TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/25 2000/12/0315

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Veröffentlicht am 25.09.2002
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Index

L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §66 Abs4;
DGO Graz 1957 §74b;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. G in G, vertreten durch Mag. Dr. Regina Schedlberger, Rechtsanwältin in 8045 Graz, Andritzer Reichsstraße 42, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 8. November 2000, Zl. Präs. K-144/2000-1, betreffend Mehrleistungszulage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm über die Mehrleistungszulage nach § 31f DO-Graz abgesprochen wurde, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberbaurat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1999 beantragte er - unter Hinweis auf das beigelegte Schreiben des Abteilungsvorstandes des Baupolizeiamtes Dipl. Ing. G., aus dem sich auch die Rechtsgrundlage für seinen Antrag ergebe - beim Personalamt des Magistrates Graz die Gewährung einer "Leistungszulage" in der Höhe von S 4.695,-- monatlich, beginnend mit 1. Oktober 1994 bis zu seiner rechtswirksamen "Überstellung" in die Dienstklasse VIII. Zur beantragten Höhe führte er aus, dass hiefür die Differenz zwischen seinem Bezug (in der Dienstklasse VII) und dem Bezug der niedrigsten Stufe der Dienstklasse VIII zum Stichtag 1. Oktober 1994 in Ansatz zu bringen sei. Diese Zulage sei als Ausgleich für die vom Dienstgeber geforderte und von ihm erbrachte Leistung bis zum Zeitpunkt seiner Beförderung in die Dienstklasse VIII anzusehen. Er habe mit seiner Tätigkeit im Bereich des Geschosswohnbaus am 1. Oktober 1994 begonnen. Den beigefügten Beilagen sei zu entnehmen, welche finanziellen Auswirkungen seine Arbeit auf die Mehreinnahmen der Landeshauptstadt Graz und auf das Sparpotenzial der Bauträger gehabt habe.

Aus dem dem Antrag angeschlossenen eingangs erwähnten Schreiben des Abteilungsvorstandes des Baupolizeiamtes Dipl.- Ing. G. vom 20. Juli 1998 an den Stadtrat W. geht hervor, dass der Beschwerdeführer das Wohnbaureferat aufgebaut habe. Ein Wohnbaureferent als einziger Ansprechpartner im Baupolizeiamt für alle in Graz laufenden Wohnbauprojekte sei bereits Wunsch des Bürgermeister-Stellvertreters und des Baudirektors gewesen, weil in den Medien immer wieder Klagen über die langwierigen Verfahren geführt worden seien. Dem Beschwerdeführer sei vom damals zuständigen Stadtrat S. im Jahre 1993 die schnellstmögliche Beförderung zum Senatsrat (Dienstklasse VIII) und für den Zeitraum bis zur tatsächlichen Beförderung die Gewährung einer angemessenen Leistungszulage unter der Voraussetzung zugesagt worden, dass er im Stande wäre, jährlich 2000 Wohnungen einer Verhandlung zuzuführen und die Dauer der Bewilligungsverfahren wesentlich zu reduzieren. Der Beschwerdeführer habe seine Aufgabe mit großem Einsatz glänzend gelöst, jedoch keine der zugesagten Belohnungen erhalten.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2000 wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer "Verwendungszulage" gemäß § 74b der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO Graz), LGBl. Nr. 30/1957 idgF, ab. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, es bestehe kein Anspruch auf Zuerkennung einer Verwendungszulage. Die besoldungsrechtliche Einreihung des Beschwerdeführers als Beamter der Dienstklasse VII entspreche der Wertigkeit seines Tätigkeitsbereiches. Auch seien im Bereich der Grazer Stadtverwaltung Dienstposten der Dienstklasse VIII, Verwendungsgruppe A, - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - den Amtsleitern vorbehalten. Auf Grund der einschlägigen Richtlinien umfasse eine Verwendungszulage den Betrag von S 1.617,-- monatlich. Der begehrte Betrag von S 4.695,-- monatlich entbehre jeder rechtlichen Grundlage.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er nicht um die Gewährung einer ruhegenussfähigen Verwendungszulage gemäß § 74b DO Graz angesucht habe. Der Antragsgegenstand sei gemäß der seinerzeit mit Stadtrat S. als Vertreter des Dienstgebers geschlossenen Vereinbarung die Gewährung einer angemessenen, nicht ruhegenussfähigen Leistungszulage gewesen. Nach dem Angebot des Dienstgebers sollte auf diese Weise in einem beschränkten Zeitraum eine zum Zeitpunkt des Beginns der Tätigkeit bestehende Gehaltsdifferenz zur niedrigsten Gehaltsstufe der Dienstklasse VIII (= Senatsrat) ausgeglichen werden. Mit der ihm damals schnellstmöglichst zugesagten Beförderung zum Senatsrat sollte diese Zulage eingestellt werden. Von der materiellen Bedeutung her sei der Verfahrensgegenstand ein völlig anderer als jener, über den bescheidmäßig abgesprochen worden sei. Rechtsgrundlage für die Antragstellung bilde die angeführte im Jahre 1993 mit dem Dienstgeber geschlossene mündliche Vereinbarung. Die Frage der Subsumierung der gemachten Zusage unter die einzelnen Bestimmungen der Dienstordnung sei für ihn wegen der Persönlichkeit desjenigen, der diese Zusage erteilt habe, nicht von Bedeutung gewesen. Der Gemeinderat der Stadt Graz könne bei Bedarf auch Maßnahmen beschließen, welche nicht ausdrücklich in der Dienstordnung enthalten seien. Dass darunter auch eine Leistungszulage für eine begrenzte Dauer fallen könne, stehe außer Zweifel. Die mangelnde Verankerung in der Dienstordnung sei durch entsprechende Beschlüsse des Gemeinderates "sanierbar", eine rechtliche Durchsetzbarkeit des verfahrensgegenständlichen Antrages ohne Widerspruch zu bestehenden rechtlichen Bestimmungen möglich. Es käme zum Beispiel eine Mehrleistungszulage gemäß § 31f DO-Graz in Betracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. November 2000 wies der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 DVG sowie §§ 74b und 31f DO-Graz ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen aus, dem verfahrensgegenständlichen Antrag sei nicht zu entnehmen, auf welcher Rechtsgrundlage dem Beschwerdeführer die begehrte Leistungszulage gebühren solle. Die erstinstanzliche Behörde habe es zwar unterlassen, die nach der DO-Graz in Frage kommenden Bestimmungen für eine Abgeltung der angeführten und von der Amtsleitung des Baupolizeiamtes bestätigten Leistungen einer Prüfung zu unterziehen. Die - aus der vom Beschwerdeführer angegebenen Höhe der Leistungszulage resultierende - Annahme der erstinstanzlichen Behörde, sein Begehren richte sich auf die Zuerkennung einer Verwendungszulage gemäß § 74b Abs. 1 Z 2 DO-Graz, sei durchaus zulässig und auch zu Recht abgewiesen worden; die Beurteilung des Vorliegens eines Anspruches hätte aber nicht nur auf diese Norm beschränkt bleiben dürfen. In Frage komme nämlich auch eine Mehrleistungszulage gemäß § 31f DO-Graz; diese komme jedoch nur für Leistungen eines Beamten in Betracht, die der Art nach die Ermittlung einer mengenmäßigen Normalleistung zuließen. Eine solche Normalleistung könne insbesondere dann nicht ermittelt werden, wenn die von einem Beamten erbrachten Leistungen vorwiegend geistiger Art seien. Bestehe die Arbeit des Beamten aus ungleichen Dienstverrichtungen verschiedener Schwierigkeitsgrade, so entziehe sie sich einer sinnvollen Erfassung nach Zahl und Maß im Rahmen einer bestimmten Zeiteinheit. Aus der Anzahl der erledigten Akten könne kein Schluss gezogen werden, dass für die Leistung des Beamten ihrer Art nach die Ermittlung einer mengenmäßigen Normalleistung möglich sei, wie dies auch die Bestimmung des § 18 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) voraussetze. Gezählt und gemessen werden könnten nur Tätigkeiten, die gleichartig seien und im Regelfall auch den gleichen Zeitaufwand erforderten.

Da die Aktenerledigungen des Beschwerdeführers der Art nach unterschiedliche Schwierigkeitsgrade aufwiesen und dem Maße nach aus verschiedenen Vorgängen bestünden, die einer sinnvollen Erfassung nach Zahl und Maß im Rahmen einer bestimmten Zeiteinheit nicht zugänglich seien, könne eine Normalleistung, die Voraussetzung für die Zuerkennung einer Mehrdienstleistungszulage sei, nicht ermittelt werden. Auf eine Belohnung nach § 31g DO-Graz habe der Beschwerdeführer wiederum keinen Rechtsanspruch. Maßgeblich für einen besoldungsmäßigen Anspruch sei die Erfüllung der im Gesetz enthaltenen Tatbestandsvoraussetzungen. Für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch sei im Rahmen des Dienstrechtes jedoch keine gesetzliche Deckung zu finden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung einer Mehrleistungszulage gemäß § 31f DO-Graz verletzt und wiederholt insbesondere sein bereits im Berufungsverfahren erstattetes Vorbringen, dass sein Antrag nicht auf Zuerkennung einer Verwendungszulage gemäß § 74b Abs. 1 Z. 2 DO-Graz gerichtet war.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Für die Beurteilung eines Anbringens ist sein Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend. Es kommt nicht auf Bezeichnungen und zufällige Verbalformen an, sondern auf den Inhalt des Anbringens, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteienschrittes (vgl. Walter-Mayer, Grundriss des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, Rz 152).

Diesem Bestimmtheitsgebot eines Anbringens genügte die Antragstellung des Beschwerdeführers vom 14. Dezember 1999 aber nicht, lässt doch die gewählte Formulierung "Leistungszulage" unter Hinweis darauf, dass diese als Ausgleich für eine vom Beschwerdeführer erbrachte Leistung bis zur Überstellung in die nächst höhere Dienstklasse begehrt werde, keine eindeutige Subsumtion unter die in Frage kommenden Bestimmungen der DO-Graz zu.

Die erstinstanzliche Behörde wäre auf Grund des unklaren Anbringens des Beschwerdeführers daher verpflichtet gewesen, diesen zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern. Die Behörde hat dabei in Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zlen. 98/19/0132, 0133).

In seiner Berufung gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 2. Juni 2000, der den Antrag als solchen auf Zuerkennung einer Verwendungszulage gemäß § 74b DO-Graz gewertet hatte, stellte der Beschwerdeführer klar, dass er diese Zulage nicht angestrebt habe, vielmehr sei "eine rechtliche Durchsetzbarkeit des Antrags ... ohne Widerspruch zu bestehenden rechtlichen Bestimmungen grundsätzlich möglich", wobei z.B. eine Mehrleistungszulage gemäß § 31 lit. f DO-Graz in Betracht käme.

Die erstinstanzliche Behörde hat einen - wie in der Berufung klar gestellt wurde - gar nicht gestellten Antrag auf Zuerkennung einer Verwendungszulage nach § 74b DO-Graz abgewiesen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Abweisung eines nicht gestellten Antrages durch die erstinstanzliche Behörde als Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder als Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit zu werten ist. Die belangte Behörde wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, diese Rechtswidrigkeit im Berufungsverfahren von Amts wegen aufzugreifen und den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben.

Indem die belangte Behörde in Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers die mit dem erstinstanzlichen Bescheid getroffene Entscheidung über den nicht gestellten Antrag auf Zuerkennung einer Verwendungszulage gemäß § 74b DO-Graz bestätigte, belastete sie ihren Bescheid jedenfalls insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die Berufungsbehörde ist aber auch nicht berechtigt, über die durch den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz bestimmte Sache des Berufungsverfahrens hinauszugehen. Entscheidet eine Behörde zweiter Instanz in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, in Form einer erstmaligen Sachentscheidung, so fällt eine solche Entscheidung nicht in die funktionelle Zuständigkeit der Berufungsbehörde und der Berufungsbescheid ist in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2001, Zl. 2000/07/0066, sowie die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), unter E. 128 zu § 66 AVG angeführte hg. Rechtsprechung).

Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid erstmals über den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Mehrleistungszulage gemäß § 31f DO-Graz abgesprochen hat, - die diesbezüglichen Ausführungen waren im Übrigen dem Grunde nach durchaus zutreffend - war der angefochtene Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war der angefochtene Bescheid aus den vorher dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid vom 2. Juni 2000 ersatzlos zu beheben haben. Die erstinstanzliche Behörde wird in weiterer Folge über den Antrag auf Zuerkennung einer Mehrleistungszulage gemäß § 31f DO-Graz zu entscheiden haben, wobei maßgebend für diesen Anspruch ausschließlich ist, ob die im Gesetz genannten Voraussetzungen vorliegen, und nicht, ob diesbezüglich (angeblich) eine Zusage erteilt wurde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,68 zuzusprechen. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren für die Vollmacht war abzuweisen, weil die Vorlage dieser weder erforderlich war noch sie vorgelegt wurde.

Wien, am 25. September 2002

Schlagworte

Allgemein Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000120315.X00

Im RIS seit

13.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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