TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/19 2002/15/0014

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Veröffentlicht am 19.06.2002
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Index

23/01 Konkursordnung;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §177 Abs1;
FinStrG §179 Abs1;
KO §181;
KO §214 Abs1;
KO §58 Z1;
KO §58 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des H in H, vertreten durch Sacha & Katzensteiner, Rechtsanwälte OEG in 3500 Krems, Gartenaugasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Mai 2001, Zl. RV/115 - 10/01, betreffend Aufschub des Strafvollzuges, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde einer vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid über den Aufschub des Strafvollzuges des Finanzamtes Krems vom 16. Februar 2001 eingebrachten Administrativbeschwerde insoweit stattgegeben, als ein Strafaufschub nach § 177 FinStrG bis 2. Juli 2001 gewährt wurde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird dazu ausgeführt, das Finanzamt habe mit Bescheid vom 16. Februar 2001 dem Antrag auf Strafaufschub bereits insoweit stattgegeben, als ein Aufschub bis 20. März 2001 bewilligt, die weiteren Anträge

"1) die mit Erkenntnis des Spruchsenates vom 14. Juli 2000 verhängte Geldstrafe möge als einbringlich erklärt und im Schuldenregulierungsverfahren des Bf. als Konkursforderung angemeldet werden,

2) der Strafvollzug möge bis nach Beendigung des Konkursverfahrens aufgeschoben werden,

3) der Strafvollzug möge um zumindest 6 Monate aufgeschoben werden,"

jedoch abgewiesen worden seien. In der vom Beschwerdeführer eingebrachten Administrativbeschwerde habe dieser u.a. gerügt, dass sich die Behörde mit dem Erfordernis der Abstimmung seines Urlaubes mit dem Arbeitsanfall im Betrieb in keiner Weise auseinander gesetzt habe. Auch seien die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht gegeben. Es sei nämlich unrichtig, dass die über den Einschreiter verhängte Geldstrafe uneinbringlich sei. Sie wäre vielmehr im Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers als Konkursforderung anzumelden gewesen. Falls allerdings die Ansicht vertreten werde, dass es sich bei der verhängten Geldstrafe um eine vom Konkurs ausgeschlossene Forderung handle, dann wäre mit der Einbringlichmachung jedenfalls bis zur Beendigung des Konkurses zuzuwarten gewesen. Das Straferkenntnis sei zu einem Zeitpunkt gefasst worden, zu welchem über das Vermögen des Beschwerdeführers "schon längst" das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet gewesen sei. Von der Behörde hätte demnach konsequenterweise keine Geldstrafe, sondern sofort eine Freiheitsstrafe verhängt werden müssen. Der Beschwerdeführer habe, was der Behörde habe bekannt sein müssen, keine Möglichkeit gehabt, die Geldstrafe zu begleichen. Der Beschwerdeführer sei nunmehr unselbständig erwerbstätig und daher mit Abgabenverbindlichkeiten nur sehr eingeschränkt konfrontiert. Insgesamt lägen damit triftige Gründe vor, welche einen Aufschub des Strafvollzuges rechtfertigten.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides hält die belangte Behörde im Rahmen der Zitierung der einschlägigen Rechtsvorschriften fest, dass der Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Spruchsenates vom 14. Juli 2000 des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig gesprochen und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 80.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 16 Tagen, verhängt worden sei. Über das Vermögen des Beschwerdeführers sei am 13. November 1998 das Konkursverfahren eröffnet worden. Nach § 58 Z. 2 KO könnten Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeder Art als Konkursforderungen nicht geltend gemacht werden. Damit stehe fest, dass die Geldstrafe nicht einbringlich gemacht werden könne und die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen sei. Die Aufforderung zum Strafantritt sei daher zu Recht ergangen. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe zum Antrag auf Strafaufschub bereits zutreffend ausgeführt, dass der Aufschub das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten dürfe. Der Beschwerdeführer habe am 11. September 2000 ein Arbeitsverhältnis begründet. Um diesen Arbeitsplatz und das damit verbundene Einkommen nicht zu gefährden, sei ein Aufschub bis zur Entstehung des Urlaubsanspruches gewährt worden. Die belangte Behörde komme unter Würdigung des Vorbringens in der Beschwerde, die Monate März bis Juni seien die arbeitsintensivsten, weswegen der Beschwerdeführer zu dieser Zeit keinen Urlaubsanspruch geltend machen könne, zu dem Schluss, einen weiteren (letztmaligen) Aufschub des Strafvollzuges bis Ende Juni zu gewähren. Es sei allerdings zu berücksichtigen, dass die Strafe bereits am 30. September 2000 in Rechtskraft erwachsen sei und der Beschwerdeführer sohin mehr als sechs Monate Zeit gehabt hätte, einen Urlaubsanspruch anzumelden. Eine weitere Zufristung komme daher nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 27. November 2001, B 963/01-9, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Bescheidbeschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer "in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Strafaufschub hinsichtlich der über ihn verhängten Finanzstrafe über das im bekämpften Bescheid hinausgehende Maß bis zum endgültigen Abschluss des Konkursverfahrens durch Erfüllung des vom Gemeinschuldner gelegten, von der Gläubigerschaft angenommenen, sowie vom Gericht bestätigten Zahlungsplanes verletzt".

Nach § 177 Abs. 1 FinStrG kann die Finanzstrafbehörde erster Instanz auf Antrag des Bestraften bei Vorliegen triftiger Gründe den Strafvollzug aufschieben. Triftige Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn durch den unverzüglichen Strafantritt der Erwerb des Bestraften oder der Unterhalt seiner schuldlosen Familie gefährdet würde oder wenn der Aufschub zur Ordnung von Familienangelegenheiten dringend geboten ist. Der Aufschub darf das unbedingt notwendige Maß nicht überschreiten; er soll in der Regel nicht mehr als sechs Monate betragen. § 179 Abs. 1 FinStrG ordnet an, dass die Bestimmungen für den Vollzug von Freiheitsstrafen auch für den Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen gelten.

Der Beschwerdeführer bringt - wie bereits im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof - vor, die Geldstrafe wäre in dem über sein Vermögen eröffneten Konkursverfahren anzumelden gewesen. Dazu vertritt der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Meinung, in dem ihn betreffenden Schuldenregulierungsverfahren nach den §§ 181 ff KO trete bei Erfüllung des Zahlungsplanes Restschuldbefreiung ein. Der Zweck und das Ziel des Verfahrens zur Erreichung einer Restschuldbefreiung würde "ad absurdum" geführt, wenn man nicht "Geldstrafen als von der Restschuldbefreiung erfasst miteinbeziehen wollte". Der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe für die Dauer des Konkursverfahrens, wozu auch der Zeitraum der Erfüllung des Zahlungsplanes zu rechnen sei, sei jedenfalls unzulässig.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Nach § 58 Z 2 KO können Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen jeder Art nicht als Konkursforderungen geltend gemacht werden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1991, 87/18/0113). Die in § 58 KO genannten Forderungen sind ex lege nicht Konkursforderungen, ihre Inhaber daher auch nicht Konkursgläubiger (vgl. Feil, Konkursordnung, 3. Aufl., Wien 2000, Tz. 1 zu § 58). Das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend notwendiger Anmeldung der Geldstrafe im Konkurs entspricht damit nicht der Rechtslage. Da es sich bei der Geldstrafe um keine Konkursforderung handelt, geht auch das Beschwerdevorbringen ins Leere, wonach ihre Befriedigung gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger nach § 206 KO verstoßen würde.

Die mit der KO-Nov. 1993, BGBl 1993/974, in die Konkursordnung eingefügten Sonderbestimmungen für natürliche Personen über das Konkurs- und Schuldenregulierungsverfahren (§§ 181 ff) sehen zwar bei Erfüllung des Zahlungsplanes eine Restschuldbefreiung vor. Diese Restschuldbefreiung wirkt nach § 214 Abs. 1 KO gegen alle Konkursgläubiger (auch für die Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben), sowie für Forderungen nach § 58 Z 1 KO. Diese Restschuldbefreiung betrifft aber nicht die ex lege vom Konkursverfahren ausgenommenen Geldstrafen nach § 58 Z 2 KO. Das (teilweise) Erlöschen der Geldstrafe mit der Folge des Nichtvollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe wäre auch mit dem Sanktionscharakter einer Strafe nicht vereinbar. So würden Verbots- oder Gebotsnormen gegenüber Personen, bei denen nicht nur vorübergehend Zahlungsunfähigkeit bzw. Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe gegeben ist, weitgehend zu leges imperfectae degradiert werden; d. h. solche Personen könnten sich praktisch sanktionslos über zahlreiche Vorschriften hinwegsetzen (vgl. den bereits im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zitierten Aufsatz von Szirba, Ersatzarreststrafe - Schuldturm ?, JBl. 1985, 699 f).

Die belangte Behörde hat mit ihrer Entscheidung betreffend Strafaufschub auf die Arbeitsplatzsituation des Beschwerdeführers unbestritten Bedacht genommen. Mit dem u.a. allgemein erstatteten Beschwerdevorbringen, die Behörde dürfe keinesfalls mit dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe vorgehen, "weil diesfalls dem Beschwerdeführer die Möglichkeit entzogen würde, den von der Gläubigerschaft angenommenen und vom Gericht bestätigten Zahlungsplan erfüllen zu können, weil selbstverständlich der Vollzug jeder Ersatzfreiheitsstrafe dazu führt, dass der davon Betroffene mit großer Wahrscheinlichkeit seines Arbeitsplatzes verlustig geht", wird diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002150014.X00

Im RIS seit

14.10.2002

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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