TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/21 2002/07/0160

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Veröffentlicht am 21.01.2003
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E15103030;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art3;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art4;
31993R0259 Abfälle-VerbringungsV Art5;
AVG §8 impl;
AVG §8;
AWG 1990 §34 Abs1 idF 2001/I/108;
AWG 1990 §34 idF 2001/I/108;
AWG 1990 §35 Abs1 idF 2001/I/108;
AWG 1990 §36 Abs3 idF 2001/I/108;
AWG 1990 §36 idF 2001/I/108;
EURallg;
VwRallg impl;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante über die Beschwerde der L Deponie R GmbH & Co KG in K, vertreten durch Eisenberger und Herzog, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft vom 8. Oktober 2002, Zl. 61 3544/611- VI/1/02-Lo, betreffend Zuerkennung der Parteistellung in einem Notifzierungsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der übereinstimmenden Darstellung im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde geht folgender Sachverhalt hervor:

Die Beschwerdeführerin ist Betreiberin der Deponie W.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2002 beantragte die E S.p.A. auf Grund eines mit der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Vertrages die Notifizierung der geplanten grenzüberschreitenden Verbringung von 150.000 Tonnen gemischter Siedlungsabfälle aus Italien zur Deponie der Beschwerdeführerin. Mit Fax vom 30. Juli 2002 wurde die zur Verbringung vorgesehene Menge auf 50.000 Tonnen eingeschränkt.

Die belangte Behörde brachte der E S.p.A. mit Schreiben vom 10. August 2002 zur Kenntnis, dass die Abweisung des Notifizierungsantrages beabsichtigt sei; gleichzeitig wurde ihr Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen eingeräumt.

Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 2. September 2002 eine Fristerstreckung zur Abgabe einer Stellungnahme zum Schreiben der belangten Behörde vom 10. August 2002 und beantragte schließlich mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2002 die Zuerkennung der Parteistellung im Notifizierungsverfahren sowie die Fristverlängerung zur Abgabe einer Stellungnahme. Für den Fall der Abweisung des Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung begehrte die Beschwerdeführerin die Zustellung eines entsprechenden Bescheides.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 den Notifizierungsantrag der E S.p.A. ab; diesen abweisenden Bescheid stellte sie der Beschwerdeführerin nicht zu.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 2002 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Parteistellung im Notifizierungsverfahren sowie auf Fristerstreckung mangels Parteistellung abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Bestimmungen des § 8 AVG und der Art. 3 und 4 der Verordnung zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der EG (93/259/EWG des Rates vom 1. Februar 1993 - EG-VerbringungsV) damit, dass die einschlägigen Bestimmungen der EG-VerbringungsV ausschließlich auf die notifizierende Person als jene Person abstelle, die einen Rechtsanspruch auf die Erledigung des Notifizierungsantrages habe. Die sonstigen Beteiligten seien am Notifizierungsverfahren weder vermöge eines Rechtsanspruches noch eines rechtlichen Interesses beteiligt; so seien insbesondere auch die Einwände gegen geplante Verbringungen von Abfällen im Sinne der Bestimmungen der EG-VerbringungsV ausschließlich an die notifizierende Person zu übermitteln, nicht jedoch an die Empfängerin der Abfälle. Die Empfängerin (die Beschwerdeführerin) habe ohne Zweifel ein wirtschaftliches Interesse an einer positiven Entscheidung, nicht jedoch ein rechtliches Interesse; ein bloß wirtschaftliches Interesse vermittle jedoch nicht die Parteistellung gemäß § 8 AVG. Mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin sei auch deren Antrag auf Fristerstreckung abzuweisen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Nach Hinweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Parteistellung des Hauptzollamtes im Verfahren nach § 10 ALSAG im hg. Erkenntnis Zl. 97/07/0065 führte die Beschwerdeführerin aus, gemäß § 36 AWG sei unter anderem Voraussetzung für die Bewilligung der Einfuhr von Abfall, dass die Anlage über ausreichende Kapazität verfüge. Im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Parteistellung in einem Verfahren sei daher klar, dass der jeweilige Anlageninhaber bzw. Betreiber der Anlage, auf die Abfälle verbracht werden sollten, Parteistellung genieße bzw. ihm Parteistellung von der Behörde eingeräumt werden müsse. Aus der Mitteilung der belangten Behörde an die Firma E S.p.A. - im Übrigen tatsachenwidrig - scheine sich zu ergeben, dass die Kapazität der Deponie der Beschwerdeführerin nicht ausreichend sei, um die Abfälle aufzunehmen. Die Beschwerdeführerin habe daher ein rechtliches und tatsächliches Interesse daran, dass ihr im Verfahren Parteistellung eingeräumt werde.

Im Anlassfall könne auch § 36 Abs. 3 AWG herangezogen werden, welcher die Parteistellung im Fall der Verbringung von Abfällen oder Altölen aus Österreich regle. Für den Abfallexport sei somit die Parteistellung geregelt, für den Abfallimport bestehe hinsichtlich der Parteistellung aber eine Regelungslücke. Eine am Gesetzeszweck orientierte Interpretation ergebe, dass dem Betreiber einer Deponie im Falle eines Abfallimportes Parteistellung zukomme, weil er im Hinblick auf die Verfüllungsbestimmungen der "Erstreckungsverordnung" (gemeint: der Verordnung, mit der die Anpassungsfrist für das Verbot der Deponierung verlängert wird) des Landeshauptmannes für Tirol, LGBl. Nr. 53/2000, ein rechtliches Interesse an einer rechtzeitigen Verfüllung habe und als Betreiber der Anlage am ehesten beurteilen könne, inwieweit die Kapazität der Anlage ausreiche. Da den Deponiebetreiber im Falle einer nicht rechtzeitigen Verfüllung auch entsprechende behördliche Nachsorgepflichten träfen, ergebe sich auch daraus ein rechtliches Interesse an einem Verfahren, in dem die Kapazität der Anlage beurteilt werde. Es bestehe daher im gegenständlichen Verfahren für die Beschwerdeführerin als Betreiberin der Anlage ein rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens.

Hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin Parteistellung zuerkannt, so wäre es ihr möglich gewesen, dem unzutreffenden und unschlüssigen Gutachten bzw. der Mitteilung der belangten Behörde vom 10. August 2002 entgegen zu treten. Diesfalls hätte sich ergeben, dass auf Grund der "Erstreckungsverordnung" des Landeshauptmannes für Tirol eine Beschränkung der Verfüllungsmenge nicht bestehe und dass die angeblich unzureichende Kapazität ebenfalls nicht vorliege. So ergebe sich mit Stichtag 1. Oktober 2002 ein verbleibendes Restvolumen der Deponie in der Größenordnung von 610.025,90 m3.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermögens eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der Parteistellung einer Person im Verwaltungsverfahren nicht allein aus der Bestimmung des § 8 AVG sondern nur im Rückgriff auf den normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Rechtsvorschriften beurteilt werden kann (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 111, wiedergegebene Judikatur). In dem von der Beschwerdeführerin zitierten, dem hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1998, Zl. 97/07/0065, zu Grunde gelegenen Fall, ergab eine Prüfung der Bestimmungen des ALSAG ein durch dieses dem Hauptzollamt eingeräumtes rechtliches Interesse an der nach § 10 leg. cit. zu ergehenden Entscheidung. Maßgeblich dafür war der Umstand, dass dem Hauptzollamt im Gesetz förmlich die Antragsberechtigung hinsichtlich des Feststellungsbescheides nach § 10 ALSAG eingeräumt worden war, was für eine selbstständige und uneingeschränkte Parteistellung des durch das Hauptzollamt vertretenen Bundes in diesem Verfahren sprach.

Der vorliegende Fall ist aber mit diesem von der Beschwerdeführerin zitierten Fall schon deshalb nicht vergleichbar, weil der Empfängerin der Abfälle im Notifizierungsverfahren weder im AWG noch in der EG-VerbringungsV ein solches eigenständiges Antragsrecht eingeräumt wurde. Aber auch sonst bietet - wie zu zeigen sein wird - der normative Gehalt der im Notifizierungsverfahren anzuwendenden Normen keine Hinweise auf das Vorliegen eines - für die Parteistellung notwendigen - konkreten rechtlichen Interesses des Abfallempfängers.

Art. 3 und 4 der EG-VerbringungsV lauten (auszugsweise):

"Art. 3

(1) Beabsichtigt die notifizierende Person, unbeschadet des Art. 25 Abs. 2 und des Art. 26 Abs. 2 zur Beseitigung bestimmte Abfälle von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen und/oder sie durch einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten durchzuführen, so notifiziert sie dies der zuständigen Behörde am Bestimmungsort und übermittelt der zuständigen Behörde am Versandort und den zuständigen Transitbehörden sowie dem Empfänger eine Kopie des Notifizierungsschreibens.

...

(4) Bei der Notifizierung füllt die notifizierende Person den Begleitschein aus und reicht auf Ersuchen der zuständigen Behörden zusätzliche Angaben und Unterlagen nach.

(5) Die notifizierende Person macht auf dem Begleitschein insbesondere Angaben zu folgenden Punkten:

-

...

-

Name des Empfängers der Abfälle, Standort der Beseitigungsanlage sowie Art und Geltungsdauer der Genehmigung für den Betrieb der Anlage. Die Anlage muss über eine angemessene technische Kapazität verfügen, damit die betreffenden Abfälle ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt beseitigt werden können;

....

Art. 4

(1) Innerhalb von drei Arbeitstagen nach Erhalt der Notifizierung übermittelt die zuständige Behörde am Bestimmungsort der notifizierenden Person eine Empfangsbestätigung; eine Kopie derselben übersendet diese Behörde den anderen betroffenen zuständigen Behörden sowie dem Empfänger.

(2) a) Die zuständige Behörde am Bestimmungsort muss innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach der Absendung der Empfangsbestätigung entscheiden, ob sie die Verbringung mit oder ohne Auflagen genehmigt oder die Genehmigung verweigert. Sie kann auch zusätzliche Angaben verlangen.

Sie erteilt die Genehmigung nur, sofern keine Einwände ihrerseits oder von Seiten der anderen zuständigen Behörden bestehen. Die Genehmigung unterliegt den im Buchstaben d) erwähnten Auflagen für die Beförderung.

Die zuständige Behörde am Bestimmungsort fällt ihre Entscheidung nicht vor Ablauf von 21 Tagen nach Absendung der Empfangsbestätigung. Sie kann jedoch bereits früher ihre Entscheidung treffen, sofern ihr die schriftliche Zustimmung der anderen betroffenen zuständigen Behörden vorliegt.

Die zuständige Behörde am Bestimmungsort teilt der notifizierenden Person ihre Entscheidung schriftlich mit; eine Kopie des Schreibens wird den anderen betroffenen zuständigen Behörde übersandt.

b) Die zuständige Behörde am Versandort und die für die Durchfuhr zuständige Behörde können innerhalb von 20 Tagen nach Absendung der Empfangsbestätigung Einwände erheben. Sie können auch zusätzliche Angaben verlangen. Diese Einwände werden der notifizierenden Person schriftlich mitgeteilt; eine Kopie des Schreibens geht an die übrigen betroffenen zuständigen Behörden.

..................

Art. 5

(1) Die Verbringung kann erst erfolgen, nachdem der notifizierenden Person von der zuständigen Behörde am Bestimmungsort die Genehmigung dazu erteilt wurde."

Die die Einfuhr, Ausfuhr, Durchfuhr von Abfällen oder Altölen betreffenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (AWG), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2001, lauten:

"§ 34. (1) Für Verbringungen von Abfällen oder Altölen ist die Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, Abl. EG Nr. L 30 vom 6. Februar 1993, S. 1 (EG-VerbringungsV) anzuwenden.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist für die Anwendung der EG-VerbringungsV zuständige Behörde am Versandort, zuständige Behörde am Bestimmungsort, für die Durchfuhr zuständige Behörde und Anlaufstelle gemäß Art. 37 EG-VerbringungsV.

...

§ 35a. (1) Die Notifizierung erfolgt mit Hilfe des Notifizierungsbegleitscheines. Die notifizierende Person übermittelt dazu

1. eine technische Beschreibung der Anlage und der Restabfallbeseitigung, den Vertrag zur umweltgerechten Behandlung der Abfälle oder Altöle in deutscher oder englischer Sprache sowie im Falle der Verbringung in ein Drittland im Sinne der EG-VerbringungsV die Bewilligungen der Beseitigungs- oder Verwertungsanlage; im Fall einer Verbringung aus einem Drittland im Sinne der EG-VerbringungsV hat der Vertrag zur umweltgerechten Behandlung der Abfälle oder Altöle jedenfalls die Verpflichtung des Notifizierenden zu enthalten, die Abfälle zurückzunehmen, wenn die Verbringung nicht in der vorgesehenen Weise durchgeführt oder abgeschlossen wurde.

2. die notwendigen Abschriften für die zuständigen Behörden.

(2) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ermächtigt, nähere Bestimmungen über Inhalt, Form und Anwendung des Notifizierungsbegleitscheines durch Verordnung zu erlassen.

§ 36. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat über jede von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen oder Altölen nach, aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen.

...

(3) Die Bewilligungen zur Verbringung von Abfällen oder Altölen gemäß Abs. 1 aus Österreich sind, sofern sie gefährliche Abfälle oder Altöle betreffen,

1.

nur Inhabern einer Erlaubnis gemäß § 15,

2.

nur Inhabern einer gleichwertigen ausländischen Erlaubnis,

3.

dem Abfallerzeuger, sofern der Abfallerzeuger eigene Abfälle oder Altöle verbringt, oder

              4.              Unternehmen, gemäß § 15 Abs. 2 Z. 2 in Bezug auf jene gefährlichen Abfälle oder Altöle, für sie rücknahmebefugt sind, zu erteilen.

(4) Für die Bewilligung der Einfuhr müssen jedenfalls folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. die ordnungsgemäße Behandlung der betreffenden Abfälle in einer dafür genehmigten Anlage von einem dazu befugten Unternehmen sowie die ordnungsgemäße Behandlung des dabei anfallenden Abfalles erscheint gesichert;

2. die Anlage verfügt über eine ausreichende Kapazität.

(5) Vor Erteilung einer Einfuhrbewilligung für Abfälle oder Altöle ist der Landeshauptmann des Bundeslandes, in dem die Abfälle oder Altöle erstmals gelagert oder behandelt werden sollen, anzuhören.

6) Eine Abschrift des Bescheides gemäß Abs. 1 ist dem Landeshauptmann, in dessen Land sich die zu verbringenden Abfälle oder Altöle befinden oder in dessen Land die Abfälle oder Altöle verbracht werden, zu übermitteln.

§ 37. (1) Eine notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen oder Altölen darf nur erfolgen, wenn die notifizierende Person zuvor Sicherheit geleistet oder eine ausreichende Versicherung nachgewiesen hat. Zuständig zur Festlegung und für die Freigabe der Sicherheit ist die zuständige Behörde des Versandortes. Wird im Falle der Verbringung von Abfällen oder Altölen von der zuständigen Behörde des Versandortes die Entscheidung über die Verbringung nicht von der Hinterlegung einer Sicherheit oder dem Nachweis einer entsprechenden Versicherung abhängig gemacht oder hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Anlass zu der Annahme, dass die von der Behörde am Versandort geleistete Sicherheit oder Versicherung nicht geeignet ist, die in Art. 27 EG-VerbringungsV genannten Kosten und Risken abzudecken, legt er die erforderliche Sicherheit oder Versicherung durch Bedingung oder Auflage selbst fest."

Die wiedergegebenen, im Wesentlichen übereinstimmenden Bestimmungen der EG-VerbringungsV einerseits und der Bestimmungen der §§ 34 und 36 AWG andererseits regeln allein Rechtsbeziehungen des Verbringers der Abfälle, schaffen ihm gegenüber Rechte und Pflichten. Im Rahmen der EG-VerbringungsV werden Einspruchrechte der beteiligten Mitgliedsstaaten, im AWG zusätzlich bestimmte Anhörungsrechte des jeweils betroffenen Landeshauptmannes festgelegt. Rechtliche Interessen des Empfängers (des Deponiebetreibers) werden hingegen weder ausdrücklich begründet noch ergeben sich diese implizit aus der dargestellten Rechtslage.

Auch aus dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 36 Abs. 3 AWG ist nichts zu gewinnen. Dort wird klargestellt, über welche Qualifikation die Personen, die Abfall aus Österreich exportieren wollen, verfügen müssen, um die Notifizierung zu erhalten. Die Parteistellung dieser Personen im Notifizierungsverfahren zur Ausfuhr von Abfällen aus Österreich ergibt sich aber nicht aus § 36 Abs. 3 AWG sondern ist bereits im Antragsrecht auf Notifizierung dieser Abfälle begründet. Von einer Regelungslücke hinsichtlich der Umschreibung des Parteienkreises im Notifizierungsverfahren zur Einfuhr von Abfällen nach Österreich kann daher schon deshalb nicht ausgegangen werden.

Es ist auch nicht erkennbar, dass mit der Abweisung des Notifizierungsantrages der E S.p.A. in irgendeiner die Beschwerdeführerin rechtlich bindenden Weise über ihre Deponie abgesprochen wurde. Selbst wenn in der Begründung des Abweisungsbescheides zu Unrecht von der mangelnden Kapazität der Anlage der Beschwerdeführerin die Rede sein sollte, entfaltete eine solche unzutreffende Feststellung über das noch offene Deponievolumen keinerlei Bindungswirkung nach außen.

Im Übrigen wäre es der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin frei gestanden, die von der Beschwerdeführerin nun vorgetragenen Argumente (hier: der unverändert bestehenden ausreichenden Kapazität ihrer Anlage) als eigene Argumente im Notifizierungsverfahren vorzubringen.

Zweifelsfrei hat die Beschwerdeführerin ein wirtschaftliches Interesse daran, dass ihrem Vertragspartner die Notifizierung bewilligt wird; dieses wirtschaftliche Interesse steht auch hinter dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf die gesetzliche Verpflichtung zur Deponieverfüllung (vgl. § 31d Abs. 3 lit. c. Z. 3 und Abs. 7 WRG 1959 in Verbindung mit der zitierten Verordnung des Landeshauptmannes Tirol). Dazu kommt ein faktisches Interesse an der Planbarkeit des Fortschrittes der Deponieverfüllung. Bloße wirtschaftliche oder faktische Interessen, die durch keine Rechtsvorschriften zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen aber keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0077 und vom 9. Oktober 1996, Zl. 96/03/0245).

Der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht, der Beschwerdeführerin komme im Notifizierungsverfahren keine Parteistellung zu, haftet daher keine Rechtswidrigkeit an.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Jänner 2003

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungBesondere Rechtsgebiete DiversesGemeinschaftsrecht Verordnung EURallg5Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002070160.X00

Im RIS seit

29.04.2003

Zuletzt aktualisiert am

30.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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