TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/26 2002/18/0243

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Veröffentlicht am 26.11.2002
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Index

E1E;
E3L E05204020;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art3 Abs1;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art3 Abs2;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §48 Abs1;
VwGG §38a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des H, geboren 1963, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. September 2002, Zl. SD 530/02, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. September 2002 wurde gemäß § 44 iVm § 114 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 13. November 2001 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid (offensichtlich gemeint: der Bundespolizeidirektion Wien) vom 9. September 1994 erlassenen und mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Jänner 1995 bestätigten unbefristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen.

Dem Aufenthaltsverbot sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer, der bereits am 31. August 1993 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei, am 7. März 1994 durch dasselbe Gericht wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz (SGG) und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 leg. cit. zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Wie den Entscheidungsgründen dieses Urteils zu entnehmen sei, habe der Beschwerdeführer (der im Übrigen neben seiner Verurteilung wegen falscher Beweisaussage vor Gericht eine weitere Vorstrafe aufgewiesen habe, weil er bereits am 16. Dezember 1991 vom Bezirksgericht Hernals wegen des Vergehens des Glücksspiels zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sei) in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er in der Zeit von Mitte Jänner bis Anfang Februar 1994 einem anderen Mann insgesamt rund 20 Gramm Heroin verkauft habe. Zudem habe der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen Ende 1989 und Anfang Februar 1994 wiederholt Heroin erworben und besessen. Bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei auf seine familiäre Lebenssituation (Ehegattin und drei Kinder) Bedacht genommen worden.

Am 31. Jänner 1995 sei er wiederum wegen des Verdachtes des Suchtgifthandels festgenommen und in Untersuchungshaft überstellt worden. Gegenüber den Beamten habe er damals angegeben, zu wissen, dass gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestünde. Daraufhin sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Wie der Urteilsbegründung zu entnehmen sei, habe der einkommens- und beschäftigungslose Beschwerdeführer in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, und zwar in der Zeit von Anfang Jänner 1995 bis 31. Jänner 1995 ca. 45 Gramm Heroin an einen Mann und bis 3. Jänner 1995 40 Gramm Heroin an unbekannte Personen, somit Suchtgift in einer großen Menge durch Verkauf oder Überlassung auf Kommission in Verkehr gesetzt. Überdies habe sich herausgestellt, dass er bereits am 2. November 1994, somit während der Anhängigkeit seiner Berufung im Aufenthaltsverbotsverfahren, vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen (des Vergehens nach) § 16 Abs. 1 SGG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei.

Der Beschwerdeführer sei am 30. Juli 1996 aus der gerichtlichen Haft entlassen und noch am selben Tag in seine Heimat abgeschoben worden.

Der Beschwerdeführer begründe seinen Aufhebungsantrag vom 13. November 2001 damit, dass er längst das Unrecht der von ihm gesetzten Handlungen eingesehen, sich nun seit mehr als sechs Jahren wohlverhalten und keine weiteren strafbaren Handlungen mehr gesetzt hätte, weshalb eine günstige "Zukunftsprognose" im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG erstellt werden könnte. Zudem hätten seine nächsten Angehörigen, seine bei einem Reinigungsunternehmen tätige Ehegattin und seine drei Kinder, mittlerweile die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Abgesehen davon, dass durch seine Familie der Lebensunterhalt im Bundesgebiet gesichert wäre, wäre es ihm als begünstigten Drittstaatsangehörigen nunmehr sofort möglich, einer Arbeit nachzugehen.

Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass das vorliegende Aufenthaltsverbot auch auf Grund der Bestimmungen des FrG hätte erlassen werden können. In Bezug auf § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei gegenüber der früheren Rechtslage keine inhaltliche Änderung eingetreten. Der Beschwerdeführer sei wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er Heroin in einer großen Menge in Verkehr gesetzt habe. Abgesehen davon, dass der Behörde damals nicht bekannt gewesen sei, dass er zudem am 2. November 1994 wegen § 16 Abs. 1 SGG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Monaten verurteilt worden sei, könne kein Zweifel daran bestehen, dass auch die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt gewesen wäre, zumal das der bekannt gewesenen Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß gefährde.

Es sei auch nicht erkennbar, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die nach § 37 leg. cit. durchzuführende Interessenabwägung zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgegangen wäre. Die im erstinstanzlichen Bescheid angeführten, seinerzeit bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes berücksichtigten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers wären nämlich bei einer zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 37 Abs. 1 und 2 FrG durchzuführenden Zulässigkeitsprüfung nicht stärker ins Gewicht gefallen, als dies nach den inhaltsgleichen Regelungen der §§ 19 und 20 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 tatsächlich in Rechnung gestellt worden sei.

Da besondere Umstände weder vorgebracht worden noch aktenkundig seien, hätte die Erstbehörde bei fiktiver Geltung des FrG auch nicht von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 leg. cit. eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch machen können. Schließlich habe der Beschwerdeführer, sehe man von seiner Verurteilung wegen falscher Beweisaussage vor Gericht ab, bereits ab Ende 1989 bis Anfang Februar 1994 Heroin erworben und besessen, wobei er dann von Jänner bis Anfang Februar 1994 eine große Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt habe. Darüber hinaus sei er seit etwa Herbst 1991 keiner Beschäftigung mehr nachgegangen. Dazu sei noch gekommen, dass er von der Bundespolizeidirektion Wien wegen Übertretungen der StVO und des KFG zwölfmal habe bestraft werden müssen.

Auch die aufenthaltsverfestigenden Bestimmungen des FrG wären der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegengestanden. Der Beschwerdeführer, der am 2. September 1985 in seiner Heimat geheiratet habe, sei erstmals am 3. Oktober 1985 in das Bundesgebiet eingereist. Der aufenthaltsbeendenden Maßnahme seien zwei Verurteilungen zu Grunde gelegen. Die Tathandlung der falschen Beweisaussage vor Gericht habe er am 12. November 1990 in Wien vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien begangen. Was seine Verurteilung (vom 7. März 1994) nach dem SGG anlange, so habe er in Wien von Mitte Jänner bis Anfang Februar 1994 Heroin verkauft und in der Zeit zwischen Ende 1989 bis Anfang Februar 1994 wiederholt Heroin erworben und besessen. Im Hinblick darauf, dass er vor Eintritt der seiner ersten Verurteilung zu Grunde liegenden, für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände und zum Teil auch während seines Suchtgiftbesitzes noch nicht einmal acht Jahre im Bundesgebiet niedergelassen gewesen sei, komme ihm weder die Bestimmung des § 35 Abs. 2 FrG noch die des § 35 Abs. 3 leg. cit. zugute. Da er vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes noch nicht seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet gehabt habe, erfülle er auch nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 für die Verleihung der Staatsbürgerschaft, sodass auch § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG dem Aufenthaltsverbot nicht entgegenstehe.

Bei der Beurteilung nach § 44 FrG und der Gefährlichkeitsprognose sei zu beachten, dass der Beschwerdeführer nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen erlangt habe und die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes nur im Grund des § 48 Abs. 1 FrG zulässig sei. Wie bereits ausgeführt, sei der Beschwerdeführer trotz Kenntnis des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes nicht aus dem Bundesgebiet ausgereist und vielmehr erneut einschlägig straffällig geworden, indem er wieder Heroin in einer großen Menge in Verkehr gesetzt habe, weshalb er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt worden sei. Damit habe er deutlich unter Beweis gestellt, dass sein Aufenthalt nach wie vor eine beträchtliche Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK (vorliegend: der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens, der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und des Schutzes der Gesundheit) darstelle, weshalb die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 FrG vorlägen und die in § 48 Abs. 1 leg. cit. normierte Annahme weiterhin gerechtfertigt sei. Auf Grund des trotz der aufenthaltsbeendenden Maßnahme neuerlich gesetzten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers sei der bisher verstrichene Zeitraum zu kurz, um auf einen Wegfall oder eine erhebliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr schließen zu können, zumal die Haftzeit des Beschwerdeführers - er sei erst am 30. Juli 1996 aus der Haft entlassen worden - nicht als Zeit des Wohlverhaltens gelten könne.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wäre auch die Bestimmung des § 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegengestanden, weil er einerseits zum Zeitpunkt der Erlassung dieser Maßnahme noch nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen gewesen sei und andererseits die genannte Bestimmung nur solche begünstigte Personen umfasse, die ihren Hauptwohnsitz in den letzten zehn Jahren vor der Entscheidung der Behörde im Inland gehabt hätten und im Zeitpunkt dieser Entscheidung noch hätten.

Soweit der Beschwerdeführer in Bezug auf § 37 Abs. 1 und 2 FrG seine geänderte Familiensituation darstelle und geltend mache, dass seine Ehegattin und seine drei Kinder nunmehr die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hätten, sei ihm zu entgegnen, dass in Anbetracht der genannten maßgeblichen öffentlichen Interessen die mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Einschränkung in Kauf zu nehmen und keine maßgebliche Änderung seit Erlassung dieser Maßnahme eingetreten sei. Angesichts seines gravierenden Fehlverhaltens mache er keinen Umstand geltend, der seine persönlichen Interessen so gewichtig erscheinen ließe, dass diese schwerer wögen als die durch sein Fehlverhalten massiv beeinträchtigten, hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen. Vielmehr habe sich die Interessenlage auf Grund des der Erlassung des Aufenthaltsverbotes folgenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers weiter zu seinen Ungunsten verschoben.

Da er keine besonderen, zu seinen Gunsten sprechenden Umstände dargelegt habe, könne das Aufenthaltsverbot auch nicht im Rahmen des der Behörde nach § 44 FrG zukommenden Ermessens aufgehoben werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Mai 2002, Zl. 2002/18/0043, mwN) kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen. Bei der Beurteilung nach § 44 FrG ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grund des § 36 Abs. 1 FrG (weiterhin) zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich erscheint, um die vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes im Grund der §§ 37 und 38 leg. cit. zulässig ist. Darüber hinaus hat die Behörde bei dieser Entscheidung das ihr in § 36 Abs. 1 leg. cit. eingeräumte Ermessen zu üben. Allerdings kann bei der Entscheidung über die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden.

2. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend die vom Beschwerdeführer verübten Straftaten und die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Sie bringt indes vor, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes unter dem Blickwinkel des § 48 Abs. 1 FrG rechtswidrig sei, der Beschwerdeführer sich seit Begehung der seiner zuletzt erfolgten Verurteilung zu Grunde liegenden, im Jänner 1995 gesetzten Straftat, somit seit siebeneinhalb Jahren, wohlverhalten habe, was durch einen im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten türkischen Strafregisterauszug bewiesen sei, und dieses Fehlverhalten die Annahme, dass sein Aufenthalt im Inland eine beträchtliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle, nicht (mehr) begründen könne. Ferner sei im Hinblick darauf, dass seine Ehegattin und seine drei Kinder, die weiterhin in Österreich aufhältig seien, nunmehr österreichische Staatsbürger seien, eine wesentliche Änderung für die Beurteilung seiner persönlichen Bindungen eingetreten und bei Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes die Führung eines Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK nicht möglich. Wenn die belangte Behörde die öffentlichen Interessen über die privaten Interessen des Beschwerdeführers stelle, so überschreite sie das ihr eingeräumte Ermessen.

3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3.1. Dem besagten Aufenthaltsverbot liegt nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde zu Grunde, dass der Beschwerdeführer, der am 31. August 1993 wegen einer am 12. November 1990 begangenen falschen Beweisaussage vor Gericht verurteilt und bestraft worden war, in der Zeit zwischen Ende 1989 und Anfang Februar 1994 wiederholt Heroin erworben und besessen und in der Zeit von Mitte Jänner bis Anfang Februar 1994 einem anderen 20 Gramm Heroin, somit eine große Menge Suchtgift, verkauft hatte, weshalb er vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 7. März 1994 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 leg. cit. zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wurde.

Zu diesem zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden Fehlverhalten ist hinzugekommen, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von Anfang Jänner 1995 bis 31. Jänner 1995, also nach Verlängerung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme, neuerlich Suchtgift (Heroin) in einer großen Menge durch Verkauf bzw. Überlassung auf Kommission in Verkehr gesetzt hat, womit sich der Erfahrungssatz, dass der Suchtgiftkriminalität eine große Wiederholungsgefahr innewohnt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2001, Zl. 2000/18/0005, mwN), gerade im Fall des Beschwerdeführers nachdrücklich bestätigt hat. Entgegen der Beschwerdeansicht ist der seit der Begehung dieser Straftaten verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um einen Wegfall oder doch eine wesentliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit annehmen zu können, zumal sich der Beschwerdeführer bis zum 30. Juli 1996 in Strafhaft befand und die in Haft verbrachte Zeit für die Frage eines allfälligen Wohlverhaltens nicht zu berücksichtigen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0146, mwN).

In Anbetracht der vom Beschwerdeführer im Jänner 1995 verübten neuerlichen Straftaten begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes unter dem Blickwinkel des § 48 Abs. 1 erster Satz FrG - entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde (auch) diese Gesetzesbestimmung, mit der die Richtlinie des Rates vom 25. Februar 1964, 64/221/EWG, in Ansehung ihres Art. 3 Abs. 1 und 2 in der österreichischen Rechtsordnung umgesetzt wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 2000/18/0008), herangezogen - iVm § 36 Abs. 1 Z. 1 (und Abs. 2 Z. 1) FrG weiterhin gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

3.2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG hat die belangte Behörde berücksichtigt, dass nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer, der erstmals am 3. Oktober 1985 in das Bundesgebiet eingereist war, seiner weiterhin hier lebenden Ehegattin und ebenso seinen drei Kindern die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde. Den auf Grund des inländischen Aufenthalts seiner Ehegattin und seiner Kinder gewichtigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes steht die aus seinem wiederholten Suchtgifthandel resultierende besonders schwer wiegende Beeinträchtigung maßgeblicher öffentlicher Interessen gegenüber, die, auch wenn seit Begehung der Straftaten ein Zeitraum von mehreren Jahren verstrichen ist, keine wesentliche Minderung erfahren hat.

Im Hinblick darauf kann die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (öffentliche Ruhe und Ordnung, Wahrung eines geordneten Fremdenwesens, Verhinderung von strafbaren Handlungen und Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die durch sein Fehlverhalten massiv beeinträchtigten, hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerde ins Treffen geführten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an seine Ehegattin und seine Kinder, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Weiters kann der von der Beschwerde behauptete Umstand, dass der Beschwerdeführer nach Aufhebung des Aufenthaltsverbotes als Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin sofort im Bundesgebiet einer Beschäftigung nachgehen könnte, seine persönlichen Interessen nicht bzw. nicht maßgeblich verstärken.

Soweit die Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis bringen und ihm Gelegenheit zu einer Stellungnahme geben müssen, wodurch es ihm möglich gewesen wäre, seinen nachhaltigen familiären und sozialen Bindungen darzulegen, zeigt sie schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel auf, weil sie nicht dartut, welches Vorbringen der Beschwerdeführer erstattet hätte.

3.3. Vor dem Hintergrund der obigen Erwägungen, insbesondere in Anbetracht der nach wie vor bestehenden Gefährlichkeit des Beschwerdeführers, kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass die belangte Behörde in Handhabung des ihr nach § 44 FrG zukommenden Ermessens (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2002/18/0043, mwN) das Aufenthaltsverbot hätte aufheben müssen.

4. Auch mit dem weiteren Vorbringen, dass der Beschwerdeführer seit 2. September 1985 verheiratet sei, er sich von 1985 bis zu seiner Abschiebung in seine Heimat am 30. Juli 1996 ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten habe und die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG erfüllt seien, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Schon im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer, der am 30. Juli 1996 seinen inländischen Aufenthalt beendet hatte, im zeitlichen Geltungsbereich des § 48 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. die in dieser Gesetzesbestimmung normierte Voraussetzung des ununterbrochenen zehnjährigen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet nicht erfüllte, geht der Beschwerdehinweis, die belangte Behörde hätte im Rahmen der Beurteilung gemäß § 44 FrG auf die vorzitierte Gesetzesbestimmung Bedacht nehmen und deshalb das Aufenthaltsverbot aufheben müssen, ins Leere.

Darüber hinaus ist das besagte Beschwerdevorbringen auch unter dem Blickwinkel des § 114 Abs. 3 FrG nicht zielführend. Nach den insoweit von der Beschwerde nicht in Abrede gestellten Ausführungen im angefochtenen Bescheid war der Beschwerdeführer bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes noch nicht begünstigter Drittstaatsangehöriger, weil seine Ehegattin noch nicht österreichische Staatsbürgerin war. Im Hinblick darauf wäre eine Anwendung des § 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG bei fiktiver Geltung im Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht in Frage gekommen.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. November 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002180243.X00

Im RIS seit

25.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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