TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/19 98/14/0148

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Veröffentlicht am 19.02.2002
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
60/01 Arbeitsvertragsrecht;

Norm

DurchschnittssatzV Werbungskosten 1993 §1 Z2;
EStG 1988 §17 Abs4;
SchauspielerG §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des E Z in K, vertreten durch Dr. Friedrich Staudacher, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 10. Juli 1998, Zl. RV 547/1- 7/98, betreffend Arbeitnehmerveranlagung für 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat mit einem Theaterunternehmen einen "Bühnendienstvertrag als Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros" abgeschlossen. Einziger Streitpunkt des Verwaltungsverfahrens war die Frage, ob dem Beschwerdeführer das besondere Werbungskostenpauschale gemäß § 1 Z. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (BGBl. Nr. 32/1993, im Folgenden kurz: VO) zusteht.

Mit dem angefochtenen Bescheid verweigerte die belangte Behörde das besondere Werbungskostenpauschale. § 1 Z. 2 der VO bestimme, dass Bühnenangehörige, soweit sie dem Schauspielergesetz unterliegen, andere auf Bühnen auftretende Personen und Filmschauspieler anstelle des Werbungskostenpauschales gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988, auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses Werbungskosten in Höhe von 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 36.000 S jährlich geltend machen können. Entscheidend für die Zuerkennung des besonderen Werbungskostenpauschales sei, so die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiter, ob der Beschwerdeführer mit seiner überwiegend ausgeübten Tätigkeit einer der in der VO genannten Berufsgruppe zuzuordnen sei, welche in Erfüllung ihrer beruflichen künstlerischen Tätigkeiten regelmäßig bei der Aufführung von Bühnenwerken vor Publikum auftreten. Umfasse das Tätigkeitsbild andere, nicht in der VO angeführten Tätigkeiten (z.B. Verwaltungsaufgaben), stehe der besondere Werbungskostenpauschbetrag nicht zu. Auch sei eine Aliquotierung bei nicht ausschließlich darstellender Tätigkeit auf der Bühne nicht zulässig. Als Leiter des künstlerischen Betriebsbüros gehöre der Beschwerdeführer (obzwar grundsätzlich unter das Schauspielergesetz fallend) nicht dem Kreis jener Personen an, die auf Bühnen auftreten, weshalb der besondere Werbungskostenpauschbetrag des § 1 Z. 2 der VO dem Beschwerdeführer nicht gewährt werden könne.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 4 EStG 1988 kann der Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen festlegen. Für Lohnzahlungszeiträume, die nach 31. Dezember 1992 enden, demnach auch für das Streitjahr 1995, hat der Bundesminister für Finanzen von diesem Recht mit der Verordnung vom 23. Dezember 1992, BGBl. Nr. 32/1993, Gebrauch gemacht.

§ 1 Z. 2 der genannten VO lautet:

"Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

1.

...

2.

Bühnenangehörige, soweit sie dem Schauspielergesetz unterliegen, andere auf Bühnen auftretende Personen, Filmschauspieler 5 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 36.000 S jährlich.

              3.              ..."

§ 1 Schauspielergesetz (BGBl. Nr. 441/1922) beschreibt den Anwendungsbereich des Gesetzes wie folgt:

"§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für das Dienstverhältnis von Personen, die sich einem Theaterunternehmer zur Leistung künstlerischer Dienste in einer oder mehreren Kunstgattungen (insbesondere als Darsteller, Spielleiter, Dramaturg, Kapellmeister, Musiker) bei der Aufführung von Bühnenwerken verpflichten (Mitglied), sofern das Dienstverhältnis die Erwerbstätigkeit des Mitgliedes hauptsächlich in Anspruch nimmt (Bühnendienstvertrag).

(2) ...."

Unter Hinweis auf den Verordnungstext vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, das strittige Werbungskostenpauschale stehe allen Personen zu, die sich einem Theaterunternehmen zur Leistung künstlerischer Dienste in einer oder mehreren Kunstgattungen verpflichtet hätten, die also in den Anwendungsbereich des Schauspielergesetzes fielen. Dies treffe auf den Beschwerdeführer zu, da er einerseits aufgrund seines künstlerischen Vorwissens als Dirigent, andererseits wegen seines speziellen Aufgabenbereiches als Leiter des künstlerischen Betriebsbüros nicht überwiegend mit Agenden der Verwaltung, sondern mit solchen künstlerischer Natur (etwa Auswahl der aufzuführenden Stücke) befasst sei. Dass die belangte Behörde keine konkreten Feststellungen zu seinem Tätigkeitsbild getroffen habe, belaste den angefochtenen Bescheid zudem mit einem Verfahrensmangel.

Die belangte Behörde hat demgegenüber die Anwendbarkeit des Schauspielergesetzes auf das Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers bejaht, dies jedoch in rechtlicher Hinsicht deshalb als unerheblich angesehen, weil die vom Beschwerdeführer ausgeübte leitende Tätigkeit nicht "den in der VO definierten Berufsgruppen" entspreche. Den darin "definierten Berufsgruppen" sei nämlich gemeinsam, dass es sich dabei um Personen handle, die auf einer Bühne vor Publikum auftreten würden, was auf den Beschwerdeführer zweifellos nicht zutreffe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der in einer Vorgängerverordnung (BGBl. Nr. 597/1975) enthaltenen gleich lautenden Wortfolge in seinem Erkenntnis vom 18. Jänner 1989, 88/13/0169, folgendes ausgeführt:

"Der Gerichtshof teilt zunächst die in der Beschwerde vertretene Auffassung, dass als 'Bühnenangehöriger' im Sinne der oben zitierten Bestimmung die im § 1 Abs. 1 des Schauspielergesetzes genannten Personen zu verstehen sind, die sich einem Theaterunternehmer zur Leistung künstlerischer Dienste in einer oder mehreren Kunstgattungen bei der Aufführung von Bühnenwerken verpflichten und zu welchen nach der demonstrativen Aufzählung in der zitierten Norm unter anderem Darsteller, Spielleiter, Dramaturgen, Kapellmeister und Musiker gehören. Ob nun der von einer bestimmten Person im Rahmen eines Theaterbetriebes erbrachte Dienst ein künstlerischer ist oder nicht, und diese Person daher im Sinne der bereits mehrfach angeführten Verordnung des Bundesministers für Finanzen einen Bühnenangehörigen darstellt, unterliegt hinsichtlich der im § 1 Abs. 1 leg. cit. beispielsweise angeführten Personengruppen keinem Zweifel: Eine solche Person leistet jedenfalls einen künstlerischen Dienst. Anders stellt sich die Situation bei jenen Beschäftigten eines Theaterunternehmers dar, die keiner der angeführten Personengruppen zuzurechnen sind. Hier wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob die von einem solchen Arbeitnehmer geleisteten Dienste als künstlerische zu qualifizieren sind oder nicht. Dies gilt auch für den Streitfall, weil es sich beim Beschwerdeführer unbestrittenermaßen um einen Tonmeister

(Chefakustiker) der ... handelt und Tonmeister in der

demonstrativen Aufzählung des § 1 Abs. 1 des Schauspielergesetzes nicht angeführt sind."

Nach dieser Definition der "Bühnenangehörigen" kann keine Rede davon sein, dass darunter nur Personen fallen würden, welche auf einer Bühne vor Publikum auftreten.

Eine Beschränkung des besonderen Werbungskostenpauschales auf Personen, die entweder auf Bühnen auftreten oder Filmschauspieler sind, mag (wie die belangte Behörde in der Gegenschrift eingehend darstellt) unter dem Gesichtspunkt des Anfalls gruppenspezifischer Werbungskosten zu einem einsichtigen Ergebnis führen, was jedoch nichts daran zu ändern vermag, dass der Bundesminister für Finanzen mit seiner Entscheidung, den Begriff der "Bühnenangehörigen" unverändert aus den zum Einkommensteuergesetz 1972 ergangenen Verordnungen zu übernehmen, diesen Weg nicht eingeschlagen hat.

Soweit die belangte Behörde erstmals in der Gegenschrift ausführt, der Begriff der "Bühnenangehörigen" habe durch die weitere Aufzählung der unter die Bestimmung fallenden Personen eine Präzisierung im Sinne einer Einschränkung erfahren, ist ihr entgegen zu halten, dass bei einem derartigen Verständnis der in der VO enthaltenen Aufzählung der Begriff der "Bühnenangehörigen" nicht nur präzisiert, sondern ihm jeglicher Anwendungsbereich entzogen werden würde, da "auf Bühnen auftretende Personen" ohnedies als zweite Fallgruppe genannt sind.

Die belangte Behörde hat daher insofern die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998140148.X00

Im RIS seit

24.06.2002

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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