TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/25 2002/12/0049

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Veröffentlicht am 25.09.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §7 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs3;
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;
FlKonv Art28;
PaßG 1969 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde R in W, vertreten durch Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. November 1996, Zl. 120.340/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 26. Juni 1995 beim Landeshauptmann von Wien die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Ausübung einer unselbstständigen Tätigkeit. Unter der Rubrik "Art des Reisedokumentes" gab er "Konventionsflüchtlingspass" an. Dem Antrag war u.a. ein von der Bundespolizeidirektion Wien am 19. Februar 1986 ausgestelltes und bis 19. Februar 1990 gültiges "Reisedokument (Konvention vom 28. Juli 1951)" angeschlossen.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 18. Jänner 1996 mangels eines gesicherten Lebensunterhaltes für die Geltungsdauer der Bewilligung und mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei am 19. November 1962 als Sohn einer Ungarin, die 1959 aus politischen Gründen nach Österreich geflohen sei, und eines Österreichers in Salzburg geboren worden. Seit dieser Zeit lebe er in Österreich. Sein "Konventionspass" sei bis 19. Februar 1990 gültig gewesen. Die Verlängerung habe er auf Grund eines Haftaufenthaltes versäumt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. November 1996 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, der Beschwerdeführer sei wegen Begehung näher bezeichneter strafrechtlicher Delikte von inländischen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden (es folgt eine Aufzählung von insgesamt 11 Verurteilungen im Zeitraum April 1979 bis September 1994, darunter 7 Verurteilungen wegen § 16 Abs. 1 des Suchtgiftgesetzes - SGG). Diese Tatsachen ergäben den eindeutigen Schluss, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich den österreichischen Rechtsvorschriften anzupassen; sein weiterer Aufenthalt in Österreich bedeute eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Daher sei im vorliegenden Fall die Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu versagen.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, dass durch seinen seit Geburt andauernden Aufenthalt im Bundesgebiet nicht absprechbare Bindungen zur Republik Österreich bestünden; diese seien aber im Hinblick auf die seit dem Jahre 1979 begangenen gerichtlich strafbaren Delikte gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Versagung einer Aufenthaltsbewilligung hintanzustellen. Angesichts des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers sei daher im Sinne der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (zu ergänzen: den öffentlichen Interessen) Priorität gegenüber den privaten Interessen einzuräumen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete aber keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 7 Abs. 1 und § 8 lit. b des mit 1. Juni 1992 außer Kraft getretenen Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, lauteten:

"§ 7. (1) Der Flüchtling ist zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

§ 8. Die Aufenthaltsberechtigung des Flüchtlings gemäß § 7 Abs. 1 erlischt, wenn

...

b) er sich über die Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung eines ihm gemäß Art. 28 der Konvention ausgestellten Reisedokumentes im Ausland aufhält (Z. 13 des Anhanges zur Konvention) ..."

Art. 28 der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55 (Genfer Flüchtlingskonvention) lautet (auszugsweise):

"1. Die vertragsschließenden Staaten werden an Flüchtlinge, die sich erlaubterweise auf ihrem Gebiet aufhalten, Reisedokumente ausstellen, um ihnen Reisen außerhalb der Landesgrenzen zu ermöglichen, vorausgesetzt, dass keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung dagegensprechen; ..."

§ 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 22. Oktober 1969, BGBl. Nr. 422/1969, betreffend das Passwesen (Passgesetz 1969), lautet:

"§ 9. (1) Konventionsreisedokumente sind für Personen auszustellen, die gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind."

§§ 1, 2, 3 und 25 des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, lauteten (auszugsweise):

"§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

...

2. Asyl, der Schutz, der einem Fremden im Hinblick auf seine Flüchtlingseigenschaft in Österreich gewährt wird. Dieser Schutz umfasst insbesondere das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet und neben den Rechten nach diesem Bundesgesetz die Rechte, die einem Flüchtling auf Grund der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF BGBl. Nr. 78/1974 (im Folgenden "Genfer Flüchtlingskonvention" genannt), zustehen; ...

§ 2. (1) Österreich gewährt Flüchtlingen Asyl.

...

§ 3. Asyl wird auf Antrag des Asylwerbers gewährt. Die Asylbehörde hat einem Asylantrag mit Bescheid stattzugeben, wenn nach diesem Bundesgebiet glaubhaft ist, dass der Asylwerber Flüchtling und die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 Abs. 2 und 3 ausgeschlossen ist.

§ 25. ...

(3) Fremde, die gemäß § 2 Abs. 1 des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, als Flüchtlinge anerkannt wurden und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes zum unbefristeten Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, sind wie Fremde zu behandeln, denen gemäß § 3 Asyl gewährt wurde.

..."

§ 1 Abs. 3 Z. 6 AufG lautete:

"§ 1. ...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

...

6. auf Grund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind."

Der Beschwerdeführer wiederholt in der Sachverhaltsdarstellung der vorliegenden Beschwerde sein bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, seit seiner Geburt als "Konventionsflüchtling" in Österreich zu leben und die Verlängerung des vorgelegten "Konventionspasses" auf Grund eines Haftaufenthaltes versäumt zu haben.

In der Beschwerde bleiben die für die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992 maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von April 1979 bis September 1994 insgesamt elfmal von inländischen Gerichten rechtskräftig wegen strafbarer Handlungen verurteilt worden sei (darunter sieben Mal wegen Vergehen nach § 16 SGG) unbestritten. Angesichts der Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität ist die Ansicht der belangten Behörde, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers (schon) auf Grund seines den besagten Verurteilungen wegen § 16 SGG zu Grunde liegenden deliktischen Verhaltens die öffentliche Sicherheit gefährden würde, unbedenklich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/1026, und vom 26. März 1996, Zl. 96/19/0102, denen jeweils (nur) eine Verurteilung wegen § 16 SGG zu Grunde lag).

Art. 8 MRK könnte dieser Beurteilung nur entgegenstehen, wenn der Beschwerdeführer nicht auf Grund der ihm aus dem Asylgesetz zustehenden Berechtigungen ohnedies weiterhin sein Familienleben in Österreich ausüben dürfte. Nach seinem eigenen Beschwerdevorbringen war dies aber mangels Aberkennung des Asyls noch der Fall.

Im Übrigen ist zum Beschwerdevorbringen Folgendes auszuführen:

Bei dem vom Beschwerdeführer vorgelegten "Konventionspass" handelt es sich um ein so genanntes Konventionsreisedokument, das gemäß § 9 Passgesetz 1969 für Personen, die gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1968 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt waren, auszustellen war. Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention, der die Grundlage für § 9 Passgesetz darstellt, hat den Sinn, die Reisebewegungen anerkannter Flüchtlinge nicht zu unterbinden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1987, Zlen. 85/01/0056, 0057 = Slg. NF 12.427/A). In Übereinstimmung mit seinem eigenen Vorbringen ist daher davon auszugehen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen anerkannten Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1968 handelt, der mit Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 wie ein Fremder zu behandeln war, dem gemäß § 3 dieses Gesetzes Asyl gewährt wurde (§ 25 Abs. 3 Asylgesetz 1991).

Damit war aber § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG anwendbar, weshalb der Beschwerdeführer keine Aufenthaltsbewilligung benötigte. Eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu einem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer auf Grund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war, war aus den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Gründen nicht zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zlen. 97/19/1215 bis 1221 mwN, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird). Dass die Gültigkeitsdauer des Konventionsreisedokumentes im Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgelaufen war, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, bewirkte doch die Nichtverlängerung dieses Reisedokumentes nicht den Verlust des Asyls und des damit verbundenen Rechtes zum Aufenthalt im Bundesgebiet.

Es kann nach den vorstehenden Ausführungen nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. September 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002120049.X00

Im RIS seit

23.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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