TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/21 2001/16/0381

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Veröffentlicht am 21.03.2002
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GebG 1957 §28 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33 TP8 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der M in L, vertreten durch Dr. Ursula Heber, Rechtsanwalt in 2000 Stockerau, Schießstattgasse 27, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Februar 2001, Zl. RV/313-09/00, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der Bilanz der R GmbH zum 31. Dezember 1994 schien unter "sonstige Verbindlichkeiten" die Position "Darlehen Radosztics" mit einem Betrag von S 2,000.000,-- auf. Zu diesem Zeitpunkt waren die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte, Matthias R, Gesellschafter der R GmbH. Matthias R war Geschäftsführer der R GmbH.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 7. Jänner 1997 wurde das Konkursverfahren über die R GmbH eröffnet.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb der Beschwerdeführerin auf Grund des Gesellschafterdarlehens mit Bescheid vom 19. Februar 1999 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 2,000.000,-- gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 iVm Abs. 4 GebG 1957 Rechtsgebühr in Höhe von S 16.000,-- vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und brachte vor, das Darlehen sei für die R GmbH aufgenommen worden, und zwar von ihrem Ehegatten Matthias R als Geschäftsführer der R GmbH, somit sei die Gebühr auch von der R GmbH zu tragen.

Auf Grund eines Vorhalts der belangten Behörde brachte die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 21. Februar 2001 vor, der Betrag von S 2,000.000,-- sei von der R GmbH aufgenommen worden. Ihr Ehegatte Matthias R habe sämtliche Gespräche geführt und es sei ihr auch niemand von der Gläubigerseite bekannt. Die Gespräche seien ca. 2 Jahre, bevor sie die R GmbH übernommen habe, erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge, änderte den erstinstanzlichen Bescheid ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,000.000,-- auf Vorschreibung der Rechtsgebühr von S 8.000,-- ab und wies die Berufung im Übrigen als unbegründet ab. Aus den Unterlagen ergebe sich, dass die H GmbH das Darlehen von S 2,000.000,-- der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten und nicht der R GmbH gewährt habe. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass der Darlehensnehmer dieses Darlehens die R GmbH gewesen wäre. Deshalb sei auch keine Anmeldung der Darlehensforderung durch die H GmbH im Konkursverfahren der R GmbH erfolgt. Es seien zwei mündlich abgeschlossene Darlehensverträge über einen Betrag von S 2,000.000,-- zustande gekommen. Zunächst jener zwischen der H GmbH als Darlehensgeberin und der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten als Darlehensnehmer und anschließend jener zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten als Darlehensgeber und der R GmbH als Darlehensnehmerin. Es sei davon auszugehen, dass der R GmbH der Betrag von S 2,000.000,-- von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten gemeinsam zur Verfügung gestellt worden sei, sodass im Innenverhältnis ein Betrag von S 1,000.000,-- von der Beschwerdeführerin stamme. Es sei trotz Vorhaltes keinerlei Nachweis dafür erbracht worden, dass Darlehensnehmerin des Darlehens der H GmbH die R GmbH gewesen sei. Nicht bezweifelt werde, dass die ersten Gespräche über die Darlehensaufnahme bereits 2 Jahre vor der Übernahme des Geschäftsanteiles der R GmbH durch die Beschwerdeführerin stattgefunden hätten und dass diese Gespräche nur von Matthias R geführt worden seien. Nicht entkräftet worden sei auch, dass zwei Darlehensverträge vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, ohne Vorliegen eines gebührenpflichtigen Rechtsgeschäftes keine Rechtsgebühr bezahlen zu müssen, verletzt.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 GebG 1957 unterliegen Darlehensverträge nach dem Werte der dargeliehenen Sachen einer Rechtsgebühr von 0,8 v.H.

Wurde über das Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise errichtet, so gelten die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften im Inland zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in die das Darlehen aufgenommen wurde, gemäß Abs. 4 des § 33 TP 8 als Urkunde. Der Darlehensschuldner hat die Gebühr selbst zu berechnen und innerhalb von drei Monaten nach dem Entstehen der Gebührenschuld zu entrichten.

Die belangte Behörde konnte auf Grund der Angaben in der Bilanz der R GmbH zum 31. Dezember 1994 mangels Vorhandenseins anders lautender schriftlicher Verträge davon ausgehen, dass sowohl ein Darlehensvertrag zwischen der H GmbH als Darlehensgeberin und der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten als Darlehensnehmer als auch ein Darlehensvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und dem Ehegatten einerseits und der R GmbH als Darlehensnehmerin andererseits vorliegen. Die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung, es lägen zwei mündlich abgeschlossene Darlehensverträge vor, ist schlüssig begründet. Insofern ist eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht gegeben.

Dennoch ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet. Im Falle der Anknüpfung der Gebührenschuld an die Ersatzbeurkundung im Sinne des § 33 TP 8 Abs. 4 GebG kommt abweichend von der generellen Regelung des § 28 Abs. 1 Z 2 GebG als Gebührenschuldner nicht der Darlehensgläubiger, sondern (allein) der Darlehensschuldner in Betracht. Der Sinn dieser Spezialbestimmung kann dabei auch darin erkannt werden, dass die vom Darlehensschuldner geführten Bücher und Aufzeichnungen die Ersatzurkunde darstellen; es ist daher in diesem Falle der Ersatzbeurkundung der Darlehensschuldner, der in erster Linie imstande ist, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, der alleinige Darlehensschuldner nach § 33 TP 8 Abs. 4 GebG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, Zl. 2001/16/0338, aA Arnold, Die Änderungen im Gebührengesetz durch das AbgÄG 2001, ÖStZ 2002/2, FN 57). Da die Gebühr der Beschwerdeführerin als Gebührenschuldnerin vorgeschrieben worden ist, hat die Abgabenbehörde insoweit das Gesetz verletzt.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. März 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001160381.X00

Im RIS seit

06.08.2002

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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