TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/20 2002/08/0141

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Veröffentlicht am 20.11.2002
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §22 Abs2;
AlVG 1977 §23;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des K S in L, vertreten durch Mag. Dr. Ernst Reitmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Herrenstraße 13, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 16. Oktober 2001, Zl. LGSOÖ/Abt. 4/1281/0548/2001-12, betreffend Berichtigung und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund seines Antrages vom 14. Dezember 2000 wurde dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld zuerkannt.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 24. Juli 2001 wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes gemäß § 24 Abs. 2 AlVG für den Zeitraum vom 22. Februar 2001 bis 30. Juni 2001 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in der Höhe des Gesamtbetrages von S 5.635,-- verpflichtet sei. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 22. Februar 2001 bis 30. Juni 2001 zum Teil zu Unrecht bezogen, da er am 24. Jänner 2001 bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter einen Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension gestellt habe, ohne dies dem Arbeitsmarktservice zu melden.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, sein Antrag auf Zuerkennung der Invaliditätspension sei mit Bescheid vom 17. April 2001 abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe er kein Rechtsmittel erhoben. Daher stehe ihm ab diesem Zeitpunkt wieder das Arbeitslosengeld und nicht der Pensionsvorschuss zu.

Mit Schreiben vom 3. August 2001 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, er habe die Beantragung der Invaliditätspension neben dem Arbeitslosengeld (Stichtag 1. Februar 2001) dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldet. Aus diesem Grund sei das Arbeitslosengeld zu Unrecht in ungekürzter Höhe ausbezahlt worden. Sein Pensionsantrag sei mit Bescheid vom 17. April 2001 abgewiesen worden. Laut dem Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 3. Juli 2001 habe er gegen diesen Bescheid Klage beim Landesgericht Linz erhoben. Es sei daher davon auszugehen, dass das Pensionsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und laufend Anspruch auf Arbeitslosengeld lediglich in der Höhe des Pensionsvorschusses bestehe.

Mit Schreiben vom 8. August 2001, das wiederum als Berufung bezeichnet war, führte der Beschwerdeführer aus, der Umstand, dass er bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter einen Antrag auf Invaliditätspension gestellt habe, berechtige das Arbeitsmarktservice nicht zum Widerruf bzw. zur Rückforderung seiner Arbeitslosengeldbezüge. Dies schon deshalb, da sein Antrag auf Invaliditätspension abgewiesen worden sei. Vom Bestehen einer allfälligen Meldepflicht habe er im Übrigen keine Kenntnis gehabt. Von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter habe er auf Grund der Antragstellung keinerlei Leistungen erhalten. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Weiterbezug des Arbeitslosengeldes lägen daher auch für den strittigen Zeitraum vor.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht statt. Für den Zeitraum vom 22. Februar bis 1. März 2001, vom 1. Mai bis 9. Mai 2001 und vom 19. Mai bis 5. Juni 2001 wurde das Arbeitslosengeld von jeweils täglich S 471,-- auf jeweils täglich S 310,-- berichtigt. In einem wurde die Rückforderung des berichtigten Arbeitslosengeldes in der Höhe von S 5.635,-- ausgesprochen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe mit Stichtag vom 1. Februar 2001 bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter einen Antrag auf Zuerkennung von Invaliditätspension gestellt. Während des laufenden Pensionsverfahrens könne gemäß § 23 AlVG Arbeitslosengeld nur in Form eines Pensionsvorschusses ausbezahlt werden, welcher gemäß § 23 Abs. 4 AlVG mit täglich S 310,-- begrenzt sei. Das Pensionsverfahren laufe nach wie vor, da der Beschwerdeführer gegen den abweisenden Bescheid Klage eingebracht habe. Seine gegenteiligen Angaben widersprächen der Aktenlage. Es bestehe daher im gegenständlichen Zeitraum lediglich Anspruch auf Arbeitslosengeld in Form eines Pensionsvorschusses in der Höhe von täglich S 310,--. Das ausbezahlte Arbeitslosengeld von täglich S 471,-- sei daher zu Recht auf den Betrag von S 310,-- täglich rückwirkend berichtigt worden. Im Antragsformular betreffend die Zuerkennung von Arbeitslosengeld habe der Beschwerdeführer die Frage nach einem Antrag auf Gewährung einer Pension verneint. In der Folge habe er die Beantragung der Pension dem Arbeitsmarktservice auch nicht gemeldet und dadurch eine Meldepflichtverletzung im Sinne des § 50 AlVG verwirklicht. Er habe davon ausgehen müssen, dass die Beantragung einer Pension einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe bzw. den Anspruch von Arbeitslosengeld habe, da im Antragsformular konkret nach der Beantragung einer Pension gefragt werde. Der Beschwerdeführer sei seiner Meldepflicht nicht nachgekommen und daher zum Rückersatz gemäß § 25 Abs. 1 AlVG verpflichtet, da er den Bezug durch die Verschweigung einer maßgebenden Tatsache herbeigeführt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch wegfällt. Wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen.

§ 24 Abs. 2 AlVG sieht vor, dass dann, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen ist.

§ 23 AlVG in den hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassungen BGBl. I Nr. 101/2001 und BGBl. I Nr. 33/2001 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung

§ 23. (1) Arbeitslosen, die die Zuerkennung

1. einer Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit oder eines Übergangsgeldes aus der gesetzlichen Pensions- oder Unfallversicherung oder

2. einer Leistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters aus der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz oder eines Sonderruhegeldes nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz beantragt haben, kann bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf diese Leistungen vorschußweise Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gewährt werden.

(2) Für die vorschußweise Gewährung von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe ist erforderlich, daß

1. abgesehen von der Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit und Arbeitsbereitschaft gemäß § 7 Abs. 3 Z 1, die übrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Leistungen vorliegen,

2. im Hinblick auf die vorliegenden Umstände mit der Zuerkennung der Leistungen aus der Sozialversicherung zu rechnen ist und

3. im Falle des Abs. 1 Z 2 überdies eine Bestätigung des Pensionsversicherungsträgers vorliegt, daß voraussichtlich eine Leistungspflicht dem Grunde nach binnen zwei Monaten nach dem Stichtag für die Pension nicht festgestellt werden kann.

...

(4) Der Vorschuss ist in der Höhe des gebührenden Arbeitslosengeldes (der gebührenden Notstandshilfe) bis zur Obergrenze eines Dreißigstels der durchschnittlichen Höhe der Leistungen einschließlich der Kinderzuschüsse nach Abs. 1 Z 1 bzw. nach Abs. 1 Z 2 zu gewähren. Sofern der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf Grund einer schriftlichen Mitteilung des Sozialversicherungsträgers bekannt ist, daß die zu erwartende Leistung niedriger sein wird, ist die Vorschußleistung entsprechend zu vermindern. Der Vorschuß ist im Falle des Abs. 1 Z 2 rückwirkend ab dem Stichtag für die Pension zu gewähren, sofern der Pensionswerber den Antrag binnen 14 Tagen nach Ausstellung der Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 3 gestellt hat.

...

(7) Wird eine Pension gemäß Abs. 1 nicht zuerkannt, so gilt der Vorschuß in der geleisteten Dauer und Höhe als Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe, dh. daß insbesondere keine allfällige Differenznachzahlung erfolgt und die Bezugsdauer gemäß § 18 verkürzt wird."

Der Beschwerdeführer bringt vor, für eine vorschussweise Gewährung von Arbeitslosengeld sei es erforderlich, dass im Hinblick auf die vorliegenden Umstände mit der Zuerkennung der Leistungen aus der Sozialversicherung zu rechnen sei. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob im vorliegenden Fall mit der Zuerkennung der Pension hätte gerechnet werden können.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg: Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 97/08/0419, ausgesprochen hat, kann dann, wenn mit der Zuerkennung der Pension nicht zu rechnen ist, für die Zeit eines auf die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension gerichteten Pensionsverfahrens Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe zustehen. Anders als im Falle einer Alterspension, für die § 22 Abs. 2 AlVG vorsieht, dass ein laufendes Verfahren betreffend ihre Zuerkennung den Anspruch auf Arbeitslosengeld ausschließt, schließt das Verfahren auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension die Gewährung von Arbeitslosengeld nur dann aus, wenn die Voraussetzungen für einen Pensionsvorschuss im Sinne des § 23 AlVG erfüllt sind. Nur in diesem Fall gebührt ausschließlich der Pensionsvorschuss und nicht das Arbeitslosengeld.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer nur das Arbeitslosengeld in Form eines Pensionsvorschusses im Sinne des § 23 AlVG zustehe. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung für die vorschussweise Gewährung von Arbeitslosengeld hat die belangte Behörde aber nicht geprüft. Insbesondere hätte sie im Sinne des § 23 Abs. 2 Z. 2 AlVG zu ermitteln gehabt, ob im Hinblick auf die vorliegenden Umstände mit der Zuerkennung der Pension zu rechnen wäre.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage Ermittlungen zu den Voraussetzungen der Zuerkennung eines Pensionsvorschusses unterließ, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. November 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002080141.X00

Im RIS seit

05.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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