TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/19 2002/05/0132

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Veröffentlicht am 19.03.2002
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Index

41/02 Melderecht;

Norm

MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Gemeinde Nüziders, vertreten durch Dr. Eva Schneider und Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwälte in Bludenz, Bahnhofstraße 8a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. Jänner 2002, Zl. 633795/5-IV/3/02-eij, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz (mitbeteiligte Partei: Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt in Klagenfurt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten angefochtenen Bescheides sowie der weiters vorgelegten Beilagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der am 4. September 1973 geborene, ledige Betroffene (H.G.) ist - der Aktenlage zufolge offenbar seit Geburt - in der Gemeinde des beschwerdeführenden Bürgermeisters, Nüziders (kurz: N), mit Hauptwohnsitz gemeldet. Seit 2. Oktober 2000 ist er mit weiterem Wohnsitz in Klagenfurt gemeldet, wo er studiert.

In seiner Wohnsitzerklärung vom 15. Mai 2001 brachte der Betroffene vor, er halte sich etwa an 20 Tagen im Jahr in N, hingegen an etwa 300 Tagen im Jahr in Klagenfurt auf. Mitbewohner an den jeweiligen Wohnsitzen sind nicht angegeben. Die Frage nach "Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften" wird hinsichtlich beider Wohnsitze verneint. Der Weg zur Ausbildungsstätte wird überwiegend von Klagenfurt aus angetreten.

Das Reklamationsverfahren wurde mit Antrag des mitbeteiligten Bürgermeisters vom 12. September 2001 (Eingangsstampiglie der belangten Behörde vom 17. September 2001) eingeleitet.

Der Beschwerdeführer brachte hiezu in einer Stellungnahme an die belangte Behörde vom "21.1.2001" (dem Zusammenhang nach wohl: 21. Oktober 2001) unter anderem vor, der Betroffene habe in Klagenfurt offensichtlich lediglich einen vorübergehenden Wohnsitz für die Dauer seines Studiums. In N seien auch seine Eltern wohnhaft; sein familiäres und damit auch soziales Umfeld sei also klar in N und nicht am Ausbildungsort konzentriert.

Der Betroffene brachte in seiner Stellungnahme an die belangte Behörde vom 19. November 2001 vor, er betrachte weiterhin einen Wohnsitz in N als Hauptwohnsitz, dort lebten auch seine Eltern, Geschwister und auch seine Freunde. Er besuche auch öfters im Jahr seine Eltern und Freunde. So gesehen habe er zu seiner Heimatgemeinde das überwiegende Naheverhältnis und nicht zum Studienort.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 2. Jänner 2002) hat die belangte Behörde dem Reklamationsantrag stattgegeben, den Hauptwohnsitz des Betroffenen in N aufgehoben, sowie ausgesprochen, dass der Betroffene innerhalb eines Monats bei der für seinen nunmehrigen Hauptwohnsitz zuständigen Meldebehörde die erforderliche Meldung vorzunehmen und der beschwerdeführende Bürgermeister sein Melderegister zu berichtigen habe.

Ausgehend von den Angaben in der Wohnsitzerklärung gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, bei einer 20-tägigen Anwesenheit im Jahr in N könne nicht "von der Faktizität eines Aufenthaltes gesprochen werden, somit auch keine Mittelpunktqualität begründet werden".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer stützt sich dabei unter anderem auf ein Schreiben des Betroffenen vom 21. Jänner 2002 an die Gemeinde N, welches mit der Beschwerde vorgelegt wird. Darin bringt der Betroffene vor, er habe den angefochtenen Bescheid am 19. Jänner 2002 vom Postamt abgeholt. Zu dem im angefochtenen Bescheid angeführten entscheidungsrelevanten Sachverhalt nehme er wie folgt Stellung: Die in seiner Wohnsitzerklärung vom 15. Mai 2001 gemachten Angaben über die Aufenthaltsdauer von 300 Tagen in Klagenfurt beruhten auf folgender Annahme: zu diesem Zeitpunkt habe er noch nicht gewusst, wo er im folgenden Sommer seinen Ferialjob und anschließend daran sein studienbedingtes Praxissemester absolvieren werde. Da er davon ausgegangen sei, dass er für sein Praxissemester eine Praktikumsstelle in Klagenfurt oder in der Umgebung von Klagenfurt bekommen werde, habe er die Aufenthaltsdauer in Klagenfurt für das Jahr 2001 auf 300 Tage eingeschätzt. Er habe beabsichtigt, 20 Tage Urlaub bei seinen Eltern zu verbringen, und die restlichen 45 Tage dort, wo er eine Ferialstelle bekommen werde. Tatsache sei, dass er Ende Mai 2001 die Zusage für einen Ferialjob in Heidelberg bekommen habe. Er habe dort seinen Ferialjob von Anfang Juli bis Ende August absolviert, habe aber jedes zweite Wochenende in N bei seinen Eltern verbracht. Ebenfalls Ende Mai 2001 habe er die Zusage eines Münchner Unternehmens erhalten, dort von Anfang September bis Ende Dezember 2001 sein Pflichtpraktikum absolvieren zu können. Er habe die Stelle in München angenommen und habe somit vier Monate dort verbracht, allerdings sei er jedes dritte Wochenende zu seinen Eltern und Freunden nach N gefahren. Daraus ergebe sich, dass er im vergangenen Jahr nicht mehr als sechs Monate in Klagenfurt verbracht habe, wenn man seinen 7-tägigen Aufenthalt zu Ostern in N berücksichtige. Rechne man seine Aufenthalte in N zu Ostern, an den Wochenenden im Sommer und im Herbst sowie zu Weihnachten zusammen, ergebe sich für 2001 eine Aufenthaltsdauer von über 30 Tagen. Daraus sei ersichtlich, dass sein sozialer Mittelpunkt eindeutig in N liege, weil er in Klagenfurt keine nennenswerten sozialen Kontakte pflege und, wenn es die Umstände erlaubten, regelmäßig seine Familie und vor allem seine Freunde in N besucht habe. Er beabsichtige auch im Jahr 2002 nur die Studienzeit in Klagenfurt zu verbringen und die Ferienzeit in N. Weiters werde er voraussichtlich sein Studium im Frühjahr 2003 abschließen und anschließend Klagenfurt verlassen. Er gehe in Klagenfurt keiner beruflichen Tätigkeit nach, sondern sei weiterhin finanziell völlig von seinen Eltern abhängig, die ihm sein Studium finanzierten. Somit ergebe sich, dass sein wirtschaftlicher Mittelpunkt ebenfalls in N liege. All dies mache deutlich, dass seine gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebensbeziehungen in N lägen und er lediglich seine Ausbildung in Klagenfurt absolviere. Sein überwiegendes Naheverhältnis bestehe also zu seiner Heimatgemeinde, die er weiterhin als Hauptwohnsitz beibehalten wolle, und nicht zum Studienort.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte der Betroffene bereits das 26. Lebensjahr vollendet, sodass im Sinn des hg. Erkenntnisses vom 13. November 2001, Zl. 2001/05/0935, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, davon auszugehen ist, dass er zum Studienort so intensive Lebensbeziehungen geknüpft hat, dass der Mittelpunktcharakter des Studienortes nicht zu leugnen ist, wo hingegen der Mittelpunktcharakter des Heimatortes nicht mehr bejaht werden kann, zumal nicht hervorgekommen ist, dass eine neue familiäre Bindung (Ehe oder Lebensgemeinschaft) am früheren Heimatort besteht. Für diese Beurteilung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob nun die Aufenthaltsdauer in N mit 20 oder 30 Tagen im Jahr zu beziffern ist oder ob das Praktikum im Zuge des Studiums die konkrete Aufenthaltsdauer am Studienort in Klagenfurt im Jahr 2001 nicht mehr als sechs Monate betrug, wie der Betroffene in seinem Schreiben vom 21. Jänner 2002 vorbrachte. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aus den (zuvor wiedergegeben, vorgelegten) Stellungnahmen des Beschwerdeführers und des Betroffenen im Verwaltungsverfahren nicht ableitbar, dass der Betroffene in N einen "Mittelpunkt von Lebensbeziehungen" hätte. Das ergibt sich auch nicht unter Einbeziehung des Vorbringens des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom 21. Jänner 2002, zumal die Heimatverbundenheit einer Person in den in § 1 Abs. 8 MeldeG genannten Kriterien nicht genannt ist (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Feber 2002, Zl. 2001/05/1163). Damit liegt schon deshalb kein relevanter Verfahrensmangel vor (vorgebracht werden Ermittlungs- und Begründungsmängel), abgesehen davon, dass es ja dem Beschwerdeführer wie auch dem Betroffenen freigestanden wäre, im Verwaltungsverfahren ein substanzielleres Vorbringen zu erstatten.

Da somit schon das Vorbringen der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. März 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050132.X00

Im RIS seit

13.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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