TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/2 96/14/0023

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Veröffentlicht am 02.07.2002
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §14 Abs1 lita;
BAO §14;
BAO §7;
UStG 1972 §12 Abs1;
UStG 1972 §12 Abs10;
UStG 1972 §12 Abs11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des RT in A, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 7. Dezember 1995, Zl 411/1-10/Zi-1995, betreffend Haftung für Abgabenschulden, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 30. März 1994, abgeschlossen zwischen Robert T und Anna T als Verkäufer sowie dem Beschwerdeführer und Elfriede T als Käufer, erwarben die Letztgenannten je zur Hälfte ein Grundstück samt Wirtshaus, allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör sowie den vorhandenen Gast- und Herbergseinrichtungen um 13,400.000 S.

Die aus dem Verkauf des beweglichen Anlagevermögens geschuldete Umsatzsteuer von rund 103.000 S sowie die auf Grund des Verkaufes des Grundstückes gemäß § 12 Abs 10 UStG 1972 durchzuführende Berichtigung des Vorsteuerabzuges von rund 1,402.000 S stellten die Verkäufer den Käufern am 10. Jänner 1995 gesondert in Rechnung.

Die Verkäufer teilten sowohl den Käufern als auch dem Finanzamt mit, die aus dem Verkauf des Grundstückes insgesamt geschuldete Umsatzsteuer sei bei ihnen zum Großteil uneinbringlich, worauf das Finanzamt den Beschwerdeführer mit Haftungsbescheid vom 13. März 1995 gemäß § 14 BAO für die aushaftenden Abgabenschulden von rund 1,345.000 S in Anspruch nahm. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, da die aus der Berichtigung des Vorsteuerabzuges aushaftende restliche Umsatzsteuer bei den Verkäufern uneinbringlich sei, hafte der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs 1 BAO für diese Abgabenschulden.

In der Berufung führte der Beschwerdeführer zunächst aus, die Uneinbringlichkeit der Umsatzsteuer bei den Verkäufern werde nicht bestritten. Allerdings hafte er als Erwerber des Unternehmens gemäß § 14 BAO nur für jene Abgaben, die er im Zeitpunkt der Übereignung gekannt habe oder gekannt haben musste. Da der Vorsteuerabzug erst nach dem Verkauf eines Unternehmens zu berichtigen sei, habe er im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar keine Kenntnis von dieser Berichtigung haben können. Er habe somit keineswegs jene Sorgfalt außer Acht gelassen, die beim Kauf eines Unternehmens erforderlich sei, um von den Abgabenschulden des Verkäufers Kenntnis zu erlangen. Es könne ihm auch kein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden, zumal er den Kaufvertrag durch einen Notar, somit einem rechtskundigen Fachmann, habe errichten lassen. Außerdem sei in Punkt 2 des Kaufvertrages ausdrücklich vermerkt, dass der Notar erst nach vollständiger Bezahlung des Bruttokaufpreises von 13,400.000 S den Kaufvertrag im Grundbuch durchzuführen habe. Er sei daher gar nicht in der Lage gewesen, die noch aushaftende Umsatzsteuer von der Kaufsumme zurückzubehalten, weil sonst die grundbücherliche Eintragung des Kaufvertrages nicht erfolgt wäre.

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer vor, an den Käufer eines Unternehmens seien erhöhte Sorgfaltsanforderungen zu stellen. Der Käufer sei jedenfalls verpflichtet, auch in die Geschäftsbücher des Verkäufers Einsicht zu nehmen. Das bloße Befragen des Verkäufers über bestehende Abgabenschulden genüge nicht. Bei einer Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Verkäufers wäre die erforderliche Berichtigung des Vorsteuerabzuges ohne weiteres ersichtlich gewesen. Es sei auch nicht erkennbar, inwiefern der Vorwurf der mangelnden Sorgfalt durch das Vorbringen, der Kaufvertrag sei durch einen Notar errichtet worden, entkräftet werden solle. Aus dem Verkauf des Grundstückes sei keine Umsatzsteuer geschuldet worden. Die Berichtigung des Vorsteuerabzuges stehe mit dem Kauf des Grundstückes in keinem solchen Zusammenhang, dass die so zu entrichtenden Abgabenschulden zivilrechtlich von der Kaufsumme zurückbehalten werden könnten.

Der Beschwerdeführer nahm zu diesem Vorhalt trotz mehrmaliger Fristverlängerungen nicht Stellung, sondern teilte lediglich telefonisch mit, aus der von ihm eingeholten Stellungnahme des Notars könne für ihn nichts gewonnen werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie im Wesentlichen ausführte, der Verkauf eines Unternehmens stelle umsatzsteuerlich keinen besonderen Tatbestand dar, weswegen § 14 BAO auch bei Berichtigung des Vorsteuerabzuges anwendbar sei. Nach dieser Bestimmung hafte der Erwerber eines Unternehmens für jene Abgabenschulden, die er im Zeitpunkt der Übereignung gekannt habe oder gekannt haben musste. Dem sorgfältigen Käufer eines Unternehmens könne dabei in der Regel zugemutet werden, sich über eine wegen des Verkaufes eines Grundstückes durchzuführende Berichtigung des Vorsteuerabzuges zu erkundigen. Die durch § 14 BAO gebotene Sorgfalt erfordere auch die Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Verkäufers und dessen Befragung über den Schuldenstand. Die Auskunft des Verkäufers allein befreie den Käufer nicht von der Pflicht, in die Geschäftsbücher des Verkäufers Einsicht zu nehmen. Andernfalls handle der Käufer auf eigene Gefahr. Bei einer gewissenhaften Prüfung der Geschäftsbücher des Verkäufers wäre aber die erforderliche Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Beschwerdeführer ohne weiteres ersichtlich und auch deren Höhe zu ermitteln gewesen. Dies sei dem Beschwerdeführer auch vorgehalten worden. Der Beschwerdeführer habe sich jedoch hiezu nicht geäußert, somit auch keine Gründe vorgebracht, weswegen die Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Verkäufers nicht möglich gewesen wäre bzw daraus die Berichtigung des Vorsteuerabzuges nicht ersichtlich gewesen wäre. Es sei daher davon auszugehen, dass bei Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Verkäufers dem Beschwerdeführer die zu erwartende Berichtigung des Vorsteuerabzuges hätte bekannt sein müssen. Dem Einwand, dem Beschwerdeführer könne kein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden, weil der Kaufvertrag durch einen Notar, somit einem rechtskundigen Fachmann, errichtet worden sei, sei entgegen zu halten, dass die Erkundigungspflicht iSd § 14 BAO den Beschwerdeführer als Erwerber persönlich treffe. Durch die Beauftragung eines Erfüllungsgehilfen mit der Errichtung des Kaufvertrages trete jedenfalls keine Befreiung von der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 14 Abs 1 lit a BAO für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen. Dies gilt seit der Neufassung des § 14 BAO, BGBl Nr 448/1992, jedoch nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschulden nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt.

Der Behauptung des Beschwerdeführers, es handle sich bei einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges um Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht nicht auf den Betrieb gründe, weswegen § 14 BAO nicht zur Anwendung komme, ist entgegen zu halten, dass jeder Vorsteuerabzug eine unternehmerische Tätigkeit voraussetzt. Es kann daher nur dann zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges kommen, wenn sich für Gegenstände nach § 12 Abs 10 oder 11 UStG 1972, die dem Betrieb des Unternehmens dienen, die Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, ändern. Nach dem letzten Halbsatz des § 12 Abs 10 UStG 1972 ist die Berichtigung des Vorsteuerabzuges spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Veräußerung erfolgt ist. Bei der in Rede stehenden Berichtigung des Vorsteuerabzuges handelt es sich somit um eine durch den Verkauf des Grundstückes bzw des Unternehmens entstandene Umsatzsteuer. Durch den Verkauf des Unternehmens ausgelöste Steuern werden vom Haftungstatbestand des § 14 Abs 1 lit a BAO erfasst (vgl das hg Erkenntnis vom 5. März 1990, 89/15/0141 mwN).

Mit der Behauptung, die belangte Behörde hätte zu beweisen gehabt, dass er beim Kauf des Grundstückes bzw des Unternehmens insofern die ihm zumutbare Sorgfalt verletzt habe, als er bei Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Verkäufers die erforderliche Berichtigung des Vorsteuerabzuges hätte erkennen müssen, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Es war nicht Aufgabe der belangten Behörde, in die Geschäftsbücher des Verkäufers Einsicht zu nehmen, um so festzustellen, ob die Berichtigung des Vorsteuerabzuges vom Beschwerdeführer hätte erkannt werden müssen. Vielmehr wäre es Sache des Beschwerdeführers als sorgfältiger Erwerber des Grundstückes bzw des Unternehmens gewesen, sich über die aushaftenden Schulden zu erkundigen. Bei dem umfangreichen, insbesondere aus Gebäuden bestehenden gekauften Anlagevermögen und den in den letzten Jahren vom Verkäufer getätigten Investitionen hätte der Beschwerdeführer bei gehöriger, allgemein üblicher Sorgfaltsanwendung zum Schluss gelangen müssen, dass bei der Lieferung eines bebauten Grundstückes der Vorsteuerabzug zu berichtigen sein werde. Der Beschwerdeführer wäre daher verpflichtet gewesen, sich insbesondere über die erforderliche Berichtigung des Vorsteuerabzuges zu erkundigen. Dies hätte durch Befragung des Verkäufers, durch Einsichtnahme in dessen Geschäftsbücher oder durch Beauftragung eines Sachverständigen erfolgen können. Der Beschwerdeführer hat keine dieser Maßnahmen ergriffen. Vielmehr hat er trotz eines diesbezüglichen Vorhaltes der belangten Behörde keine Gründe dargetan, weswegen bei Einsichtnahme in die Geschäftsbücher des Verkäufers eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nicht erkennbar gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat lediglich telefonisch mitgeteilt, aus der von ihm eingeholten Stellungnahme des Notars könne für ihn nichts gewonnen werden. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss gelangt ist, der Beschwerdeführer habe beim Kauf des Grundstückes bzw des Unternehmens jene Sorgfalt in Ansehung der aushaftenden Abgabenschulden verletzt, die ihm als Käufer bei einer erheblichen Kaufsumme zumutbar ist.

Bei dieser Sach- und Rechtslage geht auch die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe insofern Verfahrensvorschriften verletzt, als sie auf die Einvernahme des Notars verzichtet habe, ins Leere. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer eine derartige Einvernahme im Administrativverfahren nicht beantragt hat, hat er weder behauptet, der Notar wäre über die Vertragserrichtung hinaus mit der Prüfung von abgabenrechtlichen Aspekten beauftragt worden, noch dargetan, welche Tatsachen durch die Einvernahme des Notars hätten geklärt werden sollen. Der Beschwerdeführer hat vielmehr im Administrativverfahren mitgeteilt, aus der von ihm eingeholten Stellungnahme des Notars könne für ihn nichts gewonnen werden.

Mit dem Einwand, er hätte die aushaftenden Abgabenschulden nicht von der Kaufsumme zurückbehalten können, weil in Punkt 2 des Kaufvertrages der Notar ausdrücklich angewiesen worden sei, den Kaufvertrag erst nach vollständiger Bezahlung des Bruttokaufpreises von 13,400.000 S im Grundbuch durchzuführen, verkennt der Beschwerdeführer das Wesen der Haftung gemäß § 14 BAO. Diese ist eine persönliche Haftung iSd § 7 BAO. Eine persönliche Haftung liegt vor, wenn eine Person mit ihrem gesamten Vermögen für eine bestehende Schuld einzustehen hat (vgl Ritz, BAO-Kommentar, § 7 Rz 2). Ob die Berichtigung des Vorsteuerabzuges beim Kaufpreis zu berücksichtigen gewesen wäre, ist für die Frage der Haftung nach § 14 BAO ohne Belang.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001. Wien, am 2. Juli 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1996140023.X00

Im RIS seit

18.11.2002

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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