TE Vfgh Beschluss 1999/6/12 A7/97

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Veröffentlicht am 12.06.1999
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

B-VG Art137 / Bescheid
GehG 1956 §13
GehG 1956 §13a

Leitsatz

Zurückweisung der Klage einer Richterin auf Feststellung der Unrechtmäßigkeit des vom beklagten Bund erhobenen Anspruches auf Rückzahlung (Einbehaltung) von Dienstbezügen nach dem GehG 1956 infolge Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde

Spruch

I. Die Klage wird zurückgewiesen.

II. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Die Klägerin ist Richterin des Oberlandesgerichtes Wien. In ihrer auf Art137 B-VG gestützten, gegen den Bund gerichteten Klage vom 8.4.1997 begehrt die Klägerin die Erlassung folgenden Urteils:

"1. Der vom Beklagten Bund gegen die Klägerin erhobene Anspruch auf Rückzahlung (Einbehaltung) von S 409.108,10 an Dienstbezügen besteht nicht zu Recht.

2. Der Beklagte Bund (Bundesminister für Justiz) ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters die Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

1.2. Hiezu bringt die Klägerin im Wesentlichen folgendes vor:

1.2.1. Die Klägerin habe am 8.3.1996 aus gesundheitlichen Gründen die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand beantragt.

Mit Bescheid vom 15.11.1996 habe der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien festgestellt, dass die Klägerin seit 4.10.1996 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend sei und ab diesem Zeitpunkt bis auf weiteres gemäß §13 Abs3 Z2 GehaltsG die Bezüge entfielen. Die Klägerin habe dagegen am 2.12.1996 Berufung erhoben und damit den Antrag verbunden, dieser Berufung gemäß §12 Abs2 DVG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Mit Bescheid vom 17.12.1996 habe der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien diesem Antrag stattgegeben.

Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 26.2.1997 sei der Berufung der Klägerin nicht Folge gegeben worden. Mit einem weiteren Bescheid vom gleichen Tag habe der Bundesminister für Justiz das Ansuchen der Klägerin um Versetzung in den zeitlichen Ruhestand abgewiesen.

1.2.2. Nach der am 17.3.1997 erfolgten Zustellung dieser beiden Bescheide habe die Klägerin ihren Dienst wieder angetreten.

1.2.3. Mit Zuschrift der Buchhaltung des Oberlandesgerichtes Wien vom 13.3.1997 sei der Klägerin mitgeteilt worden, dass ihr Anspruch auf Entgelt mit 30.10.1996 ende und der bis 31.3.1997 angenommene Übergenuss von ATS 409.108,10 zurückzuzahlen sei. Laut Bezugszettel vom 12.3.1997 werde der Übergenuss in der bezeichneten Höhe ab April 1997 von den Bezügen der Klägerin einbehalten.

1.2.4.1. Eine Klage nach Art137 B-VG könne auch auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines (vermögenswerten) Rechtes oder Rechtsverhältnisses gerichtet sein.

Im vorliegenden Fall begehre der Bund die Rückzahlung (Einbehaltung) eines Betrages von ATS 409.108,10 an Bezügen, die der Klägerin in der Zeit vom 4.10.1996 bis zum 17.3.1997 zugeflossen seien und habe ernstlich bekundet, dass er diese Summe von künftigen Bezügen der Klägerin einbehalten werde. Die Klägerin hätte somit ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des vom Bund behaupteten Rechtes auf Rückzahlung (Einbehaltung) von Bezügen.

1.2.4.2. Es gehe um Ansprüche einer Richterin aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Solche Ansprüche seien nicht im ordentlichen Rechtsweg auszutragen.

Strittig sei allein die Frage, ob die Einbehaltung der Bezüge vom 4.10.1996 bis zur Zustellung des Berufungsbescheides am 17.3.1997 gerechtfertigt sei. Es stelle sich die Frage, welcher Inhalt dem Berufungsbescheid zukomme - enthalte er den normativen Abspruch, dass die Bezüge der Beschwerdeführerin vom 4.10.1996 zumindest bis zur Zustellung des Berufungsbescheides entfallen, oder handle es sich bei dem Ausspruch, dass die Bezüge "bis auf weiteres" entfallen, nur um einen der Verdeutlichung dienenden Hinweis auf eine ex-lege eintretende Rechtsfolge, die dann nicht eintritt oder wegfällt, wenn sich die Verhältnisse ändern. Im zweitgenannten Fall verlagere sich die Entscheidung darüber, ob überhaupt, ab wann und bis wann die Bezüge der Beschwerdeführerin entfallen, aus dem Bescheidverfahren in ein faktisches Liquidationsverfahren. In diesem Fall könne sich die Beschwerdeführerin gegen die angekündigte Einbehaltung der Bezüge nur mit der Klage nach Art137 B-VG wehren, was sie hiemit vorsichtshalber tue.

Nach der der Klage (in eventu) zu Grunde gelegten Rechtsauffassung seien die Wirkungen des Bescheides - vom 15.11.1996 an - durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Berufung beseitigt worden und sei der Ausspruch über das ungerechtfertigte Fernbleiben der Klägerin und den Entfall der Bezüge erst mit der Zustellung des Berufungsbescheides wirksam geworden. Der Beklagte sei daher nicht im Recht, wenn der Klägerin nun formlos, aber ernstlich, die Rückzahlung des Klagsbetrages vorgeschrieben oder dessen Einbehaltung angekündigt werde.

2. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 31.7.1997 teilte die Klägerin mit, der Beklagte habe den von den Bezügen der Klägerin einbehaltenen Betrag von ATS 409.108,10 nunmehr zur Gänze (mit Ausnahme einer nicht ins Gewicht fallenden Berechnungsdifferenz) zurückgezahlt; das Leistungsbegehren sei daher erfüllt worden. Das Feststellungsbegehren sei aber, da der Bund den zunächst erhobenen Einbehaltungsanspruch aufgegeben hat, nachträglich gegenstandslos geworden. Die Klägerin schränkte daher die Klage auf das Begehren nach Kostenersatz ein.

3. Die beklagte Partei hat eine "Gegenschrift" erstattet, in der die Abweisung der Klage beantragt wird. Begründend wird dazu ausgeführt, dass es dem Feststellungsbegehren am geforderten rechtlichen Interesse mangle, da beim Verfassungsgerichtshof zu B 811/97 ein auf Art144 B-VG gestütztes Verfahren zur Klärung der Vorfrage der ungerechtfertigten Abwesenheit der Klägerin vom Dienst und des sich daraus zwingend ergebenden Bezugsentfalles anhängig sei. Im Hinblick auf die vom Bundesministerium für Justiz getroffene Verfügung, die Überweisung der bisher einbehaltenen Beträge und die ungekürzte Auszahlung der Monatsbezüge der Klägerin bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in der Sache selbst vorzunehmen, mangle es der - modifizierten - Klage in ihrem Leistungsteil an der Beschwer.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:

1. Nach Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

2. Mit der vorliegenden Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht. Aus der öffentlichrechtlichen Natur des Dienstverhältnisses der Klägerin ergibt sich zunächst, dass der Anspruch jedenfalls nicht im ordentlichen Rechtsweg auszutragen ist. Es ist aber zu prüfen, ob über den mit Klage geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist.

3.1. Das Klagebegehren ist - im Wesentlichen - auf die Feststellung gerichtet, dass der vom Beklagten gegen die Klägerin erhobene Anspruch auf Rückzahlung (Einbehaltung) von ATS 409.108,10 an Dienstbezügen nicht zu Recht besteht. Dem Klagsvorbringen zufolge stützt der Beklagte den von ihm behaupteten Anspruch darauf, dass die Klägerin einen Übergenuss in der genannten Höhe in Empfang genommen habe und dass sie diesen Übergenuss zurückzuzahlen habe bzw. dass dieser Übergenuss einbehalten werde.

3.2. Gemäß §13a GehaltsG sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen. Die rückforderbaren Leistungen sind durch Abzug von den nach diesem Bundesgesetz gebührenden Leistungen einzubringen. Die Verpflichtung zum Ersatz ist auf Verlangen mit Bescheid festzustellen.

3.3. Daraus wird deutlich, dass die nach dem Klagsvorbringen allein maßgebliche Frage, ob der vom Beklagten erhobene Anspruch auf Rückzahlung (Einbehaltung) von ATS 409.108,10 an Dienstbezügen zu Recht besteht oder nicht, von der zuständigen Verwaltungsbehörde durch Bescheid zu klären wäre.

4. Da sohin über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist, sind die Prozessvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben. Der Verfassungsgerichtshof ist deshalb nicht zuständig, über das Klagebegehren zu entscheiden.

Die Klage war daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Dienstrecht, Bezüge

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:A7.1997

Dokumentnummer

JFT_10009388_97A00007_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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