TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/4 99/11/0271

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Veröffentlicht am 04.07.2002
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Index

L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

SHG Wr 1973 §31 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der W in W, vertreten durch Dr. Georg Hesz, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Graf Starhemberggasse 39/15, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. April 1999, Zl. MA 12-16624/84, betreffend Refundierung von Kosten für Zahnbehandlung (Zahnersatz) nach dem Wiener Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 24. November 1992 beantragte die Beschwerdeführerin die Übernahme von Kosten für die Durchführung einer Zahnarztleistung in Ungarn nach dem Wiener Sozialhilfegesetz. Auf dem Antragsformular ist als Begründung des Antrages angegeben, dass die gleiche Leistung bei Wiener Einrichtungen ein Vielfaches gekostet hätte. Aus einer im Verwaltungsakt erliegenden Rechnung eines ungarischen Zahnarztes vom 12. November 1992 ergibt sich, dass dieser den Rechnungsbetrag von S 36.000,-- "dankend erhalten" hat.

Am 26. Juli 1996 sprach die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Wien vor und ersuchte um nachträgliche Übernahme der Kosten für den Zahnersatz.

Mit Bescheid vom 6. April 1999 entschied die Wiener Landesregierung in Erledigung des Antrags der Beschwerdeführerin vom 16. Oktober 1996 auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die Wiener Landesregierung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG, dass der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Antrags vom 24. November 1992 auf Refundierung der Kosten für Zahnbehandlung Ersatz in Höhe von S 9.604,66 gewährt werde. Als Rechtsgrundlagen gab die Wiener Landesregierung die §§ 8, 10 und 16 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG) sowie §§ 1, 4 und 5 der Verordnung der Wiener Landesregierung LGBl. Nr. 13/1973 an. In der Begründung führte die Wiener Landesregierung im Wesentlichen aus, die Rechnung der Zahnbehandlung habe einen Endwert von S 36.000,-- aufgewiesen, mit Bescheid des Hauptzollamts Wien sei der Beschwerdeführerin aufgetragen worden, S 1.419,-- als Eingangsabgabenschuld zu entrichten. Im Rahmen der Krankenhilfe nach dem WSHG sei auch der Bedarf des Hilfe Suchenden nach anderen Sachleistungen, die zur Heilbehandlung oder Zahnbehandlung notwendig sind, zu decken, wie etwa Leistungen im Rahmen des Zahnersatzes. Im WSHG sei eine enge Anlehnung an die Leistungen der Krankenversicherung festzustellen, materiell werde man den Leistungskatalog daher "wie in der Krankenversicherung" präzisieren können. Bereits in der Krankenversicherung sei vorgesehen, dass nur die notwendigen Gegenstände, und zwar in einfacher aber zweckmäßiger Ausführung, zur Verfügung zu stellen sind. Dies werde für die Maßnahmen der Krankenhilfe in ganz besonderem Maß zu gelten haben. Der entscheidende Maßstab liege in der medizinischen Notwendigkeit. Der Wiener Sozialhilfeträger gewähre daher den folgenden Kostenzuschuss analog zu den Richtlinien der Wiener Gebietskrankenkasse, da auf Grund der obigen Erwägungen davon ausgegangen werden müsse, dass diese Tarife eine zwar einfache, aber zweckmäßige, notwendige und ausreichende Ausführung des erforderlichen Zahnersatzes garantierten. In weiterer Folge werden (aufgeschlüsselt) S 9.604,66 anerkannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des WSHG lauten (auszugsweise):

"Aufgaben und Leistungen der Sozialhilfe

§ 1. (1) Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

(2) Die Sozialhilfe umfasst die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, die Hilfe in besonderen Lebenslagen und die sozialen Dienste.

...

Rechtsanspruch

§ 7. Auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat der Hilfe Suchende einen Rechtsanspruch. Die Zuerkennung hat durch Bescheid zu erfolgen.

...

Anspruch

§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

...

Einsatz der eigenen Mittel

§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

...

Lebensbedarf

§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören

...

3. Krankenhilfe,

...

3. Krankenhilfe,

§ 16. (1) Die Krankenhilfe umfasst

1.

Heilbehandlung einschließlich Zahnbehandlung,

2.

Versorgung mit Heilmitteln, Heilbehelfen, Körperersatzstücken und Zahnersatz,

...

Ersatzansprüche Dritter

§ 31. (1) Wer einem Hilfe Suchenden zur Sicherung des Lebensbedarfes so dringende Hilfe gewährt hat, dass der Magistrat nicht vorher benachrichtigt werden konnte, hat Anspruch auf Ersatz der Kosten.

..."

Zunächst ist festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid seinem Spruch nach als Abweisung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Refundierung der Kosten für Zahnbehandlung und Zahnersatz insoweit zu verstehen ist, als die Kosten über die gewährten S 9.604,66 hinaus gehen. Strittig ist im vorliegenden Fall daher ein Betrag von S 26.395,34.

Auszugehen ist weiter davon, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Einbringung ihres Antrages am 24. November 1992 die Anfertigung des Zahnersatzes bereits in Anspruch genommen und den ihr dafür in Rechnung gestellten Betrag von S 36.000,-- bereits beglichen hatte.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Nach dem WSHG hat der Sozialhilfeträger zwar demjenigen, der einem Hilfsbedürftigen Hilfe geleistet hat, unter den im Gesetz näher genannten angeführten Voraussetzungen Rückersatz zu leisten, ein solcher Anspruch des Hilfe Suchenden auf Ersatz jener Aufwendungen, die er zur Bestreitung des Lebensbedarfes für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen aus eigenen Mitteln bereits getätigt hat, ist hingegen nicht normiert. Der Verwaltungsgerichtshof sieht im Beschwerdefall keinen Anlass, von dieser zu § 42 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes ergangenen Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2001, Zl. 2001/11/0204, mwN.) für den Bereich der im vorliegenden Fall geltenden, oben dargestellten im Wesentlichen gleichen Rechtslage nach dem WSHG abzugehen. Es ergibt sich weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus der Aktenlage ein Anhaltspunkt dafür, dass die Anfertigung des Zahnersatzes für die Beschwerdeführerin wegen eines akuten Notfalls unumgänglich und sofort notwendig gewesen wäre, weshalb es ihr nicht mehr zumutbar gewesen wäre, vor dem Erhalt dieser zahnärztlichen Leistungen einen Antrag auf Sozialhilfe zu stellen.

Die Abweisung des strittigen Mehrbetrages durch die belangte Behörde ist daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 4. Juli 2002

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999110271.X00

Im RIS seit

20.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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