TE Vwgh Erkenntnis 2002/6/26 97/12/0372

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Veröffentlicht am 26.06.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
GehG 1956 §12 Abs2 Z4 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dr. F in R, vertreten durch Dr. Klaus Estl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Schanzlgasse 4a, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 8. September 1997, Zl. 184.914/19-III/16f/97, betreffend Vollanrechnung der Zeit eines Karenzurlaubes für die Gerichtspraxis für den Vorrückungsstichtag

(§ 12 Abs. 1 und 2 Z. 4 lit. b Gehaltsgesetz 1956), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Professor an einer Bundeshandelsakademie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 7. Juli 1981 wurde mit Wirksamkeit vom 1. April 1981 für den Beschwerdeführer der 26. April 1975 als Vorrückungsstichtag für die Verwendungsgruppe L 1 festgesetzt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Zum weiteren Sachverhalt und zur Vorgeschichte dieser Beschwerdesache wird zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 1996, Zl. 95/12/0278, verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat den damals angefochtenen Bescheid, mit dem Anträge des Beschwerdeführers auf Vollanrechnung seines Karenzurlaubes vom 13. September 1993 bis 11. September 1994 für die Vorrückung gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen worden waren, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die in diesem Bescheid vertretene Ansicht der damals belangten Behörde, über die Frage der Anrechnung der Karenzurlaubszeiten (§ 75 BDG 1979) wäre bereits mit dem Bescheid vom 2. Juli 1993 rechtskräftig entschieden worden, sei unrichtig. Der Spruch dieses Bescheides vom 2. Juli 1993 habe keine derartige Aussage enthalten; nur dem Spruch, nicht aber den "Sonstigen Bemerkungen", die nach dem klaren Aufbau des Bescheides nicht Teil des Spruches seien, komme die von der belangten Behörde angenommene normative Wirkung zu. Im Spruch dieses Bescheides sei jedoch dem Beschwerdeführer ein Karenzurlaub vom 13. September 1993 bis 11. September 1994 für die Ablegung der Gerichtspraxis nach Absolvierung des Studiums der Rechtswissenschaften gewährt worden.

Im fortgesetzten Verfahren wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 2. August 1996 die Anträge des Beschwerdeführers vom 7. Oktober 1994 bzw. 7. April 1995, gerichtet auf gänzliche Anrechnung des Karenzurlaubes vom 13. September 1993 bis 11. September 1994 für die Vorrückung in höhere Bezüge gemäß § 75 Abs. 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (im Folgenden: BDG 1979) ab und sprach aus, dass dieser Urlaubszeitraum gemäß § 75 Abs. 2 leg. cit. für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei nach Ablegung der Gerichtspraxis für den Unterricht in Rechtsfächern nach wie vor nicht voll geprüft; er könne den Nachweis einer nach Abschluss des maßgeblichen Hochschulstudiums zurückgelegten vierjährigen einschlägigen Berufspraxis nicht erbringen. Er habe durch Abschluss seines Lehramtsstudiums aus Biologie und Erdwissenschaften sowie der Einführung in das praktische Lehramt (Anm: vor der Ernennung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis) die Voraussetzungen für die Erteilung des Unterrichts in allgemein bildenden Gegenständen erworben. Seine diesbezügliche Verwendung an der Handelsakademie und Handelsschule R. sei gegeben gewesen; die Absolvierung des Zweitstudiums sei einzig und allein in seinem eigenen Interesse gelegen. Da somit bloß private Interessen für die Gewährung des Karenzurlaubes ins Treffen geführt worden seien, sei die Anrechnung des Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Karenzurlaubes abhingen, auszuschließen.

Der Beschwerdeführer erhielt in weiterer Folge vom Landesschulrat für Oberösterreich folgendes, nicht als Bescheid bezeichnetes Schreiben vom 7. August 1996:

"Sehr geehrter Herr Professor!

Der Landesschulrat für Oberösterreich teilt Ihnen auf Grund eines Erlasses des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 25.07.1996 mit, dass Ihnen die Gerichtspraxis gemäß § 12 Abs. 2 Z. 4 lit. b des Gehaltsgesetzes 1956 für den Vorrückungsstichtag angerechnet wird.

Die Neuberechnung des Vorrückungsstichtages erfolgt durch den Landesschulrat von Oberösterreich.

...

Mit freundlichen Grüßen

Für den Amtsführenden Präsidenten Dr. E... eh."

Mit Schreiben vom 12. November 1996 an den Landesschulrat für Oberösterreich brachte der Beschwerdeführer daraufhin vor, die Neuberechnung seines Vorrückungsstichtages sei nicht erfolgt. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass dem Schreiben des Landesschulrates für Oberösterreich vom 7. August 1996 keine Bedeutung zukomme, weil es im Widerspruch zum Bescheid der belangten Behörde vom 2. August 1996 stehe. Er teile diese Auffassung nicht, weil der Bescheid vom 2. August 1996 auf § 75 Abs. 3 BDG 1979 basiere, während sich das Schreiben des Landesschulrates für Oberösterreich vom 7. August 1996 auf § 12 Abs. 2 Z. 4 lit. b GG stütze. Im Übrigen handle es sich bei diesem Schreiben um einen Bescheid, weshalb ein "Ignorieren" nicht in Frage komme. Er ersuche daher umgehend um Neuberechnung seines Vorrückungsstichtages.

Mit Schreiben vom 15. Jänner 1997 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, mit dem sein Vorrückungsstichtag unter Vollanrechnung seiner Gerichtspraxis gemäß § 12 Abs. 2 Z. 4 lit. b GG festgestellt werde, in eventu einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, dass ihm ab 1. Jänner 1996 die Bezüge der Gehaltsstufe 12 zustünden, in eventu einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides, mit dem ihm ab 1. Jänner 1996 die Bezüge der Gehaltsstufe 12 zuerkannt würden. Er brachte vor, er habe während der sechswöchigen Beschwerdefrist gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 2. August 1996 das Schreiben des Landesschulrates für Oberösterreich vom 7. August 1996 erhalten. Mit diesem Schreiben sei ihm gegenüber die Vollanrechnung seiner Gerichtspraxis für die Berechnung des Vorrückungsstichtages verfügt worden. Er habe daher die Anfechtung des Bescheides der belangten Behörde vom 2. August 1996 beim Verwaltungsgerichtshof unterlassen, weil mit dem "Bescheid" des Landesschulrates für Oberösterreich seinem Anliegen voll Rechnung getragen worden sei. Die Vorgangsweise der Behörde entgegen dem im Schreiben vom 7. August 1996 eingenommenen Standpunkt verletze den Grundsatz von Treu und Glauben.

Mit Bescheid vom 30. Jänner 1997 wies der Landesschulrat für Oberösterreich die Anträge des Beschwerdeführers vom 15. Jänner 1997 auf Erlassung eines Feststellungsbescheides zurück, weil er mit seinen Anträgen ausschließlich die Feststellung von Tatsachen begehre. Im Übrigen sei sein Vorrückungsstichtag bereits in einem eigenen Verwaltungsverfahren rechtskräftig festgesetzt worden. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit Bescheid vom 21. April 1997 hob die belangte Behörde den Bescheid des Landesschulrates in Stattgebung der Berufung gem. § 12 Abs. 2 Z. 4 lit. b GG "idgF" auf. Aus den Anträgen vom 15. Jänner 1997 ergebe sich eindeutig, dass sich der Beschwerdeführer ausdrücklich auf sein Schreiben vom 12. November 1996 berufen habe. Dieses Schreiben sei somit im Zusammenhang mit den Anträgen vom 15. Jänner 1997 zu sehen; daraus sei das Begehren des Beschwerdeführers auf Neuberechnung des Vorrückungsstichtages hinsichtlich der absolvierten Gerichtspraxis zu erkennen. In den Anträgen vom 15. Jänner 1997 sei eine materiell-rechtliche Entscheidung begehrt worden.

Mit Schreiben vom 25. Juni 1997 teilte der Beschwerdeführer mit, er habe nie behauptet, dass er bereits ab Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Rechtsfächern verwendet worden sei.

Mit Bescheid vom 7. Juli 1997 sprach der Landesschulrat für Oberösterreich aus, dass dem Beschwerdeführer die Zeit des Karenzurlaubes vom 13. September 1993 bis 11. September 1994 zur Hälfte für die Vorrückung angerechnet werde und wies den Antrag des Beschwerdeführers auf gänzliche Anrechnung des Beurlaubungszeitraumes ab. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, im Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 2. Juli 1993, mit dem dem Beschwerdeführer der verfahrensgegenständliche Karenzurlaub bewilligt worden sei, sei ihm unter "Sonstige Bemerkungen" mitgeteilt worden, dass dieser Urlaubszeitraum gemäß § 10 Abs. 4 GG mit dem Tag des Wiederantritts des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam werde. Mit seinem Antrag begehre der Beschwerdeführer nunmehr die Vollanrechnung dieses Zeitraumes gemäß § 12 Abs. 2 Z. 4 lit. b GG. Aus dieser Bestimmung ergebe sich jedoch, dass die Zeit der Gerichtspraxis nur dann zur Gänze zu berücksichtigen sei, wenn der Zeitraum vor dem Tag der Anstellung liege. Diese Voraussetzung treffe beim Beschwerdeführer nicht zu. Er sei im Jahr 1981 auf die Planstelle eines Professors ernannt worden, weil er die Ernennungserfordernisse durch den Abschluss des Lehramtsstudiums aus Biologie und Erdwissenschaften sowie die Einführung in das praktische Lehramt erfüllt habe. Darüber hinausgehende Ernennungserfordernisse seien nicht festgelegt worden. Eine allfällige Anrechnung der Gerichtspraxis könne nur dann vorgenommen werden, wenn er bereits seit Beginn seiner Anstellung als ernannter Bundeslehrer in Rechtsfächern verwendet worden wäre. Er sei jedoch erstmals ab dem Schuljahr 1987/1988, regelmäßig erst ab dem Schuljahr 1991/1992 - jedoch mit geringem Beschäftigungsausmaß - in kaufmännischen Fächern verwendet worden. Dem Antrag auf Vollanrechnung habe daher nicht stattgegeben werden können.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, für die von der erstinstanzlichen Behörde vertretenen Rechtsansicht zu § 12 Abs. 2 GG gebe es weder eine Grundlage in der Rechtsprechung noch in der herrschenden Lehre. Im Übrigen verwies er wiederum auf das Schreiben des Landesschulrates für Oberösterreich vom 7. August 1996, das nach seiner Meinung einen rechtskräftigen Bescheid darstelle.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. September 1997 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 12 Abs. 1 u. 2 Z. 4 lit. b GG "idgF" ab. Sie führte begründend aus, die durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer erstmals ab dem Schuljahr 1987/1988 und regelmäßig erst ab dem Schuljahr 1991/1992 - jedoch in geringem Beschäftigungsausmaß von zwei bis drei Wochenstunden - in kaufmännischen Fächern bzw. in Rechtsfächern verwendet worden sei. Bei der Feststellung des Vorrückungsstichtages sei stets auf den Zeitpunkt der Anstellung Bedacht zu nehmen. Da der Beschwerdeführer ab 1. April 1981 auf die Planstelle eines Professors der Verwendungsgruppe L 1 ernannt worden sei, seien auch seine Vordienstzeiten (Unterstreichung im Original) auf dieses Datum abzustellen gewesen. Das Ernennungserfordernis habe er im Sinne des Punktes 23 Ziffer 1 der Anlage 1 zum BDG 1979 durch den Abschluss des Lehramtsstudiums aus Biologie und Erdwissenschaften sowie durch die Einführung in das praktische Lehramt erfüllt. Darüber hinaus gehende Ernennungserfordernisse seien nicht erforderlich gewesen. Da er somit zum Zeitpunkt seiner "Pragmatisierung" (richtig: Ernennung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis), dem 1. April 1981, nicht in Rechtsfächern verwendet worden sei, sondern erst ab dem Schuljahr 1987/1988, sei die Zeit seiner Gerichtspraxis (13. September 1993 bis 11. September 1994) nicht im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 4 lit. b GG zur Gänze zu berücksichtigen. Gegen die Anrechnung dieser Zeit spreche aber auch die Tatsache, dass es sich hierbei um keine Vordienstzeit nach § 12 leg. cit. handle.

Gemäß § 12 Abs. 1 GG sei der Vorrückungsstichtag dadurch zu

ermitteln, dass ... dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden ...

(Unterstreichung im Original) : ... . Die Berufung sei daher

abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Vollanrechnung der Karenzurlaubszeit für die Vorrückung und in seinem Recht auf Beachtung des Grundsatzes der entschiedenen Sache verletzt. Er bringt vor, bezüglich der Anrechnung des Karenzurlaubes für die Vorrückung liege zur Gänze entschiedene Sache vor. Die Erledigung des Landesschulrates vom 7. August 1996 sei zwar nicht als Bescheid bezeichnet, weise aber inhaltlich alle Merkmale eines Bescheides auf. Sie weise die Behörde aus, die den Bescheid erlassen habe, sei namens des amtsführenden Präsidenten unterzeichnet und spreche in normativer Weise über eine Verwaltungsangelegenheit, nämlich die Vollanrechnung des Karenzurlaubes, ab. In dieser Erledigung werde ohne jede Einschränkung die Vollanrechnung der Gerichtspraxis ausgesprochen; der Landesschulrat sei für einen solchen Ausspruch auch zuständig. Formlose Erledigungen seien dann als Bescheid anzusehen, wenn sie nach ihrem Inhalt gegenüber individuell bestimmten Personen Verwaltungsangelegenheiten normativ regelten. Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid sei nur dann wesentlich, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel darüber aufkommen lasse, ob die Behörde damit eine Angelegenheit der Verwaltung normativ erledigen habe wollen. Solche Zweifel bestünden im vorliegen Fall bei objektiver Betrachtung nicht. Es liege daher ein Bescheid vor. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass bereits vorher die belangte Behörde abweislich über die Vollanrechnung entschieden habe. Zum einen habe sich die belangte Behörde auf eine andere Bestimmung (§ 75 BDG 1979) als der Landesschulrat (§ 12 GG) gestützt, zum anderen derogiere eine spätere Entscheidung einer früheren. Die belangte Behörde sei auf das Problem der entschiedenen Sache nicht eingegangen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Im Beschwerdefall wurde mit rechtskräftigem Bescheid vom 7. Juli 1981 mit Wirksamkeit vom 1. April 1981 für den Beschwerdeführer der 26. April 1975 als Vorrückungsstichtag für die Verwendungsgruppe L 1 festgesetzt. Mit seinen Schreiben vom 12. November 1996 und vom 15. Jänner 1997 beantragte der Beschwerdeführer die Neuberechnung seines Vorrückungsstichtages unter Berücksichtigung seiner während des Karenzurlaubes vom 13. September 1993 bis 11. September 1994 absolvierten Gerichtspraxis.

Der Vorrückungsstichtag wird nach § 12 Abs. 1 GG dadurch ermittelt, dass - unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 2 bis 4 - dem Tag der Anstellung Zeiten zur Gänze oder zur Hälfte vorangesetzt werden. Gemäß § 12 Abs. 9 GG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 198/1969 ist der Vorrückungsstichtag mit Bescheid festzustellen. Die Festsetzung des Vorrückungsstichtages hat zwar Auswirkungen auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis als Dauerrechtsverhältnis, es wird damit aber ausschließlich über die Behandlung der vor dem Tag der Anstellung des Beamten liegenden "Zeiten" abgesprochen, wobei diese Festsetzung nach § 12 Abs. 9 GG möglichst gleichzeitig mit der Ernennung des Beamten vorgenommen werden soll. Gemäß dem - mit der 30. GG - Novelle, BGBl. Nr. 74/1977 angefügten - Abs. 10 des § 12 leg. cit. ist der Vorrückungsstichtag des Beamten im Fall seiner Überstellung in bestimmte Verwendungsgruppen "zu verbessern".

Im vorliegenden Fall kann eine Abänderung des Bescheides vom 7. Juli 1981 in Anwendung des § 12 GG folglich jedenfalls außer Betracht bleiben.

Die Frage der Anrechenbarkeit von Zeiten des hier in Rede stehenden, während des Dienstverhältnisses absolvierten Karenzurlaubes aus gehaltsrechtlicher Sicht (über die Frage einer weitergehenden Anrechnung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 wurde bereits mit Bescheid vom 2. August 1996 rechtskräftig abgesprochen) war vielmehr nach § 10 GG zu beurteilen:

§ 10 GG in der hier maßgeblichen, im Zeitraum des konsumierten Karenzurlaubes in Kraft gestandenen Fassung lautete auszugsweise (Abs. 1 Z. 3 idF. BGBl. Nr. 408/1990, Abs. 4 idF. BGBl. Nr. 345/1978):

"§ 10. (1) Die Vorrückung wird gehemmt

...

3. durch Antritt eines Karenzurlaubes, soweit nicht gemäß § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, oder gemäß § 75 des Richterdienstgesetzes, BGBl. Nr. 305/1961, etwas anderes verfügt wurde; eine Hemmung tritt jedoch während eines Karenzurlaubes nach den §§ 15 bis 15b und 15d des Mutterschutzgesetzes 1979 (MschG), BGBl. Nr. 221, oder nach den §§ 2 bis 5 und 9 des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes (EKUG), BGBl. Nr. 651/1989 nicht ein.

...

(4) Der im Abs. 1 Z. 3 angeführte Hemmungszeitraum wird mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam."

Daraus folgt, dass die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend davon ausging, dass die Zeiten dieses Karenzurlaubes aus gehaltsrechtlicher Sicht zur Hälfte für die Vorrückung maßgeblich waren.

Der Beschwerdeführer erachtet sich aber auch in seinem Recht auf Beachtung des Grundsatzes der entschiedenen Sache verletzt, weil mit Erledigung des Landesschulrates vom 7. August 1996, die zwar nicht als Bescheid bezeichnet sei, aber inhaltlich alle Merkmale eines Bescheides aufweise, die Vollanrechnung der verfahrensgegenständliche Gerichtspraxis "ohne jede Einschränkung" ausgesprochen worden sei. Diese Entscheidung stünde der nunmehrigen abweislichen Entscheidung über die Vollanrechnung der Gerichtspraxis entgegen.

Es ist demnach zu prüfen, ob dieser Erledigung, die ohne Zweifel dem Landesschulrat für Oberösterreich zuzurechnen ist, Bescheidcharakter zukommt:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Bei Zweifel über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, und zwar dem Gebrauch der Höflichkeitsfloskel "Sehr geehrter Herr" oder der Verwendung "teilt Ihnen mit". Aus einer solchen Form einer Erledigung ist zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung vorliegt (vgl. den hg. Beschluss vom 24. März 1999, Zl. 99/12/0017).

Im Beschwerdefall ist die auf ihre Bescheidqualität zu prüfende Erledigung des Landesschulrates vom 7. August 1996 weder als Bescheid bezeichnet, noch weist sie sonst den Aufbau eines Bescheides (Begründung, Rechtsmittelbelehrung) auf. Sie beginnt und endet jeweils mit einer im (allgemeinen) Schriftverkehr üblichen Höflichkeitsfloskel. Inhaltlich handelt es sich weder um eine Entscheidung, Verfügung oder Teststellung, sondern um eine Mitteilung, wobei die Behörde in dem Schreiben die lediglich in Aussicht gestellte Anrechnung weder nach Monaten und Tagen noch sonst datumsmäßig näher präzisiert - die gewählte Formulierung "Gerichtspraxis" ist kein zeitlich klar abgegrenzter Zeitraum. Die Erledigung des Landesschulrates vom 7. August 1996 kommt daher entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht nicht Bescheidcharakter zu, sie ist vielmehr nur als informelles Schreiben anzusehen, sodass auch das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument der entschiedenen Sache ins Leere geht.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,68 festzusetzen.

Wien, am 26. Juni 2002

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1997120372.X00

Im RIS seit

19.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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