TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/9 2002/04/0083

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.10.2002
beobachten
merken

Index

L72006 Beschaffung Vergabe Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art140 Abs4;
B-VG Art140 Abs7;
LVergG Stmk 1998 §125 Abs1 idF 2000/066;
LVergG Stmk 1998 §3 Abs1 Z2 lita idF 2000/066;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache der "Bietergemeinschaft B GmbH H Bauleitung-Planungsges.m.b.H. bestehend aus 1. B GmbH, A, 2. H Bauleitung-Planungsges.m.b.H., D",vertreten durch Dr. Bernd Fritsch, Dr. Klaus Kollmann, Dr. Günter Folk, Dr. Werner Stegmüller und Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Steiermark vom 25. April 2001, Zl. VKS D5-2001/9, betreffend Nachprüfungsverfahren nach dem Stmk. Vergabegesetz (mitbeteiligte Parteien: Landeshauptstadt Graz; Dipl. Ing. Dr. S & Partner Ziviltechniker GesmbH, G, W-Gasse 14), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. April 2001 wurde vom Vergabekontrollsenat des Landes Steiermark wie folgt abgesprochen:

"Der Antrag der Bietergemeinschaft B GmbH, S - H Bauleitung - PlanungsgmbH, F, vom 19. April 2001 auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens lautend auf

'Der Vergabekontrollsenat des Landes Steiermark möge das Nachprüfungsverfahren einleiten und das Angebot des Büros S & Partner vom gegenständlichen Vergabeverfahren ausschließen.'

sowie der weiters gestellte Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung lautend auf

'Unter einem beantragen die Antragsteller gemäß § 108 StVergG die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, dass es dem Auftraggeber untersagt wird, bis zur Beendigung dieses Nachprüfungsverfahrens den gegenständlichen Auftrag an das Büro S & Partner zu erteilen.'

wird mangels Anwendbarkeit der Bestimmungen des Steiermärkischen Vergabegesetzes 1998 über den Rechtsschutz zurückgewiesen."

In der Begründung wird die Auffassung vertreten, dass - gestützt auf "die Zuständigkeitsvorschrift des § 125 Abs. 1 bzw. des § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. a" des Steiermärkischen Vergabegesetzes 1998 (StVergG), LGBl. für das Land Steiermark Nr. 74, idF LGBl. Nr. 66/2000, iVm §§ 1 und 6 AVG 1991 - der antragsgegenständliche Dienstleistungsauftrag die in § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. normierte Wertgrenze für die Anwendbarkeit der im 5. Teil des StVergG geregelten Bestimmungen über den Rechtsschutz nicht erreiche.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

In Entsprechung des im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages sprach der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Juni 2002, G 109/02-8, aus, dass die Wortfolge "- und Dienstleistungs" in § 3 Abs. 1 Z 2 lit. a idF des § 125 Abs. 1 des Steiermärkischen Vergabegesetzes 1998 - STVergG, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 74, idF LGBl. Nr. 66/2000 verfassungswidrig war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 140 Abs. 7 erster und zweiter Satz B-VG lauten:

"Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."

Der Beschwerdefall bildet den Anlassfall für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.

Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auf diese die Anwendbarkeit des Gesetzes ausschließende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der Stempelgebühr beruht auf § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 9. Oktober 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002040083.X00

Im RIS seit

20.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten