TE Vwgh Erkenntnis 2002/12/19 2001/16/0514

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Veröffentlicht am 19.12.2002
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Index

19/05 Menschenrechte;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs1;
GGG 1984 §18 Abs3;
GGG 1984 §31 Abs1;
GGG 1984 TP1 Anm1;
MRK Art6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. August 2001, Zl. Jv 2312 - 33a/01, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer brachte mit Schriftsatz vom 21. März 2001 beim Bezirksgericht Josefstadt Klage wegen Zuhaltung eines Mietvertrages (Streitwert S 271.116,--) ein. Im Rubrum des Schriftsatzes war für den Gebühreneinzug eine näher bezeichnete PSK-Nummer angeführt.

Mit Zahlungsauftrag vom 2. April 2001 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG von S 7.579,-- sowie den Gebührenmehrbetrag von S 3.789,50 und die Einhebungsgebühr von S 100,--, insgesamt somit S 11.468,50 zu entrichten.

Mit Schriftsatz vom 11. April 2001 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Berichtigung und Ermäßigung der gegenständlichen Pauschalgebühr auf S 990,-- und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der fristgerechten Bekanntgabe der zutreffenden PSK-Kontonummer für den Gebühreneinzug und ersatzlose Aufhebung des Zahlungsauftrages hinsichtlich des Gebührenmehrbetrages (Beschwerdeverfahren Zl. 2001/16/0470).

In der Begründung des Berichtigungsantrages brachte der Beschwerdeführer vor, auf dem Klageschriftsatz sei der übliche Vermerk über den Gebühreneinzug angebracht und auf Grund eines Schreibfehlers eine andere PSK-Kontonummer angegeben gewesen. Das aufgetretene Versehen hätte binnen weniger Minuten im Falle eines Rückrufes in der Kanzlei des Klagevertreters aufgeklärt werden können. Zwischenzeitig sei die Klage bis auf einen Restbetrag von S 28.000,-- samt 4 % Zinsen zurückgezogen worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. August 2001 gab der Präsident des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien dem Berichtigungsantrag keine Folge. Dies mit der Begründung, es sei zunächst festzustellen, dass der Wiedereinsetzungsantrag gegen den Bescheid des Kostenbeamten zurückgewiesen und der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben worden sei. Das Scheitern des Abbuchungs- und Einziehungsauftrages sei nicht im Bereich des Gerichtes gelegen. Der Kostenbeamte sei verpflichtet gewesen, einen Zahlungsauftrag sowohl über die Pauschalgebühr als auch über einen Mehrbetrag zu erlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht "auf Ermäßigung der Pauschalgebühr auf ein Viertel gemäß Anmerkung 3 zu Tarifpost 1 zu § 32 Gerichtsgebührengesetz sowie in seinem Recht auf Rückzahlung nicht geschuldeter Gebühren gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 Gerichtsgebührengesetz sowie den weiteren sich aus dem Zusammenhang dieser Beschwerde ergebenden Rechten verletzt".

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Äußerung zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid hatte die belangte Behörde über den Berichtigungsantrag zu entscheiden. Ein Antrag auf Rückzahlung nicht geschuldeter Gebühren wurde im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht gestellt und die belangte Behörde hatte daher über einen solchen Antrag nicht zu entscheiden. Der Beschwerdeführer kann daher in seinem Recht auf Rückzahlung nicht geschuldeter Gebühren gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) nicht verletzt sein.

Gemäß TP 1 Anmerkung 1 GGG unterliegen der Pauschalgebühr nach TP 1 alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen, Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Erkenntnisse der Börsen-Schiedsgerichte, Bestandverfahren und Verfahren über Beweissicherungsanträge. Die Pauschalgebühr ist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird.

Gemäß Anmerkung 3 zu TP 1 GGG ermäßigt sich die Pauschalgebühr auf ein Viertel, wenn die Klage oder ein in den Anmerkungen 1 oder 2 zu TP 1 angeführter Antrag vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen wird.

Gemäß § 4 Abs. 4 GGG können Gebühren auch durch Abbuchung und Einziehung entrichtet werden, wenn die kontoführende Stelle (Kreditinstitut, Postsparkasse) zur Abbuchung der Gebühren auf das dafür bestimmte Justizkonto ermächtigt ist und die Eingabe einen Hinweis auf die erteilte Abbuchungsermächtigung, die Angabe des Kontos, von dem die Gebühren einzuziehen sind und allenfalls den höchstens abzubuchenden Betrag enthält.

Macht ein Zahlungspflichtiger von der Gebührenentrichtung durch Abbuchung und Einziehung durch § 4 Abs. 4 GGG Gebrauch und ist die Einziehung erfolglos geblieben, so ist gemäß § 14 Abs. 2 GEG von der vorherigen Erlassung einer Zahlungsaufforderung abzusehen.

Gemäß § 5 erster Satz der Abbuchungs- und Einziehungs-Verordnung hat der Gebührenschuldner in der Eingabe das Konto, von dem die Gerichtsgebühren einzuziehen sind, oder den Anschriftcode, unter dem ein Konto zur Einziehung der Gerichtsgebühren gespeichert ist, anzugeben.

Liegt die Ursache der unterbliebenen oder unvollständigen Gebührenentrichtung durch Abbuchung und Einziehung im Bereich des Gerichts, etwa in einem Versehen des Kostenbeamten, so hat gemäß § 13 Abs. 1 der genannten Verordnung dieser nochmals einen Gebühreneinzug zu veranlassen. In den übrigen Fällen unterbliebener oder unvollständiger Gebührenentrichtung hat der Kostenbeamte des Gerichts unter Bedachtnahme auf § 31 GGG einen Zahlungsauftrag zu erlassen.

Wird ein Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet und ist die Gebühr nicht oder nicht vollständig beigebracht worden oder die Einziehung erfolglos geblieben, so ist von den zur Zahlung verpflichteten Personen gemäß § 31 Abs. 1 GGG neben der fehlenden Gebühr ein Mehrbetrag von 50 % des ausstehenden Betrages zu erheben; der Mehrbetrag darf jedoch 290 EUR nicht übersteigen.

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 21. März 2001 eine Klage beim Bezirksgericht Josefstadt eingebracht, für die die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG zu entrichten war. Im Rubrum der Klageschrift war eine unrichtige Kontonummer angeführt, sodass die Gebührenentrichtung durch Gebühreneinzug des Gerichtes, aus Gründen, die nicht im Bereich des Gerichtes gelegen waren, nicht erfolgen konnte. Der Kostenbeamte hatte daher nach den genannten Bestimmungen zwingend einen Zahlungsauftrag zu erlassen und dabei den Gebührenmehrbetrag vorzuschreiben.

Mit Schriftsatz vom 4. April 2001 zog der Beschwerdeführer die Klage mit Ausnahme eines Betrages von S 28.000,-- samt 4 % Zinsen ab 25. November 2000 ohne Verzicht auf seinen Anspruch zurück. Im Protokoll über die öffentliche mündliche Verhandlung vom 27. April 2001wurde festgehalten, dass das Klagebegehren auf Grund eines Rechenfehlers tatsächlich auf S 28.800,-- samt 4 % Zinsen ab 25. November 2000 eingeschränkt werde. Das gerichtsanhängige Verfahren endete mit einem Vergleich in der Tagsatzung am 11. Juli 2001.

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich.

Gemäß § 18 Abs. 3 GGG tritt eine Änderung des Streitwertes für die Pauschalgebühr nicht ein, wenn das Klagebegehren zurückgezogen oder eingeschränkt wird oder wenn ein Teil- oder Zwischenurteil gefällt wird.

Auf Grund der Klagseinschränkung änderte sich gemäß § 18 GGG die Bemessungsgrundlage für die Pauschalgebühr nicht und die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Pauschalgebühr gemäß Anmerkung 3 der TP 1 GGG war nicht gegeben, weil die Klage nicht zurückgezogen wurde. Mit dem Schriftsatz vom 4. April 2001 erfolgte nämlich keine Rückziehung, sondern nur eine Einschränkung der Klage, die keine Gebührenreduktion bewirkt (vgl. Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, E 22 zu Anm. 3 TP 1 GGG).

Der Beschwerdeführer vertritt in der Äußerung zur Gegenschrift die Ansicht der Charakter der "Gebührenerhöhung, sowie der Zweck der Sanktionen" reichten "aus, um das Verfahren gegen den Beschwerdeführer als strafrechtliche Anklage im Sinne des Art. 6 EMRK zu qualifizieren", und behauptet die Zuständigkeit des Präsidenten des LG für ZRS Wien als Justizverwaltungsbehörde verstoße gegen Art. 6 EMRK. Er verweist auf das Urteil des EGMR vom 23. Juli 2002 in der Sache Janosevic gegen Schweden. Dabei übersieht der Beschwerdeführer allerdings, dass es sich bei der Vorschreibung des Mehrbetrages nach § 31 Abs. 1 GGG inhaltlich um keine Strafsache handelt und der vom EGMR in der Sache Janosevic gegen Schweden entschiedene Fall mit dem Beschwerdefall nicht vergleichbar ist. Der im Beschwerdefall vorgeschriebene Mehrbetrag ist nach oben hin mit dem Betrag von EUR 290,-- begrenzt und die Erhebung des Mehrbetrages hat das Ziel, den durch einen Fehler anlässlich der Einbringung eines Klageschriftsatzes verursachten Mehraufwand abzudecken. Es sind demnach die vom EGMR aufgestellten Kriterien für den Begriff der strafrechtlichen Anklage im Sinn von Art. 6 EMRK, der entscheidend auf die rechtliche Beurteilung des Vergehens im innerstaatlichen Recht, die Art des Vergehens sowie die Art und Schwere der angedrohten Strafe abstellt, nicht verwirklicht, um im Beschwerdefall die Vorschreibung des Mehrbetrages als strafrechtliche Anklage im Sinn von Art. 6 EMRK zu qualifizieren. Der behauptete Verstoß liegt somit nicht vor.

Mit ihrem Vorbringen in der Beschwerde zeigte der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung konnte im Hinblick auf die einfache und durch die bisherige Rechtsprechung klargestellte Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. Dezember 2002

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2001160514.X00

Im RIS seit

30.04.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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