TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/13 98/12/0134

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Veröffentlicht am 13.03.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
GehG 1956 §12 Abs1 litb;
GehG 1956 §12 Abs2;
GehG 1956 §12 Abs3;
GehG 1956 §12 Abs9;
GehG 1956 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des P in O, vertreten durch Dr. Klaus Fürlinger, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Ferihumerstraße 31, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom 7. April 1998, Zl. 107147-OR/98, betreffend Abänderung der Feststellung des Vorrückungsstichtages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1956 geborene Beschwerdeführer steht seit 1. Jänner 1987 als Revident in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er wurde zuletzt im Bereich der PTA Immobiliengesellschaft mbH., Regionalstelle Linz, verwendet. Im Rahmen der Erhebung für die Feststellung des Vorrückungsstichtages gab der Beschwerdeführer im Erhebungsbogen vom 11. November 1986 unter anderem die Zeiten einer Anstellung bei "Post- u. Tel. Dion (über Baufirma)" vom 1. April 1976 bis 30. September 1981 (PostNr. 5) und bei Dipl.-Ing. D. vom 1. Oktober 1981 bis 30. September 1986 (PostNr. 6) an.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 1986 stellte die Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg - mit Wirksamkeit seiner Ernennung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis - den 26. Mai 1980 als Vorrückungsstichtag fest. Für die Bemessung seines Gehaltes sei demnach ab 1. Jänner 1987 die Verwendungsgruppe B, Dienstklasse III, Gehaltsstufe 4, mit nächster Vorrückung am 1. Juli 1988 maßgebend. Begründend führte die (nachgeordnete) Dienstbehörde aus, der für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages maßgebende Sachverhalt sei entsprechend den Angaben im Erhebungsbogen vom 11. November 1986 angenommen worden. In der im Folgenden teilweise in tabellarischer Form verfassten Bescheidbegründung kommt zum Ausdruck, dass bei der Feststellung des Vorrückungsstichtages sonstige Zeiten vom 1. März 1976 bis 30. September 1986 in der Dauer von zehn Jahren bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages zur Hälfte vorangesetzt (angerechnet) worden seien. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

In seiner - offenbar erst im März 1998 der belangten Behörde vorgelegten - Eingabe vom 5. September 1997 beantragte der Beschwerdeführer die bescheidmäßige "Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages" unter voller Berücksichtigung seiner Vordienstzeiten vom 1. April 1976 bis 30. September 1986. Die betreffenden Vordienstzeiten seien bei der erstmaligen Feststellung des Vorrückungsstichtages mittels Bescheid nur zur Hälfte berücksichtigt und angerechnet worden. Auf Grund gleich gelagerter Fälle im Bereich des Beschwerdeführers, in denen die Vordienstzeiten im öffentlichen Interesse zur Gänze angerechnet worden wären, beantrage er, bei der Generaldirektion die bescheidmäßige Berücksichtigung der Vordienstzeiten zur Gänze zu erwirken. Dieser Eingabe war eine "Arbeitgeberbestätigung" von Dipl.-Ing. D. vom 21. Mai 1997 betreffend die Berufspraxis des Beschwerdeführers in der Zeit vom 1. April 1976 bis 30. September 1981 angeschlossen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen vom 5. September 1997 gemäß § 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit §§ 1, 2 und 13 DVG wegen entschiedener Sache zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei vom 1. April 1976 bis 31. März 1977 bei der Firma R.G. und vom 1. April 1977 bis 30. September 1981 bei der Firma R. als technische Hilfskraft beschäftigt gewesen. Zeugnisse über diese beiden Arbeitsverhältnissen hätten wegen des Konkurses der beiden Unternehmen nicht beigebracht werden können. Vom 1. Oktober 1981 bis 30. September 1986 sei der Beschwerdeführer bei der Firma Dipl.-Ing. Th. D. als technischer Angestellter beschäftigt gewesen. Von September 1982 bis Mai 1985 habe der Beschwerdeführer die Höhere Lehranstalt für Berufstätige - Bautechnik-Hochbau besucht und am 14. Juni 1985 mit der Matura abgeschlossen. Aus Anlass der Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses sei mit Bescheid vom 17. Dezember 1986 der Vorrückungsstichtag auf den 26. Mai 1980 festgesetzt worden. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG habe die Behörde die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 leg. cit., wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn sie nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 leg. cit. finde. Gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 könnten mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen im öffentlichen Interesse Zeiten, in denen eine Tätigkeit ausgeübt worden sei, die für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung sei, bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages zur Gänze berücksichtigt werden.

Die Beantwortung der Frage, ob eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes vorliege, setze voraus, dass der bestehende Sachverhalt an der diesem Bescheid (über die Feststellung des Vorrückungsstichtages) zu Grunde liegenden Rechtsanschauung und ihrem normativen Hintergrund gemessen werde. Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeute dies, dass alle Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 erfüllt sein müssten, um einen nachträglich in einem wesentlichen Punkt geänderten Sachverhalt zu ergeben. Im Ermittlungsverfahren für die Festsetzung des Vorrückungsstichtages hätte sich kein Hinweis auf die Möglichkeit zur Anrechnung von Zeiten gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 ergeben, obwohl diese Prüfung einen Kernpunkt des Verfahrens gebildet habe. Weder der Beschwerdeführer noch sein damaliger Vorgesetzter seien in dieser Hinsicht weiter tätig geworden. Darüber hinaus sei es Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehre, dieses Begehren zu begründen. Der Beschwerdeführer weise in seinem Ansuchen auf gleich gelagerte Fälle in seiner Abteilung hin. Dienstrechtsverfahren seien nicht ergebnisorientiert. Es sei, ausgehend von der objektiven Rechtslage, zu prüfen, ob der jeweilige Sachverhalt den Tatbestand erfülle. Erst wenn das der Fall sei, sei eine Ermessensentscheidung im Sinn des Gesetzes zu treffen. Selbst wenn die Begründung des Beschwerdeführers zielführend gewesen wäre, hätten auch bei großzügiger Bewertung der Beweismittel keine Anhaltspunkte gefunden werden können, die eine Erfüllung der Voraussetzungen für eine Anrechnung im Sinn des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zuließen. Eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes sei somit von vornherein ausgeschlossen. Den behaupteten Umständen komme keine Entscheidungsrelevanz zu. Infolge "entschiedener Sache" sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf "Nichtzurückweisung seines Antrages und Fällung einer Sachentscheidung sowie in seinem Recht auf Anrechnung der

Vordienstzeiten, die im Bescheid vom 17.12.986, ... lediglich zur

Hälfte berücksichtigt wurde, gemäß § 12 Abs. 3 Gehaltsgesetz 1956 im öffentlichen Interesse zur Gänze," verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften führt er im Besonderen aus, dass § 68 AVG zu Unrecht angezogen worden sei, tatsächlich hätte eine meritorische Entscheidung erfolgen müssen. Letztlich gelange die belangte Behörde bloß deshalb zur entschiedenen Sache, weil Verfahrensvorschriften (über die amtswegige Führung des Ermittlungsverfahrens) unbeachtet geblieben seien. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit sieht der Beschwerdeführer darin, dass bei der Prüfung der Frage, ob entschiedene Sache vorliege oder nicht, ein formaler Vergleich zwischen dem seinerzeit der Beurteilung unterzogenen Sachverhalt, dem konkreten Ausspruch, dem nunmehrigen Sachverhalt und dem nunmehr begehrten Spruch des Bescheides vorzunehmen sei. Der Antragsteller sei im Hinblick auf sein Vorbringen entsprechend der Manuduktionspflicht der Behörde anzuleiten gewesen. Im Jahre 1986 sei in Ermangelung eines diesbezüglichen Antrages keine Anrechnung von Zeiten gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 erfolgt. Die belangte Behörde übersehe, dass mit der Definitivstellung des Beschwerdeführers eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes begründet worden sei. Auch sei in diesem Bescheid nicht explizit über Vordienstzeiten im Hinblick auf § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 entschieden worden. Im Übrigen habe die belangte Behörde auch eine Prüfung des Verwendungserfolges des Beschwerdeführers vorgenommen. Allein diese rechtliche Wertung müsse dazu führen, dass eine andere Lagerung des Sachverhaltes und damit eben nicht entschiedene Sache vorliege.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Vorrückungsstichtag wird nach § 12 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 dadurch ermittelt, dass - unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 2 bis 4 - dem Tag der Anstellung Zeiten zur Gänze oder zur Hälfte vorangesetzt werden. Gemäß § 12 Abs. 9 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung BGBl. Nr. 198/1969 ist der Vorrückungsstichtag mit Bescheid festzustellen. Die Feststellung soll möglichst gleichzeitig mit der Ernennung des Beamten vorgenommen werden. Gemäß dem - mit der 30. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 74/1977 angefügten - Abs. 10 des § 12 leg. cit. ist der Vorrückungsstichtag des Beamten im Fall seiner Überstellung in bestimmte Verwendungsgruppen "zu verbessern".

Im vorliegenden Fall kann eine Abänderung des Bescheides vom 17. Dezember 1986 in Anwendung des § 12 Abs. 10 des Gehaltesgesetzes 1956 mangels dahingehender Behauptungen und Feststellungen durch die belangte Behörde außer Betracht bleiben.

Die einzelnen vor dem Anstellungstag liegenden Zeiträume, mögen sie nun zur Hälfte oder zur Gänze berücksichtigt worden sein, sind nur Bemessungselemente und keine rechtlich selbständigen Absprüche. Demnach schließt es die Rechtskraft eines Bescheides über den Vorrückungsstichtag grundsätzlich aus, dass nachträglich eine bisher nur zur Hälfte dem Anstellungstag vorangesetzte Zeit in Anwendung des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zur Gänze berücksichtigt wird. Dass mit einer solchen Maßnahme in die rechtskräftige Entscheidung eingegriffen würde, ergibt sich schon daraus, dass sie nicht selbständig bestehen, sondern nur durch entsprechende Änderung des Vorrückungsstichtages Wirksamkeit erlangen könnte. Die Dienstbehörde hat daher einen nach rechtskräftiger Feststellung des Vorrückungsstichtages gestellten Antrag auf Vollanrechnung einer bisher nur zur Hälfte berücksichtigten Zeit mit Rücksicht darauf, dass ein solcher Antrag auf Abänderung eines rechtskräftig gewordenen Bescheides hinausläuft, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, sofern er nicht zum Anlass für eine aufsichtsbehördliche Maßnahme genommen wird (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1985, Zl. 85/12/0049, Slg. 11709/A, und vom 16. April 1997, Zl. 93/12/0196, mwN).

Daraus folgt, dass die belangte Behörde zu Recht gemäß §§ 1 und 13 DVG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 AVG von einer Abänderung und Behebung des Bescheides vom 17. Dezember 1986 Abstand nahm, weil durch diesen Bescheid über die Anrechnung des strittigen Zeitraumes insofern abschließend abgesprochen wurde, als dieser nur zur Hälfte angerechnet wurde.

Auf eine Abänderung und Behebung eines Bescheides gemäß § 13 DVG in Verbindung mit § 68 Abs. 2 bis 4 AVG besteht - auch im Dienstrechtsverfahren - kein subjektives Recht, sodass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch aus diesem Blickwinkel nicht in seinen Rechten verletzt werden konnte. Eine Behandlung des Begehrens als solches auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war schon im Hinblick auf den Ablauf der Fristen (§§ 14 Abs. 4 DVG iVm § 69 Abs. 2 und 3 AVG sowie § 71 Abs. 2 AVG) nicht geboten.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 13. März 2002

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungZurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998120134.X00

Im RIS seit

23.05.2002

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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