TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/5 2002/08/0044

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Veröffentlicht am 05.06.2002
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Index

L00301 Bezüge Bürgermeisterentschädigung Burgenland;
L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3;
AlVG 1977;
ASVG §253 Abs3;
ASVG §253a Abs2;
ASVG §253b Abs1 Z4;
ASVG §572 Abs8;
GdBezügeG Bgld 1998 §8;
GdO Bgld 1965;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des L in R, vertreten durch Dax-Klepeisz-Kröpfl-Klimburg, Rechtsanwaltspartnerschaft in 7540 Güssing, Hauptplatz 4, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Burgenland vom 9. August 2000, Zl. LGS-Bgld./IV/1241-2/2000, betreffend Versagung der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 2. Februar 2000 stellte der Beschwerdeführer bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Unter anderem gab er an, als Gemeindevorstand ein Einkommen von S 3.900,-- zu beziehen.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 25. Mai 2000 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 iVm § 12 AlVG mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer erhalte als Gemeindevorstand eine Aufwandsentschädigung, welche über der Geringfügigkeitsgrenze von derzeit S 3.977,-- monatlich liege.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er übe die Funktion eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes in seiner Heimatgemeinde R. aus und erhalte auf Grund dieser politischen Funktion eine monatliche Aufwandsentschädigung von S 4.076,-- brutto. Auf Grund der nur geringen Aufwandsentschädigung müsse davon ausgegangen werden, dass er seine Funktion nicht als Beruf ausübe und daher Arbeitslosigkeit vorliege. Insbesondere müsse berücksichtigt werden, dass die politische Funktion mit diversen Aufwendungen (Sitzungen, Reisetätigkeit, Repräsentationsaufwendungen etc.) verbunden sei, die alle durch die Aufwandsentschädigung, die der Beschwerdeführer als Gemeindevorstandsmitglied erhalte, abgegolten werden müssten. Er erhalte auf Grund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen kein Sitzungsgeld und auch für Dienstreisen, die er auf Grund seiner Funktion für die Gemeinde unternehme, keine Reisevergütung. Er führe ferner weder ein eigenes Referat noch habe er den Bürgermeister jeweils vertreten. Die Aufwandsentschädigung stelle daher für den Beschwerdeführer keine Erwerbsquelle dar, da er diese lediglich dafür verwende, jene Auslagen, die ihm durch seine politische Funktion erwüchsen, abzugelten. Die Organstellung als Mitglied des Gemeindevorstandes sei auch keinem Dienstverhältnis gleichzustellen. Es bestehe keinerlei Weisungsbefugnis der Gemeinde bzw. des Bürgermeisters, insbesondere nicht im Sinne einer arbeitsrechtlichen Weisung. Ferner könne der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit im Gemeindevorstand auch zur zivilrechtlichen und sogar strafrechtlichen Haftung herangezogen werden. Er unterliege nicht nur der politischen, sondern auch der rechtlichen Verantwortung. Daher sei ein Unternehmerwagnis im Sinne eines Haftungsrisikos gegeben. Im Übrigen träfen viele Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses notwendig wären, auf die politische Funktion eines Gemeindevorstandsmitgliedes nicht zu. So habe der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Urlaub, keine festen Arbeitszeiten und keinen Anspruch auf Vergütung für Überstunden und er sei auch nicht in einen Betrieb eingegliedert.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 6. April 1999 bis 1. Februar 2000 bei der Burgenländischen Landesregierung gearbeitet. Am 2. Februar 2000 habe er Arbeitslosengeld beantragt. Gemäß dem von ihm vorgelegten Lohn- bzw. Gehaltsausweis für den Monat Februar 2000 betrage die monatliche Aufwandsentschädigung für die politische Funktion, die er bei der Antragstellung bekannt gegeben habe, S 4.076,-- brutto. Die Grundlage für die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes bilde ein Erlass des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 10. Mai 2000. Gemäß diesem Erlass sei bei der Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit der Bezug einer Aufwandsentschädigung bei Ausübung einer politischen Funktion heranzuziehen. Die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit habe in Fällen, in denen eine politische Funktion ausgeübt werde, nach den Bestimmungen des § 12 Abs. 1 iVm § 12 Abs. 6 lit. a AlVG zu erfolgen. Dies bedeute, dass, wenn ein Amtsbezug vorliege, der die in § 5 Abs. 2 ASVG genannten Beträge (Geringfügigkeitsgrenze) übersteige, das Vorliegen von Arbeitslosigkeit zu verneinen und der Antrag auf Zuerkennung der Leistung abzuweisen sei. Die monatliche Aufwandsentschädigung in der Höhe von S 4.067,-- übersteige die Geringfügigkeitsgrenze für das Jahr 2000 in der Höhe von S 3.977,--.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Da es sich beim Anspruch auf Arbeitslosengeld um einen zeitraumbezogenen Anspruch handelt, war im vorliegenden Fall die Rechtslage zwischen der am 2. Februar 2000 erfolgten Antragstellung auf Arbeitslosengeld und der Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer am 23. August 2000 maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2001, Zl. 2001/19/0048).

§ 12 AlVG in der demnach maßgebenden Fassung

BGBl. I Nr. 148/1998 lautet auszugsweise:

"Arbeitslosigkeit

§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

...

(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:

a)

wer in einem Dienstverhältnis steht;

b)

wer selbständig erwerbstätig ist;

c)

wer ein Urlaubsentgelt nach dem Bauarbeiter-Urlaubsgesetz 1972, BGBl. Nr. 414, in der jeweils geltenden Fassung bezieht, in der Zeit, für die das Urlaubsentgelt gebührt;

              d)              wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist;

              e)              wer eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnung in anderer Weise angehalten wird;

              f)              wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht;

              g)              wer an mehr als 16 Tagen im Kalendermonat vorübergehend erwerbstätig ist oder aus vorübergehender Erwerbstätigkeit im Kalendermonat ein Nettoeinkommen (§ 21a Abs. 2) erzielt, welches den Höchstbetrag (das ist der mit der Anzahl der Tage im Kalendermonat vervielfachte tägliche Grundbetrag des Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse zuzüglich der Hälfte des der Geringfügigkeitsgrenze für den Kalendermonat gemäß § 5 Abs. 2 ASVG entsprechenden Betrages, bei Anspruch auf Familienzuschläge überdies zuzüglich den mit der Anzahl der Tage im Kalendermonat vervielfachten, ohne Anrechnung gemäß § 20 Abs. 5 erster und zweiter Satz gebührenden Familienzuschlägen) übersteigt, für diesen Kalendermonat;

h)

ein Lehrbeauftragter in den Semester- und Sommerferien;

i)

wer beim selben Dienstgeber eine Beschäftigung aufnimmt, deren Entgelt die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, es sei denn, daß zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der neuen geringfügigen Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist.

...

(6) Als arbeitslos gilt jedoch,

a) wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt, wobei bei einer Beschäftigung als Hausbesorger im Sinne des Hausbesorgergesetzes, BGBl. Nr. 16/1970, der Entgeltwert für die Dienstwohnung und der pauschalierte Ersatz für Materialkosten unberücksichtigt bleiben;

b) wer einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führt, dessen Einheitswert 60 000 S nicht übersteigt;

c) wer auf andere Art selbständig erwerbstätig ist bzw. selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des Umsatzes die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt;

d) wer, ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Betrieb des Ehegatten, der Eltern oder Kinder tätig ist, sofern das Entgelt aus dieser Tätigkeit, würde sie von einem Dienstnehmer ausgeübt, die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigen würde;

e) wer als geschäftsführender Gesellschafter aus dieser Tätigkeit ein Einkommen gemäß § 36a oder einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 vH des auf Grund seiner Anteile aliquotierten Umsatzes der Gesellschaft die im § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt.

..."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG jede mit einem Erwerbseinkommen verbundene (im Falle des § 12 Abs. 3 lit. d AlVG letztlich Erwerbszwecken dienende) Tätigkeit zu verstehen; unter einem (aus einer Beschäftigung im eben dargestellten Sinn erwachsenden) Erwerbseinkommen ist dabei in den Fällen, in denen ein Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG vorliegt, das Entgelt nach § 49 ASVG gemeint; liegt aber der Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG kein Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG zu Grunde, so sind unter dem Erwerbseinkommen die aus dieser Beschäftigung erzielten (im Falle des § 12 Abs. 3 lit. d AlVG fiktiven) Einkünfte in Geld- oder Güterform zu verstehen. Mit einer Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG ist somit eine Erwerbstätigkeit gemeint. Gemeinsames Merkmal sowohl der Selbstständigen als auch der unselbstständig Erwerbstätigen (zu denen nicht nur Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zählen) ist aber, dass sie eine nachhaltige Tätigkeit entfalten, die ihrem Typus nach die Schaffung von Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt. Dabei setzt die Nachhaltigkeit dieser Tätigkeit voraus, dass bei den Erwerbstätigen die Absicht besteht, die Tätigkeit bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen und aus der ständigen Wiederholung eine Erwerbsquelle zu machen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1994, Slg. Nr. 14130/A).

Es ist somit zu klären, ob die Ausübung der Funktion eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes der Gemeinde R. durch den Beschwerdeführer eine Beschäftigung im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG darstellt.

Die Aufgaben des Gemeindevorstandes sind in § 26 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965 idF Nr. 55/1992, wie folgt umschrieben:

"§ 26. (1) Dem Gemeindevorstand sind außer jenen Aufgaben, die ihm durch dieses Verfassungsgesetz oder durch andere gesetzliche Bestimmungen zugewiesen sind, folgende Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zur selbständigen Erledigung vorbehalten:

1. die Vorberatung und Antragstellung der zum Wirkungskreis des Gemeinderates gehörenden Angelegenheiten, soweit der Gemeinderat dafür nicht besondere Ausschüsse bestellt oder die Angelegenheiten nicht unmittelbar behandelt;

2. die Aufnahme nicht ständiger Bediensteter für länger als sechs Monate, jedoch nicht für mehr als ein Jahr, die einverständliche Lösung und die vorzeitige Auflösung ihres Dienstverhältnisses;

3. der Erwerb oder die Veräußerung von beweglichen und unbeweglichen Sachen im Rahmen des Voranschlages bis zu einem Betrag von 1 v.H. der Einnahmen des ordentlichen Gemeindevoranschlages des laufenden Haushaltsjahres;

4. die Vergabe von Arbeiten und Lieferungen im Rahmen des Voranschlages, wenn das Entgelt den Gesamtbetrag oder bei regelmäßig wiederkehrenden Vergaben der Jahresbetrag 1 v.H. der Einnahmen des ordentlichen Gemeindevoranschlages des laufenden Haushaltsjahres nicht übersteigt;

5. die Zuerkennung von Stipendien, Subventionen und anderen Zuwendungen im Rahmen des Voranschlages unter Berücksichtigung der vom Gemeinderat festgesetzten Richtlinien.

(2) Werden nach Abs. 1 Z 3 oder 4 Rechtsgeschäfte abgeschlossen, deren Gegenstände in einem wirtschaftlichen oder funktionellen Zusammenhang stehen, so sind die jährlichen Entgelte hinsichtlich der Wertgrenze zusammenzuzählen.

..."

Weiters ist gemäß § 61 Abs. 1 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965 idF Nr. 22/2000, und § 9 Abs. 1 der Burgenländischen Gemeindehaushaltsordnung, LGBl. Nr. 32/1966, der Gemeindevorstand vom Bürgermeister vor Erstellung des Voranschlagsentwurfes anzuhören. Der Bürgermeister kann darüber hinaus gemäß § 27 Abs. 4 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965 idF Nr. 55/1992, durch Verordnung einzelne Gruppen von in seine Zuständigkeit fallenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde - unbeschadet seiner Verantwortlichkeit - Mitgliedern des Gemeindevorstandes zur Besorgung in seinem Namen übertragen. Diese Übertragungsmöglichkeit besteht gemäß § 33 Abs. 2 der Burgenländischen Gemeindeordnung auch hinsichtlich von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches. Gemäß § 12 der Burgenländischen Gemeindehaushaltsordnung, LGBl. Nr. 32/1966, kann der Bürgermeister einem Mitglied des Gemeindevorstandes auch ein bestimmtes Anordnungsrecht übertragen. Der Gemeindevorstand fasst gemäß § 35 Abs. 1 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965 idF Nr. 55/1992, seine Beschlüsse in Sitzungen und tritt hiezu nach Bedarf, mindestens aber einmal in jedem Vierteljahr, zusammen. Den Mitgliedern des Gemeindevorstandes gebührt gemäß § 8 des Burgenländischen Gemeindebezügegesetzes, LGBl. Nr. 14/1998, ein Bezug in der Höhe von 15 % des Bezuges des Bürgermeisters.

Der Begriff der die Arbeitslosigkeit ausschließenden "Beschäftigung" im Verständnis des § 12 Abs. 1 AlVG orientiert sich zum Einen an der Ausgestaltung der Tätigkeit, aus der das Einkommen erzielt wird, und zum Anderen am Begriffsverständnis des (anspruchshindernden) Einkommens aus Erwerbstätigkeit nach dem ASVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2001, Zl. 2001/19/0048).

Hinsichtlich der Ausgestaltung der Tätigkeit als Mitglied des Gemeindevorstandes der Gemeinde R. ist auf Grund der oben genannten gesetzlichen Bestimmungen davon auszugehen, dass es sich vor allem unter Beachtung der zeitlichen Mindestinanspruchnahme und der vorgesehenen geringen Höhe des Bezuges von lediglich 15 v.H. des Amtsbezuges eines Bürgermeisters um keine die Arbeitslosigkeit ausschließende Tätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG handelt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. November 2000, Zl. 2000/08/0133, und vom 22. Oktober 2001, Zl. 2001/19/0048).

Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner dargelegt, dass sich der die Arbeitslosigkeit ausschließende Begriff der "Beschäftigung" in § 12 Abs. 1 AlVG am Begriff der "Erwerbstätigkeit" im Verständnis des ASVG, insbesondere insoweit diese den Wegfall der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit bewirkt, orientiert (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. November 1990, Slg. Nr. 13308/A). Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2001, Zl. 2001/19/0048, Folgendes ausgeführt:

"Bis zum Inkrafttreten des Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1997 enthielten § 253a Abs. 3 in Verbindung mit § 253b Abs. 1 Z. 4 ASVG Regelungen, welche jener des § 253a Abs. 2 ASVG in der Fassung der 44. ASVG-Novelle vergleichbar waren. Dort hieß es nämlich:

'Vorzeitige Alterpension bei Arbeitslosigkeit

§ 253a. ...

...

(3) Die Pension gemäß Abs. 1 fällt mit dem Tag weg, an dem der (die) Versicherte eine Erwerbstätigkeit ausübt, die das Entstehen eines Anspruches gemäß § 253b Abs. 1 Z 4 ausschließen würde. ...

...

Vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer

§ 253b. (1) Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer hat der Versicherte nach Vollendung des 60. Lebensjahres, die Versicherte nach Vollendung des 55. Lebensjahres, wenn

...

4. der (die) Versicherte am Stichtag (§ 223 Abs. 2) weder ... noch aus sonstigen selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeiten ein Erwerbseinkommen bezieht, das das gemäß § 5 Abs. 2 lit. c jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt; als Erwerbseinkommen auf Grund einer sonstigen Erwerbstätigkeit gelten auch die im § 23 Abs. 2 des Bezügegesetzes bezeichneten Bezüge. ...'

Durch die Novellierung des ASVG durch das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1997 entfiel in § 253b Abs. 1 Z. 4 der zweite Halbsatz. Gleichzeitig wurde dem § 91 Abs. 1 ASVG ein dritter Satz eingefügt, demgemäß die in § 1 Z. 4 lit. c des Teilpensionsgesetzes genannten Bezüge dem Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit gleichzuhalten sind.

Für das Inkrafttreten des § 91 Abs. 1 ASVG in der Fassung dieser Novelle wurde die oben wiedergegebene Übergangsbestimmung des § 572 Abs. 8 ASVG geschaffen. In den Erläuterungen zu diesen Bestimmungen (886 BlgNR 20. GP, 102) heißt es:

'Im Gleichklang mit dem Entwurf eines Bundesgesetzes über das Zusammentreffen von öffentlich rechtlichen Pensionsansprüchen mit Erwerbseinkommen (Teilpensionsgesetz) sollen in Hinkunft die im Bezügebegrenzungsgesetz umschriebenen Bezüge politischer Organwalter und öffentlicher Funktionäre als Erwerbseinkommen gelten. Zu berücksichtigen sind danach die Bezüge der im § 1 des Bundesbezügegesetzes sowie in den §§ 1 Abs. 1 und 2 und 10 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre (bzw. auf dessen Grundlage erlassener Landesgesetze) genannten Organe oder Funktionäre. Bezüge, die bisher nicht als Erwerbseinkommen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne galten, sollen auf Grund einer Übergangsbestimmung erst bei Funktionsausübung ab dem Jahr 2001 Berücksichtigung finden.'

In den Erläuterungen zum Teilpensionsgesetz, 885 BlgNR 20.

GP, 58, heißt es:

'... Das Erwerbseinkommen umfasst grundsätzlich alle Einkünfte aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit sowie die Bezüge der Organe der Gesetzgebung und der Vollziehung aller Gebietskörperschaften. ...'

Nach diesen Erläuterungen könnte auch in der Regelung des 'Aufwandersatzes' für Mitglieder des Gemeindevorstandes in § 6 NÖ GBezG ungeachtet seiner Bezeichnung eine auf Grund des § 1 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre ergangene landesgesetzliche Vorschrift im Verständnis des § 1 Z. 4 lit. c sublit. cc des Teilpensionsgesetzes erblickt werden.

Damit hätte sich unter anderem auch für Stadträte im Verständnis der Niederösterreichischen Gemeindeordnung ergeben, dass ihre Bezüge einem (anspruchshindernden) Erwerbseinkommen aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit im Verständnis des ASVG gleichzuhalten wären, jedoch bloß insoweit, als sie in den durch § 572 Abs. 8 ASVG eingeschränkten Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 dritter Satz ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 139/1997 fallen.

Ob sich hiedurch auch der Beurteilungsmaßstab für das Bestehen von Arbeitslosigkeit im Verständnis des § 12 Abs. 1 AlVG geändert hat, kann im Falle der Beschwerdeführerin dahingestellt bleiben, weil aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen ist, dass diese ihre Funktion erst nach dem 31. Dezember 2000 erstmals oder neuerlich angetreten hätte. Insbesondere ergibt sich aus der Aktenlage, dass die Beschwerdeführerin auch schon während des Jahres 2000 Bezüge in der von der belangten Behörde für das Jahr 2001 festgestellten Höhe erhalten hat.

Hat die Beschwerdeführerin aber ihre Funktion als Stadträtin schon vor dem 31. Dezember 2000 angetreten, so war § 91 Abs. 1 dritter Satz ASVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 139/1997 auf sie nicht anwendbar. Selbst wenn man die Auffassung vertreten wollte, durch diese Bestimmung hätte der Begriff der die Arbeitslosigkeit ausschließenden Beschäftigung insoweit eine Erweiterung erfahren, als davon auch Bezüge politischer Mandatare im Verständnis des § 91 Abs. 1 ASVG mitumfasst wären, träfe dies dennoch nicht auf die Bezüge der Beschwerdeführerin, die ihr Mandat schon vor dem 31. Dezember 2000 angetreten hat, zu.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch angesichts der durch das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 vorgenommenen Novellierungen des ASVG im vorliegenden Fall nicht veranlasst, von den in der zitierten Vorjudikatur, insbesondere im hg. Erkenntnis vom 13. November 1990, dargelegten Erwägungen abzugehen."

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof angesprochenen Übergangsbestimmung des § 572 Abs. 8 ASVG in der Fassung BGBl. Nr. 2/2000 ist § 91 Abs. 1 dritter Satz ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 139/1997 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Bezüge, die nicht schon von § 23 Abs. 2 des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1972, in der am 31. Juli 1997 geltenden Fassung umfasst waren, nur dann als Erwerbseinkommen gelten, wenn die jeweilige Funktion, auf Grund derer diese Bezüge gebühren, nach dem 31. Dezember 2000 erstmals oder neuerlich angetreten wird.

§ 23 Abs. 2 des Bezügegesetzes in der am 31. Juli 1997 geltenden Fassung betraf neben Bezügen gemäß Abschnitt I dieses Bundesgesetzes nur Bezüge der obersten Organe der Vollziehung, der Bürgermeister und der Mitglieder des Stadtsenates von Städten mit eigenem Statut und von Mitgliedern der Organe der Gesetzgebung nach vergleichbaren landesgesetzlichen Regelungen.

Somit liegt insgesamt im Sinne der eingangs erwähnten Vorjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes, an der die zuletzt erwähnte Änderung des ASVG schon im Hinblick auf ihren durch die Übergangsbestimmung geregelten besonderen Anwendungsbereich im Beschwerdefall nichts zu ändern vermag, keine Beschäftigung vor, die die Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers ausgeschlossen hätte.

Indem die belangte Behörde davon ausging, dass dem Beschwerdeführer mangels Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 AlVG kein Anspruch auf Arbeitslosengeld zustehe, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Daran vermag auch ihr Hinweis auf eine erlassmäßig ergangene Weisung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit nichts zu ändern.

Aus den genannten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 5. Juni 2002

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002080044.X00

Im RIS seit

07.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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