TE Vwgh Erkenntnis 2002/2/28 99/15/0043

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Veröffentlicht am 28.02.2002
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/05 Wohnrecht Mietrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

ABGB §1425;
AbgEO §65 Abs1;
MRG §42;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jakobergasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 26. Jänner 1999, Zl. RV 28/1-10/98, betreffend Pfändung und Überweisung einer Geldforderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beim Beschwerdeführer wurde 1991 eine abgabenbehördliche Prüfung gemäß § 151 BAO vorgenommen. Der Prüfer regte mit Schreiben vom 29. August 1991 an das Finanzamt Graz-Stadt die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages an. Nach dieser Mitteilung erzielte der Beschwerdeführer u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, und zwar neben anderen Grundstücken auch aus dem Mietwohngrundstück in Graz, Wiener Straße 171.

Mit mehreren Bescheiden (amtliches Formular EV 55) vom 28. November 1991 sprach das Finanzamt Graz-Stadt (Vollstreckungsstelle) die Pfändung einer Geldforderung, nämlich einer dem Beschwerdeführer als Abgabenschuldner gegen namentlich genannte Personen zustehende Forderung auf "monatlich anfallende Mieteinnahmen" aus. Diese Bescheide erwuchsen in Rechtskraft. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 17. September 1992 wurde eine ebensolche Forderung des Beschwerdeführers gegen zwei weitere Personen gepfändet; diese Verfahren wurden laut Berufungsvorentscheidung vom 25. Jänner 1999 eingestellt. Die als Drittschuldner in Anspruch genommenen Mieter erlegten in der Folge die Mietzinse wegen ungeklärter Rechtslage gemäß § 1425 ABGB beim Bezirksgericht für ZRS Graz. Als Erlagsgegner wurden das Finanzamt Graz-Stadt, Vollstreckungsstelle und der Beschwerdeführer genannt. Mit den, die Erläge annehmenden Beschlüssen sprach das genannte Bezirksgericht aus, dass die Ausfolgung nur über gemeinsamen Antrag der Erlagsgegner oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung erfolgen könne.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 1993 teilte das Finanzamt Graz-Stadt, Vollstreckungsstelle, den Drittschuldnern mit, dass das Mietwohngrundstück versteigert worden sei und daher nunmehr eine Hinterlegung der Mietzinse nicht mehr vorzunehmen sei.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 1997 forderte der Beschwerdeführer durch seinen mittlerweile bestellten Sachwalter (der auch als Beschwerdevertreter einschreitet) das Finanzamt Graz-Stadt, Vollstreckungsstelle, auf, in die Ausfolgung der hinterlegten Mietzinse an ihn einzuwilligen. Die Forderungsexekutionen auf Mietzinse aus Mietverträgen, auf welche die Bestimmungen des MRG Anwendung finden, seien unzulässig gewesen.

Mit weiterem Schreiben vom 23. Dezember 1997 beantragte der Beschwerdeführer beim genannten Finanzamt die ersatzlose Aufhebung der Pfändungsverfügungen vom 28. November 1991 und die Einstellung der auf Pfändung der Mietzinsforderungen gerichteten Forderungsexekutionen.

Mit Bescheid vom 12. Jänner 1998 sprach das genannte Finanzamt die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung des Beschwerdeführers als Abgabenschuldner gegenüber dem Bezirksgericht für ZRS Graz aus. Die Forderung von S 362.354,32, die dem Beschwerdeführer aus dem Grund, "Pfändung der d.a. erlegten Mietzinsbeträge der folgenden Erlagsakte: 21 Nc 305-310, 312-313, 315, 317-318, 323, 325/92 sowie 21 Nc 301/93", zusteht, werde gepfändet. Mit weiteren Bescheiden von diesem Tag wurde einerseits das Bezirksgericht für ZRS Graz zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung aufgefordert, dem Beschwerdeführer jede Verfügung über die gepfändete Forderung (Verfügungsverbot) untersagt und eine Anforderung von Kosten des Vollstreckungsverfahrens über S 7.111,-- verfügt.

Das Bezirksgericht gab unter Anführung der jeweiligen Erlagszahl dem Finanzamt bekannt, dass die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz angewiesen worden sei, bei der angeführten Masse die Pfändung anzumerken und dass die Ausfolgung nach Rechtskraft des Pfändungsbescheides erfolgen werde.

Der Beschwerdeführer erhob gegen die Pfändung und Überweisung der Geldforderung Berufung.

Nach Erlassung einer abweisenden Berufungsvorentscheidung begehrte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, auf Grund des Zuschlages vom 24. September 1993 sei das Eigentumsrecht an der genannten Liegenschaft vom Beschwerdeführer auf eine andere Person übergegangen. Das Finanzamt habe den Ausfolgungsanspruch des Beschwerdeführers gegenüber dem genannten Bezirksgericht, welches aber keine eigene Rechtspersönlichkeit habe, sondern nur eine Behörde des Bundes sei, gepfändet. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 42 Abs. 1 MRG gehe insofern ins Leere, weil mit der Hinterlegung der Mieten durch die Mieter dem Vermieter keine Forderung mehr gegen die Mieter, sondern nur mehr eine Forderung auf Ausfolgung gegen den Bund zustehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich - wie bereits im Verwaltungsverfahren - auch dadurch verletzt, weil das Finanzamt die Unzulässigkeit der Pfändung der Mietzinsforderungen nicht beachtet habe.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Beschwerde übersieht, dass das Finanzamt die Forderung des Beschwerdeführers auf Ausfolgung eines Erlagsbetrages (erlegte Miete) pfändete. Im Beschwerdefall haben die Mieter nämlich wegen "ungeklärter Rechtslage" den Mietzins nach § 1425 ABGB gerichtlich hinterlegt. Die vom Beschwerdeführer angezogene Exekutionsbeschränkung des § 42 MRG betrifft aber nur die Exekution auf Forderungen des Vermieters gegen den Mieter. Im Falle der Pfändung des Ausfolgungsanspruches der hinterlegten Mieten ist diese Exekutionsbeschränkung unanwendbar (vgl. etwa OGH vom 10. September 1996, 3 Ob 2151/96 m, und Schuhmacher, WoBl 1991, 201). Auf die breiten Raum einnehmenden Ausführungen des Beschwerdeführers zu § 42 MRG ist daher nicht weiter einzugehen.

Der Beschwerdeführer hält auch an seiner im Verwaltungsverfahren dargelegten Rechtsauffassung fest, es stehe ihm kein (von der Behörde pfändbarer) Anspruch auf Ausfolgung zu.

Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Bei der Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners ist das Exekutionsobjekt eine Geldforderung. Diese muss im Zeitpunkt der Pfändung existent sein. Soweit nicht Exekutionsverbote oder Exekutionsbeschränkungen in Frage kommen, sind alle Arten von Geldforderungen pfändbar, auch bedingte (Reeger-Stoll, Abgabenexekutionsordnung, Seite 155).

Im vorliegenden Fall haben die Mieter als Drittschuldner die Mietzinse zu Gunsten des Finanzamtes und des Beschwerdeführers gerichtlich hinterlegt. Dem gemäß wurde die Ausfolgung von einem Einvernehmen dieser beiden Erlagsgegner oder einem entsprechenden Urteil abhängig gemacht. Durch die Hinterlegung der Mietzinse auch zu Gunsten des Beschwerdeführers ist sein Anspruch auf Ausfolgung existent geworden. Die Ausfolgung hängt zwar von der Zustimmung des weiteren Erlagsgegners oder von einer Entscheidung (Urteil) ab. Der Anspruch auf Ausfolgung ist daher aufschiebend bedingt. Eine aufschiebend bedingte Forderung kann jedoch nach dem Gesagten Gegenstand einer Exekution sein.

Aber selbst wenn man der Auffassung des Beschwerdeführers folgen wollte, wäre für ihn nichts gewonnen. Wäre - wie er behauptet - seine Forderung gar nicht existent, wäre die Exekution ins Leere gegangen. Dadurch könnte er aber keinesfalls beschwert sein und wäre seine Beschwerde mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit zurückzuweisen gewesen.

Die Beschwerde war daher aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999150043.X00

Im RIS seit

01.07.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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