TE Vwgh Erkenntnis 2002/3/21 2001/16/0202

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Veröffentlicht am 21.03.2002
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;

Norm

BAO §11;
FinStrG §11;
FinStrG §35 Abs2;
FinStrG §38 Abs1 lita;
ZollG 1988 §174 Abs3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des W in C (Deutschland), vertreten durch Dr. Günther Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, Ignaz-Harrer-Straße 13/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 20. November 2000, Zl. ZRV 70/1-3/99, betreffend Vorschreibung von Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von  EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. Februar 1996 schuldig erkannt, J.F. vorsätzlich zur Ausführung eines Finanzvergehens durch jeweilige Falscherklärungen des Zollwertes für die von ihm anlässlich von Werbefahrten im Zollausland an inländische Abnehmer verkaufte Waren bestimmt zu haben, worauf J.F. im Zeitraum September 1986 bis Frühjahr 1988 vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht die Verkürzung von Abgaben von S 3,570.357,-- bewirkte. Der Beschwerdeführer habe dadurch das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben als Beteiligter nach §§ 11, 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und wurde mit einer Geldstrafe von S 900.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Monate) sowie einer Wertersatzstrafe von S 900.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Monate) bestraft.

Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Urteil des OGH vom 5. Dezember 1996 verworfen und der Berufung wurde keine Folge gegeben.

Mit Bescheid vom 24. März 1993 schrieb das Hauptzollamt Salzburg J.F. die nach § 174 Abs. 3 lit. c Zollgesetz (ZollG) kraft Gesetzes entstandene Eingangsabgabenschuld (ohne Einfuhrumsatzsteuer) samt Säumniszuschlag von insgesamt S 1,270.298,-- vor.

Mit Haftungsbescheid vom 23. Oktober 1997 forderte das Hauptzollamt Salzburg den Beschwerdeführer als Haftenden nach § 11 BAO auf, Zoll, AF-Beitrag und Säumniszuschlag in der Höhe von S 128.382,-- zu entrichten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die Inanspruchnahme zur Haftung und beantragte, weil ihm der gegen J.F. geltend gemachte Abgabenanspruch nicht bekannt sei, die Zustellung des an J.F. ergangenen Bescheides des Hauptzollamtes Salzburg vom 24. März 1993 an ihn.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 17. Dezember 1997 wies das Hauptzollamt Salzburg die Berufung betreffend Inanspruchnahme der Haftung für die vorgeschriebenen Eingangsabgaben ab.

Mit Berufungsentscheidung vom 10. März 1999 gab die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid vom 23. Oktober 1997 betreffend Geltendmachung der Haftung hinsichtlich des Säumniszuschlages statt und wies im Übrigen die Berufung als unbegründet ab.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. März 2000, Zl. 99/16/0141, als unbegründet ab.

Nach Zustellung des Abgabenbescheides vom 24. März 1993 erhob der Beschwerdeführer auch gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Abgabenbescheid vom 24. März 1993 als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, dem Zollamt seien anlässlich der Einfuhrabfertigungen "unterfakturierte Rechnungen" vorgelegt worden. Die rechnerische Ermittlung der Bemessungsgrundlagen werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Bestritten werde jedoch, dass J.F. ein "Bewirken" im Sinne des § 174 Abs. 3 lit. c ZollG zuzurechnen sei. Begründet werde diese Rechtsansicht mit dem Hinweis auf Preisangaben auf den Aufklebern, die an den Paketen angebracht gewesen seien. Diesen Aufklebern, die auf den tatsächlich richtigen Kaufpreis aufmerksam gemacht hätten, könne in diesem Zusammenhang aber keine Bedeutung beigemessen werden, weil es sich dabei weder um eine Anmeldung noch um eine der Anmeldung anzuschließende Unterlage gehandelt habe bzw. diese Aufkleber zum Zeitpunkt der Abfertigung noch nicht angebracht gewesen seien. J.F. habe nämlich nach seinen eigenen Aussagen regelmäßig zuerst die Verzollungen durchführen lassen und erst danach den Versand der Waren veranlasst. Die Pakete seien als inländische Nachnahmesendungen nach erfolgter Abfertigung verschickt worden. Der auf den Paketen (am Aufkleber) vermerkte Nachnahmebetrag habe folglich die Offenlegungspflicht gegenüber der Zollbehörde nicht erfüllen können. J.F. habe daher die Verkürzung der Eingangsabgaben bewirkt. Dem Beweisantrag auf Einvernahme von I.S. als Zeugin werde mangels Relevanz nicht stattgegeben.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die zunächst an ihn erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2001, B 56/01-5, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21. März 2001, B 56/01-8, zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, nicht zur Haftung für Eingangsabgaben herangezogen zu werden, verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist die Prüfung der Rechtmäßigkeit der mit Bescheid des Hauptzollamtes Salzburg vom 24. März 1993 erfolgten Abgabenvorschreibung der kraft Gesetzes nach § 174 Abs. 3 lit. c iVm § 3 Abs. 2 ZollG im Zeitraum September 1986 bis Frühjahr 1988 entstandenen Eingangsabgabenschuldigkeiten.

Gemäß § 174 Abs. 3 lit. c ZollG entsteht die Zollschuld kraft Gesetzes für den, der durch unrichtige oder unvollständige Angaben in der Anmeldung oder in der Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes, in den Fällen des § 52 Abs. 3 in den zur Abfertigung vorgelegten Unterlagen bewirkt, dass eine zollpflichtige Ware zollfrei oder unter Festsetzung eines geringeren Zollbetrages vom Zollamt ausgefolgt wird, hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages.

Anlässlich der Einfuhr und Ausfuhr von Waren werden gemäß § 3 Abs. 1 ZollG nach näherer Anordnung der zolltarifarischen Bestimmungen Abgaben in Form von Einfuhrzöllen und Ausfuhrzöllen erhoben. Neben den Zöllen werden nach Maßgabe der betreffenden Abgabengesetze von den Zollämtern sonstige Abgaben erhoben. Die Zölle und die vorgenannten sonstigen Abgaben sind Eingangs- oder Ausgangsabgaben im Sinne dieses Bundesgesetzes.

Auf die gemäß Abs. 1 neben den Zöllen zu erhebenden sonstigen Abgaben findet nach § 3 Abs. 2 ZollG dieses Bundesgesetz sinngemäß Anwendung, sofern in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Abgabengesetzen nicht anderes bestimmt ist.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, nicht er, sondern J.F. habe unrichtige Angaben in den Anmeldungen und in den Erklärungen zur Ermittlung des Zollwertes vorgenommen, dann zeigt er damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Der Beschwerdeführer wurde nämlich zur Haftung der für J.F. entstandenen Eingangsabgabenschuld herangezogen. J.F. hat die Verkürzung der Eingangsabgaben durch seine unrichtigen Angaben in den Anmeldungen und Erklärungen bewirkt. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid mit Recht keineswegs davon aus, der Beschwerdeführer selbst habe unrichtige oder unvollständige Angaben in den Anmeldungen und Erklärungen gemacht.

Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, er sei jedenfalls seiner Verpflichtung zur Offenlegung nachgekommen, sodass eine Kausalität zwischen den unrichtigen Angaben einerseits und deren "Bewirken" bzw. "Verursachen" einer Festsetzung eines geringeren Zollbetrages vom Zollamt nicht gegeben sei, übersieht er, dass J.F. unrichtige Angaben in den Anmeldungen und Erklärungen abgab, die kausal für die Minderfestsetzung waren. Auf eine Kausalität zwischen unrichtigen Erklärungen des Beschwerdeführers und der Minderfestsetzung kam es beim Entstehen des Abgabenanspruches für J.F. nicht an.

Der Beschwerdeführer behauptet auch, die Vorlage unrichtiger Rechnungen durch ihn sei nicht beabsichtigt gewesen. Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde nicht davon ausgegangen ist, dass der Abgabenanspruch für den Beschwerdeführer entstanden ist, sondern für J.F. und der Beschwerdeführer für diese Abgabenschuld nach rechtskräftiger Verurteilung gemäß § 11 BAO haftet. Auf den Umstand, ob die Vorlage unrichtiger Rechnungen durch den Beschwerdeführer beabsichtigt gewesen ist oder nicht, kommt es bei der Abgabenvorschreibung nicht an. In diesem Zusammenhang wird jedoch auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. Februar 1996 hingewiesen. Vom Beschwerdeführer wird hingegen nicht bestritten, dass den Zollbehörden anlässlich der Abfertigungen zum freien Verkehr von J.F. Rechnungen mit unrichtigen Preisangaben vorgelegt wurden. Im Übrigen wird die Höhe der ermittelten Bemessungsgrundlagen sowie die Abgabenberechnung des angefochtenen Bescheides in der Beschwerde nicht konkret bestritten.

Auch die Verfahrensrüge erweist sich als nicht begründet. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, Aufkleber, die die richtigen Werte angegeben haben sollen, seien erst nach der Verzollung angebracht worden. Dies wird vom Beschwerdeführer nicht konkret bestritten. Überdies ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie die Ansicht vertrat, bei diesen "Preisangaben auf den Aufklebern" habe es sich weder um eine Angabe in der Anmeldung noch um eine der Anmeldung angeschlossene Unterlage gehandelt, für die Zollbehörde seien nicht die Angaben auf den Aufklebern, sondern die Angaben in den Anmeldungen und Erklärungen maßgebend gewesen, eine "Offenlegung" des der Abfertigung rechtmäßig zu Grunde zu legenden Zollwertes wäre, selbst wenn die Aufkleber bereits anlässlich der Abfertigung zum freien Verkehr angebracht gewesen wären, nicht erfolgt. Die belangte Behörde konnte daher von der beantragten Einvernahme der I.S. zum Beweis dafür, dass eine Offenlegung der "Endpreise" und der "Einfuhrpreise" anhand der Aufkleber stattgefunden habe und die Verzollung aufgrund der auf den Aufklebern angeführten Preise erfolgen hätte sollen, Abstand nehmen, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, weil eine Offenlegung der "Endpreise" und der "Einfuhrpreise" entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers anhand der Aufkleber selbst dann nicht gegeben war, wenn diese bereits anlässlich der Abfertigung zum freien Verkehr an den Paketen angebracht gewesen sein sollten, und die Abgabenvorschreibung anlässlich der Abfertigung zum freien Verkehr - solange nicht andere Werte als maßgebend ermittelt wurden - nur aufgrund der von J.F. gemachten Angaben in der Anmeldung und nicht aufgrund der auf den Aufklebern angeführten Preise erfolgen konnte.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte nach § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden. Da Abgabenangelegenheiten nicht "civil rights" betreffen, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof unter dem Aspekt des Artikels 6 MRK im konkreten Fall nicht erforderlich.

Mit der Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. März 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001160202.X00

Im RIS seit

01.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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