TE Vwgh Erkenntnis 2002/9/30 99/10/0248

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Veröffentlicht am 30.09.2002
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §74 Abs5 Z2;
NWKV 1995 §1 Abs1;
NWKV 1995 §2;
NWKV 1995 §3;
NWKV 1995 §5 Abs1 Z2;
NWKV 1995 §5 Abs2;
NWKV 1995 §8 Abs1 Z4;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Rudolf P in Salzburg, vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 27. November 1999, Zl. UVS-18/10.054/3-1999, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt,

"er habe als gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG verantwortlich Beauftragter der Firma S. Warenhandels AG mit Sitz in S. zu verantworten, dass am 23.06.1997 vom Zentrallager in 3106 St. Pölten, Lagergasse 30, aus an die Interspar GesmbH in Wien, ..., das Produkt "Spar 100 % Multi Vitamin Saft (Stempelaufdruck: 14.05.98/am Boden: 408) geliefert und damit in Verkehr gebracht wurde, obwohl sich auf der Verpackung die Auslobung "ohne Zuckerzusatz" befunden und es sich bei dieser Anpreisung um eine nährwertbezogene Angabe gehandelt hat, sodass der Gehalt an Zucker, gesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Natrium anzugeben gewesen wäre.

Weiters wäre der Gehalt an Vitamin A statt in Milligramm in Mikrogramm anzugeben gewesen."

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) im Zusammenhang mit den §§ 1 Abs. 1, 2, 3, 5 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2, 8 Abs. 1 Z. 4 der Verordnung über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln (NWKV) begangen, weshalb über ihn gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 LMG eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) zu verhängen sei.

Nach der Begründung regle § 1 NWKV die Nährwertkennzeichnung sowie nährwertbezogene Angaben beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher bestimmt seien. Sie gelte auch für die für Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung bestimmten Lebensmittel. Nach § 1 Abs. 2 Z. 1 NWKV gelte diese Verordnung jedoch nicht für Angaben, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften vorgeschrieben seien. Sei daher z.B. die Angabe "ohne Zuckerzusatz" in der Sachbezeichnung erforderlich, um § 4 Z. 1 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung zu erfüllen, werde die Nährwertkennzeichnung gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 NWKV nicht ausgelöst. Dies sei jedoch bei der Angabe "ohne Zuckerzusatz" (auf der Verpackung eines Multivitaminsaftes) zu verneinen, da gemäß § 9 Abs. 1 der Fruchtsaftverordnung, BGBl. Nr. 635/1996, nur der Zusatz von Zucker (Arten) in der Sachbezeichnung angegeben werden müsse. Somit handle es sich bei der gegenständlichen Angabe um eine nährwertbezogene Angabe gemäß § 3 Abs. 2 NWKV. Damit hätte die Kennzeichnung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 NWKV zu erfolgen (Hinweis auf Feil, Österreichisches Lebensmittelrecht I, Ausgabe 1999, Seite B 59, Anmerkung 1, zweiter Teil).

Nach § 8 Abs. 1 Z. 4 NWKV seien für Vitamine und Mineralstoffe die in der Anlage geführten Einheiten zu verwenden. Vitamin A sei daher in Mikrogramm und nicht in Milligramm anzugeben. Ob dem Konsumenten die Gewichtsangabe "Milligramm" so bewusst sei, dass er eine Vorstellung von der beigefügten Menge an Vitamin A habe, was vom Beschwerdeführer in seiner Berufung bezweifelt worden sei, sei nicht relevant. Es müsse für den Konsumenten jedenfalls die Möglichkeit bestehen, ähnliche Getränke von verschiedenen Firmen vergleichen zu können. Der Beschwerdeführer habe es als bevollmächtigter Beauftragter der im Spruch genannten Gesellschaft versäumt, sich zu überzeugen, ob die Aufdrucke auf der in Verkehr gebracht Ware auch den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen hätten. Da er dies unterlassen habe, sei ihm zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist u. a. strittig, ob es sich bei der dem gegenständlichen Produkt (Multivitaminsaft) beigefügten Angabe "ohne Zuckerzusatz" um eine nährwertbezogene Angabe im Sinne des § 3 Abs. 2 NWKV handelt, die die Verpflichtung zu Nährwertkennzeichnung nach § 5 Abs. 1 leg. cit. auslöst.

Der gegenständliche Beschwerdefall entspricht diesbezüglich in Ansehung der entscheidenden Rechtsfrage jenem Fall, der dem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2001/10/0001, zu Grunde lag. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses im Zusammenhang mit der Angabe "kein Zucker zugesetzt" bei dem Produkt Orangensaft ausführlich mit der Frage der nährwertbezogenen Angabe auseinander gesetzt und dabei im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass die genannte Angabe nach dem gesamten Inhalt der Angabe unter Berücksichtigung der Verbrauchererwartung als nährwertbezogene Angabe anzusehen ist. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Aus denselben Erwägungen erweist sich auch die vorliegende Beschwerde insofern als unbegründet.

2. Die Beschwerdeführer bringt weiters vor, er sei Einkaufsleiter einer der größten Lebensmittelketten in Österreich, wobei der Warenfluss es ihm unmöglich mache, jede Ware bei jeder einzelnen Lieferung dahingehend zu untersuchen, ob sie bis ins letzte Detail ordnungsgemäß gekennzeichnet sei und auch sonst in allen Punkten den lebensmittelrechtlichen Vorschriften entspreche. Er könne sich lediglich darauf beschränken, diverse Stichproben durchzuführen, die sich freilich auch nur auf offenkundige Mängel sowie eine grobe Überprüfung der Verpackung auf die richtige Kennzeichnung, insbesondere deren Vollständigkeit, beziehen könne. Den Maßstab seiner objektiven Sorgfaltspflicht zu hoch zu setzen, dass von ihm verlangt werden könne, Rechtsfragen zu lösen, die von den renommiertesten Juristen offen gelassen würden, sei geradezu irrational.

Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, dass es sich bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen um Ungehorsamsdelikte handelt, wonach es am Beschwerdeführer gelegen wäre, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Mit dem Hinweis auf eine bloße stichprobenartige Kontrolle sowie eine grobe Überprüfung der Verpackungen auf die richtige Kennzeichnung wird diesem Erfordernis nicht entsprochen.

3. Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 4 NWKV sind für Vitamine und Mineralstoffe die in der Anlage genannten Einheiten anzuführen. In der Anlage zur NWKV ist Vitamin A im Mikrogramm angegeben. Ob dem Konsumenten dabei der Unterschied zu Milligramm bewusst ist - was in der Beschwerde bestritten wird -, spielt keine entscheidende Rolle. Die Kennzeichnung von Vitamin A in Milligramm entspricht somit nicht der NWKV.

4. Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. September 2002

Schlagworte

Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999100248.X00

Im RIS seit

20.12.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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