TE Vwgh Beschluss 2002/10/16 2002/13/0160

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Veröffentlicht am 16.10.2002
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §36 Abs2;
VwGG §55 Abs1;
VwGG §55 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Dr. Franz Müller, Rechtsanwalt in 3470 Kirchberg am Wagram, Georg-Ruck-Straße 9, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der O GesmbH in S, gegen die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Zurückweisung seiner Berufung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 634 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegen einen an die O GesmbH gerichteten Feststellungsbescheid des Finanzamtes vom 28. Oktober 1998 betreffend den Einheitswert eines Grundstückes erhob der im am 22. September 1995 über die O GesmbH eröffneten Konkurs zum Masseverwalter bestellte Beschwerdeführer Berufung. Diese Berufung wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom 15. November 2001 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Masseverwalter zur Einbringung der Berufung nicht aktiv legitimiert sei. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob der Beschwerdeführer eine am 26. November 2001 zur Post gegebene Berufung.

Mit der vorliegenden, am 25. Juli 2002 zur Post gegebenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend. Einem Mängelbehebungsauftrag des Gerichtshofes vom 31. Juli 2002, eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen beizubringen, kam der Beschwerdeführer fristgerecht am 19. August 2002 nach.

Nach Einleitung des Vorverfahrens legte die belangte Behörde eine Zweitschrift einer am 29. Juli 2002 dem Beschwerdeführer zugestellten Berufungsentscheidung vom 25. Juli 2002 samt Ablichtung des Zustellnachweises vor. Gleichzeitig bringt die belangte Behörde vor, der Beschwerdeführer sei noch vor Einleitung des Vorverfahrens klaglos gestellt gewesen; die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nach § 36 Abs. 2 dritter Satz VwGG seien erfüllt. Zum Anspruch des Beschwerdeführers auf Ersatz seiner Aufwendungen führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer drei Wochen nach Klaglosstellung beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerdeergänzung eingebracht, die Beschwerde aber offenbar nicht zurückgezogen habe. Es bestehe im vorliegenden Fall "der Verdacht", dass das der Beschwerde zu Grunde liegende Verwaltungsverfahren mutwillig betrieben worden sei, weil dieses ein Grundstück betreffe, das nicht in die Konkursmasse falle. Daher stelle die belangte Behörde den Antrag, § 55 Abs. 1 letzter Satz VwGG nicht anzuwenden und die Beschwerde "unbegründet kostenpflichtig abzuweisen".

Der von der belangten Behörde vorgelegte Bescheid über die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes, womit seine Berufung gegen den Feststellungsbescheid zurückgewiesen worden war, wurde vor Einleitung des Vorverfahrens, jedoch nach Erhebung der Beschwerde erlassen. Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.

Nach § 55 Abs. 1 letzter Satz VwGG ist im Fall einer Säumnisbeschwerde, in dem das Verfahren wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt wurde, der Pauschbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes in der Verordnung gemäß § 49 Abs. 1 um die Hälfte niedriger festzusetzen als der sonst auf Grund dieser Bestimmung für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes festzustellende Pauschbetrag. Nach § 55 Abs. 4 leg. cit. ist Abs. 1 letzter Satz nicht anzuwenden, wenn die der Säumnisbeschwerde zu Grunde liegende Verwaltungssache mutwillig betrieben wird.

Der von der belangten Behörde gestellte Antrag, die Beschwerde "unbegründet kostenpflichtig abzuweisen" steht im Widerspruch mit der Gesetzeslage und den Ausführungen der belangten Behörde selbst, die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nach § 36 Abs. 2 Satz 3 VwGG seien erfüllt. Die belangte Behörde hat sich offenbar im Ausdruck vergriffen und die Einstellung des Verfahrens ohne Kostenzuspruch an den Beschwerdeführer gemeint.

Der Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer nach Klaglosstellung einen Mängelbehebungsauftrag des Gerichtshofes befolgt und die Beschwerde nicht zurückgezogen habe, kann den von der belangten Behörde gesehenen "Verdacht", die zu Grunde liegende Verwaltungssache sei vom Beschwerdeführer mutwillig betrieben worden, in keiner Weise begründen. Gerade wegen der erfolgten Klaglosstellung hatte ein gewissenhafter Masseverwalter im Interesse des der Masse zuzusprechenden Kostenersatzes einen zu einer von ihm erhobenen Beschwerde erteilten Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes zu befolgen und war nicht veranlasst, die Beschwerde nach Klaglosstellung zurückzuziehen.

Aus der Begründung des klaglos stellenden Bescheides geht auch nicht hervor, weshalb das Verwaltungsverfahren mutwillig betrieben worden wäre. Räumt die belangte Behörde in der Begründung des klaglos stellenden Bescheides doch selbst ein, dass - unbeschadet des Umstandes, dass die O GesmbH im Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht mehr Eigentümerin des Grundstückes gewesen sein soll - der Feststellungsbescheid vom 28. Oktober 1998 an die O GesmbH gerichtet gewesen sei. Schließlich ist auf der Zweitschrift des klaglos stellenden Bescheides, welcher dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde, der an das Finanzamt gerichtete Vermerk der belangten Behörde enthalten: "Da die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennen lässt, welcher Sachverhalt der Entscheidung des Lagefinanzamtes zu Grunde gelegt und aus welchen Erwägungen die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter den Tatbestand der mangelnden Aktivlegitimation als zutreffend erachtet wurde, ist der erhobene Einwand der unzureichenden Bescheidbegründung berechtigt."

Konnte aber der Beschwerdeführer die Begründung des von ihm bekämpften Zurückweisungsbescheides des Finanzamtes auch nach Ansicht der belangten Behörde als unzureichend ansehen, so war ein Weiterbetreiben des betreffenden Verwaltungsverfahrens keinesfalls mutwillig.

Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 4 VwGG liegen daher nicht vor. Dem Beschwerdeführer waren daher Kosten in Anwendung der §§ 47 ff, insbesondere des § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, zuzusprechen.

Wien, am 16. Oktober 2002

Schlagworte

Säumnisbeschwerde Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §36 Abs2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002130160.X00

Im RIS seit

18.02.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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