TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/20 99/03/0316

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Veröffentlicht am 20.03.2002
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des K W in Graz, vertreten durch Dr. Christian Flick, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Roseggerkai 3/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 12. April 1999, Zl. UVS 30.8-158/98-23, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 10. September 1998 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 22. August 1997, um 22.00 Uhr, an einer bestimmten Straßenstelle in Graz als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw 1. obwohl sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, das Fahrzeug nicht sofort angehalten; 2. obwohl sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, weil er sich von der Unfallstelle entfernt habe; 3. obwohl sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle verständigt. Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: zu 1. § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960, 2. § 4 Abs. 1 lit. c StVO StVO 1960 und 3. § 4 Abs. 5 StVO 1960. Zu 1. wurde gemäß § 99 Abs. 2 lit. a leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage), zu 2. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) und zu 3. gemäß § 99 Abs. 3 lit. b leg. cit. eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde, insbesondere ausgehend vom eingeholten Gutachten eines KFZ-Sachverständigen aus, dass der Beschwerdeführer bei einem Ausparkmanöver mit seinem Fahrzeug gegen ein abgestellt gewesenes Fahrzeug gestoßen sei und dieses bei diesem Fahrmanöver (mit der rechten vorderen Stoßstangenecke seines Fahrzeuges durch Zufügen einer Delle an der Fahrertüre) beschädigt habe. Auf Grund der Geräuschentwicklung und insbesondere der Wackelbewegung des berührten Fahrzeuges hätte dem Beschwerdeführer dies bei gehöriger Aufmerksamkeit auffallen müssen, er sei jedoch davongefahren. Dem mit einem Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens verbundenen Antrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme des Zeugen Sch. "unter Beiziehung des Kfz-Sachverständigen" gab die belangte Behörde nicht Folge, zumal er nicht nachvollziehbar begründet sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, (lit. a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten ... (lit. c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Nach § 4 Abs. 5 StVO haben die in Abs. 1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, abgesehen von dem auf die vorliegende Rechtssache nicht zutreffenden Fall des Identitätsnachweises, die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

Sowohl die Anhaltepflicht gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO und die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs. 1 lit. c leg. cit. als auch die Meldepflicht nach § 4 Abs. 5 leg. cit. setzen auch das Wissen um einen Verkehrsunfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist, es genügt vielmehr, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind, oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Weiters muss der Lenker den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuwenden; insbesondere bei Fahrmanövern wie dem vorliegenden hat der Lenker des Fahrzeuges erhöhte Aufmerksamkeit walten zu lassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 1990, Zl. 89/03/0176).

Die belangte Behörde stützte sich insbesondere auf das im Zuge des Berufungsverfahrens erstattete Gutachten des Sachverständigen für das Kraftfahrwesen, welches unter anderem nachstehenden Inhalt habe: "... es kann aus technischer Sicht nicht 100 %ig angegeben werden, ob der Anstoß mit der vorderen oder der hinteren Stoßstange erfolgte. Es muss in jedem Fall mit einem Eck der Stoßstange zum Kontakt mit der Türe gekommen sein. Höhenmäßig ist auf Grund der Unebenheiten in jedem Fall sowohl ein Anstoß mit der vorderen als auch mit der hinteren Stoßstange des Beschwerdeführers nachvollziehbar. Am Fahrzeug des Beschwerdeführers war bei der gegenständlichen Kollision in jedem Fall keine Beschädigung zu erwarten. Dies deshalb, weil die Beschädigung am (parkenden) Fahrzeug in jedem Fall durch die Stoßstange verursacht wurde. Der Anprall selbst erfolgte hierbei gegen einen sehr weichen Teil des (parkenden) Fahrzeuges, der sich sofort plastisch verformte. Hinsichtlich der Bemerkbarkeit der gegenständlichen Kollision für den Beschwerdeführer kann Folgendes angegeben werden: So haben Untersuchungen von Wolff (Erg. Deutsches-Allianzzentrum) gezeigt, dass derartige Beschädigungen für den Insassen des anstoßenden Fahrzeuges eher nicht zu bemerken sind. Auf Grund der Tatsache, dass im Bereich der Tür allerdings auch Auffaltungen ersichtlich sind, ergibt sich, dass in jedem Fall ein Kollisionsgeräusch zu erwarten war. Das Geräusch das bei einem derartigen Kontakt zu erwarten ist, ist einem dumpfen Knittern gleichzusetzen. Eine Wackelbewegung des (parkenden) Fahrzeuges beim Anstoß war in jedem Fall zu erwarten. Dieser war derart stark, dass er auch sichtbar war."

Der Beschwerdeführer wendet nun ein, dass er einen allfälligen Anstoß gar nicht bemerken konnte, da laut Gutachten "derartige Beschädigungen für den Insassen des anstoßenden Fahrzeuges eher nicht zu bemerken sind" und außerdem das Radio aufgedreht war. Wie sich aus dem vollständigen Gutachten ergibt, war für den Beschwerdeführer jedenfalls eine sichtbare Wackelbewegung am parkenden Fahrzeug wahrzunehmen. Abgesehen davon, dass das Autoradio nur insoweit benützt werden dürfte, als die Aufmerksamkeit des Lenkers gegenüber dem Verkehrsgeschehen nicht beeinträchtigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2001, Zl. 2000/02/0169), hätte der Beschwerdeführer eine Wackelbewegung auch dann, wenn das Radiogerät eingeschaltet war, bemerken müssen. Sohin kann daran, dass der Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit die Möglichkeit eines Zusammenstoßes mit dadurch verursachter Beschädigung eines anderen Fahrzeuges zu erkennen vermocht hätte, kein Zweifel bestehen.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass aus den Darstellungen des Sachverständigen nicht mit notwendiger letzter Sicherheit festgestellt werden könne, ob es zu einem Kontakt der beiden Fahrzeuge gekommen sei, und dass der Sachverständige einen Anstoß mit der hinteren Stoßstange des Fahrzeuges des Beschwerdeführers wahrscheinlicher hielt, übersieht er, dass der Sachverständige jedenfalls beide Varianten (Anstoß mit vorderer oder hinterer Stoßstange) als möglich ansah und der Beschwerdeführer nichts aufzeigt, aus dem zwingend auf einen Anstoß mit der hinteren Stoßstange seines Fahrzeuges geschlossen werden müsste, sodass er es nicht vermag, die Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erschüttern. Die Feststellung, dass der Anstoß mit der rechten vorderen Stoßstangenecke des Fahrzeuges des Beschwerdeführers erfolgt ist, wurde durch die Aussage des Zeugen Dr. S. bestätigt; daran Bedenken zu erwecken ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er nach dem - von ihm nicht bestrittenen - Inhalt der Anzeige bei seiner (ersten) Vernehmung am 11. September 1997 selbst angab, dass ihn an Ort und Stelle hinsichtlich des Unfalles "einige Leute ....angesprochen" hätten; schon das allein hätte ihn veranlassen müssen, zu überprüfen, ob er einen Sachschaden am fremden Fahrzeug verursacht habe.

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens die nicht erfolgte Einvernahme des Zeugen Sch. geltend und rügt, dass die Behörde nicht seinem Beweisantrag vom 24. März 1999 Folge geleistet habe.

Auch dieser Beschwerdevorwurf ist nicht zielführend. In diesem Beweisantrag hat der Beschwerdeführer beantragt, den genannten Zeugen unter Beiziehung des KFZ-Sachverständigen zu laden, er hat jedoch in keiner Weise konkretisiert, welcher Sachverhalt dadurch zu erweisen gewesen wäre. Auch in der Beschwerde zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz des Verfahrensmangels nicht auf, er beschränkt sich vielmehr auf das Vorbringen, dass er, wäre es zur Einvernahme des Genannten bekommen, "in diesem Verfahren erfolgreich" gewesen wäre und seiner Berufung "vollinhaltlich Folge gegeben worden" wäre. Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung kann daher nicht erkannt werden.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. März 2002

Schlagworte

Meldepflicht Mitwirkung und Feststellung des Sachverhaltes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999030316.X00

Im RIS seit

04.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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