TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/14 97/14/0042

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Veröffentlicht am 14.01.2003
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §114;
BAO §115 Abs1;
BAO §22 Abs2;
BAO §22;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/14/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerden der 1. eine GesBR bildenden I M, der E M und der E Gesellschaft mbH sowie der 2. F Gesellschaft mbH, beide in R, beide vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 4, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 19. Februar 1997, 8/8/9-BK/Km-1996 und 8/9/3-BK/Km-1995, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen. I M, E M und die E Gesellschaft mbH haben dem Bund Aufwendungen von insgesamt 332 EUR, die F Gesellschaft mbH hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der den Handel mit und die Vermietung von Kraftfahrzeugen in Form einer GesBR betreibenden Erstbeschwerdeführerin sind Irmgard M zu 50 %, Eva M zu 25 % und die E-GmbH zu 25 % beteiligt. An der insbesondere die Erzeugung von und den Handel mit Mineralölen, chemischen Produkten, Fetten, technischen Ölen und Schmiermitteln sowie den Handel mit Waren aller Art in Form einer GmbH betreibenden Zweitbeschwerdeführerin sind die E-GmbH & Co KG zu 90 % und Eva M zu 10 % beteiligt. An der E-GmbH & Co KG sind die E-GmbH zu 50 %, Eva M zu 26 % und Dr. August P zu 24 % beteiligt. An der E-GmbH sind Eva M zu 96 % und Dr. August P zu 4 % beteiligt. Alle eben erwähnten Gesellschaften haben ihren Sitz am selben Ort. Die in Deutschland befindliche, im November 1991 gegründete, den Handel mit Mineralölen, chemischen Produkten, Fetten, technischen Ölen und Schmiermitteln sowie den Handel mit Waren aller Art betreibende E-GmbH (in der Folge: deutsche E-GmbH) ist eine 100 %ige Tochter der E-GmbH. Ungeachtet der Rechtsform, den Eintragungen in öffentliche Bücher und den Beteiligungen ist Dr. August P der tatsächliche Machthaber aller eben genannter Unternehmen. Die dargestellten Verhältnisse haben in den Jahren 1991 und 1992 bestanden.

Auf Grund von Ermittlungen, die unter Hinweis auf bestehende Rechtshilfeabkommen zum Teil von deutschen Abgabenbehörden vorgenommen wurden, ging die belangte Behörde von folgendem, im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus:

Am 29. Dezember 1991 erwarb die Erstbeschwerdeführerin von der inländischen, den Handel mit Kraftfahrzeugen betreibenden EC-GmbH 56  bisher nur wenig gebrauchte (bisherige Fahrleistung zwischen 2.000 km und 15.000 km) PKW der Type Mercedes-Benz (in der Folge nur: Mercedes), wofür der Erstbeschwerdeführerin 32 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wurde. In Ansehung dieses Geschäftes schlossen die Erstbeschwerdeführerin und die EC-GmbH eine (der belangten Behörde erst anlässlich der mündlichen Verhandlung über die Berufung offen gelegte) "Stille Nebenvereinbarung" ab, in der unter anderem festgehalten wurde, die 56 Mercedes würden ex- und sogleich wieder importiert werden. Die dabei anfallenden Spesen würden durch Aufschläge von je 1 % bei der Erstbeschwerdeführerin und der deutschen E-GmbH abgegolten. Die EC-GmbH verpflichte sich, die 56 Mercedes bis zum 28. Februar 1992 zu verkaufen. Der Differenzbetrag zwischen den von der EC-GmbH erzielten Verkaufspreis und den von der Zweitbeschwerdeführerin aufgewendeten Einkaufspreis für die 56 Mercedes werde zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der EC-GmbH bzw der EC-GmbH geteilt. Sollte aus irgendwelchen Gründen (zB durch Nachberechnung der Umsatzsteuer) der Erstbeschwerdeführerin ein Schaden entstehen, werde dieser durch die EC-GmbH getragen. Die 56 Mercedes wurden einem Antrag der Erstbeschwerdeführerin entsprechend am 30. Dezember 1991 zum Verkehr in Österreich an- und am selben Tag wieder abgemeldet. Am 3. Jänner 1992 verkaufte die Erstbeschwerdeführerin die 56 Mercedes mit einem Aufschlag von 1 % an die deutsche E-GmbH und führte diese am 7. Jänner 1992 nach Deutschland aus. Die deutsche E-GmbH verkaufte die 56 Mercedes am selben Tag mit einem weiteren Aufschlag von 1 % an die Zweitbeschwerdeführerin und führte diese zum großen Teil noch am selben Tag bzw einen Tag später wieder nach Österreich ein. Da von vornherein fest stand, dass die von der Erstbeschwerdeführerin an die deutsche E-GmbH gelieferten 56 Mercedes zu einem bereits vereinbarten Preis sofort an die Zweitbeschwerdeführerin geliefert werden sollten, gab es weder Kaufverträge noch Vereinbarungen über Zahlungsvorgänge. Es wurden bloß Verrechnungskonten be- und entlastet. Sämtliche Transportkosten wurden von der Zweitbeschwerdeführerin, die auch alle Dispositionen mit den Frachtführern getroffen hatte, bezahlt. In der Folge wurden die 56 Mercedes an inländische Abnehmer verkauft, wobei 20 % Umsatzsteuer, jedoch keine Normverbrauchsabgabe in Rechnung gestellt wurde.

Im Jänner 1992 wurde das eben dargestellte Geschäft mit 8 Mercedes, ohne diese zum Verkehr in Österreich an- und abzumelden, wiederholt. In Ansehung dieses Geschäftes wurde keine "Stille Nebenvereinbarung" abgeschlossen.

Die deutsche E-GmbH, die primär die Produkte der Zweitbeschwerdeführerin vertreiben sollte, weswegen sie versuchte, mit der Mercedes-Benz AG oder mit deren deutschen Gebietsvertretern (in der Folge nur: Gebietsvertreter) Kompensationsgeschäfte abzuschließen (Kauf von Mercedes gegen Lieferung von Produkten der Zweitbeschwerdeführerin), erwarb von den Gebietsvertretern 148 Mercedes, wobei sich zwei Gebietsvertreter verpflichteten, in den Jahren 1992 bis 1994 bestimmte Mengen an Schmierstoffen bzw Reinigungsmitteln einzukaufen. Die übrigen Gebietsvertretern gaben nur unverbindliche Absichtserklärungen über Kompensationsgeschäfte ab. Auf die Lieferung der 148 Mercedes wurde das generelle Mengenrabattabkommen der Mercedes-Benz AG angewandt. Nach diesem Abkommen erhält der (deutsche) Käufer von mindestens fünf Mercedes einen sich nach der Liefermenge steigernden Mengenrabatt. Der Käufer muss sich jedoch verpflichten, diese Mercedes sechs Monate ab der Erstzulassung nur für eigene betriebliche Zwecke zu nutzen. Die Einhaltung diese Verpflichtung wird von der Mercedes-Benz AG an Hand der Mengenrabatt-Schlüsselnummern geprüft, wobei bei deren Verletzung die gewährten Mengenrabatte zurückzuzahlen sind. Ohne sich um die Bestimmungen des Mengenrabattabkommens zu kümmern (die Einhaltung dieser Bestimmungen wäre der deutschen E-GmbH auf Grund ihres Geschäftsumfanges nur möglich gewesen, wenn sie die von den Gebietsvertretern erworbenen Mercedes vermietet hätte), verkaufte die deutsche E-GmbH die ihr von den Gebietsvertretern gelieferten Mercedes sogleich an die Zweitbeschwerdeführerin, die diese sodann gemeinsam mit der EC-GmbH im Österreich auf dem so genannten "grauen Markt", auf dem höhere Rohgewinne zu erzielen waren, verkaufte.

Da die Mercedes-Benz AG bzw deren Gebietsvertreter bald Kenntnis über den vertragswidrigen Verkauf der 148 Mercedes nach Österreich erhielten, wurden die Lieferungen an die deutsche E-GmbH eingestellt. Es fiel somit auch die Grundlage für die Kompensationsgeschäfte weg, weswegen die deutsche E-GmbH in den Jahren 1993 und 1994 nur mehr geringe Umsätze erzielte und in der Folge liquidiert wurde.

Wie bereits im Administrativverfahren ist im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof strittig, ob durch den Erwerb der 56 Mercedes gegen Ende des Jahres 1991, deren An- und Abmeldung zum Verkehr in Österreich am selben Tag und deren Ausfuhr bei sofortiger Wiedereinfuhr sowie durch den Erwerb der 8 Mercedes zu Beginn des Jahres 1992 und deren Ausfuhr bei sofortiger Wiedereinfuhr, wobei an diesem Geschäft wirtschaftlich und personell eng verbundene Unternehmen beteiligt waren, für die stets Dr. August P als tatsächlicher Machthaber aufgetreten ist, der Tatbestand des § 22 BAO insofern verwirklicht worden ist, als bei Wegdenken der Steuerersparnis beim Verkauf des jeweiligen Mercedes durch die Zweitbeschwerdeführerin bzw die EC-GmbH an einen nicht zum Vorsteuerabzug Berechtigten (12 % Umsatzsteuer bei 64 und Entfall der Normverbrauchsabgabe bei 56 Mercedes) noch zumindest ein außersteuerlicher Grund für die von der EC-GmbH, der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin gewählte Gestaltung bleibt. Denn das Geschäft hätte auch ohne Zwischenschaltung der deutschen E-GmbH mit gleicher zivilrechtlicher Wirkung abgeschlossen werden können, wobei jedoch keine Steuerersparnis bewirkt worden wäre, weil beim Verkauf des jeweiligen Mercedes durch die Zweitbeschwerdeführerin bzw die EC-GmbH an einen nicht zum Vorsteuerabzug Berechtigten nicht 20 %, sondern 32 % Umsatzsteuer (vgl § 10 Abs 4 UStG 1972 in der Fassung BGBl Nr 965/1991) und bei einer Umsatzsteuer von 20 % jedenfalls für 56 Mercedes Normverbrauchsabgabe zu entrichten gewesen wäre (vgl § 1 Abs 1 in Verbindung mit § 15 Abs 2 NoVAG in der Stammfassung).

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, nur im Direktverkauf der 64 Mercedes von der Erstbeschwerdeführerin an die Zweitbeschwerdeführerin sei eine angemessene rechtliche Gestaltung zu erblicken. Die von den Beschwerdeführern gewählte Gestaltung stelle einen Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes dar.

Der Einwand der Beschwerdeführer, bei einer Einfuhr sei ein Missbrauch von vornherein ausgeschlossen, sei insofern irrelevant, als es nicht um die Frage gehe, ob die Einfuhr an sich missbräuchlich erfolgt sei (die bei der Einfuhr der Mercedes zu entrichtende und sodann als Vorsteuer abzugsfähige Einfuhrumsatzsteuer sei weder Gegenstand des Verfahrens noch der Höhe nach strittig), sondern nur, ob die Zwischenschaltung der deutschen E-GmbH ausschließlich zum Zweck der Steuerersparnis erfolgt sei. Die von den Beschwerdeführern gewählte Gestaltung sei ungewöhnlich. Den Beschwerdeführern sei es nicht gelungen aufzuzeigen, mit dieser ungewöhnliche Gestaltung wäre ein wirtschaftlicher Zweck erfüllt oder zumindest verfolgt worden. Die Beschwerdeführer hätten einerseits behauptet, sie bzw die deutsche E-GmbH hätten gegenüber den Gebietsvertretern mittels Exportpapieren nachweisen müssen, sie seien in der Lage, innerhalb kurzer Zeit eine große Zahl von Mercedes nach Österreich zu exportieren, weswegen sie schon vor dem Versuch, mit den Gebietsvertretern Kompensationsgeschäfte über Produkte der Zweitbeschwerdeführerin abzuschließen, die 64 Mercedes nach Deutschland importiert hätten, anderseits, sie wären durch die von ihnen gewählte Gestaltung an das Absatznetz der EC-GmbH herangekommen. Der von den Beschwerdeführern zunächst behauptete wirtschaftliche Zweck für den Export der 64 Mercedes nach Österreich könne nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Wie sich aus dem den Lieferungen der 148 Mercedes zugrunde gelegten generellen Mengenrabattabkommen der Mercedes-Benz AG ergebe, wäre es geradezu widersinnig gewesen zu behaupten, die von der deutschen E-GmbH erworbenen Mercedes würden sofort nach Österreich exportiert. Denn nach dem generellen Mengenrabattabkommen hätten die gelieferten Mercedes sechs Monate ab der Erstzulassung für eigene betriebliche Zwecke der deutschen E-GmbH genutzt werden müssen. Dies habe Dr. August P gegenüber der Mercedes-Benz AG bzw den Gebietsvertretern auch stets betont. Mit Kenntnis der Mercedes-Benz AG bzw der Gebietsvertreter über den vertragswidrigen Verkauf der 148 Mercedes nach Österreich seien die Lieferungen an die deutsche E-GmbH eingestellt worden. Es sei somit auch die Grundlage für die Kompensationsgeschäfte weggefallen. Überdies seien mit zwei Ausnahmen von den Gebietsvertretern nur unverbindliche Absichtserklärungen über Kompensationsgeschäfte abgegeben worden, weswegen der von den Beschwerdeführern angestrebte Beweis misslungen sei, es habe ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Ausfuhr einer großen Zahl von Mercedes nach Österreich und dem Verkauf von Produkten der Zweitbeschwerdeführerin durch die deutsche E-GmbH bestanden. In der zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der EC-GmbH abgeschlossenen "Stillen Nebenvereinbarung" sei eine Verkaufskommission abgeschlossen worden, mit der sich die EC-GmbH verpflichtet habe, die von der Erstbeschwerdeführerin erworbenen 64 Mercedes ungeachtet der dazwischen liegenden Vorgänge zu verkaufen. Die Beschwerdeführer wären daher bei vertragskonformer Erfüllung der "Stillen Nebenvereinbarung" nicht an das Absatznetz der EC-GmbH herangekommen. Vielmehr sei Sinn und Zweck der "Stillen Nebenvereinbarung" gewesen, den Differenzbetrag zwischen den von der EC-GmbH erzielten Verkaufspreis und den von der Zweitbeschwerdeführerin aufgewendeten Einkaufspreis für die 64 Mercedes zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der EC-GmbH bzw der EC-GmbH zu teilen. Dass nach Gelingen des in der "Stillen Vereinbarung" fixierten Geschäftes das Absatznetz der EC-GmbH auf Grund der damit geknüpften Kontakte auch von der deutschen E-GmbH oder auch von den Beschwerdeführern für den Verkauf der in Deutschland erworbenen 148 Mercedes hätte genutzt werden können, stehe mit der gegen Ende des Jahres 1991 bzw zu Beginn des Jahres 1992 erfolgten Ausfuhr und sofortiger Wiedereinfuhr der 64 Mercedes in keinem Zusammenhang. Insgesamt gesehen erwecke das Vorbringen der Beschwerdeführer den Eindruck, es wären Dr. August P erst im Zug des Abgabenverfahrens andere als steuersparende Gründe für die von der EC-GmbH und den Beschwerdeführern gewählte Gestaltung eingefallen. Daran vermöge auch das glaubwürdige Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, die deutsche E-GmbH habe als ihre 100 %ige Tochter alles versucht, um in Deutschland Umsätze zu erzielen, nichts zu ändern. Denn zur Erschließung des deutschen Marktes hätte es keineswegs der Ausfuhr und sofortigen Wiedereinfuhr der 64 Mercedes bedurft.

Hingegen meinen die Beschwerdeführer, in der von ihnen gewählten Gestaltung sei kein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes zu erblicken.

Die belangte Behörde habe trotz des hg Erkenntnisses vom 12. April 1984, 84/16/0016, Slg Nr 5888/F, bei einer Einfuhr § 22 BAO zu Unrecht angewandt. Es sei nach diesem Erkenntnis von vornherein unzulässig, § 22 BAO auf zwischen verschiedenen Rechtssubjekten getätigte Aus- und Einfuhren anzuwenden. Die rechtskräftigen Zollbescheide stünden ebenfalls der Anwendung des § 22 BAO entgegen. Es werde nicht bestritten, dass durch die gewählte Gestaltung eine "Steuerlücke" ausgenutzt worden sei. Die sich daraus ergebende Steuerersparnis sei jedoch nicht der Hauptzweck für die Ausfuhr und sofortige Wiedereinfuhr der 64 Mercedes gewesen. Vielmehr sollten durch die gewählte Gestaltung sowohl durch den Verkauf von Produkten der Zweitbeschwerdeführerin als auch von den Gebietsvertretern gelieferten Mercedes Umsätze erzielt werden. Bei den Verkäufen der von den Gebietsvertretern gelieferten Mercedes habe es keine Steuerersparnis gegeben. Dr. August P habe sich beim Bundesministerium für Finanzen vergewissert, ob Bedenken gegen die geplante Gestaltung bestünden. Dies sei verneint worden, weswegen mit der nunmehrigen Vorgangsweise der belangten Behörde der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt werde. Es entspreche keineswegs den Tatsachen, es wären Dr. August P erst im Zug des Abgabenverfahrens andere als steuersparende Gründe für die von der EC-GmbH und ihnen gewählte Gestaltung eingefallen. Vielmehr sei Dr. August P stets bemüht gewesen, den wirtschaftlichen Zweck der gewählten Gestaltung darzutun. Die belangte Behörde habe aus dem gegebenen Sachverhalt unrichtige Schlüsse gezogen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbundenen Beschwerden erwogen:

Gemäß § 22 BAO kann die Abgabepflicht durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes nicht umgangen oder gemindert werden, wobei bei Vorliegen eines Missbrauches die Abgaben so zu erheben sind, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. Nach ständiger hg Rechtsprechung wird als solcher Missbrauch eine rechtliche Gestaltung angesehen, die im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung ungewöhnlich und unangemessen ist und nur auf Grund der damit verbundenen Steuerersparnis verständlich wird. Dabei erfüllt im Allgemeinen nicht ein einziger Rechtsschritt, sondern eine Kette von Rechtshandlungen den Sachverhalt, mit dem die Folge des § 22 Abs 2 BAO verbunden ist.

§ 22 BAO ist dabei die Bedeutung beizumessen, dass bei der Subsumtion des konkreten Sachverhaltes unter einen abgabenrechtlichen Tatbestand die Frage einer missbräuchlichen Gestaltung zu prüfen ist, ohne dass es darauf ankommt, ob dieser Tatbestand stärker oder weniger stark an das Zivilrecht anknüpft (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 2. August 2000, 98/13/0152).

Wie bereits die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, zeigen die Beschwerdeführer mit ihren Ausführungen, bei einer Einfuhr sei ein Missbrauch von vornherein ausgeschlossen, keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf. Es entspricht der Rechtslage, dass bei einer Einfuhr, die einen bestimmten Vorgang darstellt, der Missbrauchstatbestand des § 22 BAO nicht verwirklicht werden kann (vgl das bereits von den Beschwerdeführern zitierte hg Erkenntnis vom 12. April 1984, 84/16/0016, Slg Nr 5888/F). In der bloßen Einfuhr der 64 Mercedes ist daher kein Missbrauch zu erblicken. Dies bedeutet aber nicht, dass die Umsatzsteuer nicht so erhoben werden könnte, als ob die Ausfuhr und sofortige Wiedereinfuhr der 64 Mercedes nicht erfolgt wäre. Denn es ist nicht die Frage zu lösen, ob die Einfuhr der 64 Mercedes an sich missbräuchlich erfolgt ist, sondern nur, ob die Zwischenschaltung der deutschen E-GmbH, um so die Ausfuhr und sofortige Wiedereinfuhr der 64 Mercedes zu ermöglichen, ausschließlich zum Zweck der Steuerersparnis erfolgt ist. Hiebei ist zu prüfen, ob die von den Beschwerdeführern abgeschlossenen Geschäfte im Hinblick auf die wirtschaftliche Zielsetzung ungewöhnlich und unangemessen gewesen sind und nur auf Grund der damit verbundenen Steuerersparnis verständlich werden.

Die Beschwerdeführer stellen nicht in Abrede, dass durch die gewählte Gestaltung eine "Steuerlücke" ausgenutzt worden ist. In der Ausfuhr bereits früher von der EC-GmbH von Deutschland nach Österreich eingeführter, in Deutschland hergestellter Kraftfahrzeuge nach Deutschland und der sofortigen Wiedereinfuhr nach Österreich ist bereits eine ungewöhnliche und unangemessene Gestaltung zu erblicken. Dazu kommt, dass die Geschäfte mit Ausnahme der EC-GmbH von wirtschaftlich und personell eng verbundenen Unternehmen, deren tatsächlicher Machthaber überdies stets die selbe Person gewesen ist, abgeschlossen worden sind, wobei bei der Ausfuhr und sofortigen Wiedereinfuhr nur äußerst geringe Aufschläge verrechnet worden sind, um so bloß die dabei angefallenen Spesen abzugelten.

Es oblag daher der belangten Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob bei Wegdenken der Steuerersparnis beim Verkauf des jeweiligen Mercedes durch die Zweitbeschwerdeführerin bzw die EC-GmbH an einen nicht zum Vorsteuerabzug Berechtigten (12 % Umsatzsteuer bei 64 und Entfall der Normverbrauchsabgabe bei 56 Mercedes) noch zumindest ein außersteuerlicher Grund für die gewählte Gestaltung bleibt.

Entscheidend ist, ob der von der belangten Behörde gezogene Schluss, den Beschwerdeführern sei es nicht gelungen, zumindest einen außersteuerlichen Grund für die von ihnen gewählte Gestaltung aufzuzeigen, der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand hält.

In den Fällen, in denen die belangte Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 25. November 2002, 97/14/0028).

Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde stand.

Die belangte Behörde konnte auf Grund des im Wesentlichen unbestrittenen, mit dem Inhalt der vorgelegten umfangreichen Administrativakten im Einklang stehenden Sachverhaltes davon ausgehen, die Behauptungen der Beschwerdeführer, die Ausfuhr und sofortige Wiedereinfuhr der 64 (gebrauchten) Mercedes hätten sowohl dem kompensationsweisen Verkauf von Produkten der Zweitbeschwerdeführerin als auch dem Handel mit von den Gebietsvertretern gelieferten (neuen) Mercedes gedient, könnten den Tatsachen schon deswegen nicht entsprechen, weil es bei den, den Lieferungen der Gebietsvertreter zugrunde gelegten Bestimmungen des generellen Mengenrabattabkommens geradezu widersinnig gewesen wäre zu behaupten, die von der deutschen E-GmbH erworbenen Mercedes würden sofort nach Österreich exportiert. Dazu konnte die belangte Behörde noch in Rechnung stellen, dass Dr. August P im Hinblick auf das generelle Mengenrabattabkommen gegenüber der Mercedes-Benz AG bzw den Gebietsvertretern auch stets betont hat, die gelieferten Mercedes würden sechs Monate für betriebliche Zwecke der deutschen E-GmbH verwendet, und trotz des Erwerbes von 148 Mercedes durch die deutsche E-GmbH mit zwei Ausnahmen keine verbindlichen Kompensationsgeschäfte mit den Gebietsvertretern über die Lieferung von Produkten der Zweitbeschwerdeführerin abgeschlossen worden sind. Die von den Beschwerdeführern im Administrativverfahren aufgestellte Behauptung, sie wären durch die "Stille Nebenvereinbarung" an das Absatznetz der EC-GmbH herangekommen, wird in der Beschwerde nicht mehr aufrecht erhalten. Mit den abschließenden Ausführungen, es wären Dr. August P erst im Zug des Abgabenverfahrens andere als steuersparende Gründe für die gewählte Gestaltung eingefallen, hat die belangte Behörde somit weder gegen die Denkgesetze noch gegen das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen.

Mit der Behauptung, es wäre der Grundsatz von Treu und Glauben insofern verletzt worden, als entgegen einer Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen die gewählte Gestaltung steuerlich nicht anerkannt worden sei, zeigen die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. So weit überhaupt ein Vollzugsspielraum vorliegt, kommt dem Grundsatz von Treu und Glauben nur bei einer von der zuständigen Abgabenbehörde erteilten Auskunft, falls sich diese nachträglich als unrichtig herausstellt, Bedeutung zu (vgl das hg Erkenntnis vom 27. August 2002, 96/14/0166, mwA). Abgesehen davon, dass bei der Anwendung des § 22 BAO kein Vollzugsspielraum vorliegt, wurde die Auskunft nicht von der zuständigen Abgabenbehörde erteilt.

Die Beschwerdeführer rügen zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, zeigen aber nicht auf, wie die belangte Behörde bei dem im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt zu im Spruch anders lautenden Bescheiden hätte kommen können. Die im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung der belangten Behörde gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt - wie bereits ausgeführt - nicht vor. Mit der Behauptung, es gehe nicht an, das Ergebnis telefonischer Befragungen in Aktenvermerken festzuhalten und sodann der Entscheidung zugrunde zu legen, zeigen die Beschwerdeführer die Relevanz der von ihnen diesbezüglich behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht auf. Denn die belangten Behörde hat den so ermittelten Sachverhalt den Beschwerdeführern unbestritten zur Kenntnis gebracht. Da nur die Bescheide der belangten Behörde der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegen, führen die behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften durch das Finanzamt zu keiner Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Die Beschwerdeführer haben auf die Einvernahme des Geschäftsführers der EC-GmbH als Zeugen mit dem Hinweis, dieser sei inhaftiert, weswegen von ihm keine Erklärungen zu bekommen sei, ausdrücklich verzichtet. Was die im Administrativverfahren mit der Ausnahme, sie als Zeugin zu vernehmen, nicht erwähnte Dr. Elgund F aus eigener Anschauung hätte aussagen können, ist dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht entnehmbar. In Anbetracht der in der Beschwerde nicht mehr aufrecht erhaltenen Behauptung, die Beschwerdeführer wären durch die "Stille Nebenvereinbarung" an das Absatznetz der EC-GmbH herangekommen, wird überdies die Relevanz der unterlassenen Einvernahme der beiden Zeugen nicht dargetan.

Die Beschwerden erweisen sich somit insgesamt als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Aufwandersätze stützt sich auf die §§ 56 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am 14. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1997140042.X00

Im RIS seit

21.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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