TE Vwgh Erkenntnis 2002/11/26 98/18/0261

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Veröffentlicht am 26.11.2002
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des I, geboren 1958, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Kaigasse 20, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 25. Juni 1998, Zl. Fr-5843/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. Die Bundespolizeidirektion Salzburg hat mit Bescheid vom 28. Oktober 1997 gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 iVm §§ 19 und 20 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1998 wurde der gegen das verhängte Aufenthaltsverbot gerichteten Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, keine Folge gegeben und der Erstbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Aufenthaltsverbot mit fünf Jahren befristet wurde.

Der Beschwerdeführer halte sich mit seiner Gattin seit 1990 in Österreich auf. Bis zum 10. August 1996 sei er im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gewesen. Ein rechtzeitig eingereichter Verlängerungsantrag sei abgewiesen worden. Seither befinde sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet. Er sei ohne größere Unterbrechungen fast durchgehend beschäftigt gewesen. Seine häufige kurzfristige Beschäftigungslosigkeit beruhe auf dem Umstand, dass sein Arbeitgeber in den Wintermonaten den Betrieb einstelle.

Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 6. Juni 1994 gemäß § 107 Abs. 1 und 2 StGB und § 36 Abs. 1 Z. 1 Waffengesetz zu einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Mit einem weiteren Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 7. Februar 1996 sei der Beschwerdeführer wiederum gemäß § 107 Abs. 1 und 2 StGB und § 36 Abs. 1 Z. 1, 4 und 5 Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. In den Jahren 1995 und 1996 sei der Beschwerdeführer wegen Lenkens eines Fahrzeuges ohne Lenkerberechtigung sowie zweimal wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand bestraft worden.

Auf Grund der gerichtlichen Verurteilungen und der Verwaltungsübertretungen lägen die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG, aber auch die des § 18 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz aus 1992 (gemeint: § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG) vor. Der Beobachtungszeitraum seit Juli 1996 sei zu kurz, um von einer gravierenden Besserung sprechen zu können. Den die Ein- und Ausreise bzw. den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen komme im Interesse der öffentlichen Sicherheit ein hoher Stellenwert zu, weshalb bereits aus diesem Grund die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 FrG (gemeint offenbar im Hinblick auf den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet) gerechtfertigt gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer sei auf Grund seines langjährigen Aufenthalts in Österreich und des Zusammenlebens mit seiner Ehefrau sehr stark (sowohl beruflich als auch privat) integriert. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei jedoch als Präventionsmaßnahme gegen weitere Rechtsbrüche unbedingt geboten. Die Gültigkeitsdauer des gegen den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes sei herabgesetzt worden, da die belangte Behörde sein gesetzeskonformes Verhalten seit dem Jahr 1996 berücksichtigt habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die im Grund des § 36 Abs. 1 FrG getroffene Annahme der belangten Behörde, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei erforderlich, um eine vom Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ausgehende erhebliche Gefahr abzuwenden. Der Beschwerdeführer sei sich seiner Verstöße durchaus bewusst und bestrebt, "seinen Aufenthalt durch jedwedes Vergehen nicht mehr zu gefährden". Vor allem im Hinblick auf seine Beschäftigung als Isolierer sei er bemüht, sich auch nach Ablauf der Probezeit wohl zu verhalten. Er sein kein Alkoholiker, habe sich jedoch - ohne über die Konsequenzen nachzudenken - zweimal dazu hinreißen lassen, alkoholisiert mit seinem Fahrzeug nach Hause zu fahren. Da er sein Fahrzeug auch für seine Arbeit benötige, habe er seine verkehrsgefährdende Einstellung gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern abgelegt und sich seither wohlverhalten.

2. Diese Überlegungen geben keinen Anlass, der Gefährlichkeitsprognose der belangten Behörde entgegen zu treten.

2.1. Nach der im Verwaltungsakt erliegenden gekürzten Urteilsausfertigung des Landesgerichtes Salzburg vom 6. Juni 1994 hat der Beschwerdeführer am 24. August 1993 den Mevludin O. dadurch, dass er mit einer Faustfeuerwaffe auf ihn zielte, mit dem Tod gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen und - wenn auch nur fahrlässig - eine Pistole Kaliber 9 mm, mithin eine Faustfeuerwaffe, unbefugt besessen. Der Beschwerdeführer wurde deshalb nach den (oben I.1.2.) erwähnten Gesetzesstellen zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten rechtskräftig verurteilt. Aus einem Urteil dieses Gerichtes vom 7. Februar 1996 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am 26. November 1995 - also etwas mehr als zwei Jahre nach der ersten einschlägigen strafbaren Handlung - gegen 1.45 Uhr in alkoholisiertem Zustand mit seinem PKW auf einem Parkplatz dem Zoran Z. den Weg verstellte und diesen mit seinem Fernlicht blendete. Z. betätigte kurz die Lichthupe seines Fahrzeugs, worauf der Beschwerdeführer kurz ab- und wieder aufblendete. Z. setzte daraufhin sein Fahrzeug ungefähr 100 m zurück. Dabei folgte ihm der Beschwerdeführer. Nachdem Z. angehalten hatte, stieg der Beschwerdeführer aus und beschimpfte den Z., zog aus seinem Gürtel einen Revolver, zielte damit aus zwei Metern Entfernung auf den Kopf des Z. und sagte: "Was willst du?" Z. wurde durch diese Drohung dermaßen in Furcht versetzt, dass er für einen Dritten wahrnehmbar zitterte. Diese Bedrohung mit der geladenen Waffe dauerte insgesamt ein bis zwei Minuten. Dann gab der Beschwerdeführer mit den Worten "schleicht's euch" den Weg frei.

Der Beschwerdeführer hat damit den Zoran Z. mit dem Umbringen gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, sowie eine Faustfeuerwaffe geführt und diese Faustfeuerwaffe bis zu diesem Zeitpunkt unbefugt besessen. Er hat ferner zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Sommer/Herbst 1995 Kriegsmaterial, und zwar eine Maschinenpistole, besessen und dem N.M., zu deren Besitz dieser nicht berechtigt war, überlassen.

Der Beschwerdeführer wurde deswegen gemäß § 107 Abs. 1 und 2 StGB und § 36 Abs. 1 Z. 1, 4 und 5 WaffenG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.

Ebenfalls am 26. November 1995 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO mit einer Geldstrafe von S 9.000,-- bestraft und ihm die Lenkerberechtigung für vier Wochen entzogen. Am 14. Juli 1996 kam es neuerlich zu einer Übertretung des § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO, weswegen der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe von S 13.000,-- bestraft wurde; außerdem wurde ihm die Lenkerberechtigung für zehn Wochen entzogen. Am 4. September 1996 wurde der Beschwerdeführer schließlich gemäß § 64 Abs. 1 KFG (Lenken eines KfZ ohne Lenkerberechtigung) angezeigt und diesbezüglich mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- bestraft.

2.2. Die vom Beschwerdeführer mit Blick auf die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme als Argument für sein künftiges Wohlverhalten ins Treffen geführte "Beschäftigung als Isolierer" bzw. der Umstand, dass er sein Kraftfahrzeug auch beruflich verwende, bieten keine Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer in Zukunft kein strafbares Verhalten mehr setzen werde, zumal er nach den Feststellungen der belangten Behörde auch schon zu den Zeiten seines früheren Fehlverhaltens beschäftigt gewesen ist. Die gerichtlich geahndeten strafbaren Handlungen und die Verwaltungsübertretungen liegen auch noch nicht so lange zurück, dass von einem Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr ausgegangen werden könnte.

2.3. Angesichts der wiederholt begangenen, gegen die Freiheit und Sicherheit gerichteten Straftaten, durch die insbesondere das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Gewaltkriminalität (vgl. das - u.a. ebenfalls gefährliche Drohungen betreffende - hg. Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2001/18/0182) und an der Verhinderung der von alkoholisierten Kfz-Lenkern ausgehenden Gefährdungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 99/18/0258, mwN) gravierend beeinträchtigt wurde, hegt der Verwaltungsgerichtshof - entgegen der Beschwerde - keine Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

3.1. Gegen die von der belangten Behörde im Grund des § 37 FrG getroffene Beurteilung bringt der Beschwerdeführer vor, dass er und seine Gattin nunmehr seit acht Jahren ununterbrochen in Österreich lebten und beide in all diesen Jahren immer einer ordentlichen Beschäftigung nachgegangen seien. Der Beschwerdeführer sei zwar noch kinderlos, jedoch seit 1980, somit 17 Jahre lang, verheiratet. Es bestehe eine sehr enge persönliche Bindung zu der in Österreich lebenden Ehefrau. Durch das fünfjährige Aufenthaltsverbot werde das Ehepaar seiner in Österreich aufgebauten Existenz beraubt. Dem Beschwerdeführer und seiner Gattin sei nicht zuzumuten, in das zerstörte Haus in Bosnien zurückzukehren. Die belangte Behörde hätte daher zum Ergebnis gelangen müssen, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

3.2. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die belangte Behörde hat berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes in Österreich in der Dauer von etwa acht Jahren und der Bindung zu seiner Gattin sowie auf Grund seiner Beschäftigung in Österreich sowohl privat als auch beruflich integriert sei. Diese Integration wird jedoch in ihrer sozialen Komponente durch das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers deutlich beeinträchtigt. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers steht die durch sein wiederholtes Fehlverhalten bewirkte erhebliche Gefährdung der öffentlichen Interessen (vgl. oben 2.3.) gegenüber. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte anderer) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG) begegnet daher keinen Bedenken. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er könne nicht in sein zerstörtes Haus in Bosnien zurückkehren, ist entgegenzuhalten, dass § 37 FrG nicht die Führung eines Privat- oder Familienlebens außerhalb Österreichs gewährleistet und daher auf Fragen der Unterkunftsbeschaffung außerhalb Österreichs keine Rücksicht genommen werden kann.

4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. November 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:1998180261.X00

Im RIS seit

05.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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