TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/27 2001/05/1037

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Veröffentlicht am 27.02.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §1 Abs6;
MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs1;
MeldeG 1991 §17 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. März 2001, Zl. Gem(Wahl)-900022/3-2001- Gru/Ha, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Bürgermeister der Gemeinde Asten in Asten, 2. Alexander Rief in Asten, Tagerstraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 31. Jänner 1974 geborene Zweitmitbeteiligte ist mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde des erstmitbeteiligten Bürgermeisters (kurz: A) gemeldet. Er ist seit 12. Mai 1999 mit weiterem Wohnsitz in Linz gemeldet.

Das gegenständliche Reklamationsverfahren wurde mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 26. Mai 2000 eingeleitet; darin brachte er vor, der Zweitmitbeteiligte gehe in Linz einer Beschäftigung im Ausmaß von 40 Wochenstunden nach und lebe darüber hinaus mit einer Linzerin, die in Linz mit Hauptwohnsitz gemeldet sei, in einer Lebensgemeinschaft.

Der Zweitmitbeteiligte gab am 17. November 2000 niederschriftlich an, der Mittelpunkt seines "Lebensinhaltes" befinde sich in A, wo sich sein Elternhaus befinde. Er lebe in diesem Haus gemeinsam mit seinen Eltern und einer Großmutter, zu welchen er eine sehr enge Bindung habe. Weiters lebten in A Freunde und ehemalige Mitschüler. Er halte sich bei seiner Freundin in Linz, wo er mit weiterem Wohnsitz gemeldet sei, nur an zwei Tagen in der Woche auf und kehre sonst abends nach der Arbeit immer nach A in sein Elternhaus zurück. Der erstmitbeteiligte Bürgermeister schloss sich diesen Angaben an. Der Beschwerdeführer gab eine ablehnende Stellungnahme ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung eines Reklamationsverfahrens abgewiesen und ausgesprochen, dass der Hauptwohnsitz des Zweitmitbeteiligten weiter an der näher bezeichneten Anschrift in A verbleibe.

Begründend heißt es insbesondere, der Zweitmitbeteiligte gehe in Linz einer hauptberuflichen Erwerbstätigkeit nach. Der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung liege in A. Er halte sich lediglich an zwei Tagen in der Woche an seinem weiteren Wohnsitz auf, an den anderen Tagen fahre er abends nach der Arbeit nach A in sein Elternhaus. Die Angaben des Beschwerdeführers, der Zweitmitbeteiligte verbringe die Wochenenden bei seiner Lebensgefährtin in Linz, könnten nicht nachvollzogen werden. Dem stünden die Angaben des Zweitmitbeteiligten entgegen. Der Zweitmitbeteiligte habe somit sowohl in Linz als auch in A einen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen, womit er subjektive Kriterien des "überwiegenden Naheverhältnisses, welches in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck komme, im Beschwerdefall den Ausschlag gebe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der erstmitbeteiligte Bürgermeister erstattete eine Gegenschrift, in welcher er vorbrachte, dass sich der Zweitmitbeteiligte zwischenzeitlich (gemeint: nach Erlassung des angefochtenen Bescheides) von seiner Freundin getrennt und demzufolge am 13. November 2001 den Zweitwohnsitz in Linz abgemeldet habe. Sein Lebensmittelpunkt befinde sich somit in A. Kostenersatz wird von ihm nicht angesprochen. Auch der Zweitmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in welcher er ebenfalls vorbrachte, dass er auf Grund der Trennung von seiner Freundin den weiteren Wohnsitz in Linz am 13. November 2001 abgemeldet und demnach nur mehr am Hauptwohnsitz in A gemeldet sei. Er brachte weiters (offensichtlich in Erwiderung zu einem Beschwerdevorbringen) vor, dass seine Freundin vor Beendigung der Beziehung die Wochenenden bei ihm und seiner Familie (dem Zusammenhang nach gemeint: in A) verbrachte habe. Kostenersatz wird von ihm ebenfalls nicht angesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zum Vorbringen in den Gegenschriften der beiden mitbeteiligten Parteien ist zunächst darauf zu verweisen, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in welchem es um die nachprüfende Kontrolle der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides geht, auf Änderungen des Sachverhaltes nach Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht Bedacht genommen werden kann (§ 41 VwGG).

Im zulässigerweise eingeleiteten Reklamationsverfahren wird die bis dahin für den Hauptwohnsitz des Betroffenen ausschließlich maßgebliche "Erklärung" des Meldepflichtigen dahingehend "hinterfragt, ob der erklärte Hauptwohnsitz den in Art. 6 Abs. 3 B-VG (§ 1 Abs. 7 MeldeG) normierten objektiven Merkmalen entspricht" (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 2001, G 139/00-10, u.a.). Die Lösung der im Reklamationsverfahren maßgeblichen Rechtsfrage des Hauptwohnsitzes des Betroffenen hängt an dem materiell-rechtlichen Kriterium "Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen". Bei der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmales kommt es auf eine Gesamtschau an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, klargestellt, dass das subjektive Kriterium "überwiegendes Naheverhältnis", das nur in der persönlichen Einstellung des Betroffenen zum Ausdruck kommt, nur in den Fällen den Ausschlag gibt, in denen als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zwei oder mehrere "Mittelpunkte der Lebensbeziehungen" des Betroffenen hervorgekommen sind (also wenn ausnahmsweise zwei oder mehrere Wohnsitze des Betroffenen solche Mittelpunkte darstellen, wobei die vom Betroffenen vorgenommene Bezeichnung eines Hauptwohnsitzes allein nicht jedenfalls maßgeblich ist). Das Reklamationsverfahren wird nur dann für den antragstellenden Bürgermeister erfolgreich sein, wenn der Betroffene ein "überwiegendes Naheverhältnis" an einem Ort behauptet, an dem er keinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen (§ 1 Abs. 7 MeldeG) hat, mag er dort auch einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 6 MeldeG haben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch klargelegt, dass eine "absolute Sicherheit" über die Lebenssituation des Meldepflichtigen für die Evaluierung des zu beurteilenden Sachverhaltes nicht notwendig ist; der Gesetzgeber hat durch die Regelung des § 17 Abs. 3 MeldeG bewusst die in Rede stehenden Unschärfen aus rechtspolitischen Gründen in Kauf genommen (siehe dazu näher das genannte Erkenntnis vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, oder auch das weitere Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2001/05/0930).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis (ebenfalls) vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0941, dargelegt hat, kann im Bereich des Reklamationsverfahrens nach dem MeldeG eine außereheliche Lebensgemeinschaft, die dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht, insofern einer Ehe gleichgestellt werden, was aber nur für die unstrittige Lebensgemeinschaft gelten kann, weil die beschränkte Beweisaufnahme die Feststellung einer Lebensgemeinschaft gegen den Willen der Betroffenen keinesfalls erlaubt. Im Beschwerdefall konnte aus dem Umstand, dass der Zweitmitbeteiligte zweimal in der Woche bei seiner Freundin in Linz nächtigt (wo er mit weiterem Wohnsitz gemeldet ist) weder für sich allein noch auch unter weiterer Bedachtnahme darauf, dass er mit seiner Freundin die Wochenenden gemeinsam verbringt, eine solche eheähnliche Lebensgemeinschaft angenommen werden. Aus dem Umstand, dass der Zweitmitbeteiligte in Linz berufstätig ist und zweimal wöchentlich bei seiner Freundin nächtigt, kann daher auch unter der weiteren Annahme, dass er mit seiner Freundin die Wochenenden gemeinsam verbringt, nicht davon ausgegangen werden, dass er keinen "Mittelpunkt der Lebensbeziehungen" in A hätte (und nur daraus wäre nach dem Gesagten für den prozessualen Standpunkt des Beschwerdeführers etwas zu gewinnen).

Damit war die Beschwerde gemäß §§ 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001051037.X00

Im RIS seit

21.05.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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