TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/20 2002/17/0269

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Veröffentlicht am 20.11.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GEG §1;
GEG §6 Abs1;
GEG §6;
GEG §7;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des RK in N, vertreten durch die zur Verfahrenshilfe bestellte Mag. Gerhild Scharzenberger, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Fischer von Erlachstraße 47, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. März 2002, Zl. Jv 1611 - 33/02, betreffend Gerichtskosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. Mai 2001 wurde der Beschwerdeführer sowie ein weiterer Beschuldigter wegen näher angeführter Delikte schuldig gesprochen und zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Das Oberlandesgericht Innsbruck gab der Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld mit Urteil vom 18. Oktober 2001 keine Folge und gab der Berufung gegen die Strafe dahingehend Folge, dass über den Beschwerdeführer an Stelle der Freiheitsstrafe ein Geldstrafe von 180 Tagessätzen a S 100,-- (90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) ausgesprochen wurde. Weiters wurde entschieden, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 390a Abs. 1 StPO auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last fallen.

Mit dem an den Beschwerdeführer ergangenen Schriftstück des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. Dezember 2000 (dem Beschwerdeführer am 22. Dezember 2000 nachweislich zugestellt) wurden die Gebühren eines Sachverständigen als Kosten des Strafverfahrens mit S 35.211,-- und mit weiterem an den Beschwerdeführer ergangenen (dem damaligen Vertreter des Beschwerdeführers am 23. Juli 2001 nachweislich zugestellten) Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 18. Juli 2001 die Gebühren eines Sachverständigen als Kosten des Strafverfahrens mit S 4.319,-- bestimmt.

Der vom Beschwerdeführer zu leistende Pauschalkostenbeitrag wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. November 2001 mit S 7.000,-- bestimmt.

Mit Zahlungsauftrag vom 15. Jänner 2002 schrieb der Kostenbeamte dem Beschwerdeführer Pauschalkosten von S 7.000,-- und 50 % der Sachverständigengebühren (das sind 17. 605,50 und 2.159,50) sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG von S 100,--, insgesamt somit S 26.865,-- (EUR 1.952,36) vor.

In dem gegen diesen Zahlungsauftrag erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, es sei weder im Urteil I. Instanz noch im Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck eine Kostenbestimmung enthalten. Es sei jedoch vom Landesgericht Innsbruck eine Bestimmung der Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 7.000,-- als Pauschalkostenbeitrag ausgewiesen. Es werde daher ersucht, den Zahlungsauftrag zu berichtigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Dies mit der Begründung, die Zahlungspflicht des Beschwerdeführers beruhe auf den Bestimmungen des § 389 StPO, wonach die grundsätzliche Verpflichtung des Angeklagten zum Kostenersatz nur in einem verurteilenden Erkenntnis - wie im vorliegenden Fall - ausgesprochen werden könne. Diese grundsätzliche Entscheidung über die Kostenersatzpflicht der Höhe und dem Grunde nach könne nur mit Kostenbeschwerde bekämpft werden. Die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung gegen den Schuldspruch habe zwar auch die Bekämpfung der Kostenentscheidung beinhaltet, dennoch sei im zweitinstanzlichen Urteil diese nicht nur bestätigt, sondern durch den Ausspruch nach § 390a Abs. 1 StPO auch noch erweitert worden. Sowohl der Kostenbeamte als auch der Präsident des Gerichtshofes I. Instanz als Justizverwaltungsorgane seien bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidung des Gerichtes gebunden. Der Zahlungsauftrag bestehe daher dem Grunde und der Höhe nach zu Recht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtvorschreibung von Kosten, für die er nicht verurteilt worden sei, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift samt Kostenantrag Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, ihm sei weder im Strafverfahren des Landesgerichtes Innsbruck noch im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Innsbruck ein Kostenersatz hinsichtlich der Sachverständigengebühren aufgetragen worden.

Das Gericht hat gemäß § 1 Z 3 GEG die Kosten des Strafverfahrens, sofern sie nicht für uneinbringlich erklärt worden sind, von Amts wegen einzubringen.

Die Bestimmung des Pauschalkostenbeitrages und der Sachverständigengebühr obliegt in jedem Fall dem Richter. Erst wenn die hierüber ergangenen Beschlüsse rechtskräftig sind und die Beträge bei Gericht nicht eingezahlt wurden, sind die rechtskräftig festgestellten Beträge einzubringen (Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, 282).

Sowohl der Kostenbeamte als auch der Präsident des Gerichtshofes I. Instanz als Justizverwaltungsorgane sind auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidung des Gerichtes gebunden; eine Überprüfung der Entscheidung des Gerichtes ist im Berichtigungsverfahren ausgeschlossen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 98/17/0186).

In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich - lediglich - der Entwurf des Beschlusses des Landesgerichtes Innsbruck vom 19. Dezember 2000, mit dem die Gebühren des Sachverständigen als Kosten des Strafverfahrens mit S 35.211,-- bestimmt wurden. Dieser Entwurf ist nicht unterfertigt; seine allfällige Genehmigung ist somit nicht aktenkundig.

Das an den Beschwerdeführer zugestellte Schriftstück vom 19. Dezember 2000 liegt dem Verwaltungsgerichtshof nicht vor, so dass nicht beurteilt werden kann, ob dieses Schriftstück von dem für die Beschlussfassung zuständigen Organ des Landesgerichtes Innsbruck eigenhändig und leserlich unterfertigt wurde (im Falle der Unleserlichkeit käme es darauf an, ob die Feststellung des beschlussfassenden Richters durch die Angabe der Geschäftsabteilung ermöglicht würde - vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2002, Zl. 98/17/0310, und die dort zitierte Rechtsprechung des OGH und des OLG Wien) und damit von einem rechtlich existent gewordenen Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck auszugehen ist.

Der Kostenbeamte konnte an einen allenfalls nicht rechtswirksam ergangenen Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck nicht gebunden sein.

Da der Sachverhalt insofern einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. November 2002

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002170269.X00

Im RIS seit

03.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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