als § 82 GG - inhaltlich völlig unverändert - für Beamte des Exekutivdienstes (im neuen Funktionszulagenschema) neu gefasst. Für Wachebeamte, die im bisherigen Dienstklassensystem verbleiben, ordnet § 144 GG (Vergütung für besondere Gefährdung) in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994 an, dass § 82 auf Wachebeamte anzuwenden ist.

Die letztgenannte Bestimmung lautet:

"Vergütung für besondere Gefährdung

§ 82.(1) Dem exekutivdienstfähigen Beamten des Exekutivdienstes gebührt für die mit seiner dienstplanmäßigen Tätigkeit verbundene besondere Gefährdung an Stelle der in § 19b vorgesehenen Nebengebühr eine monatliche Vergütung von 7,30 % des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V, soweit nicht für seine Verwendung gemäß Abs. 3 ein höheres Ausmaß festgesetzt ist.

(2) Die Vergütung nach Abs. 1 erhöht sich für jede der Bemessung zu Grunde zu legende Stunde einer außerhalb des Dienstplanes erbrachten Dienstleistung um 0,1 % des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V.

(3) Der zuständige Bundesminister hat durch Verordnung

1. jene Verwendungen zu bestimmen, mit deren Ausübung ein höherer Grad an Gefährdung verbunden ist, und hiefür unter Berücksichtigung des zeitlichen Ausmaßes dieser Gefährdung an Stelle des in Abs. 1 genannten Betrages einen entsprechend höheren Vergütungsbetrag festzusetzen und

2. den nach Abs. 2 der Bemessung zu Grunde zu legenden Zeitanteil einer außerhalb des Dienstplanes erbrachten Dienstleistung zu bestimmen.

Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers.

(4) Abweichend von Abs. 2 beträgt die Erhöhung der Vergütung für die Beamten des Sicherheitswachdienstes, des Gendarmeriedienstes und des Kriminaldienstes für jede zu berücksichtigende Stunde, die durch Freizeit ausgeglichen wird, 0,1 % des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V abzüglich 1/173,2 der sich aus Abs. 1 oder Abs. 3 Z. 1 ergebenden Vergütung.

(5) Ergeben sich bei Berechnung der nach den Abs. 2 und 4 der Bemessung zu Grunde zu legenden Stunden Bruchteile von Stunden, so gebührt der verhältnismäßige Teil der Vergütung. Abweichend davon sind für Beamte des Zollwachdienstes Bruchteile im Ausmaß von mehr als 30 Minuten als volle Stunde zu berücksichtigen, Bruchteile bis zu 30 Minuten bleiben unberücksichtigt.

(6) Auf die nach Abs. 1 und Abs. 3 Z. 1 gebührende Vergütung sind anzuwenden:

1.

§ 15 Abs. 1 letzter Satz,

2.

§ 15 Abs. 4 und 5,

3.

§ 15a Abs. 2 und

4.

die für die nebengebührenzulagenrechtliche Behandlung der Gefahrenzulage maßgebende Bestimmungen des Nebengebührenzulagegesetzes.

(6a) Anfall, Änderung und Einstellung dieser Vergütung werden mit dem auf den maßgebenden Tag folgenden Monatsersten oder, wenn der maßgebende Tag der Monatserste ist, mit diesem Tag wirksam. Die Vergütung fällt auch dann mit dem Monatsersten an, wenn der maßgebende Tag zwar nach dem Monatsersten, nicht aber nach dem ersten Arbeitstag des betreffenden Monats liegt. Maßgebend ist der Tag des Ereignisses, das den Anfall, die Änderung oder die Einstellung bewirkt. Die Bestimmungen des § 13 über die Kürzung und den Entfall der Bezüge bleiben unberührt.

(7) Die für die nebengebührenzulagenrechtliche Behandlung der Gefahrenzulage maßgebenden Bestimmungen des Nebengebührenzulagengesetzes sind auch auf den Erhöhungsbetrag nach den Abs. 2 und 4 anzuwenden.

(8) Die Abs. 1 bis 7 sind auf die Teilnehmer an den kursmäßigen Grundausbildung an der Justizwachschule nicht anzuwenden"

Gestützt auf § 74a GG erging die Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Bemessung der Vergütung für besondere Gefährdung der Wachebeamten, BGBl. Nr. 536/1992 (im Folgenden Gefährdungsvergütungs-VO).

§ 1 der Gefährdungsvergütungs-VO (deren Z. 1 in der Fassung der am 1. Juli 1993 in Kraft getretenen Novellierung BGBl. Nr. 688/1993) lautet: (der im Beschwerdefall relevante Tatbestand ist unterstrichen)

"§ 1. Die monatliche Vergütung für besondere Gefährdung beträgt für die innerhalb des Dienstplanes erbrachten Dienstleistungen der Beamten des Sicherheitswachdienstes, des Gendarmeriedienstes und des Kriminaldienstes

1. für Wachkommandanten der Sicherheitswache, Gendarmeriepostenkommandanten, Kommandanten der Verkehrsabteilungen, Kriminalabteilungen, der Außenstellen der Gendarmerieposten, Verkehrsabteilungen und Kriminalabteilungen, Bezirksgendarmeriekommandanten und die Stellvertreter dieser Beamten, Referenten und Sachbearbeiter der Bezirksgendarmeriekommanten, Hauptsachbearbeiter und Sachbearbeiter der Kriminalabteilungen, Verkehrsabteilungen und des Gendarmerieeinsatzkommandos, sofern sie nicht unter Z. 2 fallen, beim Gendarmerieeinsatzkommando als Einsatzeinheitskommandanten oder deren Stellvertreter verwendete Beamte der Verwendungsgruppe W1, den Wachzimmern als Wachhabende zugewiesene Wachebeamte sowie für alle Wachebeamten, die zumindest die Hälfte der Plandienstzeit im exekutiven Außendienst verbringen, 7,94 % des Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V,

2. für Beamte des Sicherheitswachdienstes und des Gendarmeriedienstes, denen eine Außendienstverrichtung vom zwei Dritteln der Dienstleistungen vorgeschrieben ist, beim Gendarmerieeinsatzkommando in der Einführung in den speziellen Dienst dieses Kommandos verwendete Beamte sowie Kriminalbeamte und Gendarmeriebeamte bei den Kriminalabteilungen und im Gendarmerieeinsatzkommando der Verwendungsgruppe W2 und W3, die nach Art ihrer Verwendung grundsätzlich zur regelmäßigen Versehung exekutiven Außendienstes herangezogen werden, 10,48 % des Gehalts (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V."

Die Prozentsätze wurde durch die Novelle der Verordnung, BGBl. Nr. 137/1994 mit Wirkung ab 1. Jänner 1994 angehoben, und zwar in § 1 Z. 1 auf 9,13 %, in § 1 Z. 2 auf 12,06 %.

Der Beschwerdeführer vertritt den Standpunkt, im Beschwerdefall liege bei der hier strittigen Tätigkeit ab 1. Oktober 1994 eine der im § 1 Gefährdungsvergütungs-VO genannten Verwendungen vor, die schon ihrer Art nach und ohne Prüfung des Anteils des exekutiven Außendienstes den erhöhten Vergütungsanspruch im Ausmaß von 9,13 % des Gehaltes V/2 begründet.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu:

Die Vergütung für besondere Gefährdung gemäß § 82 GG gebührt den exekutivdienstfähigen Beamten des Exekutivdienstes an Stelle der in § 19b GG vorgesehenen Gefahrenzulage. Das bedeutet, dass mit dieser Vergütung sämtliche Gefahren, denen der Exekutivbeamte ausgesetzt ist, abzugelten sind. Die im Gesetz selbst vorgesehene Grundstufe steht für die allgemeine, typischerweise schon mit der Funktion eines Beamten des Exekutivdienstes verbundene Gefährdung zu; die Vergütung für darüber hinausgehende besondere Gefährdungen ist gemäß § 82 Abs. 3 leg. cit. durch Verordnung zu regeln. Dabei müssen, weil die Vergütung gemäß § 82 Gehaltsgesetz - wie oben ausgeführt - die Gefahrenzulage nach § 19b leg. cit. vollständig ersetzt, grundsätzlich alle in Betracht kommenden und nicht nur die für den Exekutivdienst spezifischen Gefahren berücksichtigt werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zlen. 96/12/0228 und 96/12/0370).

Die auf Grund von § 82 Abs. 3 Gehaltsgesetz ergangene Verordnung kennt in ihrem § 1 dem Typus nach zwei unterschiedlich gestaltete Fallgruppen, die für sich allein oder (sofern dies ausdrücklich angeordnet wird) miteinander verknüpft zur Anerkennung einer erhöhten Gefährdung und damit verbunden zu einer höheren Abgeltung führen: Einerseits das Innehaben einer bestimmen durch organisatorische Merkmale besonders hervorgehobenen Verwendung, andererseits einen bestimmten Anteil an (exekutivem) Außendienst. Ausschlaggebend für den Verordnungsgeber war dabei offenbar, dass erfahrungsgemäß typischerweise gerade mit diesen organisatorisch hervorgehobenen Verwendungen sowie mit dem ein bestimmtes Ausmaß übersteigenden (exekutiven) Außendienst erhöhte Gefährdungen verbunden sind.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 19. Dezember 2001 mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, bietet die schematisierende Regelungstechnik der Gefährdungsvergütungs-VO für sich allein keinen Anlass für Zweifel an ihrer Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit. Es wäre allerdings unsachlich, wenn dabei bestimmte, nicht schon mit der "Grund"- Vergütung gemäß § 82 Abs. 1 GG abgegoltene, als in ihrer Gefahrengeneigtheit über die gewöhnliche, mit der "dienstplanmäßigen Tätigkeit verbundene besondere Gefährdung" hinausgehende Tätigkeiten ganz ausgeklammert blieben.

Die Gefährdungsvergütungs-VO enthält in ihrer Aufzählung in § 1 Z. 1 der speziell organisatorisch hervorgehobenen Verwendungen die "Kommandanten der Verkehrsabteilungen". Die belangte Behörde vertritt aus den eingangs dargelegten Gründen die Ansicht, dieser Terminus beziehe sich ausschließlich auf den Gendarmeriebereich.

Dieser Auslegung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen:

     § 1 der Gefährdungsvergütungs-VO umschreibt in seinem

Einleitungssatz die Anspruchsberechtigten zunächst allgemein und

umfassend mit dem Begriff "Beamte des Sicherheitswachdienstes, des

Gendarmeriedienstes und des Kriminaldienstes", um sodann in Z. 1 -

 soweit es für den Beschwerdefall von Bedeutung ist - speziell

hervorgehobene Verwendungen aufzuzählen, die sich entweder

ausschließlich auf den Sicherheitswachdienst ("Wachkommandanten

der Sicherheitswache"), oder ausschließlich auf den

Gendarmeriedienst beziehen ("Gendarmeriepostenkommandanten,

Kommandanten ... der Außenstellen der Gendarmerieposten, ...,

Bezirksgendarmeriekommandanten und die Stellvertreter dieser

Beamten, Referenten und Sachbearbeiter der

Bezirksgendarmeriekommanden, Hauptsachbearbeiter und

Sachbearbeiter ... des Gendarmerieeinsatzkommandos, sofern sie

nicht unter Z. 2 fallen, beim Gendarmerieeinsatzkommando als

Einsatzeinheitskommandanten oder deren Stellvertreter verwendete

Beamte der Verwendungsgruppe W1"). Hinsichtlich der verbleibenden

Funktionen ("Kommandanten der Verkehrsabteilungen,

Kriminalabteilungen, der Außenstellen der ... Verkehrsabteilungen

und Kriminalabteilungen, ... Hauptsachbearbeiter und

Sachbearbeiter der Kriminalabteilungen, Verkehrsabteilungen ..., sofern sie nicht unter Z. 2 fallen ...") erscheint deren Zuordnung ausschließlich zum Gendarmeriebereich für die belangte Behörde auf Grund deren Aufzählung in einem Block von Funktionen, die mit der des "Gendarmeriepostenkommandanten" beginnt und mit jener des "beim Gendarmerieeinsatzkommando als Einsatzkommandanten oder deren Stellvertreter verwendete Beamten der Anwendungsgruppe W1" endet, eindeutig. Dieser Umstand vermag jedoch - weder allein noch im Zusammenhalt mit dem Argument zur Entstehungsgeschichte der Bestimmung - die Auslegung der belangten Behörde nicht zu tragen, weil der Wortlaut der Bestimmung - auch isoliert betrachtet - jedenfalls die Verkehrsabteilungskommandanten erfasst; es ist nicht erkennbar, dass durch die spezifische Technik der Novelle BGBl. Nr. 688/1993 eine Einschränkung auf den Bereich der Gendarmeriebeamten erfolgte. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Aufnahme der Anspruchsberechtigung dieses Personenkreises einem Wunsch der Gendarmerie entsprechend erfolgt sei, zumal eine Einschränkung auf diesen Wachkörper - sollte diese tatsächlich gewollt sein - terminologisch unschwer möglich gewesen wäre.

Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie von einem zu engen Begriff des Terminus "Kommandanten der Verkehrsabteilungen" ausging, die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Der geltend gemachte Aufwand für Bundesstempel war mit EUR 23,93 zuzusprechen.

Wien, am 30. Jänner 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1997120136.X00

Im RIS seit

11.04.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten