TE Vwgh Erkenntnis 2002/5/23 2001/09/0231

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Veröffentlicht am 23.05.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §18 Abs1 idF 1995/895;
AuslBG §18 Abs12 idF 1997/I/078;
AuslBG §18 Abs13 idF 1997/I/078;
AuslBG §18 Abs14 idF 1997/I/078;
AuslBG §18 Abs15 idF 1997/I/078;
AuslBG §18 Abs16 idF 1997/I/078;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 1995/895;
AuslBG §28 Abs1 Z5 litb idF 1997/I/078;
AVG §66 Abs4;
VStG §24;
VStG §44a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. Werner Fuchs, Rechtsanwalt in 6500 Landeck, Malserstraße 36a/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 9. Oktober 2001, Zl. uvs- 2000/3/087-4, betreffend Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 25. Oktober 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als wirtschaftlicher Unternehmer des Hotels T entgegen den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idF BGBl. Nr. 895/1996 (Antimißbrauchsgesetz) zu verantworten, wie anlässlich einer Überprüfung der Gendarmerie in R festgestellt worden sei, dass drei namentlich angeführte slowakische Staatsangehörige entgegen den Bestimmungen des § 18 Abs. 1 lit. b AuslBG in der Zeit vom 6. Oktober 1999 bis 29. Oktober 1999 von einem ausländischen Arbeitgeber in seinem Betrieb beschäftigt wurden, obwohl diese Arbeitnehmer nicht im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung (gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG) gewesen seien, sich die ausländischen Dienstnehmer nicht im Besitze einer Arbeitserlaubnis (§ 14a) für das Bundesland Tirol bzw. eines Befreiungsscheines (§ 15) befunden hätten.

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 18 Abs. 1 AuslBG idF BGBl. Nr. 895/1996 verletzt; es wurden drei Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) gemäß § 28 Abs. 1 lit. b AuslBG verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 9. Oktober 2001 wurde der Berufung hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldstrafen Folge gegeben und diese herabgesetzt. Der Schuldspruch wurde mit der Maßgabe bestätigt, dass er nunmehr lautet (Anmerkung: zum leichteren Verständnis wird in der Folge der gesamte abgeänderte Schuldspruch ausgeführt), der Beschwerdeführer werde schuldig erkannt, er habe es als wirtschaftlicher Unternehmer des Hotels T entgegen den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. b iVm § 18 Abs. 12 bis 16 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idF BGBl. Nr. 895/1996 (richtig wohl: BGBl. I Nr. 78/1997) zu verantworten, wie anlässlich einer Überprüfung der Gendarmerie in R festgestellt worden sei, dass drei namentlich angeführte slowakische Staatsangehörige entgegen den Bestimmungen des § 18 Abs. 12 bis 16 AuslBG in der Zeit vom 6. Oktober 1999 bis 29. Oktober 1999 von einem ausländischen Arbeitgeber in seinem Betrieb beschäftigt worden seien und dadurch (in drei Fällen) Arbeitsleistungen eines Ausländers ohne Staatsangehörigkeit eines "EWG-Mitgliedstaates" (richtig wohl: EWR-Mitgliedstaates) in Anspruch genommen worden seien, der von seinem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (Fa. R in Deutschland) zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt worden sei, ohne dass für diesen eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden sei.

Es wurden drei Geldstrafen in der Höhe von je S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer führt in der Begründung der Beschwerde im Wesentlichen aus, dass er zwar zuvor als Arbeitgeber mit dem AuslBG in Konflikt geraten sei, aber nicht in Bezug auf die gesetzlichen Verpflichtungen des "Auftraggebers" sensibilisiert gewesen sei. Zudem seien die Bestimmungen des § 18 Abs. 12 bis 16 AuslBG "äußerst unklar", es sei selbst für einen "Juristen schwer durchschaubar", wer schlussendlich für die Einhaltung dieser Bestimmungen zu sorgen habe. Selbst von einem sorgfältigen Unternehmer könne nicht erwartet werden, dass er im Falle einer Auftragserteilung an eine im EU-Raum ansässige, ausländische Firma "überhaupt auf die Idee kommt, dass er als Auftraggeber Bestimmungen des AuslBG verletzen könnte, zumal er selbst ja keine Ausländer beschäftigt". Die Umsetzung der genannten Normen bedeute, dass der Auftraggeber Erkundigungen darüber einholen müsse, welcher Nationalität die Arbeitnehmer einer ausländischen, im EU-Raum ansässigen Firma seien und ob sie über eine Entsendebestätigung verfügten.

Ihm könne weder die Unkenntnis der nunmehr verletzten Bestimmungen des AuslBG vorgeworfen werden, noch, dass er es unterlassen habe, bei der Behörde die notwendigen Auskünfte einzuholen. Die Unkenntnis seiner aus dem AuslBG entspringenden Verpflichtungen als Auftraggeber stelle einen entschuldbaren Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 lit. d  des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG) gilt die Verwendung von Ausländern nach den Bestimmungen des § 18 AuslBG als Beschäftigung.

Gemäß § 2 Abs. 3 lit. b AuslBG idF BGBl. Nr. 78/1997 ist den Arbeitgebern im Falle des § 2 Abs. 2 lit. d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, sofern nicht lit. d gilt, gleichzuhalten.

Gemäß § 2 Abs. 3 lit. d AuslBG idF BGBl. I Nr. 78/1997 ist den Arbeitgebern der ausländische Dienstleistungserbringer, dem eine EU-Entsendebestätigung nach Maßgabe des §18 Abs. 12 bis 16 AuslBG auszustellen ist, gleichzuhalten.

§ 18 Abs. 1 AuslBG in der Stammfassung BGBl. Nr. 218/1975 lautete:

"Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung."

Mit BGBl. Nr. 895/1995 wurde folgender Satz angefügt:

"Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf."

§ 28 Abs. 1 lit. b AuslBG in der Stammfassung

BGBl. Nr. 218/1975 lautete:

"Personen, die

...

b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nehmen, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde,

begehen eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach einer anderen Vorschrift mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 2.500 S bis 30.000 S, im Wiederholungsfall von 5.000 S bis 60.000 S zu bestrafen."

§ 18 Abs. 1 und 12 bis 16 AuslBG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 78/1997 lauten:

"(1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

...

(12) Die Beschäftigung von Ausländern, die nicht von § 1 Abs. 2 lit. m erfasst sind und die von einem ausländischen Arbeitgeber mit Betriebssitz im Staatsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union zur Erbringung einer vorübergehenden Dienstleistung in das Bundesgebiet entsandt werden, ist der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vor der Arbeitsaufnahme anzuzeigen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen sechs Wochen eine Anzeigebestätigung (EU-Entsendebestätigung) auszustellen. Für die Ausstellung der EU-Entsendebestätigung gelten, sofern in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, die Bestimmungen über die Entsendebewilligung. Sind die Voraussetzungen für die Ausstellung der EU-Entsendebestätigung nicht gegeben, gelten die übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

(13) Die EU-Entsendebestätigung ist auszustellen, wenn

1. der Ausländer im Staat des Betriebssitzes ordnungsgemäß und dauerhaft seit mindestens einem Jahr in einem direkten Arbeitsverhältnis zum entsendenden Arbeitgeber steht oder mit diesem einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat und über die entsprechenden Bewilligungen des Entsendestaates für die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen verfügt und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere gemäß § 7 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes - AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

(14) Die EU-Entsendebestätigung gemäß Abs. 12 ist für die Dauer von sechs Monaten auszustellen; sie kann jeweils um weitere sechs Monate, längstens jedoch für die Dauer der vom Arbeitgeber gemäß Abs. 12 zu erbringenden Dienstleistung, verlängert werden.

(15) Bei der Ausstellung der EU-Entsendebestätigung entfällt die Prüfung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1, 2 und 6). Die Abs. 10 und 11 sind nicht anzuwenden.

(16) Die Anzeige gemäß Abs. 12 ist vom Ausländer oder von dessen Arbeitgeber oder vom inländischen Auftraggeber des Arbeitgebers bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen bzw. die Beschäftigung erbracht werden, schriftlich einzubringen."

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. b AuslBG (idF BGBl. I Nr. 78/1997) begeht eine Verwaltungsübertretung, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen, wer entgegen dem § 18 Abs. 12 bis 16 Arbeitsleistungen eines Ausländers ohne Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates des EWR in Anspruch nimmt, der von seinem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, ohne dass für diesen eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde.

Die Erläuterungen (RV 689 BlgNR 20. GP, S 15 ff) führen zu § 18 Abs. 12 bis 16 und § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. b AuslBG aus:

"Zu Art. I Z. 33 (§ 18 Abs. 12 bis 16):

Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil 'Vander Elst', EuGH RsC/43/93, ausgesprochen, dass das Recht eines Unternehmens auf Ausübung der Dienstleistungsfreiheit auch das Recht miteinschließt, Arbeitskräfte ohne Staatsangehörigkeit eines EWR-Mitgliedstaates zur Erbringung der Dienstleistung in einem anderen EU-Mitgliedstaat einzusetzen. Demnach darf einem im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit gemäß den Art. 59 und 60 des EWG-Vertrages grenzüberschreitend tätig werdenden Unternehmen nicht auferlegt werden, für den Einsatz ordnungsgemäß und dauerhaft beschäftigter Arbeitskräfte aus einem Drittstaat eine 'Arbeitserlaubnis' einholen zu müssen. Da Österreich die entsprechenden Normen über die Dienstleistungsfreiheit durch den Beitritt zur EU übernommen hat, besteht auch die Verpflichtung, das Urteil 'Vander Elst' umzusetzen. Im Ergebnis ist Österreich dieser Verpflichtung schon bisher dadurch nachgekommen, dass für ein EU-Unternehmen, welches zur Ausführung seiner vertraglichen Verpflichtungen im Inland Stammarbeitskräfte einsetzt, die nicht im Besitz einer EWR-Staatsangehörigkeit sind, Entsendebewilligungen nach § 18 erteilt wurden.

Die Entsendebewilligung nach dem geltenden § 18 erfüllt jedoch nicht voll die Voraussetzungen des Urteils 'Vander Elst', da sie konstitutiven Charakter hat und somit nicht der Verpflichtung, keine 'Arbeitserlaubnis' verlangen zu dürfen, gerecht wird. Die Neuregelung sieht nunmehr für die Beschäftigung von drittstaatsangehörigen Arbeitskräften im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit anstatt der Entsendebewilligung ein bloßes Anzeigeverfahren bei der zuständigen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vor.

In diesem Verfahren ist zu prüfen, ob sich die Tätigkeit des Arbeitgebers tatsächlich im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 59 und 60 des EWG-Vertrages bewegt und ob die Voraussetzungen nach Abs. 12 und 13 gegeben sind. Über das Ergebnis dieser Prüfung hat das Arbeitsmarktservice eine Bestätigung, die 'EU-Entsendebestätigung', auszustellen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, unterliegt die Beschäftigung den sonstigen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Im angeführten Urteil 'Vander Elst' wird die grenzüberschreitende Entsendung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auf ordnungsgemäß und dauerhaft im Entsendestaat beschäftigte Arbeitskräfte beschränkt. Das Kriterium der dauerhaften Beschäftigung schließt zB. die Entsendung von Saisonkräften aus. Das Kriterium einer zumindest einjährigen Beschäftigung ist daher zu beachten. Eine kürzere Beschäftigung ist nur dann zu berücksichtigen, wenn der dieser Beschäftigung zu Grunde liegende Arbeitsvertrag unbefristet abgeschlossen wurde. Eine ordnungsgemäße Beschäftigung schließt zB. die Beschäftigung von Arbeitskräften, die auf Grund der von der Bundesrepublik Deutschland mit einer Reihe von östlichen Staaten abgeschlossenen 'Werkvertragsabkommen' tätig werden, sowie von überlassenen Arbeitskräften aus. Weiters muss die nach Österreich entsandte Arbeitskraft im Besitz der für eine dauerhafte und ordnungsgemäße Beschäftigung im Entsendestaat erforderlichen aufenthalts- und beschäftigungsrechtlichen Bewilligungen sein.

Zu Art. I Z. 42 (§ 28 Abs. 1 Z. 4 und 5):

Die Strafbestimmungen werden dahingehend ergänzt, dass nunmehr auch Arbeitgeber, die in Ausübung der EU-Dienstleistungsfreiheit einen drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer ohne EU-Entsendebestätigung in Österreich beschäftigen, sowie andere Beschäftiger, wie zB. Auftraggeber, die die Leistungen solcher entsandten Arbeitnehmer ohne EU-Entsendebestätigung in Anspruch nehmen, unter Strafdrohung gestellt werden.

Im Sinne der neu in das Ausländerbeschäftigungsgesetz aufgenommenen Sonderbestimmungen für EU-Entsendebestätigungen sind auch die Strafbestimmungen dem deklarativen Charakter dieser neuen Bestätigung anzupassen. Das Urteil 'Vander Elst' schließt ausdrücklich aus, das Recht auf Arbeitsaufnahme von einer konstitutiven 'Arbeitserlaubnis' abhängig zu machen. Es wäre daher EU-widrig, an das Fehlen einer EU-Entsendebestätigung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen dieselben strafrechtlichen Sanktionen zu knüpfen wie an das Fehlen einer sonstigen konstitutiven Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Es soll daher - wie bei den sonstigen Ordnungswidrigkeiten - die Strafsanktion auf das Fehlen einer formalen Bestätigung abstellen."

Gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und dem gemäß den angefochtenen Bescheid (unter Bedachtnahme auf das im Verwaltungsstrafverfahren geltende Verbot der reformatio in peius) nach jeder Richtung abzuändern. "Sache" ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch und belastet ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/03/0211).

Eine derartige unzulässige Auswechslung der Tat hat die belangte Behörde im Beschwerdefall vorgenommen. Bei der dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Straferkenntnis zur Last gelegten Tat handelt es sich um eine andere, als ihm im Berufungsbescheid vorgeworfen wurde.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil nach der genannten Verordnung der Schriftsatzaufwand mit EUR 908,-- pauschaliert ist und neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am 23. Mai 2002

Schlagworte

Berufungsverfahren Befugnisse der Berufungsbehörde hinsichtlich Tatbestand und Subsumtion Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Spruch der Berufungsbehörde (siehe auch AVG §66 Abs4 Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001090231.X00

Im RIS seit

13.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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