TE Vwgh Beschluss 2002/11/22 AW 2002/04/0044

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.11.2002
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §124 Z11;
GewO 1994 §87;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. August 2002, Zl. MA 63- C 157/02, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. August 2002 wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe gemäß § 124 Z. 11 GewO 1994 im näher bezeichneten Standort entzogen.

In der Begründung dieses Bescheides nimmt die belangte Behörde Bezug auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. Juli 2001, wonach die Beschwerdeführerin rechtskräftig schuldig erkannt worden sei, in Wien mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von Versicherungsgesellschaft durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, die die Versicherungsgesellschaften in insgesamt S 25.000,-- übersteigender Höhe an Vermögen geschädigt hätten und schädigen hätten sollen, wobei sie zur Täuschung jeweils ein falsches Beweismittel, und zwar eine Rechnung über angebliche Kfz-Reparaturleistungen, welche jeweils durch die nicht protokollierte Firma C. ausgestellt worden sei, benutzt habe, und jeweils Ansprüche auf einen Kfz-Kasko-Versicherungsvertrag geltend gemacht habe (und werden die Tathandlungen näher ausgeführt).

In ihrer rechtlichen Beurteilung geht die belangte Behörde davon aus, dass das gegenständliche Gewerbe Gelegenheit zur Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat biete. Dies ergebe sich bereits daraus, dass das Vergehen des teilweise vollendeten und teilweise versuchten schweren Betruges im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehe, in dem fingierte Rechnungen ausgestellt worden seien. Weiters biete die Ausübung eines Gewerbes vielfältige Möglichkeiten zur Begehung eines Betrugsdeliktes z. B. gegenüber Kunden, Lieferanten, Sozialversicherungsträgern und Versicherungen aus Versicherungsverträgen den Gewerbebetrieb betreffend. Damit lägen mit Rücksicht auf die Art der Straftat Umstände vor, die die Annahme der Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten hinsichtlich der durch das in Rede stehende Gewerbe gebotenen Gelegenheit rechtfertigten. Was die Würdigung der Persönlichkeit der Beschwerdeführerin anlange, so sei aus der den Straftaten zu Grunde liegenden Vorgangsweise (wohl überlegtes Vorgehen, Vorsatz, Ausstellung von falschen Rechnungen), der Höhe des Schadensbetrages und das Alter bei der Tatbegehung (67 Jahre), wo die Persönlichkeitsentwicklung bereits abgeschlossen sei und unbesonnene Handlungen wie in der Jugend nicht mehr vorkämen, weil man in der Lage sei, alle Konsequenzen der eigenen Handlungen klar zu erkennen und dieser Erkenntnis gemäß zu handeln, ein Persönlichkeitsbild zu gewinnen, das die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes befürchten lasse. Das Wohlverhalten seit den Tathandlungen könne nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen den relativ kurzen Zeitraum von nicht einmal drei Jahren nicht jenes Gewicht beigemessen werden, das die in Rede stehende Annahme unberechtigt erscheinen lasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2002/04/0147 protokollierte Beschwerde.

Der vorliegende Aufschiebungsantrag wird damit begründet, dass durch die Untersagung der weiteren Ausübung der Berufstätigkeit die gesamte wirtschaftliche Existenz der Beschwerdeführerin vernichtet werde. Auch beschäftige die Beschwerdeführerin drei Dienstnehmer, die jeweils älter als 50 Jahre seien und die bei den derzeitigen Arbeitsmarktverhältnissen keine Chance hätten, eine anderweitige Beschäftigung zu finden. Die Beschwerdeführerin sei - was aktenkundig sei - nach Abwendung eines Konkurses bemüht, derzeit einen Ausgleich zu erfüllen, welches Bemühen durch eine sofortige Wirksamkeit der Gewerbeentziehung von vornherein zunichte gemacht werde. Mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides wäre daher für die Beschwerdeführerin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden, der sich weit über die persönliche und ökonomische Sphäre der Beschwerdeführerin hinaus auch in die Sphäre ihrer drei Dienstnehmer auswirke.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auch vermag die im angefochtenen Bescheid angestellten Erwägungen in diesem Provisorialverfahren nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen. Damit aber hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst entsprechend der sachverhaltsbezogenen Annahme der belangten Behörde davon auszugehen, dass die Tatbestandsmerkmale des bezogenen Entziehungsgrundes in Ansehung der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin gegeben sind. Davon ausgehend muss der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die nicht auszuschließende Gefahr der Begehung weiterer durch die Ausübung der Gewerbeberechtigung geförderter Straftaten durch die Beschwerdeführerin vom Zutreffen des gemäß § 30 Abs. 2 VwGG rechtserheblichen Tatbestandes zwingender öffentlicher Interessen ausgehen, die der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen. Es konnte daher schon aus diesem Grund dem Antrag nicht stattgegeben werden.

Wien, am 22. November 2002

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht Zwingende öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:AW2002040044.A00

Im RIS seit

18.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten