TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/19 99/10/0208

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2002
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der Gertraud P in Berlin, vertreten durch Dr. Rudolf Denzel und Dr. Peter Patterer, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Moritschstraße 1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. August 1999, Zl. 8W-NAT-52/2/99, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem Kärntner Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 31. Oktober 1997 stellten Bedienstete der Bezirkshauptmannschaft F. (BH) fest, dass auf der Parzelle Nr. 77/10 der KG U. eine Feuchtfläche angeschüttet worden sei. Die BH leitete daraufhin ein Verfahren zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes ein. Sie gab der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des genannten Grundstückes mit Schreiben vom 8. Jänner 1998 gemäß § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit, dazu innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen.

Am 12. Februar 1998 sprach der Bruder der Beschwerdeführerin in dieser Angelegenheit bei der BH vor, wobei er unter anderem die Vornahme einer Verhandlung an Ort und Stelle beantragte. Die genannte Parzelle weise nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Baulandwidmung auf und stelle keine Feuchtfläche dar. Er überreichte eine Vollmacht der Beschwerdeführerin vom 28. Jänner 1998, wonach diese ihn ermächtigte, sie in der Angelegenheit des Schreibens der BH vom 8. Jänner 1998 ("Anschüttung einer Feuchtfläche - Einleitung des Verfahrens zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes") zu vertreten.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin mit Bescheid der BH vom 15. Juni 1998 verpflichtet, die auf dem genannten Grundstück vorgenommene Anschüttung zu entfernen.

In der dagegen von der Beschwerdeführerin persönlich erhobenen Berufung stellte diese unter anderem den Antrag auf nachträgliche Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung der vorgenommenen Anschüttung.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 1998 gab die BH dem in der Berufung gestellten Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die bereits auf der Parzelle Nr. 77/10 der KG U. vorgenommene Anschüttung gemäß §§ 8 und 10 Abs. 3 lit. a und b des Kärntner Naturschutzgesetzes 1986 keine Folge.

Dieser Bescheid wurde sowohl der Beschwerdeführerin (am 30. Oktober 1998) persönlich als auch zu Handen des Anton M. zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob Anton M. in Vertretung der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 20. November 1998, bei der BH am 23. November 1998 eingelangt, Berufung. Er brachte unter anderem vor, im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides der BH am 22. Oktober 1998 nicht ortsanwesend gewesen zu sein. Er sei erst am 8. November 1998 von einem Auslandsaufenthalt zurückgekehrt. Die Zustellung sei erst mit diesem Tag als vollzogen zu betrachten. Gerechnet vom 8. November 1998 an, sei die Berufung innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht worden.

Die belangte Behörde forderte daraufhin Anton M. mit Schreiben vom 29. Dezember 1998 unter Berufung auf § 17 des Zustellgesetzes (ZustG) auf, die behauptete Ortsabwesenheit durch Vorlage von geeigneten Unterlagen (z.B. Rechnungen, Bestätigungen etc.) nachzuweisen. Auf Grund bestehender Zweifel über den Inhalt und das Ausmaß des Vollmachtsverhältnisses zur Beschwerdeführerin werde er überdies gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert nachzuweisen, dass die mit Schreiben vom 28. Jänner 1998 erteilte Vollmacht auch für das vorliegende Bewilligungsverfahren gelte.

Anton M. übermittelte die Bestätigung eines in Deutschland ansässigen Unternehmens, wonach er sich in der Zeit vom 26. Oktober bis 12. November 1998 in Bochum zu Werbezwecken aufgehalten habe. Dabei wurde das Programm einer beworbenen Winterrallye zur Vorlage gebracht.

Die belangte Behörde forderte nunmehr Anton M. mit Schreiben vom 23. Februar 1999 auf, durch Vorlage ergänzender Unterlagen den genauen Zeitraum seines behaupteten Auslandsaufenthaltes schlüssig nachzuweisen.

Am 22. April 1999 teilte Anton M. durch seinen Rechtsvertreter der belangten Behörde fernmündlich mit, dass er in einem Camping-Fahrzeug übernachtet habe und deshalb keine Hotelrechnungen vorlegen könne. Er werde versuchen, "den Auslandsaufenthalt irgendwie nachzuweisen".

In der weiteren Folge des Verfahrens wurden weder irgendwelche Nachweise noch eine Vollmacht vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. August 1999 wurde die von Anton M. als Vertreter der Beschwerdeführerin erhobene Berufung gemäß den §§ 10 Abs. 1, 32 ff und 63 Abs. 5 AVG als unzulässig und verspätet zurückgewiesen.

Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und der angewendeten Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde in der Begründung aus, der Bescheid der BH vom 22. Oktober 1998 sei am 27. Oktober 1998 von einem Mitbewohner des Anton M. an dessen Abgabestelle übernommen worden. Grundsätzlich wäre daher davon auszugehen, dass die Frist zur Erhebung einer rechtzeitigen Berufung am Dienstag, dem 27. Oktober 1998, begonnen und am Dienstag, dem 10. November 1998, geendet hätte. Anton M. habe jedoch geltend gemacht, am 27. Oktober 1998 nicht an der Abgabestelle ortsanwesend gewesen zu sein, sondern erst am 8. November 1998 von einem Auslandsaufenthalt zurückgekehrt zu sein. Nach der von ihm übermittelten Bestätigung habe er sich in der Zeit vom 26. Oktober bis 12. November 1998 in Bochum zu Werbezwecken aufgehalten. Da seine Angaben in der Berufung mit der übermittelten Bestätigung nicht übereingestimmt hätten, sei ihm zur Aufklärung der Divergenzen eine Nachfrist gesetzt worden. Innerhalb dieser Frist seien die erwähnten Ungereimtheiten nicht ausgeräumt worden. Ebenso wenig seien die begründeten Zweifel am Vollmachtsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Anton M. beseitigt worden. Eine schriftliche Vollmacht der Beschwerdeführerin für das gegenständliche Verfahren sei auch nach Aufforderung der belangten Behörde nicht vorgelegt worden. Die Berufung sei daher als unzulässig und verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Vertretung:

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, auch durch eigenberechtigte natürliche Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich gemäß § 10 Abs. 2 AVG nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vollmacht auch für andere Verfahren über bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheiten als erteilt anzusehen ist, ist es entscheidend, ob ein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, dass von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden kann. Ist dies nicht der Fall, dann kommt es darauf an, ob eine Parteienerklärung vorliegt, die so gedeutet werden kann, dass auch das jeweilige weitere oder andere Verfahren von der Vertretungsbefugnis des für das Erstverfahren Bevollmächtigten erfasst sein soll (vgl. etwa aus der ständigen Rechtsprechung das Erkenntnis vom 25. März 1996, Zl. 95/10/0052).

Die von Anton M. der BH vorgelegte Vollmacht der Beschwerdeführerin vom 28. Jänner 1998 bezog sich auf das Verfahren zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes im Zusammenhang mit der Anschüttung einer Feuchtfläche, hat die Beschwerdeführerin doch dabei ausdrücklich auf das Schreiben der BH vom 8. Jänner 1998 Bezug genommen. Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie die Beschwerdeführerin im Verfahren zur nachträglichen Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für die auf dem genannten Grundstück erfolgte Aufschüttung zu einer entsprechenden Klarstellung der Vollmacht aufforderte.

Da auch eine solche Klarstellung in der dafür vorgesehenen Frist nicht erfolgt ist, erweist sich die Zurückweisung der von Anton M. als Vertreter der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung als nicht rechtswidrig.

Auf Grund dieser Erwägungen war die vorliegende Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2002

Schlagworte

Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Vertretungsbefugter Zurechnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999100208.X00

Im RIS seit

13.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten