TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/23 2002/05/0073

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Veröffentlicht am 23.05.2002
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Index

L46109 Tierhaltung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

TierschutzG Wr 1987 §29;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Dezember 2001, Zl. UVS-06/11/8180/2001/36, betreffend Verfall gemäß § 29 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes (mitbeteiligte Partei:

AR, vertreten durch Dr. CB, Rechtsanwalt in Wien, als gemäß § 273 ABGB bestellter Sachwalter; weitere Partei des Verfahrens gemäß § 21 VwGG: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist der Aktenlage zufolge Eigentümerin wie auch Halterin eines Hundes (schwarzbraune, fünfjährige Rottweilerhündin mit dem Namen Kira).

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 11. Oktober 2001 wurde der Mitbeteiligten Folgendes zur Last gelegt:

I. Sie habe am 29. April 2001 gegen 15.00 Uhr an einem näher bezeichnetem Ort diesen Hund weder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb versehen gehabt, noch so an der Leine geführt, dass eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet gewesen sei, weil der Hund, obwohl er angeleint gewesen sei, einen Mann durch tiefe Bisse in den rechten Unterarm verletzt habe;

II. A: Sie habe als Eigentümerin und Verwahrerin dieses Hundes den ihr mit einem näher bezeichneten Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 20. Juli 2001 erteilten Aufträgen, nämlich, dass der Hund an öffentlichen Orten nur mit einer Leine versehen geführt werden dürfe und dies so zu erfolgen habe, dass der Hund jederzeit beherrscht werden könne, insofern zuwider gehandelt, als sie diesen Hund an einem näher bezeichneten öffentlichen Ort in Wien am 2. September 2001 um ca. 19.00 Uhr ohne Leine und ohne Maulkorb frei habe laufen lassen;

II. B: Sie habe den Bestimmungen des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes insoferne zuwider gehandelt, als sie das Tier

1. am 19. Juli 2001 gegen 17.30 Uhr an einem näher bezeichneten öffentlichen Ort ohne Maulkorb an der Leine geführt habe,

2. an einem weiteren näher bezeichneten öffentlichen Ort am 2. September 2001 um ca. 19.00 Uhr ohne Leine und Maulkorb frei habe laufen lassen sowie am 3. September 2001 um ca. 07. 45 Uhr ohne Maulkorb an der Leine geführt habe und

3. am 6. September 2001 um 16.00 Uhr ebenfalls an einem näher bezeichneten öffentlichen Ort ohne Maulkorb an der Leine geführt habe, obwohl der Hund als bissig im Sinne des § 13 Abs. 3 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes anzusehen sei und daher an öffentlichen Orten mit einem Maulkorb versehen sein müsse.

Sie habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu I. § 28 Abs. 2 Z 3 iVm § 13 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes,

Zu I. A § 28 Abs. 2 Z 7 iVm § 16 Abs. 5 leg. cit. iVm dem näher bezeichneten Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 20. Juli 2001,

Zu II. B "4 Verwaltungsübertretungen" gemäß § 28 Abs. 2 Z 3 iVm § 13 Abs. 3 leg. cit. Hiefür wurden über sie gemäß § 28 Abs. 2 leg. cit. näher bezeichnete Geldstrafen verhängt.

Weiters wurde zu den Fakten II A und B gemäß § 29 Abs. 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes der Verfall des Hundes ausgesprochen.

Schließlich wurde die Mitbeteiligte zum Kostenersatz

verpflichtet.

Dagegen erhob die Mitbeteiligte Berufung.

Nach Verfahrensergänzung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen (Teil-)Bescheid wie folgt entschieden:

"Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG wird der Verfall aufgehoben, sofern die nachstehenden Auflagen und Bedingungen erfüllt werden:

-

Die Berufungswerberin (BW) wird verpflichtet, namens ihres Sachwalters der erkennenden Behörde ein Gutachten einer Verhaltenstherapeutin für Problemhunde vorzulegen, in welchem die Unbedenklichkeit sowohl der BW als Hundehalterin als auch des verfahrensgegenständlichen (behördlich verwahrten) Tieres (schwarzbrauner, fünfjähriger Rottweiler, mit dem Namen Kira), für die zuverlässige Haltung und Führung desselben an öffentlichen Orten, unter strikter Befolgung der Bescheidauflage der Bundespolizeidirektion Wien, Administrationsbüro v. 20.7.2001, Zl. 111-H 210/AB/01, bescheinigt wird. .

-

Die Berufungswerberin wird verpflichtet, namens ihres Sachwalters der erkennenden Behörde ein Gutachten eines Facharztes aus dem Bereiche der Psychiatrie vorzulegen, in welchem die Unbedenklichkeit und Zuverlässigkeit der BW hinsichtlich der ihr angelegenen Verpflichtungen nach dem Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz, LGBl. für Wien Nr. 39/1987, unter strikter Befolgung der Bescheidauflage der Bundespolizeidirektion Wien, Administrationsbüro v. 20.7.2001. Zl. III-H 210/AB/01, bescheinigt wird.

-

Die Behörde 1. Instanz wird verpflichtet, die Erfüllung der der BW angelegenen Auflagen insofern zu ermöglichen, als der behördlich verwahrte Hund für die Durchführung der therapeutischen Schulungsmaßnahmen an einen autorisierten Therapeuten bzw. dessen Ermächtigten gegen Übernahmebestätigung herauszugeben ist.

-

Diese Auflagen sind binnen 6 Monaten ab rechtswirksamer Zustellung dieses Bescheides zu erfüllen, widrigenfalls der Verfall gemäß § 29 Abs 1 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 3911987, aufrecht bleibt.

Gemäß § 76 AVG werden der BW die für die veterinärmedizinische Begutachtung des Hundes sowie verhaltenstherapeutische Untersuchung der BW bereits entstandenen Kosten sowie die für die Erfüllung aller Bescheidauflagen anfallenden Kosten vorzuschreiben sein.

Die restlichen Spruchpunkte des Straferkenntnisses werden in einem gesonderten Bescheid einer Erledigung zugeführt, die Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid vom 7.9.2001 ist gegenstandslos geworden."

Aufs Wesentlichste zusammengefasst, heißt es nach Darstellung des Verfahrensganges (auch vor der belangten Behörde) und der Rechtslage begründend, der belangten Behörde seien auf Grund der eingeholten und vorgelegten Gutachten und Befunde mögliche Bedenken an der Erfüllung der Voraussetzungen für den Ausspruch des Verfalles gekommen, zumal ungeachtet der vorliegenden und zeugenschaftlich bestätigten gehäuften Übertretungen nach Einschätzung zweier unabhängigen Experten, sowohl aus dem Veterinär- als auch aus dem Hundetrainingsbereich, die Unbedenklichkeit durch die Mitbeteiligte in Bezug auf die Einhaltung der ihr angelegten Verpflichtungen durchaus erreicht werden könne, somit die Akzessorietät des Verfalls als Nebenstrafe keine zwingende Folge allfälliger Verwaltungsübertretungen sein müsste.

Eine Verfahrensergänzung durch Einholung zusätzlicher Gutachten unter Einbeziehung des Tieres wie auch der Mitbeteiligten im Sinne der erteilten Bescheidauflagen erscheine hiezu unumgänglich, zumal ohne die gemeinsame Befassung von Hundehalter und Tier einerseits und abschließender Beurteilung der subjektiv-psychischen Führungsqualitäten der Mitbeteiligten keine abschließende Beurteilung des den Verfall bedingenden Sachverhaltes ergehen könne (es folgen sodann weitere Ausführungen zur Zulässigkeit von Auflagen). Da ohne die nunmehrige Bescheiderlassung eine Mitwirkung der erstinstanzlichen Behörde nicht gegeben sei, habe die "vorliegende behördliche Anordnung, beinhaltend die im Spruch präzisierten Auflagen, zu ergehen".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde (Amtsbeschwerde gemäß § 14a des Gesetzes vom 26. Juni 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. Nr. 53, in der Fassung LGBl. Nr. 39/1999) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist insbesondere das Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz, LGBl. Nr. 39/1987, in der Fassung LGBl. Nr. 46/1996 (in der Folge kurz: WTschG), anzuwenden. Die §§ 13, 28 und 29 dieses Gesetzes lauten:

"Haltung von Hunden

§ 13. (1) An öffentlichen Orten, wie etwa Straßen, Plätzen, land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen sowie frei zugänglichen Teilen von Häusern, Höfen, Lokalen und Kleingartenanlagen müssen Hunde, unbeschadet § 13 b, entweder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb (Abs. 4) versehen sein oder so an der Leine geführt werden, dass eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist.

(2) In öffentlich zugänglichen Parkanlagen und auf gekennzeichneten Lagerwiesen müssen Hunde, unbeschadet § 13 b, an der Leine geführt werden.

(3) An öffentlichen Orten müssen bissige Hunde mit einem Maulkorb versehen sein.

(4) Der Maulkorb muss der Kopfform des Hundes angepasst und am Kopf derart befestigt sein, dass der Hund seinen Fang darin öffnen und frei atmen, aber nicht beißen oder den Korb vom Kopf abstreifen kann.

(5) Der Maulkorb- oder Leinenzwang (Abs. 1 bis 3) gilt nicht für

1. Jagd- und Diensthunde (§ 10 des Waffengebrauchsgesetzes 1969, BGBl. Nr. 149) während ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung (Einsatz) und

2. Wachhunde, sofern sie an eine sichere Laufkette gelegt sind.

(6) Soweit auf Lagerwiesen, in eine öffentlich zugängliche Parkanlage oder in eine sonstige öffentlich zugängliche Grünanlage Hunde mitgenommen werden dürfen, hat der Verantwortliche (Abs. 7) dafür zu sorgen, dass sich diese nicht in Sandkisten oder auf Kinderspielplätzen aufhalten.

(7) Für die Einhaltung der Abs. 1 bis 4 sowie 6 hat der Verwahrer des Hundes zu sorgen. Wird die Verwahrung einem Strafunmündigen anvertraut, so treffen diese Verpflichtungen den Halter des Tieres."

"Strafbestimmungen

§ 28. (1) Wer ein Tier, das Schmerzen empfinden kann, in qualvoller Weise oder mutwillig tötet, ihm unnötige Schmerzen, Qualen, Verletzungen oder sonstige Schäden zufügt oder es unnötig in schwere Angst versetzt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100 000 S zu bestrafen. Derselben Strafdrohung unterliegt insbesondere, wer

1.

§ 5 (Formen der Tierquälerei),

2.

den nach § 6 Abs. 3, 4 und 6 erteilten Aufträgen (Mitwirkung von Tieren bei Veranstaltungen),

3.

§ 7 (Tiertransporte),

4.

§ 8 Abs. 1 (Eingriffe an Tieren),

5.

§ 9 (Tierversuche),

6.

§ 10 Abs. 1 bis 3 (Schlachtung und Tötung von Tieren),

7.

den auf die §§ 4 Abs. 3, 6 Abs. 7, 8 Abs. 3 und 10 Abs. 4 gegründeten Verordnungen, oder

              8.              den Geboten und Verboten der gemäß § 30 Abs. 6 aufrecht erhaltenen Rechtsvorschriften zuwiderhandelt.

(2) Wer den Bestimmungen des III. Abschnittes über die Tierhaltung und den darauf gegründeten Verordnungen und Bescheiden, und zwar 1. § 11 Abs. 1 bis 4 (Grundsätze der Tierhaltung),

2.

§ 12 (Verbot der Tierhaltung und des Umganges mit Tieren),

3.

§ 13 Abs. 1 bis 3 sowie 6 und 7 (Haltung von Hunden), 4.

§ 14 Abs. 1 (Wachhunde),

5.

§ 15 Abs. 1 und 2 (Haltung von Wildtieren),

6.

§ 15a (Pelztierzucht),

7.

§ 16 Abs. 1 und 2 (Haltung von gefährlichen Tieren),

8.

§ 17 Abs. 1 (Tierheime),

9.

einer auf die §§ 11 Abs. 5, 13 b Abs. 1, 14 Abs. 2 und 17 Abs. 9 gegründeten Verordnung, oder

              10.              den in Bescheiden gemäß §§ 15 Abs. 4 und 5, 16 Abs. 5 und 17 Abs. 1 und 8 enthaltenen Aufträgen und Auflagen, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100 000 S zu bestrafen.

(3) Wer den in Bescheiden gemäß § 30 Abs. 5 sowie in solchen nach der im § 30 Abs. 2 zitierten Kundmachung enthaltenen Aufträgen und Auflagen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100 000 S zu bestrafen.

(4) Wer den Bestimmungen dieses Gesetzes über Meldungen, Auskunftserteilungen, Zutrittsgewährungen, Einsichtnahmen und Aufbewahrung von Unterlagen, Rückstellung von Ausweisen und Dienstabzeichen, und zwar

1. § 6 Abs. 1, 2 und 5 (Mitwirkung von Tieren bei Veranstaltungen),

2.

§ 13a (Tierzucht),

3.

§ 16 Abs. 4 (Haltung von gefährlichen Tieren),

4.

§ 17 Abs. 5 bis 7 (Tierheime),

5.

§ 24 Abs. 5 (Rückstellung von Ausweisen und Dienstabzeichen), oder

              6.              § 30 Abs. 4 (Meldung gefährlicher Tiere), zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30 000 S zu bestrafen.

(5) Wer als Verantwortlicher im Sinne des § 1 Abs. 3 seiner Sorgfaltspflicht gemäß dieser Gesetzesstelle nicht nachkommt, sodass eine strafunmündige Person diesem Gesetz, den darauf gegründeten Verordnungen oder den in Bescheiden enthaltenen Aufträgen und Auflagen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30 000 S zu bestrafen.

(6) Der Versuch ist strafbar.

Verfall

§ 29. (1) Tiere, auf die sich das strafbare Verhalten bezogen hat, und Gegenstände, die zur Begehung der strafbaren Handlung verwendet wurden, können bei Übertretungen in den Fällen des § 28 Abs. 1 und 2 Z 1, 2 und 4 bis 7 unter den Voraussetzungen des § 17 VStG 1950 für verfallen erklärt werden.

(2) Weiters können unter den Voraussetzungen des § 17 VStG 1950 für verfallen erklärt werden:

1. Hunde, bei Vorliegen besonders erschwerender Umstände in den Fällen von Übertretungen des § 28 Abs. 2 Z 3 oder der auf § 13 b Abs. 1 gegründeten Verordnungen,

2. Tiere, bei Übertretungen des § 30 Abs. 4 oder der auf die §§ 11 Abs. 5 und 14 Abs. 2 gegründeten Verordnungen, sowie

3. Tiere, bei Übertretungen von Aufträgen und Auflagen, die in Bescheiden gemäß §§ 6 Abs. 3, 15 Abs. 4 und 5, 16 Abs. 5, 17 Abs. 1 und 8, 30 Abs. 5 sowie in solchen nach der im § 30 Abs. 2 zitierten Kundmachung enthalten sind.

(3) Für verfallen erklärte Tiere sind an Institute, Vereinigungen oder Personen, die eine Haltung im Sinne des § 11 Abs. 1 bis 4 gewährleisten, zu übergeben.

(4) Wildtiere im Sinne des § 15 Abs. 2 dürfen nicht für verfallen erklärt werden, wenn vor Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens eine Bewilligung gemäß § 15 Abs. 4 erteilt wurde."

§ 17 VStG lautet:

"Verfall

§ 17. (1) Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, dürfen nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

(2) Gegenstände, die nach Abs. 1 verfallsbedroht sind, hinsichtlich deren aber eine an der strafbaren Handlung nicht als Täter oder Mitschuldiger beteiligte Person ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht nachweist, dürfen nur für verfallen erklärt werden, wenn die betreffende Person fahrlässig dazu beigetragen hat, dass mit diesem Gegenstand die strafbare Handlung begangen wurde, oder bei Erwerb ihres Rechtes von der Begehung der den Verfall begründenden strafbaren Handlung wusste oder hätte wissen müssen.

(3) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden, so kann auf den Verfall selbständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung solcher Bescheide kann auch durch öffentliche Bekanntmachung bewirkt werden."

Gemäß § 2 des Wiener Landesgesetzes vom 26. Juni 1990 über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. Nr. 53/1990 (idF LGBl. Nr. 39/1999), entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat Wien (ua) in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. Nach § 14a leg. cit. kann der Magistrat (der Bundeshauptstadt Wien) gegen Entscheidungen des UVS Wien in Angelegenheiten gemäß § 2 leg. cit., die in Gesetzgebung Landessache sind, Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben.

Der beschwerdeführende Magistrat bringt vor, im erstinstanzlichen Straferkenntnis sei neben der Verhängung von Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen auch der Verfall des Tieres gemäß § 29 WTschG ausgesprochen worden. Diese Verfügung stelle jedoch keine administrativrechtliche Maßnahme dar, sondern sei jedenfalls als Nebenstrafe anzusehen (die rechtliche Zulässigkeit eines Verfalles setze unter anderem eine Verwaltungsübertretung gemäß § 28 leg. cit. voraus) und habe auf Grund des Strafcharakters daher in unbedingter Weise und ohne die Möglichkeit einer Einflussnahme durch die Beschuldigte zu erfolgen. Die Verknüpfung einer Strafe mit Auflagen, die darüber hinaus auch in der Einflussgewalt der Beschuldigten stünden, wie dies mit dem angefochtenen Bescheid geschehen sei, würde dem einer Strafe innewohnenden unbedingten Zwangscharakter zuwiderlaufen. Selbst wenn man dem Verfall hier neben dem Strafcharakter auch eine Sicherungsfunktion zubilligen würde, so bedürfe der Ausspruch von Auflagen jedenfalls einer gesetzlichen Grundlage. Die Hinweise der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zur Zulässigkeit von Auflagen beruhe auf Judikatur und Lehre zu § 59 Abs. 1 AVG. Eine analoge Anwendung auch im Verwaltungsstrafrecht sei aber nicht möglich, weil Strafen bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen von Amts wegen, demnach ohne Antrag einer Partei, sowie unbedingt auszusprechen seien.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Verfall gemäß § 29 WTschG nicht zwingend vorgesehen ist (arg: "...kann..."); ob er auszusprechen ist, hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Wenn daher - bei grundsätzlich gegebener Zulässigkeit eines solchen Ausspruches - (hier) die Berufungsbehörde eine (weitere) Beweisaufnahme zwecks Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage für die Beurteilung der Frage, ob der Verfall rechtens ausgesprochen wurde, für erforderlich hält, kann dem aus diesem Blickwinkel nicht entgegengetreten werden. Allerdings trifft es zu, dass der bedingte Ausspruch eines Verfalles gemäß § 29 WTschG aus dem Gesetz nicht ableitbar und daher rechtswidrig ist. Der angefochtene Bescheid ist nicht etwa als Anordnung verfahrensleitender Maßnahmen im Zuge eines Ermittlungsverfahrens zur Klärung der für die abschließende Entscheidung über den Verfall erforderlichen Sachverhaltsgrundlage zu verstehen, sondern vielmehr als abschließende Entscheidung, wonach der Verfall bei Zutreffen verschiedener Umstände in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides aufgehoben, bei Nichtzutreffen dieser Umstände hingegen aufrecht bleibe. Diese verfahrensrechtliche Konstruktion ist im Gesetz nicht gedeckt und daher rechtswidrig.

Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie (schon deshalb) den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Damit erübrigt sich insbesondere eine Auseinandersetzung mit der Frage der Zulässigkeit solcher "vorgezogenen" abschließenden Berufungsentscheidungen über den Verfall vor der Entscheidung über die Berufung "in der Hauptsache".

Wien, am 23. Mai 2002

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002050073.X00

Im RIS seit

14.08.2002

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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