TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/6 99/02/0231

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Veröffentlicht am 06.11.2002
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Index

L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

GVG Vlbg 1993 §8 Abs2;
GVG Vlbg 1993 §8 Abs3 lita;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs13 idF 1993/027;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde der HG in D, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Dr. Herwig Mayrhofer und Dr. Robert Schneider, Rechtsanwälte in Dornbirn, Am Rathauspark, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Land Vorarlberg vom 22. Juni 1999, Zl. 3-1-14/99/K4, betreffend Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nach dem Vorarlberger GVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 332.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. April 1999 versagte die Grundverkehrs-Landeskommission Vorarlberg der beschwerdeführenden Partei gemäß § 8 Abs. 3  des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (kurz: GVG), LGBl. Nr. 61/1993, hinsichtlich des Erwerbs eines näher genannten Grundstückes in der KG Damüls die grundverkehrsbehördliche Genehmigung.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 1999 wurde der Berufung von der belangten Behörde keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass das gegenständliche Grundstück in der KG Damüls ein Ausmaß von 735 m2 habe und laut rechtskräftigem Flächenwidmungsplan als Baufläche-Mischgebiet ausgewiesen sei. Die Gemeinde Damüls befinde sich ca. eine Autostunde von Dornbirn entfernt und liege auf einer Seehöhe von ca. 1.430 m.

Die Beschwerdeführerin sei Volksschullehrerin in Dornbirn und bewohne mit ihrem Gatten und ihren zwei Kindern ein Einfamilienhaus an einem näher genannten Ort in Dornbirn. Die Kinder würden das Gymnasium in Dornbirn besuchen. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin sei ebenfalls im Lehrberuf tätig. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, sie verfüge als Lehrerin über relativ viel Freizeit. Weiters habe sie durch Nebel verursachte gesundheitliche Probleme, sodass ein Aufenthalt in einer höher gelegenen Region nützlich sei. Letzteres gelte auch für eines der beiden Kinder, welches an einem Reizhusten leide. Auch aus anderen, nicht näher genannten Gründen wolle die Beschwerdeführerin ihre Wohnung nach Damüls verlegen. Die übrigen Familienmitglieder würden ihren Wohnsitz in Dornbirn beibehalten. Sie habe die Absicht, mit ihren Kindern jeweils am Freitag Nachmittag nach Damüls zu fahren und dort über das Wochenende zu bleiben. Es sei auch denkbar, dass sie hin und wieder unter der Woche am Nachmittag nach Damüls fahre, um dort die für sie erforderliche Ruhe zu finden. Sie schätze, dass die Familie (somit auch sie selbst) ca. die Hälfte des Jahres in Damüls verbringen würde. Das Haus werde sofort nach Vorliegen der entsprechenden Genehmigungen errichtet werden.

Der Gatte der Beschwerdeführerin habe als Zeuge ausgeführt, die Familie habe die Absicht, sich in Damüls für längere Zeit immer wieder aufzuhalten. Für einen Aufenthalt in Damüls spreche auch, dass seine Frau größere gesundheitliche Probleme habe und es ihr gut tun würde, etwas Bewegung in einer entsprechenden Höhenlage zu machen. Weiters leide eines ihrer Kinder unter Pseudokrupp. Sie würden sich allerdings nicht während der ganzen Woche dort aufhalten, weil sie noch schulpflichtige Kinder hätten. Er habe die Absicht, seinen - ihm als Lehrer zustehenden - freien Tag unter der Woche öfters in Damüls für Schifahren und Wandern etc. zu verbringen.

Nach Ansicht der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin im Verfahren nicht glaubhaft machen können, dass das gegenständliche Grundstück nicht zu Ferienzwecken erworben bzw. innerhalb einer angemessenen Frist einer dem Flächenwidmungsplan entsprechenden Nutzung zugeführt werde. Zwar habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass sie ihren Hauptwohnsitz verlegen werde. Auf Grund der weiteren Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Gatten sei aber davon auszugehen, dass das zu errichtende Haus nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienen solle, sondern nur während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken zeitweilig benutzt werden solle.

Die Beschwerdeführerin habe auch ausgeführt, sie könne sich, wenn in Dornbirn Nebel sei, ein tägliches Pendeln zwischen Damüls und ihrer Arbeitsstätte vorstellen. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen nicht konkret dargetan habe, sie werde tatsächlich täglich pendeln, würde sich dieses Pendeln lediglich auf einen bestimmten Zeitraum im Jahr beschränken. Schließlich habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, "wir könnten uns daher vorstellen, dass wir nach ein paar Jahren einmal nach Damüls übersiedeln", und dass sie in diesem Falle auch eine entsprechende Ummeldung des Wohnsitzes vornehmen würden. Auch aus diesem Vorbringen sei ableitbar, dass das gegenständlich zu errichtende Wohnhaus zumindest im aktuellen Zeitpunkt nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienen solle.

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich vorbringe, die Behörde hätte die Möglichkeit, ihre Angaben (Begründung eines Hauptwohnsitzes) in einem allfälligen Genehmigungsbescheid als Auflage aufzunehmen, sei darauf hinzuweisen, dass eine Glaubhaftmachung nicht schon dann als gegeben anzunehmen sei, wenn entsprechende Auflagen vorgeschrieben werden könnten. Abgesehen davon sei aus den Angaben der Beschwerdeführerin (und ihres Gatten) zu entnehmen, dass die Begründung eines Hauptwohnsitzes im Sinne des Gesetzes nicht beabsichtigt sei. Da auf dem gegenständlichen Grundstück nach den raumplanungsrechtlichen Bestimmungen kein Ferienwohnhaus errichtet werden dürfe, die Beschwerdeführerin der belangten Behörde aber nicht glaubhaft machen habe können, dass das gegenständliche Grundstück nicht zu Ferienzwecken erworben werde, habe der Berufung keine Folge gegeben werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei wendet insbesondere ein, es sei aus ihren durchaus glaubwürdigen Angaben zu folgern, dass keineswegs von einer nur zeitweiligen Benützung des zu errichtenden Hauses im Sinne des "§ 14 Abs. 12 Raumplanungsgesetz" (gemeint wohl: § 14 Abs. 13 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/1973 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 27/1993) auszugehen sei. Insbesondere werde die Formulierung in der genannten Bestimmung "Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfes" nicht dergestalt auszulegen sein, dass ein Wohnobjekt während des ganzen Jahres, sohin an 365 Tagen im Jahr bewohnt werden müsse. Eine regelmäßige Benützung in zeitlich relativ kurzen Abständen werde wohl ausreichend sein, um dem gesetzlichen Erfordernis eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs zu genügen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei unter der Formulierung einer "zeitweiligen Benützung" einer Wohnung (= Ferienwohnung) im Sinne des § 14 Abs. 13 Raumplanungsgesetz jedenfalls ein kürzerer Zeitraum zum Zwecke der Benützung von beispielsweise ein oder zwei Monaten zu verstehen.

Nach § 2 Abs. 2 GVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 61/1993 sind Baugrundstücke Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Bauflächen oder Vorbehaltsflächen gewidmet sind.

Gemäß § 2 Abs. 5 GVG gilt als ständiger Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes ein Wohnsitz, der der Deckung des ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen (Mittelpunkt der Lebensinteressen) verbundenen Wohnbedarfs dient.

Nach § 2 Abs. 6 GVG in der vorgenannten (hier anzuwendenden) Stammfassung gilt als Erwerb zu Ferienzwecken der Erwerb zum Zwecke der Errichtung oder Nutzung von Ferienwohnungen (§ 14 Abs. 13 des Raumplanungsgesetzes) oder zur Überlassung an Dritte zu diesen Zwecken.

Gemäß § 8 Abs. 2 GVG in der vorzitierten (hier anzuwendenden) Stammfassung sind Rechtserwerbe an bebauten Baugrundstücken, ausgenommen zu Ferienzwecken, zu genehmigen, wenn der Erwerber glaubhaft macht, dass der Erwerb nicht zu Ferienzwecken erfolgt.

Nach § 8 Abs. 3 GVG in der (hier anzuwendenden) Fassung der Novelle LGBl. Nr. 85/1997 sind Rechtserwerbe an unbebauten Baugrundstücken, ausgenommen zu Ferienzwecken, zu genehmigen, wenn

a)

die im Abs. 2 angeführte Voraussetzung erfüllt ist und

b)

der Erwerber glaubhaft macht, dass innerhalb angemessener Frist das Grundstück einer dem Flächenwidmungsplan entsprechenden Nutzung zugeführt oder zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben verwendet wird. Hiebei ist auch ein Bedarf des Erwerbers zu berücksichtigen.

Die Novelle LGBl. Nr. 85/1997 ist gemäß deren Art. II am 1. Jänner 1998 in Kraft getreten.

Die in § 2 Abs. 6 der vorzitierten Stammfassung des GVG erwähnte Bestimmung des § 14 Abs. 13 des Raumplanungsgesetzes bezieht sich auf die Novelle zum Raumplanungsgesetz LGBl. Nr. 27/1993. Diese Bestimmung lautete:

"Als Ferienwohnungen gelten Wohnungen, die nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen, sondern während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt werden. Nicht als Ferienwohnungen gelten Wohnungen und Wohnräume, die Zwecken der gewerblichen Beherbergung von Gästen oder der Privatzimmervermietung dienen.

Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den üblichen gastgewerblichen Beherbergungsvertrag hinausgehen, schließen die Annahme einer gewerblichen Beherbergung jedenfalls aus."

In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (17. Beilage im Jahre 1993 zu den Sitzungsberichten des XXV. Vorarlberger Landtages, S. 4) wird u.a. ausgeführt, dass der Begriff "Ferienwohnhaus" durch den Begriff "Ferienwohnung" ersetzt werden soll. Als Ferienwohnungen sollen alle Wohnungen und Wohnräume gelten, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienen, sondern während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt werden. Diese Bestimmung deckt sich weitgehend mit den im § 1 Abs. 2 Z. 4 des Mietrechtsgesetzes angeführten Elementen hinsichtlich der Unterscheidung "ganzjährig gegebener Wohnbedarf" und "Freizeitgestaltung". Im Unterschied zum Mietrechtsgesetz, das auf den Vertragszweck abstellt, ist im Raumplanungsgesetz auch die tatsächliche Verwendung maßgebend.

Nicht als Ferienwohnung gelten - so die vorzitierten Erläuterungen weiter - Wohnungen und Wohnräume, die der Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfes dienen. Der Begriff "ganzjähriger Wohnbedarf" verlangt nicht, dass die Wohnung während des ganzen Jahres dauernd benutzt wird. Eine Zweitwohnung, die nicht zu Urlaubs-, Ferien- oder sonstigen Erholungszwecken verwendet wird, gilt nicht als Ferienwohnung (z.B. berufsbedingte Wohnnutzung, Wohnungen für Studenten, vorübergehende berufsbedingte Abwesenheit).

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung insbesondere darauf, die Beschwerdeführerin habe nicht im Sinne des § 8 Abs. 2 i. V.m. § 8 Abs. 3 lit. a GVG in den vorgenannten Fassungen glaubhaft machen können, dass sie das gegenständliche Baugrundstück nicht zu Ferienzwecken erwerben werde.

Wie aus den vorzitierten Erläuterungen zu § 14 Abs. 13 des Raumplanungsgesetzes in der vorgenannten Fassung zu ersehen ist, kommt es hinsichtlich des Vorliegens eines ganzjährigen Wohnbedarfes nicht nur auf die Nutzungsdauer, sondern im Beschwerdefall hinsichtlich der nach § 8 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 lit. a GVG anzustellenden Prognose auch auf die tatsächlich beabsichtigte Verwendung der Wohnung bzw. Wohnräume an.

Dass die Beschwerdeführerin angesichts der in Dornbirn gegebenen Beschäftigung und der dort wohnenden Familie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Sinne des § 2 Abs. 6 GVG in der vorgenannten Fassung nach wie vor in Dornbirn hat, ist auf Grund des von der belangten Behörde ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Wenngleich die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben einen nicht unerheblichen Teil ihrer Zeit während des Jahres in Damüls zu verbringen beabsichtigt, liegt im Beschwerdefall im Hinblick auf die primär in Aussicht genommenen Ferien- und Erholungszwecke kein "ganzjähriger Wohnbedarf" im Sinne des § 14 Abs. 13 des Raumplanungsgesetzes in der vorzitierten Fassung hinsichtlich der zu errichtenden Wohnung in Damüls vor.

Damit fehlte es - nach § 8 Abs. 3 lit. a i.V.m. Abs. 2 GVG in der jeweils genannten Fassung - bereits an einer wesentlichen Voraussetzung für die Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Bewilligung, weshalb die grundverkehrsbehördliche Bewilligung zutreffend zu versagen war.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 6. November 2002

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1999020231.X00

Im RIS seit

20.01.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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