TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/20 99/09/0142

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Veröffentlicht am 20.03.2002
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ARB1/80 Art6 Abs1;
AuslBG §14a Abs1;
AuslBG §14a;
AuslBG §15;
AuslBG §16 Abs1;
AuslBG §16 Abs2;
AuslBG §16;
AuslBG §4c;
AuslBG §7 Abs8;
AVG §68 Abs6;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ditscheinergasse 4, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 2. März 1999, Zl. LGSW/Abt. 10/13116/876022/1998, betreffend Nichtausstellung einer Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von 332,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 1999 wurde der am 20. April 1998 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm eine Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14a Abs. 1 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei im Prüfungszeitraum (20. Februar 1997 bis 20. April 1998) wohl 12 Monate in einem Dienstverhältnis beschäftigt gewesen, diese Zeiten seien aber für die begehrte Arbeitserlaubnis nicht anspruchsbegründend anzurechnen. Auf das in seiner Stellungnahme vom 15. Februar 1999 ins Treffen geführte Assoziationsabkommen könne der Beschwerdeführer sich nicht berufen. Die Scheinehe habe der Beschwerdeführer nicht bestritten; hätte er das Arbeitsmarktservice darüber früher informiert, wäre der ihm (zuletzt für den Zeitraum 26. April 1993 bis 25. April 1998 verlängerte) Befreiungsschein "nicht erst kurz vor dem Ablauf widerrufen worden". Außer diesem - "aufgrund der Scheinehe ausgestellten" - Befreiungsschein verfüge der Beschwerdeführer über keine "andere Berechtigung nach dem AuslBG", weshalb keine anspruchsbegründenden anrechenbaren Beschäftigungszeiten vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen in seinem Recht auf Ausstellung der beantragten Arbeitserlaubnis nach dem AuslBG verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdeführer wurde ein Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z 2 AuslBG ausgestellt. Mit - zufolge Rücknahme der Berufung durch den Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17. Mai 1999 - in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Arbeitsmarktservice Bau-Holz Wien vom 13. März 1998 (Zl. 13115/201436) wurde dieser (von 24. April 1993 bis 25. April 1998 verlängerte) Befreiungsschein, welcher aufgrund der Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin ausgestellt worden war, "unter Ausschluß der aufschiebenden Wirkung gemäß § 20 Abs. 5 AuslBG" widerrufen. Die mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe des Beschwerdeführers wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 4. September 1995 (Zl. 1 C 58/95g- 5) gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt.

Gemäß § 14a Abs. 1 AuslBG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 78/1998) ist einem Ausländer auf Antrag eine Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn der Ausländer in den letzten 14 Monaten insgesamt 52 Wochen im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war.

Die Arbeitserlaubnis ist zufolge § 14f Abs. 1 leg. cit. zu widerrufen, wenn unter anderem nach Z. 1 der Ausländer im Antrag auf Ausstellung der Arbeitserlaubnis über wesentliche Tatsachen wissentlich falsche Angaben gemacht hat oder solche Tatsachen verschwiegen hat.

Gemäß § 16 Abs. 1 AuslBG ist der Befreiungsschein zu widerrufen, wenn der Ausländer im Antrag auf Ausstellung eines Befreiungsscheines über wesentliche Tatsachen wissentlich falsche Angaben gemacht oder solche Tatsachen verschwiegen hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Februar 1999, Zl. 98/09/0144, in einem mit dem vorliegenden vergleichbaren Beschwerdefall dargelegt hat, bedeutet die Aufhebung der Berechtigung des für den Beschwerdeführer ausgestellten Befreiungsscheines, dass die Unwiderrufbarkeit des rechtskräftigen Bescheides durchbrochen ist und der zurückgenommene (= widerrufene) Bescheid für die Zukunft keine Rechtswirkungen mehr entfalten kann.

Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis ist unter anderem die Voraussetzung einer erlaubten Vorbeschäftigung.

Die rechtsgestaltende Wirkung des für den Beschwerdeführer ausgestellten Befreiungsscheines lag darin, dass dieser zur Aufnahme einer Beschäftigung berechtigt war. Dem mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 13. März 1998 erfolgten Widerruf seines Befreiungsscheines kommt zwar keine rückwirkende Kraft dergestalt zu, dass der Befreiungsschein als von Anfang an nicht erteilt anzusehen wäre (daher ist schon aus diesem Gesichtspunkt keine Rückabwicklung des Dienstvertrages nötig, vgl. darüber hinaus § 16 Abs. 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 8 AuslBG), jedoch gilt der ausgestellte Befreiungsschein ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Widerrufsbescheides als nicht mehr existent. Da die während der letzten 14 Monate vor Antragstellung auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis zurückgelegten erlaubten Beschäftigungszeiten in der Dauer von 52 Wochen eine Tatbestandsvoraussetzung für die zukünftige Erteilung der Arbeitserlaubnis bilden, sind die bis zur Rechtskraft des Widerrufsbescheides auf der Grundlage des widerrufenen Befreiungsscheines zurückgelegten Beschäftigungszeiten aufgrund des Wegfalles der rechtsgestaltenden Wirkung des vormals ausgestellten Befreiungsscheines als nicht erlaubte Beschäftigungszeiten im Sinne des AuslBG anzusehen. Die gegenteilige Auffassung würde zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, dass der Widerruf eines Befreiungsscheines in der vorliegenden Konstellation nicht wirksam würde, weil umgehend beruhend auf Vorbeschäftigungszeiten ein Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis bestünde (vgl. auch die hg. Erkenntnisse jeweils vom 7. Juli 1999, Zl. 97/09/0340, und Zl. 97/09/0376).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Befreiungsschein widerrufen wurde. Insoweit der Beschwerdeführer auf die nach der Nichtigerklärung seiner Ehe (ab 1995) zurückgelegten Beschäftigungszeiten und die Aufhebung des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes verweist, übersieht er, dass diese Umstände an dem für die Anerkennung erlaubter Vorbeschäftigungszeiten maßgebenden rechtskräftigen Widerruf seines Befreiungsscheines nichts zu ändern vermögen.

Ausgehend von dem in Rechtskraft erwachsenen Widerruf des Befreiungsscheines war von der belangten Behörde nicht zu untersuchen, ob die Ausstellung des Befreiungsscheines etwa im Jahr 1990 rechtmäßig war. Es ist daher auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Widerruf seines Befreiungsscheines keine erlaubte Vorbeschäftigung aufzuweisen habe und daher die Voraussetzungen im Sinn des § 14a AuslBG nicht erfüllt waren.

Insoweit der Beschwerdeführer auf seine Rechte nach dem Assoziationsratsbeschluss (ARB Nr. 1/80) verweist, ist ihm zu erwidern, dass für die Beurteilung der Beschäftigungszeiten nach dem Art. 6 Abs. 1 (erster bis dritter Gedankenstrich) des ARB Nr. 1/80 bzw. § 4c AuslBG die Erlaubtheit der Beschäftigung (= "ordnungsgemäß") gleichermaßen wesentlich ist, weshalb für die Anwendbarkeit dieser Norm das bereits Gesagte gilt (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 28. September 2000, Zl. 99/09/0086). Im übrigen ist festzuhalten, dass Gegenstand des Antrages und des mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Abspruches ausschließlich die Ausstellung einer Arbeitserlaubnis auf der Rechtsgrundlage des § 14a AuslBG war und die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nach dem ARB Nr. 1/80 (bzw. § 4c AuslBG) durch den angefochtenen Bescheid nicht berührt wurde, besteht aufgrund dieser gemeinschaftsrechtlichen Grundlage doch kein Anspruch auf Ausstellung der vorliegend beantragten Arbeitserlaubnis gemäß § 14a AuslBG oder eines konstitutiv wirkenden Befreiungsscheines nach dem AuslBG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0120, und die darin angegebene Judikatur).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. März 2002

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999090142.X00

Im RIS seit

03.06.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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