TE Vwgh Erkenntnis 2002/10/16 99/03/0339

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Veröffentlicht am 16.10.2002
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Index

41/02 Melderecht;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64 Abs5;
MeldeG 1991 §1 Abs7 idF 1994/505;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 26. Jänner 1999, Zl. UVS-7/10.221/9-1999, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Jänner 1999 wurde Doris S. vorgeworfen, sie habe als Zulassungsbesitzerin einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten Pkw am 14. August 1996 um 14.40 Uhr P. zum Lenken überlassen, obwohl dieser nicht die hiefür erforderliche Lenkerberechtigung besessen habe. P. habe zu diesem Zeitpunkt diesen Pkw auf der Tauernautobahn A10 Scheitelstrecke Fahrtrichtung Salzburg gelenkt. Anlässlich einer Kontrolle Höhe Parkplatz Krottendorf sei festgestellt worden, dass P. nicht im Besitz einer für Österreich gültigen Lenkerberechtigung gewesen sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über S. gemäß § 103 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, sie habe eine Meldeauskunft betreffend P. eingeholt, diese habe ergeben dass P. vom 20. März 1992 bis 12. Mai 1997 mit Hauptwohnsitz an einer näher bezeichneten Adresse in Österreich polizeilich gemeldet gewesen sei. Am 26. Jänner 1999 habe zur gegenständlichen Angelegenheit die öffentliche mündliche Berufungsverhandlung stattgefunden, zu der S. bzw. ein Vertreter nicht erschienen sei. Gemäß § 103 Abs. 1 Z. 3 KFG 1967 dürfe der Zulassungsbesitzer das Lenken eines Kraftfahrzeuges nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung besäßen. Zum gegenständlichen Verfahren stehe fest, dass am 14. August 1996 gegen 14.40 Uhr P. mit dem auf S. zugelassenen Kraftfahrzeug auf der Tauernautobahn unterwegs gewesen sei. Wenn sie nunmehr im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren vorbringe, dass der Lenker des auf sie zugelassenen Fahrzeuges über die erforderliche Lenkerberechtigung verfügt habe und diesbezüglich auf Führerscheinkopien im Verwaltungsstrafverfahren verweise, sei ihr entgegenzuhalten, dass P. seinerzeit über keine gültige entsprechende Lenkerberechtigung verfügt habe. Der internationale Führerschein, ausgestellt in Tirana, vermöge als solcher gültig sein, könne jedoch in Ansehung von § 64 Abs. 5 KFG in der zur Tatzeit gültigen Fassung nicht als Berechtigung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges in Österreich anerkannt werden. Dies, da P. seit 1992 über einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich verfügt habe und daher gemäß der angeführten Bestimmung eine im Ausland erteilte Lenkerberechtigung nicht zum Lenken eines Kraftfahrzeuges auf österreichischem Bundesgebiet berechtige.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 64 Abs. 5 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967 in der zur Tatzeit gültigen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 120/1997 lautete:

"§ 64. (5) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ist zulässig, wenn seit der Begründung des Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. § 79 Abs. 3 bleibt unberührt. § 84 und § 86 Abs. 1a und Abs. 2 zweiter Satz gelten sinngemäß."

§ 103 Abs. 1 Z. 3 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), BGBl. Nr. 267/1967 in der Fassung BGBl. Nr. 162/1995, lautete:

"§ 103. (1) Der Zulassungsbesitzer

3. darf das Lenken seines Kraftfahrzeuges oder die Verwendung seines Anhängers nur Personen überlassen, die die erforderliche Lenkerberechtigung, das erforderliche Mindestalter oder das erforderliche Prüfungszeugnis über den erfolgreichen Abschluss der Lehrabschlussprüfung des Lehrberufes Berufskraftführer besitzen, bei Kraftfahrzeugen für deren Lenken keine Lenkerberechtigung vorgeschrieben ist, den erforderlichen Mopedausweis oder das erforderliche Mindestalter besitzen und denen das Lenken solcher Fahrzeuge von der Behörde nicht ausdrücklich verboten wurde."

Der Beschwerdeführer bringt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, es stehe fest, dass P. zum Zeitpunkt, als ihm durch S. als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges dieses überlassen worden sei, im Besitz einer albanischen Lenkerberechtigung gewesen sei. Die belangte Behörde gehe jedoch davon aus, dass P. seit 1992 über einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich verfüge und daher gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 auf Grund seiner ausländischen Lenkerberechtigung Kraftfahrzeuge in Österreich nicht lenken habe dürfen. Dieser Feststellung stehe entgegen, dass P. mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 3. März 1997 nach § 22 Abs. 1 Z. 1 Meldegesetz rechtskräftig bestraft worden sei, weil er sich am 20. März 1992 an einer näher bezeichneten Adresse in Österreich angemeldet gehabt habe, jedoch dort nie Unterkunft genommen und bis 17. Jänner 1997 die Abmeldung unterlassen habe. Mit diesem Straferkenntnis sei implizite rechtskräftig festgestellt worden, dass P. keinen Wohnsitz in Österreich begründet gehabt habe. Diese Entscheidung nach dem Meldegesetz stelle insofern die Beurteilung einer Vorfrage für das gegen S. eingeleitete Strafverfahren dar, als die Berechtigung des P. als Besitzer einer albanischen Lenkerberechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach der Vorschrift des § 79 Abs. 1a KFG unter anderem davon abhänge, dass dieser keinen ordentlichen Wohnsitz im österreichischen Bundesgebiet begründet gehabt habe. Mit einer Eingabe an den Präsidenten der belangten Behörde vom 10. Mai 1999 habe P. auf diese Umstände aufmerksam gemacht. Der unabhängige Verwaltungssenat sei verpflichtet gewesen, die Akten der Bezirkshauptmannschaft Villach einzuholen, um sich über die Rechtslage zu informieren. Die Kenntnisnahme von den bei der Bezirkshauptmannschaft Villach durchgeführten Verfahren hätte unter Bedacht auf die Bestimmungen des § 79 Abs. 1 a KFG 1967 zu einem anders lautenden, nämlich die Einstellung des Strafverfahrens gegen S. verfügenden Bescheid führen können.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:

Nach der Aktenlage holte die belangte Behörde am 12. Jänner 1999 eine Meldeauskunft ein, in der ihr mitgeteilt wurde, dass P. vom 20. März 1992 bis 12. Mai 1997 an einer näher bezeichneten Adresse in Österreich gemeldet gewesen sei. Dies allein reichte jedoch nicht aus, um die Sachlage zu beurteilen. Denn bereits im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens hatte S. zu ihrer Verantwortung vorgebracht, P. verfüge über eine ausländische Lenkerberechtigung ("einen ungarischen Führerschein"). Dass die Erstbehörde über diese und über die Wohnsitzverhältnisse des P. zur Prüfung der Frage, ob er im Sinne des § 64 Abs. 5 KFG 1967 von einer allenfalls im Ausland erteilten Lenkerberechtigung Gebrauch machen hätte dürfen, irgendein Ermittlungsverfahren durchgeführt hätte, lässt sich nach dem Inhalt der Verwaltungsstrafakten nicht nachvollziehen. Auch die belangte Behörde hat derartige Ermittlungen unterlassen, zu deren Durchführung sie jedoch im Sinne der nach § 25 VStG geltenden Offizialmaxime verpflichtet gewesen wäre.

Nach § 1 Abs. 7 des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994, ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. Die Meldung nach dem Meldegesetz ist für die Beurteilung, wo eine Person ihren ordentlichen Wohnsitz (nunmehr Hauptwohnsitz) hat, nicht entscheidend (vgl. die in Grundtner, KFG 19675, unter E 51 zu § 64 KFG 1967 zitierte Rechtssprechung des Verwaltungsgerichthofes). Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, durch geeignete Ermittlungen einerseits der Behauptung der S. nachzugehen, P. sei im Besitz einer aufrechten ausländischen Lenkberechtigung, und andererseits zu prüfen, ob P. im Bundesgebiet einen Hauptwohnsitz begründet hat und bejahendenfalls, für welchen Zeitraum dies zutrifft. Die Formulierung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, der in Tirana ausgestellte internationale Führerschein "vermag als solcher gültig sein...", lässt nicht erkennen, ob sie tatsächlich von einer im Tatzeitpunkt gültigen Lenkerberechtigung des P. ausgegangen ist. Die Ausführung, P. verfüge seit 1992 über einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich, beruht ausschließlich auf einer eingeholten Meldeauskunft und ist daher nicht schlüssig. Wenn schließlich die belangte Behörde darauf verweist, S. sei zur mündlichen Berufungsverhandlung nicht erschienen, ist ihr zu entgegnen, dass dies nicht von der belangten Behörde durchzuführenden, ihr von Vornherein nicht als unzumutbar anzusehenden sonstigen geeigneten Ermittlungen entgegengestanden ist.

Da die belangte Behörde somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Wien, am 16. Oktober 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999030339.X00

Im RIS seit

08.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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