TE Vwgh Beschluss 2002/3/12 2001/18/0119

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Veröffentlicht am 12.03.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs2;
AVG §69;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, in der Beschwerdesache des 1972 geborenen m in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 49, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. April 2001, Zl. SD 615/00, betreffend Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Fremdengesetz 1997, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. April 2001 wurde der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 iVm § 10 Abs. 2 Z. 1 und Z. 3 sowie § 12 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, dass der Beschwerdeführer aufgefordert worden sei, die Mittel zu seinem Unterhalt, eine für Inländer ortsübliche Unterkunft und seine Inskription für das Sommersemester 2001 nachzuweisen. Einem diesbezüglichen Fristerstreckungsantrag sei keine Folge zu geben gewesen, weil die gesetzte Frist von zwei Wochen ausreichend sei. Der Beschwerdeführer habe keine entsprechenden Nachweise vorgelegt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie ausführt, dass der Beschwerdeführer noch vor Zustellung des angefochtenen Bescheides verschiedene Unterlagen nachgereicht habe. Diese hätten im angefochtenen Bescheid nicht mehr berücksichtigt werden können. Deshalb sei der angefochtene Bescheid mit Bescheid vom 14. Mai 2001 gemäß § 68 Abs. 2 AVG abgeändert worden. In diesem Bescheid seien die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden vollständig gewürdigt worden. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde habe der Bescheid vom 27. April 2001 daher nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.

4. Der Beschwerdeführer stellte in seinem Schriftsatz vom 29. Jänner 2002 nicht in Abrede, dass die belangte Behörde den in der Gegenschrift genannten Bescheid vom 14. Mai 2001 erlassen habe. Er führte dazu Folgendes ins Treffen:

"Nicht nachvollziehbar erscheint die Darstellung der belangten Behörde, die einerseits einen Fristerstreckungsantrag nicht bewilligt hat, in der Folge jedoch angeblich sämtliche vorgelegten Urkunden, insbesondere diese vom Schriftsatz vom 07.05.2001, berücksichtigt hätte. Tatsächlich ist daher Gegenstand der Überprüfung nur die Entscheidung des Berufungsbescheides vom 27.04.2001, da nicht in ein- und derselben Sache zwei Bescheide ergehen können, vielmehr durch den Berufungsbescheid vom April 2001 das Entscheidungsrecht der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien konsumiert war.

Es kann daher nicht ohne förmliche Wiederaufnahme einfach ein neuerlicher Bescheid vom 14.05.2001 erlassen werden, der dann auch eine völlig andere Begründung enthält."

5. Der Spruch des Bescheides der belangten Behörde vom 14. Mai 2001 hat nach der Aktenlage folgenden Inhalt:

"Der Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27.04.2001, Zl. SD 615/00, im Verfahren zur Ausweisung des ägyptischen Staatsangehörigen Mohamed Rashad Zaky Kasem, 16.10.1972 geboren, wird gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahingehend abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:"

Danach folgt eine Wiederholung des Spruches des angefochtenen Bescheides. In der die Sachentscheidung betreffenden Begründung des Bescheides vom 14. Mai 2001 geht die belangte Behörde auf die vom Beschwerdeführer nachgereichten Unterlagen ein und führt aus, warum sie ungeachtet dessen zum selben Ergebnis kommt.

Dieser Bescheid wurde an den Vertreter des Beschwerdeführers am 18. Mai 2001 per Fax zugestellt.

6. Gemäß § 68 Abs. 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden.

Anders als der Beschwerdeführer meint, ist die Abänderung von Bescheiden wie dem vorliegenden, aus denen niemanden ein Recht erwachsen ist, nach dieser Gesetzesstelle nicht an die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG gebunden.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 14. Mai 2001, mit dem der angefochtene Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG "abgeändert" wurde, stellt das Ergebnis von zwei begrifflich zu trennenden Entscheidungen dar: Die eine - verfahrensrechtliche - Entscheidung betrifft die Beseitigung der rechtskräftigen Sachentscheidung, die andere - materiellrechtliche - Entscheidung betrifft die Sache, d. h. die inhaltliche Gestaltung der zu erlassenden neuen Sachentscheidung (vgl. Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Anm. 18 zu § 68 AVG).

Somit wurde durch den Bescheid vom 14. Mai 2001 der angefochtene Bescheid beseitigt und durch einen neuen, im Spruch inhaltsgleichen, jedoch in der Begründung unterschiedlichen Bescheid ersetzt.

7. Im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung (Postaufgabe am 25. Juni 2001) gehörte der angefochtene Bescheid daher dem Rechtsbestand nicht mehr an. Das Vorhandensein eines rechtskräftigen Bescheides einer Verwaltungsbehörde als Anfechtungsgegenstand stellt aber eine Prozessvoraussetzung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren über eine Bescheidbeschwerde dar (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 418, im vorletzten Absatz zitierte hg. Judikatur).

Der Umstand, dass die belangte Behörde inhaltlich gleich lautend entschieden hat, führt nicht dazu, dass der beseitigte Bescheid noch anfechtbar ist (vgl. die bei Dolp, a.a.O., Seite 309, im dritten Absatz zitierte hg. Judikatur).

8. Die erst nach Ausscheiden des angefochtenen Bescheides aus dem Rechtsbestand erhobene Beschwerde war somit gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 12. März 2002

Schlagworte

Eintritt und Umfang der Rechtswirkungen von Entscheidungen nach AVG §68 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Verhältnis zu anderen Normen und Materien Zulässigkeit und Voraussetzungen der Handhabung des AVG §68 Bindung an diese Voraussetzungen Umfang der Befugnisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001180119.X00

Im RIS seit

24.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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