TE Vwgh Erkenntnis 2002/7/18 99/09/0107

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Veröffentlicht am 18.07.2002
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
64/03 Landeslehrer;

Norm

LDG 1984 §70 Abs1 Z4;
LDG 1984 §71 Abs1;
LDG 1984 §73 Abs3;
StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1;
StGB §27 Abs1;
StGB §44 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Sch in K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Rudolf Wieser, Dr. Friedrich Hohenauer und Dr. Martin Zanon in 6010 Innsbruck, Templstraße 16, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung (Senat für Landeslehrer an Hauptschulen) vom 3. Mai 1999, Zl. LDOK-1/21, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1944 geborene Beschwerdeführer stand als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Er war an der Hauptschule in K tätig.

Mit (seit 23. Juli 1998 rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Dezember 1997, GZ 37 Vr, wurde der Beschwerdeführer des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs. 1 StGB wie folgt schuldig erkannt:

"Er hat

I. zwischen 12. und 18. März 1995 in O unter Ausnützung seiner Stellung als Lehrer gegenüber der seiner Ausbildung unterstehenden, am 2. Jänner 1982 geborenen und sohin unmündigen X, diese durch Betasten ihrer Brust auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht;

II. im Frühjahr 1996 in K unter Ausnützung seiner Stellung als Lehrer gegenüber der seiner Ausbildung unterstehenden, am 2. Jänner 1982 geborenen und sohin minderjährigen X, diese durch Betasten ihrer Scheide zur Unzucht missbraucht;

III. Anfang 1992 in K unter Ausnützung seiner Stellung als Lehrer gegenüber der seiner Ausbildung unterstehenden, am 8. Juli 1978 geborenen und sohin unmündigen Y, die Genannte durch Betasten der Brust und Einführen von Fingern in die Scheide auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht."

Wegen dieser Straftaten verhängte das Landesgericht Innsbruck über den Beschwerdeführer in Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten und sprach gleichzeitig aus, dass gemäß § 43a Abs. 3 StGB ein Teil dieser Strafe in der Dauer von 11 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird (ein Teil der ausgesprochenen Strafe in der Dauer von drei Monaten wurde somit als unbedingte Freiheitsstrafe verhängt und vollzogen).

Mit Urteil vom 23. Juli 1998 sprach das Oberlandesgericht Innsbruck - in teilweiser Stattgebung der Berufung des Beschwerdeführers - als Berufungsgericht aus, dass die Rechtsfolgen der Verurteilung gemäß § 44 Abs. 2 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden. Zur Begründung dieser Entscheidung führte das Oberlandesgericht Innsbruck aus:

"Dem Begehren des Angeklagten nach einer bedingten Nachsicht der mit der Verurteilung verbundenen Rechtsfolgen gemäß § 44 Abs. 2 StGB war jedoch stattzugeben. Anders als die Tatrichter gelangte der Gerichtshof zweiter Instanz nicht von vornherein zur Ansicht, dass der Angeklagte infolge seiner Verfehlungen in Hinkunft als Beamter nicht mehr tragbar sei. Vielmehr soll die Entscheidung über eine allfällige weitere Verwendung des Angeklagten im Schuldienst der Entscheidung der für ihn zuständigen Disziplinarbehörde vorbehalten bleiben."

In dem danach durchgeführten sachgleichen Disziplinarverfahren wurde der Beschwerdeführer mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 20. Jänner 1999 wegen der im strafgerichtlichen Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. Dezember 1997 umschriebenen Handlungen der Begehung von Dienstpflichtverletzungen nach dem § 29 Abs. 1 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) und nach dem § 29 Abs. 2 LDG 1984 schuldig erkannt. Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 70 Abs. 1 Z. 4 LDG 1984 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 1999 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt.

Zur Begründung der über den Beschwerdeführer verhängten Disziplinarstrafe der Entlassung führte die belangte Behörde nach Darlegung der Rechtsprechungsgrundsätze des Verwaltungsgerichtshofes Folgendes aus:

"Einem Hauptschullehrer sind Jugendliche im Alter zwischen 10 und 14/15 Jahren zur Ausbildung und Aufsicht anvertraut. Die im gegenständlichen Fall vom Strafgericht festgestellten Handlungsweisen gegenüber Schülerinnen stellen besonders gravierende Dienstpflichtverletzungen dar. Sie erschüttern das in den Lehrer gesetzte Vertrauen des Dienstgebers in tief greifender Weise. Darüber hinaus werden solche Dienstpflichtverletzungen bei einem Lehrer in der Öffentlichkeit als besonders schwere Ansehensschädigung empfunden. Berücksichtigt man die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit Vermögensdelikten von Beamten, denen im Rahmen ihres Dienstes Geld oder geldwerte Gegenstände anvertraut sind, so ist im vorliegenden Fall die Verhängung der Entlassung als schwerster Disziplinarstrafe gerechtfertigt (so auch VwGH 21.5.1992, Zl. 92/09/0014 = VwSlg. 13642/A/1992). Daran ändern auch nichts die befürworteten Stellungnahmen des Bezirksschulinspektors A vom 24.8.1998 und des Direktors der Hauptschule  K, Z, vom 24.9.1998. Selbst der Bezirksschulinspektor räumt ein, dass ein Einsatz des Disziplinarbeschuldigten an einer der beiden Hauptschulen in K nicht mehr in Frage kommt. Die bisherigen dienstlichen Leistungen des Beschuldigten und seine Dienstbeurteilungen sind nicht mehr zu berücksichtigen, da - wie bereits ausgeführt - das Vertrauen zwischen dem Disziplinarbeschuldigten und der Verwaltung sowie das Ansehen in der Öffentlichkeit zerstört sind. Damit erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit dem vorgelegten Gutachten des Dr. Sch und der darin enthaltenen Zukunftsprognose. Da die Voraussetzungen für eine Entlassung im gegenständlichen Fall vorliegen, ist die Frage einer allfälligen Wiederholungsgefahr nicht mehr zu erörtern. Der Rechtsmittelwerber verweist außerdem auf das Berufungserkenntnis des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 23.7.1998, Zl. 7 BS. Dort heißt es jedoch wörtlich: 'Vielmehr soll die Entscheidung über eine allfällige weitere Verwendung des Angeklagten im Schuldienst der Entscheidung der für ihn zuständigen Disziplinarbehörde vorbehalten bleiben.' Es enthält somit keine Ausführungen, die gegen die gegenständliche Strafbemessung ins Treffen geführt werden könnten. Die allenfalls mögliche baldige Pensionierung des Beschuldigten ist im Disziplinarverfahren ohne Belang."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, dass über ihn nicht die Disziplinarstrafe der Entlassung (sondern vielmehr eine mildere Disziplinarstrafe) verhängt wird. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 LDG 1984 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Landeslehrer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen, weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landeslehrers Bedacht zu nehmen.

Hat der Landeslehrer durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Zufolge § 70 Abs. 1 Z. 4 LDG 1984 zählt die Entlassung zu den Disziplinarstrafen.

Der Beschwerdeführer wurde wegen mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe - nämlich in der Dauer von 14 Monaten - verurteilt. Gemäß § 27 Abs. 1 StGB ist mit dieser Verurteilung für den Beschwerdeführer der Verlust seines Amtes verbunden. Diese Rechtsfolge wurde allerdings vom Oberlandesgericht Innsbruck mit Urteil vom 23. Juli 1998 gemäß § 44 Abs. 2 StGB bedingt nachgesehen. Das genannte Gericht begründete diese Nachsicht damit, dass der Beschwerdeführer "nicht von vornherein" in Hinkunft als Beamter "nicht mehr tragbar sei" und die Entscheidung über seine weitere Verwendung den Disziplinarbehörden vorbehalten bleiben solle.

Entgegen dieser Begründung des Oberlandesgerichtes Innsbruck, die jedoch unbeantwortet lässt, ob der Beschwerdeführer als Beamter tatsächlich tragbar ist, dürfen die Rechtsfolgen der Verurteilung gemäß § 44 Abs. 2 StGB nur dann nachgesehen werden, wenn diese Rechtsfolge deshalb entbehrlich ist, weil der Verurteilte als Beamter weiterhin tragbar ist. Gerade diese entscheidende Frage hat das Oberlandesgericht Innsbruck jedoch nicht beantwortet, sondern deren Beurteilung den Disziplinarbehörden "vorbehalten".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann daraus, dass gegen einen Beamten eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr verhängt wurde, nicht der Schluss gezogen werden, gegen ihn könne die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht verhängt werden. Hätte nämlich der Gesetzgeber beabsichtigt, der strafgerichtlichen Strafbemessung die Bedeutung beizumessen, dass eine Strafe unter der Grenze des § 27 StGB eine Entlassung des Beschuldigten als gesetzwidrig oder auch nur als unerwünscht erkennen lassen sollte, dann hätte er die einschlägigen Bestimmungen des StGB und des BDG 1979 anders gestaltet; insoweit kommt dem Strafurteil keine Bindungswirkung zu, aber auch sonst kein maßgeblicher Einfluss auf die Bemessung der Disziplinarstrafe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. November 1992, Zl. 91/09/0166, und vom 18. Oktober 1996, Zl. 96/09/0292, m.w.N.). Eine disziplinäre Verantwortlichkeit liegt auch dann vor, wenn ein Beamter strafgerichtlich nicht verfolgt worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, Zl. 99/09/0089). Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn der Verlust des Amtes gemäß § 27 Abs. 1 StGB nur deswegen nicht eingetreten ist, weil der Beamte - wie im vorliegenden Fall - zwar wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die damit verbundene Rechtsfolge des § 27 Abs. 1 StGB aber vom Strafgericht gemäß § 44 Abs. 2 StGB bedingt nachgesehen wurde (vgl. auch Ratz, zu § 27 StGB, RZ 7, in:

Höpfel/Ratz (Hrsg(, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Auflage 2000). Auch in einem solchen Fall ist bei Vorliegen eines - von der belangten Behörde im Beschwerdefall zutreffend als gegeben erachteten - disziplinären Überhangs gemäß § 73 Abs. 3 LDG 1984 die Verhängung der Disziplinarstrafe, und auch jener der Entlassung zulässig.

Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, sondern eine Strafe, die wesentlich eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes darstellt. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Die Gründe für eine solche Unvereinbarkeit lassen sich nur den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten (hier: Landeslehrer) stellt. Wird dieser überhaupt nicht mehr der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die seine Stellung als Beamter (Landeslehrer) erfordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerstört, fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten (Landeslehrer) nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis (vgl. zu diesen Ausführungen und insbesondere zum so genannten "Untragbarkeitsgrundsatz" das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1991, Zl. 90/09/0191, mit zahlreichen Beispielen aus der Vorjudikatur).

Auch wenn die Disziplinarstrafe der Entlassung nicht der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung dient, so handelt es sich dabei doch um eine Strafe. Die Frage, ob durch die Verfehlung des Beamten (Landeslehrer) das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung zerstört wurde, ist auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu beurteilen. Auch hier hat die Disziplinarbehörde gemäß § 71 Abs. 1 LDG 1984 zunächst am Maß der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu prüfen, ob die Verhängung der höchsten Strafe gemäß § 70 Abs. 1 Z. 4 LDG 1984 geboten ist. Hiebei hat sie sich gemäß § 71 Abs. 1 zweiter Satz LDG 1984 an den nach dem StGB für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zu orientieren und somit im Hinblick auf § 32 Abs. 1 StGB vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen, wobei sie vor allem zu berücksichtigen hat, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und auf äußere Umstände und Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte.

Erst wenn eine an diesem - an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten (Landeslehrer) orientierten - Maßstab erfolgte Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung des Beamten (Landeslehrer) ergibt, dass ein weiteres Verbleiben im Dienst untragbar geworden ist, fehlt es dann im Sinne der angeführten Rechtslage an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen dahingehend, ob im Sinne des § 71 Abs. 1 erster Satz LDG 1984 die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Fall bleibt für spezialpräventive Erwägungen kein Raum (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 4. April 2001, Zl. 2001/09/0040, und die darin angegebene Judikatur).

In diesem Sinn erweist sich aber die im Beschwerdefall verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung als gesetzmäßig. Ein Lehrer, der seine besondere Vertrauensstellung als Erzieher und Pädagoge gegenüber den ihm anvertrauten Personen - für die er besondere Verantwortung trägt - missbraucht, um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, ist als Lehrer untragbar, weil durch derartige Straftaten nicht nur das Vertrauensverhältnis zu seinen Vorgesetzten, sondern auch das Vertrauen der Allgemeinheit zu solchen Lehrpersonen zerstört wird. Der entscheidende Gesichtspunkt ist hiebei, dass sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Lehrers, bei dessen Dienstausübung verlassen muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist.

Mit den in der Beschwerde vorgetragenen Argumenten (befürwortende Schreiben, bisherige Leistungsbeurteilung, Privatgutachten mit günstiger Zukunftsprognose) wird nicht aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer als Lehrer im Schuldienst weiterhin tragbar ist. Das Vorbringen in der Beschwerde, dass der Beschwerdeführer (offenbar im Hinblick auf seine diesbezügliche Antragstellung vom 4. Jänner 1999) in den Vorruhestand versetzt werde und damit aus dem Schuldienst ausscheiden werde und deshalb keine Gelegenheit zur Wiederholung einer Straftat bestehe, zeigt vielmehr, dass der Beschwerdeführer selbst der Ansicht ist, dass er für den Schuldienst nicht weiter tragbar ist. Im Übrigen ist dazu auszuführen, dass der Vorruhestand oder der Ruhestand nicht als Disziplinarstrafe vorgesehen noch als eine Einrichtung anzusehen sind, um derart das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis mit einem für den Schuldienst untragbar gewordenen Landeslehrer aufrecht zu erhalten.

Es war auch nicht weiter zu untersuchen, ob Sportvereine, Familien von Schülern oder der Direktor einer bestimmten Schule dem Beschwerdeführer weiterhin für vertrauenswürdig erachten oder nicht. Eine günstige Zukunftsprognose kann den eingetretenen Vertrauensverlust nicht aufheben. Auch das für die Zeit nach Begehung der Straftaten geltend gemachte Wohlverhalten des Beschwerdeführers ist nicht geeignet, die eingetretene Untragbarkeit für den Schuldienst ungeschehen zu machen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 29. Oktober 1997, Zl. 95/09/0151, und vom 4. April 2001, Zl. 98/09/0118).

Es war sohin nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Lehrer für vertrauensunwürdig und seine Weiterbeschäftigung als Lehrer als unzumutbar erachtete.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 18. Juli 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999090107.X00

Im RIS seit

18.09.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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