TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/20 2000/20/0390

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Veröffentlicht am 20.06.2002
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Index

25/02 Strafvollzug;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
StVG §10 Abs1 Z1;
StVG §10 Abs1 Z2;
StVG §10 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des M V in G, vertreten durch Dr. Alois Karan, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 14. August 2000, Zl. 414.828/40- V.6/2000, betreffend Strafvollzugsortsänderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 29. Mai 2000 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Strafvollzugsortsänderung von der Justizanstalt G. in die Justizanstalt S. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, seine langjährige Bekannte, Frau S., habe ihn in den letzten vier Jahren in der Justizanstalt G. nur einmal besuchen können. Sie möchte und würde den Beschwerdeführer öfter besuchen, aber der Weg nach G. wäre für sie "sehr schwer". Aus beruflicher Sicht seien der Genannten häufigere Besuche fast unmöglich. In der Justizanstalt S. wäre ihr wegen der kürzeren Anfahrtszeit ein Besuch öfter möglich. Der Besuch von Frau S. sei für den weiteren Lebensweg des Beschwerdeführers positiv und sehr wichtig. Sie halte trotz der lebenslangen Freiheitsstrafe zum Beschwerdeführer "und stehe auch dazu". Sie sei für ihn eine besonders nahestehende Person.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Ansuchen des Beschwerdeführers gemäß §§ 10 und 134 Abs. 6 Strafvollzugsgesetz (StVG) nicht Folge. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer verbüße in der Justizanstalt G. eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes als Beteiligter und Mitglied einer kriminellen Organisation. Es sei zwar anzuerkennen, dass eine Verlegung in die dem Wohnsitz der langjährigen Bekannten des Beschwerdeführers näher gelegene Justizanstalt S. für den Beschwerdeführer wegen der Erleichterung der Besuchsmöglichkeiten vorteilhaft sein könnte, dennoch sprächen aber Bedenken der Sicherheit des Strafvollzuges gegen seine Verlegung. In der Justizanstalt S. verbüßten derzeit die ebenfalls zu hohen Freiheitsstrafen verurteilten Komplizen des Beschwerdeführers P. und B. ihre Haftstrafen. Die Verlegung des Beschwerdeführers in die Justizanstalt S. würde ein nicht vertretbares Sicherheitsrisiko - auch für den Insassen selbst - mit sich bringen und komme daher nicht in Betracht. Mitglieder der organisierten (internationalen) Kriminalität seien jedenfalls weitgehend getrennt voneinander im Strafvollzug anzuhalten. Es bestehe keinerlei Grund, die beiden in der Justizanstalt S.

angehaltenen Strafgefangenen ihrerseits zu verlegen.

     Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat

der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

     Gemäß § 10 Abs. 1 StVG hat das Bundesministerium für Justiz

allgemein oder im Einzelfall die Zuständigkeit einer anderen Strafvollzugsanstalt anzuordnen, 1. wenn dies unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des Strafvollzuges (§ 20 StVG) zur besseren Ausnützung der Vollzugseinrichtungen oder aus Gründen der Sicherheit des Strafvollzuges zweckmäßig ist oder

2. wenn dadurch die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft gefördert wird und weder das Erfordernis einer zweckmäßigen Ausnützung der Vollzugseinrichtungen noch Gründe der Sicherheit des Strafvollzuges entgegenstehen.

Mit seinem Antrag, dass eine Änderung des Vollzugsortes vorgenommen werden möge, machte der Beschwerdeführer in einer aus dem Gesetz ableitbaren Weise ein subjektives Recht geltend, weshalb die belangte Behörde zutreffend über den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid entschieden hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. September 1996, Zl. 95/20/0750, und vom 14. Dezember 2000, Zl. 2000/20/0353).

Es ist zwar zutreffend, dass der Strafvollzug, wie dies auch in der Beschwerde hervorgehoben wird, die Resozialisierung fördern soll und dies gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 StVG für eine Strafvollzugsortsänderung sprechen kann. Die Behörde hat dies auch im angefochtenen Bescheid anerkannt und erwogen. Nach § 10 Abs. 1 Z. 2 StVG hatte die belangte Behörde aber gleichfalls auf die Aufrechterhaltung der Sicherheit in den Anstalten Bedacht zu nehmen.

Der Beschwerdeführer war Mitglied einer kriminellen Organisation, und es verbüßen in der Justizanstalt S. bereits zwei andere Mitglieder dieser Organisation ihre Freiheitsstrafen. Den Ausführungen der belangten Behörde, dass Mitglieder der organisierten Kriminalität aus Sicherheitsgründen weitgehend getrennt voneinander im Strafvollzug anzuhalten sind, kommt vor dem Hintergrund der dargestellten Gesetzeslage Berechtigung zu. Dies kann auch nicht durch die Beschwerdeausführungen relativiert werden, dass die bereits erfolgende Anhaltung zweier Mitglieder der kriminellen Organisation in der Justizanstalt S. eine derartige Argumentation unglaubwürdig erscheinen lasse. Die belangte Behörde hatte lediglich zu beurteilen, ob durch die Verlegung des Beschwerdeführers ein (allenfalls zusätzliches) Sicherheitsrisiko gegeben wäre oder entstehen könnte. Angesichts der Straftat, deretwegen der Beschwerdeführer verurteilt worden ist, nahm sie ein solches Risiko nachvollziehbar mit Recht an.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind nach den oben genannten gesetzlichen Bestimmungen (vgl. insbesondere § 10 Abs. 1 Z. 2 StVG) die Interessen zur Förderung der Resozialisierung auch nicht von vornherein höherwertig als die Sicherheitsinteressen, die die belangte Behörde zu beachten hatte. Der belangten Behörde kann unter den gegebenen Umständen nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die oben genannten Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Änderung des Vollzugsortes nicht Folge gegeben hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 20. Juni 2002

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000200390.X00

Im RIS seit

26.08.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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