TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/23 2001/16/0476

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Veröffentlicht am 23.01.2003
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ABGB §472;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §3 Abs1 Z2;
GrEStG 1987 §5 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. Matthias Bacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Führichgasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. August 2001, Zl. RV 417- 09/07/01, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schenkungsvertrag vom 28. Dezember 2000 schenkte Dr. P (Geschenkgeberin) der Beschwerdeführerin die Anteile an näher bezeichneten Liegenschaften, mit denen Wohnungseigentum (Einheitswerte zum 1. Jänner 2000 S 151.720,--, S 110.256,-- und S 86.649,--) verbunden ist.

Die Geschenkgeberin behielt sich im Gegenzug den lebenslänglichen und unentgeltlichen Fruchtgenuss der Wohnungen an den von ihr geschenkten Anteilen der Liegenschaften zurück. Im Vertrag festgehalten wurde, dass das Fruchtgenussrecht kapitalisiert nach dem Lebensalter mit S 144.000,--, S 108.000,-- und S 72.000,-- bewertet werde.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2001 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien der Beschwerdeführerin ausgehend von der Summe der kapitalisierten Fruchtgenussrechte von S 324.000,-- die 3,5 %ige Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 11.340,-- (EUR 824,11) vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, Grundstücksschenkungen unter Lebenden seien nach dem Grunderwerbsteuergesetz von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Es habe auch keine Gegenleistung vorgelegen, weil sich die Geschenkgeberin das Fruchtgenussrecht zurückbehalten habe, sodass ein "bestimmter Teil dieser Rechte aus dem Vermögen der Geschenkgeberin gar nicht" abgeflossen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, mit Schenkungsvertrag vom 28. Dezember 2000 habe die Beschwerdeführerin im Vertrag näher bezeichnete Anteile an Liegenschaften (Einheitswert S 151.720,--, S 110.256,-- und S 86.649,--) samt allem rechtlichen und physischen Zubehör je verbunden mit Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung übertragen. Die Geschenkgeberin habe sich das lebenslängliche und unentgeltliche Fruchtgenussrecht an den von ihr geschenkten Wohnungseigentumsanteilen vorbehalten. Für Zwecke der Gebührenbemessung sei vertraglich festgehalten worden, dass die jeweiligen Fruchtgenussrechte jeweils kapitalisiert nach dem Lebensalter der Geschenkgeberin mit S 144.000,--, S 108.000,-- und S 72.000,--, in Summe mit S 324.000,-- anzunehmen seien. Schenkungen unter einer Auflage seien nach den Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes nur so weit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage übersteige. Daraus ergebe sich, dass eine Schenkung dann nicht von der Besteuerung ausgenommen sei, wenn der nach abgabenrechtlichen Vorschriften ermittelte Wert der Auflage höher sei als der ebenfalls nach abgabenrechtlichen Vorschriften ermittelte Wert des Grundstückes. Unter dem Wert des Grundstückes sei nach § 6 Abs. 1 GrEStG der letzte Einheitswert zu verstehen, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorangegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt sei. Im Beschwerdefall sei der von den Vertragspartnern angegebene Wert "zum 1. Jänner 1990 in Höhe von S 162.877,--" heranzuziehen. Zur Gegenleistung gehörten auch Belastungen, die auf dem Grundstück ruhten und auf den Erwerber kraft Gesetzes übergingen. Demnach stelle auch ein Fruchtgenussrecht eine Gegenleistung dar. Ein Fruchtgenussrecht an der eigenen Sache könne niemals eingeräumt bzw. beim Verkauf zurückbehalten werden. Es sei das volle Eigentumsrecht an die Beschwerdeführerin übertragen worden und diese habe ihrerseits der Geschenkgeberin den Fruchtgenuss eingeräumt. Diese eingeräumte Nutzung der Liegenschaft stelle die Gegenleistung dar und sei als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer heranzuziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich aus der Beschwerde erkennbar in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Grunderwerbsteuer verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf ein inländisches Grundstück beziehen.

Nach § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG sind unter anderem Grundstücksschenkungen unter Lebenden von der Besteuerung ausgenommen. Schenkungen unter einer Auflage sowie Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, sind nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt.

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Was Gegenleistung ist, wird im § 5 GrEStG nicht erschöpfend angeführt. In Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z 2 zweiter Satz GrEStG ist vielmehr klargestellt, dass dabei auch der Wert der vorbehaltenen Nutzung maßgeblich ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl. 2002/16/0100).

Zu den vorbehaltenen Nutzungen, die iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG der Gegenleistung zuzurechnen sind, zählen insbesondere Fruchtgenussrechte (vgl. die hg Erkenntnisse vom 23. September 1953, Zl. 1861/51, und vom 27. Mai 1999, Zl. 98/16/0349). Solche Nutzungen erhöhen die Gegenleistung oder können - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - allein die Gegenleistung im steuerrechtlichen Sinne darstellen.

Die Fruchtnießung ist gemäß § 509 ABGB das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen; überhaupt ist dem Begriff der Dienstbarkeit nach § 472 ABGB das Recht an einer fremden Sache wesentlich, da nach allgemeinen Regeln niemand Rechte gegen sich selbst begründen und haben kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 89/16/0003).

Voraussetzung für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes an die Geschenkgeberin war die Übertragung des Eigentumsrechtes an die Beschwerdeführerin. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin bedeutete die vertragliche Vereinbarung der "Zurückbehaltung" des Fruchtgenussrechtes daher nicht, dass damit - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - von vornherein ein bestimmter Teil des Rechts aus dem Vermögen der Geschenkgeberin gar nicht "abfließe". Die belangte Behörde ist somit zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Inhalt der Vertragsurkunde davon ausgegangen, dass Gegenstand der in Rede stehenden Vereinbarung die Übertragung des Eigentumsrechts an den näher bezeichneten Liegenschaftsanteilen unter der Auflage des Fruchtgenusses an diesen Anteilen für die Geschenkgeberin gewesen ist. Damit lag ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG vor, wobei die Ausnahme von der Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Z 2 zweiter Satz GrEStG im Hinblick auf die Wertverhältnisse von Grundstück und Gegenleistung nicht in Betracht kam.

Die Einheitswerte der Liegenschaftsanteile zum 1. Jänner 2000 sowie die bewerteten Fruchtgenussrechte sind in der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides ziffernmäßig zutreffend angeführt. Bei der in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch enthaltenen "Wert zum 1. Jänner 1990 in Höhe von 162.877,--" handelt es sich um einen offensichtlichen, für jeden erkennbaren Schreibfehler, der keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt. Die Summe der Einheitswerte beträgt nach dem Inhalt des Vertrages und des im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Sachverhaltes unbestritten S 348.625,-- und die Fruchtgenussrechte wurden mit S 324.000,-- bewertet.

Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer ausgehend von der Summe der bewerteten Fruchtgenussrechte war daher nicht rechtswidrig.

Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001160476.X00

Im RIS seit

02.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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