TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/27 2001/05/1154

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2002
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Oskar Dittrich in Strasshof an der Nordbahn, vertreten durch Dr. Walter Scherlacher und Dr. Susanne Tichy-Scherlacher, Rechtsanwälte in Wien I, Wipplingerstraße 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Oktober 2001, Zl. RU1-V-01068/00, betreffenden einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Strasshof an der Nordbahn, vertreten durch Mag. Herwig Kraemmer, Rechtsanwalt in Wien III, Ungargasse 59-61), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 31. Jänner 1980 war dem Beschwerdeführer auf Grund seines Baugesuchs die Baubewilligung für die Errichtung eines Gartenhauses mit einer Größe von 34,03 m2 auf der ÖBB-Schrebergartenanlage "West" im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilt worden.

Anlässlich einer behördlichen Überprüfung an Ort und Stelle wurde in Anwesenheit des Beschwerdeführers am 5. August 1999 festgestellt, dass das Gebäude maßgeblich erweitert wurde. Es wurde eine Überbauung der Stiegenanlage in den Keller hergestellt sowie eine Stiegenanlage in das ausgebaute Dachgeschoss geschaffen, es sei damit eine Überschreitung der bewilligten Größe von 31 m2 gegeben. Die Gebäudehöhe, Dachform und Dachneigung entsprächen der Baubewilligung aus dem Jahre 1980. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 16. August 1999 wurde dem Beschwerdeführer der Auftrag erteilt, das auf der Parzelle 3 der ÖBB Kleingartenanlage "West" befindliche Gebäude bis 31. Dezember 1999 in den ursprünglich bewilligten Umfang zurückzuführen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde den erstinstanzlichen Bescheid insofern abgeändert, als gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 erster Fall der NÖ Bauordnung 1996 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z. 2 und § 6 der NÖ Bauordnung und § 6 Abs. 2 des NÖ Kleingartengesetzes dem Beschwerdeführer als Eigentümer des auf dem genannten Grundstück errichteten Gebäudes der baupolizeiliche Auftrag erteilt wurde, die bei diesem Gebäude errichteten Zubauten und zwar die Überbauung (Einhausung) der Stiegenanlage in den Keller und die Stiegenanlage in das ausgebaute Dachgeschoss innerhalb einer Frist von vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides abzubrechen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall seien die Bestimmungen des § 6 Abs. 2 zweiter Satz des NÖ Kleingartengesetzes maßgeblich, wonach die Grundrissfläche einer Kleingartenhütte 35 m2 nicht überschreiten dürfe, sowie Punkt 6 der örtlichen Bebauungsvorschriften (Bebauungsplan der Marktgemeinde Strasshof) wonach im gegenständlichen Bereich Dachgeschossausbauten unzulässig seien. Das gegenständliche Gebäude, das auf einem Grundstück mit der Widmung "Grünland-Kleingärten" errichtet wurde, sei mit einer bebauten Fläche von 34 m2 baubehördlich bewilligt. Die gegenständlichen Zubauten seien somit schon deshalb unzulässig, weil dadurch die maximal zulässige Grundrissfläche von 35 m2 überschritten werde. Durch den Abbruch der Außenstiege gehe auch die Funktion des Dachraumes als ausgebautes Dachgeschoss verloren, sodass es sich diesbezüglich erübrige, die Entfernung gesondert anzuordnen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein Berufungsvorbringen wiederholt. Dass er nicht Eigentümer des Gebäudes sei, hat er in der Vorstellung nicht behauptet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2001 hat die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde als unbegründet abgewiesen. Das gegenständliche Gebäude sei auf einem Grundstück mit der Widmung "Grünland/Kleingarten" errichtet. Dort sei gemäß § 6 Abs. 2 zweiter Satz des NÖ Kleingartengesetzes nur ein Gebäude mit einer maximalen Größe von 35 m2 zulässig, durch die Zubauten werde die maximal zulässige Grundrissfläche überschritten. Was die Einhausung der Kellerstiege betreffe, sei es irrelevant, dass dabei auch eine bereits bestehende Mauer verwendet worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 3 der NÖ BauO 1996, LGBl. 8200-0, hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1) oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.

Sowohl in der Rechtsrüge als auch in der Verfahrensrüge macht der Beschwerdeführer geltend, die Behörde habe zu Unrecht § 113 Abs. 2a bis 2c der Bauordnung für Niederösterreich 1976, LGBl. 8200-13, nicht angewendet.

Die so genannte Amnestiebestimmung des § 113 Abs. 2a und 2b NÖ BauO 1976 lauteten wie folgt:

"(2a) Die Anordnung des Abbruches eines wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan nicht genehmigungsfähigen Gebäudes hat zu entfallen, wenn

-

das Gebäude vor dem 29. Juni 1995 soweit fertig gestellt wurde, dass der Grundriss und der beabsichtigte Verwendungszweck erkennbar war;

-

die Ausführung gemäß dem beabsichtigten Verwendungszweck den im Zeitpunkt des Baubeginns geltenden bautechnischen Vorschriften entspricht oder

-

das Gebäude innerhalb angemessener Frist jedoch längstens innerhalb eines Jahres fertig gestellt bzw. den bautechnischen Vorschriften ohne Durchführung eines Zubaues angepasst wird;

-

für das Grundstück kein Bauverbot gemäß § 20 Abs. 2 Z 3 besteht und

-

bis zum 31. Dezember 1999 ein Antrag gemäß Abs. 2b gestellt wird.

(2b) Das Zutreffen dieser Voraussetzungen ist von der Baubehörde mittels Feststellungsbescheid über Antrag festzustellen. Diesem Antrag sind die erforderlichen Antragsbeilagen (§§ 96 und 97) anzuschließen.

Der Zeitpunkt des Baubeginns ist der Baubehörde nachzuweisen. Dem Feststellungsbescheid hat die Durchführung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung von Sachverständigen und Anrainern voranzugehen. Anrainer haben Parteistellung im Rahmen des § 118 Abs. 8 und 9.

Dieser Bescheid berechtigt zur Benützung des Gebäudes und gilt nicht als baubehördliche Bewilligung. Eine zukünftige Instandsetzung solcher Gebäude ist nur im Rahmen des § 92 Abs. 1 Z 4, sonstige Veränderungen sind nur im Rahmen des § 95 zulässig."

Das NÖ Kleingartengesetz sieht in seinem § 6 Abs. 2 vor, dass Kleingartenhütten keine größere bebaute Fläche als 35 m2 aufweisen dürfen. Auf Grund des § 1 leg. cit. seht ein größeres Haus als 35 m2 auch im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan. Da der Beschwerdeführer keinen Antrag gemäß Abs. 2b des § 113 NÖ BauO 1976 gestellt hat, kam schon aus diesem Grund die Anwendung des § 113 Abs. 2a bis 2c NÖ BauO 1976 nicht in Betracht.

Unter dem Aspekt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit führt der Beschwerdeführer aus, dass er nicht Grundeigentümer und daher hinsichtlich des Abbruchauftrages nicht passiv legitimiert sei.

Eine Anordnung, an wen der Abbruchauftrag gemäß § 35 NÖ BauO 1996 zu ergehen hat, enthält diese Bestimmung nicht; unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Verpflichtung zur Einbringung des erforderlichen Antrages oder der Anzeige im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 3 den Eigentümer des Bauwerkes und nicht den Grundeigentümer trifft, bestehen keine Bedenken dagegen, wenn auch für den Fall der nicht zeitgerechten Anzeige oder des Antrages der Eigentümer des Bauwerkes als Adressat des Beseitigungsauftrages herangezogen wird, zumal vom Eigentümer des Bauwerkes grundsätzlich erwartet werden kann, dass ihm auch die zivilrechtliche Durchsetzbarkeit des Abtragungsauftrages zukommt. Dass er nicht Eigentümer des Gebäudes sei, behauptet der Beschwerdeführer nicht einmal in der Beschwerde. Dem vorgelegten Bauakt ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer schon anlässlich der Erteilung der Benützungsbewilligung in der darüber aufgenommenen Niederschrift am 18. Mai 1988 als Eigentümer des Bauwerkes bezeichnet wurde, diese Niederschrift hat der Beschwerdeführer auch unterfertigt. Da der Beschwerdeführer sowohl das Baugesuch eingebracht hat, die Niederschrift über die Verhandlung zur Erteilung der Benützungsbewilligung als Eigentümer des Bauwerks unterfertigt hat und auch in dem der gegenständlichen Beschwerde zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren der Berufungsbescheid an den Beschwerdeführer als Eigentümer der Baulichkeit ergangen ist, ohne dass der Beschwerdeführer in der Vorstellung dargetan hat, dass er nicht Eigentümer des Bauwerkes sei, kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn auch die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass das auf einem Pachtgrund der ÖBB vom Beschwerdeführer errichtete Gartenhaus ein Superädifikat ist, dessen Eigentümer der Beschwerdeführer ist. Der Abbruchauftrag ist somit zu Recht an den Beschwerdeführer ergangen.

Die Bestimmung des § 6 des NÖ Kleingartengesetzes ist deshalb zwingend anzuwenden, weil das Gebiet, in dem das Gartenhaus errichtet wurde, im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde mit der Widmung "Grünland-Kleingarten" ausgewiesen ist.

Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der "Bewilligungsfähigkeit nach § 19 NÖ ROG" ist nicht nachvollziehbar. Die Bestimmung des § 19 NÖ ROG 1976 legt die einzelnen Widmungsarten des Grünlandes und die auf diesen Flächen zulässigen Bauvorhaben fest. Insbesondere haben die vom Beschwerdeführer offenbar herangezogenen Regelungen über "erhaltenswerte Bauten im Grünland" nach § 19 Abs. 2 Z. 4 NÖ ROG keinen Bezug zum Beschwerdefall, weil im Flächenwidmungsplan eine derartige Festsetzung (GEB) nicht erfolgte.

Gemäß § 23 Abs. 1 NÖ BauO 1996 hat die Baubehörde über einen Antrag auf Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Auch aus § 100 Abs. 1 Z. 5 der NÖ BauO 1976 geht hervor, dass Baubewilligungsbescheide schriftlich zu erlassen waren, waren sie doch dem Bewilligungswerber sowie allen anderen Parteien zuzustellen. Die Ansicht des Beschwerdeführers, aus den Abgabenbescheiden über die Kanalbenützungsgebühr und die Kanaleinmündungsgebühr ergebe sich, dass die Zubauten von der Baubehörde erster Instanz nachträglich genehmigt worden seien, findet somit weder in der Rechtslage nach der NÖ Bauordnung 1976 noch nach der geltenden Bauordnung ihre Deckung, da keine der beiden in Betracht kommenden Bauordnungen eine "konkludente" Erteilung der Baubewilligung ermöglicht.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Beschwerdeführer gegen § 6 Abs. 2 des NÖ Kleingartengesetzes hegt, da das Wiener Kleingartengesetz ähnliche Beschränkungen nicht vorsehe, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Bei Angelegenheiten des Baurechts handelt es sich um Aufgaben, die nach Art. 15 Abs. 1 B-VG im selbständigen Wirkungsbereich der Länder bleiben. Diese kompetenzrechtliche Regelung bringt es mit sich, dass Landesgesetzgeber ihren rechtspolitischen Gestaltungsraum unterschiedlich nutzen. Allein der Umstand, dass ein Landesgesetzgeber eine Materie anders regelt als ein anderer, ist daher nicht geeignet, verfassungsrechtliche Bedenken zu stützen. Aus welchen sonstigen Gründen die Begrenzung der bebaubaren Fläche mit 35 m2 in § 6 Abs. 2 des NÖ Kleingartengesetzes verfassungswidrig sein sollte, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. Da auch der Verwaltungsgerichtshof sachverhaltsbezogen keine Bedenken gegen diese Bestimmung hegt, sieht er sich zu keiner Antragstellung gemäß Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof veranlasst.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde dem Beschwerdeführer kein Auftrag erteilt, einen konsenswidrigen Dachgeschossausbau rückzuführen. Erhebungen dahingehend, inwieweit tatsächlich ein konsenswidriger Dachgeschossausbau vorliegt, waren daher entbehrlich. Der Beseitigungsauftrag richtet sich ausschließlich gegen die Einhausung der Stiegenanlage in den Keller sowie gegen die Stiegenanlage in das Dachgeschoss. Dass auf Grund dieser Zubauten das Ausmaß von 35 m2 überschritten wird, wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Februar 2002

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001051154.X00

Im RIS seit

22.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten