TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/9 2001/04/0108

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Veröffentlicht am 09.10.2002
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §28 Abs1 Z1;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2;
GewO 1994 §28 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der A in L, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i. A. Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 42 Abs. 4 VwGG wird die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 17. März 1999, Zl. VIb- 231/755-1999, als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 22. Jänner 1999 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Massage.

Der Landeshauptmann von Vorarlberg lehnte dieses Ansuchen mit Bescheid vom 17. März 1999 gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ab.

Zur Begründung heißt es nach Zitierung des § 28 Abs. 1 GewO 1994:

"Die Nachsichtswerberin war in den Jahren 1984 bis 1989 in Südafrika in einem Kosmetikbetrieb als Verkaufsberaterin beschäftigt. Während dieser Tätigkeit hat sie in der Zeit von Februar 1986 bis Dezember 1988 einen Kurs in Schönheitstherapie absolviert. Im Dezember 1989 hat die Nachsichtswerberin eine theoretische und praktische Prüfung in Schönheitstherapie erfolgreich abgelegt und wurde ihr von der 'Royal Association of Aesthetics' hiefür ein Diplom ausgefertigt. Im Jahre 1997 hat die Nachsichtswerberin am Podosana-Lehrinstitut in der Schweiz verschiedene Kurse absolviert. Den vorgelegten Zertifikaten zufolge hat sie im Mai 1997 ein Seminar der Kräuterkunde mit Erfolg absolviert. Weiters hat sie einen vierteiligen Aufbaulehrgang über Fußreflexzonenmassage absolviert. Diese Ausbildung hat gemäß dem vorgelegten Diplom folgende Gegenstände umfasst:

Allgemeine Anatomie, Anatomie des Fußes, Orthopädie des Fußes, Pathologie des Fußes, Anomalien des Fußes, Fußgymnastik, Physiotherapie für Fuß und Bein, Reflexologie, Reflexzonentherapie des Fußes, Handreflexzonentherapie, Spezialbehandlung bei vegetativen Störungen, schmerzberuhigende Behandlungen und Verhaltensweise bei Notfällen.

Diese Ausbildung wurde mit einer praktischen, mündlichen und schriftlichen Prüfung abgeschlossen. Schließlich hat die Nachsichtswerberin noch ein Diplom des genannten Lehrinstitutes vom Oktober 1997 vorgelegt, wonach sie nach Teilnahme einer Jahresausbildung in medizinisch-biologischer Ganzheitsbehandlung nach Alice Baldinger eine Abschlussprüfung erfolgreich bestanden hat. Diese Ausbildung umfasste unter anderem manuelle Lymphdrainage nach Dr. Fodder, Nervenpunkt-Massagen, klassische Gesichts- und Körpermassagen, kosmetische Elektrotherapie, Figurproblem-Behandlungen, Gesund- und Ästhetikerhaltung des ganzen Körpers sowie Zubereitung von natürlichen kosmetischen Präparaten.

Fachliche Verwendungszeiten im Gewerbe der Massage kann die Nachsichtswerberin nicht nachweisen.

Für die Entscheidung der Behörde waren folgende Überlegungen maßgebend:

Voraussetzung für die Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis ist nach der eingangs zitierten Rechtslage entweder der Nachweis der vollen Befähigung oder aber der Nachweis einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung in Verbindung mit einem Ausnahmegrund, der die Erteilung der Nachsicht rechtfertigt. In beiden Fällen dürfen keine Gewerbeausschlussgründe vorliegen.

Eine hinreichende tatsächliche Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist dann anzunehmen, wenn der Nachsichtswerber nach seiner bisherigen Betätigung immerhin über solche Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die erforderlich sind, um Leistungen zu erbringen, die in der Regel von Inhabern der betreffenden Gewerbeberechtigung verlangt werden.

Die Behörde ist der Auffassung, dass die Nachsichtswerberin eine hinreichende tatsächliche Befähigung zur Ausübung des Gewerbes der Massage nicht besitzt. Zum Einen kann die Nachsichtswerberin lediglich auf eine ca. einjährige ausländische Ausbildung verweisen, in welcher sie neben der Fußreflexzonenmassage auch einige andere Massagetechniken erlernt hat, insbesondere kann die Nachsichtswerberin aber keinerlei einschlägige Verwendungszeiten im Gewerbe der Massage nachweisen.

Der Nachsichtswerberin wurde mit Schreiben vom 27.1.1999 Gelegenheit gegeben, entsprechende Angaben über ihre bisherigen Verwendungszeiten im Gewerbe der Massage zu machen und diese Angaben durch Vorlage geeigneter Nachweise zu belegen.

Die Nachsichtswerberin hat weder behauptet, nach der von ihr in der Schweiz absolvierten Ausbildung im Gewerbe der Massage tätig gewesen zu sein, noch hat sie entsprechende Nachweise für einschlägige Verwendungszeiten im Gewerbe der Massage vorgelegt.

Das Gewerbe der Massage umfasst nachstehende Tätigkeitsbereiche:

Erstellung von Sicht- und Tastbefunden, Anwendung der klassischen Massage, der Reflexzonenmassage, der Segmentmassage, der Bindegewebsmassage, von Heilmassagen, von asiatischen Massagetechniken, der Lymphdrainage, der Sportmassage, sonstiger gebräuchlicher Massagen, die Verabreichung von Unterwassermassagen, die Anwendung von apparativen Massagen, Bestrahlung und Solarien, die Durchführung von Bewegungsübungen und Atemübungen, die Aufbereitung und Vorbereitung von Packungen, Wickeln und Kompressen, die Anwendung von Wirkstoffpräparaten in der Massage, die Anwendung der Aromatherapie sowie die Durchführung von Zellulitebehandlungen manuell und apparativ.

Da die Nachsichtswerberin keinerlei fachliche Verwendungszeiten im Gewerbe der Massage absolviert hat, kann nach Ansicht der Behörde nicht davon ausgegangen werden, dass sie in der Lage ist, Leistungen zu erbringen, wie sie in der Regel von Inhabern einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Massage erbracht werden. Eine hinreichende tatsächliche Befähigung zur Ausübung des Gewerbes der Massage kann sohin bei diesem Sachverhalt nach Ansicht der Behörde nicht angenommen werden.

Bei dieser Sachlage war es entbehrlich, auf die Frage des Vorliegens eines Ausnahmegrundes im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a oder b GewO 1994 einzugehen. Auch die Frage des Vorliegens der vollen Befähigung der Nachsichtswerberin war nicht näher zu prüfen, weil ja schon eine hinreichende tatsächliche Befähigung als eine abgeschwächte Form der Befähigung nach Ansicht der Behörde nicht angenommen werden kann. Das Ansuchen war daher abzulehnen und es war spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der begründend ausgeführt wird:

"... Die Berufungswerberin hat vom Februar 1986 bis Dezember 1988 eine Ausbildung im Bereich Beauty Therapy (Kosmetik) in Johannesburg absolviert. Von der Ausbildung waren insbesondere auch die Bereiche Unterwassermassage, Aromatherapie, Körpermassage (klassische Massage), Packungen, Wickel und Kompressen, weiters Bestrahlung und Solarien sowie Strombäder erfasst.

Weiters hat die Berufungswerberin eine einjährige Ausbildung als Fußreflexzonentherapeutin sowie eine einjährige Ausbildung in medizinisch biologischer Ganzheitsbehandlung absolviert. Diese Ausbildung umfasste unter anderem folgende Therapien:

Manuelle Lymphdrainage, Öldrainagen, Nervenpunkt-Massagen, klassische Gesichts- und Ganzkörpermassage, kosmetische Elektrotherapie, Figurproblem-Behandlungen, Gesund- und Ästhetikerhaltung des ganzen Körpers sowie Zubereitung von natürlichen kosmetischen Präparaten.

Unter Bedachtnahme darauf, dass die Berufungswerberin durch ihre Ausbildung sämtliche Voraussetzungen für das Gewerbe der Massage erfüllt, wird gestellt der Berufungsantrag:

..."

Mit Schreiben vom 20. Mai 1999 wurde die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde aufgefordert, binnen zwei monatiger Frist eine Stundentafel (Wochenstundenzahl der einzelnen Gegenstände) sowie die Lehrpläne der von ihr absolvierten Lehrgänge in Aleit Institute of Beauty, Randburg (Südafrika) sowie in Podosana-Lehrinstitut, St. Margarethen (Schweiz), vorzulegen. Bei ungenütztem Verstreichen der Frist werde ohne weitere Anhörung entschieden werden.

Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1999 legte die Beschwerdeführerin eine Stundentafel sowie die Lehrpläne der von der Beschwerdeführerin absolvierten Lehrgänge im Podosana-Lehrinstitut, St. Margarethen (Schweiz), vor. Weiters wurde mitgeteilt, dass der zuständige Leiter des Aleit Institute of Beauty trotz mehrfacher Zusagen weder eine Stundentafel betreffend die Wochenstundenzahl der einzelnen Lehrfächer noch die Lehrpläne betreffend die von der Beschwerdeführerin absolvierten Ausbildung am genannten Institut der Beschwerdeführerin habe zukommen lassen, weshalb eine nochmalige Fristerstreckung beantragt wurde.

In weiterer Folge wurde die Beschwerdeführerin um Mitteilung ersucht, ob sie bereit wäre, sich zum Nachweis ihrer Befähigung einer Arbeitsprobe bzw. informativen Befragung durch die Landesinnung Vorarlberg der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure zu unterziehen.

Mit Schriftsatz vom 4. September 2001 wurde von Seiten der Beschwerdeführerin die Bereitschaft bekundet, sich sowohl einer Arbeitsprobe als auch einer informativen Befragung durch die Landesinnung Vorarlberg der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure zu unterziehen.

Nach Mitteilung der Landesinnung Vorarlberg der Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure seien mit der Beschwerdeführerin für die in Aussicht genommene Arbeitsprobe bzw. informative Befragung drei Termine (21. November 2001, 9. Februar und 9. April 2002) vereinbart worden; diese seien jedoch von der Beschwerdeführerin abgesagt worden.

Zu einem diesbezüglichen Vorhalt wurde von Seiten der Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgegeben.

Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2001 erhob die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge über ihre Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 17. März 1999 in der Sache dahin entscheiden, dass die beantragte Nachsicht vom Befähigungsnachweis erteilt werde.

Mit Verfügung vom 24. Juli 2001 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen.

Mit Schreiben vom 9. Jänner 2002 legte die belangte Behörde unter Hinweis auf das zwischenzeitige Verstreichen der eingeräumten Frist die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die in Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden kann, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Diese Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Da die belangte Behörde den versäumten Bescheid auch innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eröffneten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Im Hinblick auf § 379 erster Satz GewO 1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2002, wonach im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 111/2002, anhängige Verfahren nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen sind, ist im Beschwerdefall § 28 Abs. 1 GewO 1994 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, zu erteilen, wenn

1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen, oder

2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder

b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

Nach der Verordnung über den Befähigungsnachweis für das gebundene Gewerbe der Masseure, BGBl. Nr. 618/1993, ist die Befähigung nachzuweisen durch:

1.

das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Prüfung (§ 2) und

2.

das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung gemäß der Unternehmerprüfungsordnung BGBl. Nr. 453/1993, in der jeweils geltenden Fassung.

Zur Prüfung ist (u.a.) zuzulassen, wer durch Zeugnisse a) die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Masseur,

              b)              eine nachfolgende mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit und c) den erfolgreichen Besuch des in der Anlage 2. festgesetzten Lehrganges über die weiterführende Fachausbildung der Masseure, mit dem der Prüfungswerber nicht vor Ablauf von eineinhalb Jahren der in lit. b vorgeschriebenen fachlichen Tätigkeit begonnen hat (Nachweis § 5 Abs. 1 Z. 3).

Die Behörde erster Instanz hat das Vorliegen sowohl - jedenfalls implizit - der vollen Befähigung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. als auch der hinreichenden tatsächlichen Befähigung nach § 28 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. verneint.

Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist das Vorliegen der vollen Befähigung. In diesem Sinn umfasst die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 vorliegen. Die Nachsicht darf sohin von vornherein nur erteilt werden, wenn die vom Nachsichtswerber absolvierte Ausbildung mindestens in gleicher Weise wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen lässt (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0124, und die dort zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Dass die Beschwerdeführerin - auf welche Art immer - das in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildungsziel erreicht habe, ist schon im Hinblick auf das Fehlen von Verwendungszeiten nicht zu sehen.

So hat sich die Behörde erster Instanz primär darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin keinerlei fachliche Verwendungszeiten im Gewerbe der Massage absolviert habe. Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, die Beschwerdeführerin habe von 1984 bis 1989 "in Südafrika in einem Kosmetikbetrieb gearbeitet", so übergeht sie die Feststellung im erstinstanzlichen Bescheid, dass sie "in den Jahren 1984 bis 1989 in Südafrika in einem Kosmetikbetrieb als Verkaufsberaterin" beschäftigt gewesen sei. Auch geht sie selbst davon aus, sie habe "von Februar 1986 bis Dezember 1988 ... in der Folge eine Ausbildung im Bereich Beauty Therapy in Johannesburg absolviert". Das Vorliegen fachlicher Verwendungszeiten im Gewerbe wird somit nicht einmal behauptet. Es bedarf aber hinsichtlich des Vorliegens der Nachsichtsvoraussetzungen einer entsprechenden Mitwirkung des Nachsichtswerbers und es ist nicht Aufgabe der Behörde, von Amts wegen alle Fakten zu erheben, die möglicherweise für eine solche Nachsichtserteilung sprechen (vgl. nochmals das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996).

Die Berufung ist aber auch nicht unter Aspekt einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Grunde des § 28 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. begründet:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einer hinreichenden tatsächlichen Befähigung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. nur dann gesprochen werden, wenn auf Grund der vom Nachsichtswerber beigebrachten Unterlagen bzw. auf Grund des Ergebnisses des über sein Vorbringen bzw. sonst durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass er immerhin über so viele Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die als erforderlich erachtet werden, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. August 1995, Zl. 95/04/0017, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Vor dem Hintergrund, dass nach dem oben Gesagten vom Fehlen jeglicher fachlicher Verwendungszeiten auszugehen ist, sowie im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin, der ihr gebotenen Gelegenheit, ihre praktischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, nicht nachgekommen ist (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 24. August 1995, Zl. 95/04/0017), bietet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beschwerdeführerin über Erfahrungen verfügt, um Leistungen erbringen zu können, welche in der Regel von Inhabern des betreffenden Gewerbes verlangt werden. Der Verwaltungsgerichtshof teilt somit auch die Auffassung der Behörde erster Instanz, dass die Beschwerdeführerin über keine hinreichende tatsächliche Befähigung im Grunde des § 28 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. verfügt.

Da die Ausnahmegründe des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a oder b leg. cit. zusätzliche Tatbestandselemente sind, die kumulativ neben der hinreichenden tatsächlichen Befähigung gegeben sein müssen, war es entbehrlich auf die Frage des Vorliegens eines derartigen Ausnahmegrundes einzugehen.

Die Berufung der Beschwerdeführerin war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Umrechnung der Stempelgebühr beruht auf § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 9. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001040108.X00

Im RIS seit

20.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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