TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/13 2000/21/0013

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Veröffentlicht am 13.12.2002
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19;
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1997/II/215;
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1998/I/085 §1 Abs1;
Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1998/I/085 §2 Abs1 Satz2;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §35 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des ND in S, geboren am 4. September 1969, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 2. Dezember 1999, Zl. Fr 3636/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen bulgarischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:

Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht St. Pölten am 15. Mai 1999 wegen § 233 Abs. 1 Z. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, davon neun Monate bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt worden. Er habe druckgefälschte 100-DM-Noten durch Umwechseln in Verkehr gebracht, nämlich am 2. April 1999 bei einer Bank und am 3. April 1999 bei insgesamt drei Tankstellen. Als Milderungsgründe seien vom Gericht sein volles Geständnis und der bisherige ordentliche Lebenswandel anerkannt worden, als erschwerend die Wiederholung der Taten. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Dies habe er durch mehrmaliges Setzen von Gerichtsdelikten unter Beweis gestellt. Sein Verhalten lasse den Schluss zu, dass seine Anwesenheit in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit und vor allem das Vermögen anderer Personen gefährde. Durch die Wiederholung der Taten habe er einen eindeutigen Hang zu kriminellen Handlungen gezeigt. Die vom Gericht vorgenommene teilbedingte Strafnachsicht vermöge am öffentlichen Interesse an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nichts zu ändern, zumal der Beschwerdeführer "als Wiederholungstäter ein Gefährdungspotential im Hinblick auf das Rechtsgut Vermögen anderer Personen" darstelle. Aus § 35 Abs. 2 FrG gehe hervor, dass bei gerichtlichen Straftätern auch nach langjährigem rechtmäßigen Aufenthalt eine Ausweisung bzw. (iVm § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG) ein Aufenthaltsverbot möglich sei. Dieses könne nach § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG iVm § 39 leg. cit. sogar unbefristet sein. Dieses In-Umlauf-Bringen von nachgemachtem oder verfälschtem Geld beeinträchtige einen größeren Personenkreis in seinem Vermögen und es stelle diese Handlungsweise keine Bagatellhandlung dar. Es könne somit die Ermessensbestimmung nach § 36 Abs. 1 FrG nicht zu seinen Gunsten angewendet werden. Vielmehr sei damit zu rechnen, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft wieder strafrechtlich relevantes Verhalten setzen werde.

Durch das Aufenthaltsverbot werde in sein Familien- und Privatleben eingegriffen. Seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder seien am 14. Mai 1999 nach Bulgarien zurückgekehrt und es stünde die Scheidung unmittelbar bevor. Er lebe in Österreich mit einer namentlich genannten Frau in Lebensgemeinschaft und gehe einer Erwerbstätigkeit nach. Das Interesse an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sei jedoch höher zu gewichten als die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. Der Beschwerdeführer sei mit seiner Familie am 16. April 1991 illegal eingereist und habe anschließend einen Asylantrag gestellt. Es sei ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zuerkannt worden. Nach Zurückziehung seines Asylantrages habe er am 12. März 1993 einen gewöhnlichen Sichtvermerk erhalten und in der Folge jeweils verlängerte Aufenthaltsbewilligungen. Gemäß § 35 Abs. 2 FrG dürften Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen gewesen seien, nur mehr ausgewiesen werden (bzw. iVm § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG ein Aufenthaltsverbot erhalten), wenn sie von einem inländischen Gericht wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden seien und ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde. Die Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts sei erstmalig am 2. April 1999 erfolgt und der Beschwerdeführer sei somit nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er wegen der genannten strafbaren Handlungen zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde und somit den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt hat. Er wendet sich aber gegen die behördliche Ansicht, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). Da die Weitergabe von Falschgeld zweifellos die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Landes gefährdet und überdies das Vermögen anderer Personen beeinträchtigen kann, ist die genannte Annahme der belangten Behörde nicht zu beanstanden. Unbestritten wurde als Erschwerungsgrund herangezogen, dass der Beschwerdeführer mehrere strafbare Handlungen derselben Art begangen hat (§ 33 Z. 1 StGB). In diesem Sinn ist er ein "Wiederholungstäter"; entgegen der Beschwerdeansicht hat die belangte Behörde keineswegs den Erschwerungsgrund des § 33 Z. 2 StGB (neuerliche Verurteilung wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat) angesprochen.

Entgegen der Beschwerdeansicht kann dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsverfestigungstatbestand des § 35 FrG iVm § 38 Abs. 1 Z. 2 FrG zu Gute gehalten werden. Der in Betracht kommende Aufenthaltsverfestigungstatbestand des § 35 Abs. 2 StGB ist dann erfüllt, wenn der Fremde vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassen war. Abgesehen davon, dass auch in einem solchen Fall ein Aufenthaltsverbot zulässig ist, wenn der Fremde wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurde und sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet, entspricht der Beschwerdeführer nicht der erstgenannten Voraussetzung. Er hielt sich nämlich bis zur Ausstellung eines gewöhnlichen Sichtvermerks am 12. März 1993 unbestritten lediglich mit einer auf Grund seines Asylantrags erteilten vorläufigen Aufenthaltsberechtigung in Österreich auf. Wie auch eine gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz und der dazu ergangenen Verordnungen über das Aufenthaltsrecht von bosnischen Kriegsflüchtlingen erteilte vorübergehende Aufenthaltsberechtigung nicht den Tatbestand der rechtmäßigen Niederlassung auf Dauer erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 2002/18/0034), so trifft dies in gleichem Maß auf eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu, die auf Grund eines Asylantrages zuerkannt wurde. Entgegen der Beschwerdeansicht trat im Übrigen der maßgebliche Sachverhalt im Sinn dieser Bestimmung nicht erst bei Verurteilung, sondern bei Verübung der strafbaren Handlung ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 2001/21/0039). Demnach kann der Beschwerdeführer nicht einmal annähernd die in § 35 Abs. 2 FrG normierte achtjährige Frist vorweisen.

Auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 FrG vorgenommenen Beurteilung kann nicht als rechtswidrig gesehen werden. Der Beschwerdeführer hält sich zwar schon seit 1991 in Österreich auf. Wenn er auch hier eine Lebensgefährtin hat und über eine Beschäftigung verfügt, so überwiegen seine daraus abgeleiteten persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich doch nicht das beträchtliche öffentliche Interesse an der Verhinderung des Umlaufs von Falschgeld. Wie bereits erwähnt hat der Beschwerdeführer in wiederholten Handlungen Falschgeld in Verkehr gebracht. Die belangte Behörde durfte das Fehlverhalten des Beschwerdeführers eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts und unabhängig von den Erwägungen des Gerichts betreffend die Strafbemessung bzw. die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, Zl. 99/21/0129), zumal den Tatbeständen des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG die gesetzgeberische Wertung zu entnehmen ist, dass die bedingte Strafnachsicht einem Aufenthaltsverbot nicht entgegensteht. Der seit der Begehung der strafbaren Handlungen verstrichene Zeitraum ist zweifellos zu kurz, um eine Minderung des öffentlichen Interesses an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes annehmen zu können. Keineswegs legte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Last, es handle sich bei ihm um einen "Kriminaltouristen".

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtsverletzung nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 13. Dezember 2002

Schlagworte

Auslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000210013.X00

Im RIS seit

01.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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