TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/29 2002/13/0186

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Veröffentlicht am 29.01.2003
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der H GmbH in W, vertreten durch Dr. Ingrid Schaffernack und Dr. Georg Prchlik, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Juli 2002, Zl. RV/142- 06/2002, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für die Jahre 1998 bis 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.088 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für die Jahre 1998 bis 2000 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (im Folgenden kurz: FLAG) sowie Beträge an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zunächst ausgeführt, im Zuge einer im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft stattgefundenen Lohnsteuerprüfung sei festgestellt worden, dass die Vergütungen der zu jeweils 50 % an der Beschwerdeführerin beteiligten Geschäftsführer Mag. S. und Mag. H. nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Von der Beschwerdeführerin werde "jegliches Merkmal eines Dienstverhältnisses" unter Hinweis auf die Vereinbarungen vom 13. Juli 1998 in Abrede gestellt und ein Unternehmerrisiko ihrer Geschäftsführer ins Treffen geführt. Nach dieser Vereinbarung berechne sich die Vergütung wie folgt:

Umsatz, der vom Geschäftsführer realisiert werde abzüglich direkt dem Geschäftsführer zurechenbare Einzelkosten abzüglich entsprechend dem Umsatzanteil zurechenbare

Gemeinkosten

abzüglich thesaurierter Gewinn laut einstimmigem Gesellschafterbeschluss.

Weiters besage die genannte Vereinbarung, dass unabhängig vom jeweiligen "Umsatzanteil" zumindest 20 % der gesamten Gemeinkosten von jedem Geschäftsführer zu tragen seien. Ergebe sich aus dieser Berechnung ein Verlust für einen Geschäftsführer, sei dieser seinem Verrechnungskonto anzulasten und ein negatives Verrechnungskonto bis spätestens zum 30. September eines Jahres auszugleichen. Kosten der Geschäftsanbahnung wie z.B. Reisekosten, Bewirtungsspesen, eigene Ausbildungskosten, Kosten für eigene Dienstnehmer und Sozialversicherungskosten seien von den Geschäftsführern selbst zu tragen.

Im Erwägungsteil der Bescheidbegründung wird die Auffassung vertreten, die Beschäftigung der beiden Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Die Gesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei erzielten aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb sie im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer seien. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen der beiden Geschäftsführer den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.

Neben allgemein gehaltenen Rechtsausführungen wird im Erwägungsteil der Bescheidbegründung bezogen auf den konkreten Sachverhalt des Beschwerdefalles ausgeführt, gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos spreche, "wenn ein Fremder unter diesen Bedingungen die Funktion eines Geschäftsführers nicht übernommen hätte". Auch in der "Beratungsbranche" sei es nicht üblich, für eine erbrachte Leistung kein Entgelt zu erhalten, überdies sei im gegebenen Fall eine Verlustsituation nicht eingetreten. Weiters wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, "auf die festgestellten Buchungen, wonach die so genannten Barauslagen, die zunächst von den Geschäftsführern beglichen werden, über die Verrechnungskonten Eingang in die Buchhaltung der Gesellschaft finden und ersetzt werden, darf ebenso verwiesen werden wie auf die Feststellung, dass die mit der Tätigkeit verbundenen Ausgaben für die Berechnung des Geschäftsführerhonorars vom jeweils realisierten Umsatz abgezogen werden." Im Umstand, dass das Honorar für die eigenen Dienstnehmer der Geschäftsführer vom jeweiligen Geschäftsführer selbst getragen werde, könne kein Unternehmerrisiko erblickt werden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" aufweise.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Erfolglosigkeit der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, und vom 18. Juli 2001, 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von seinen unternehmerischen Fähigkeiten und seinem Fleiß sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2002, 2001/13/0179).

Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihre Geschäftsführer erhielten keine fixen Bezüge, sondern die von ihnen erwirtschafteten Gewinne bzw. hätten einen etwaigen erwirtschafteten Verlust zu tragen. Die (wie eingehend geschildert auch tatsächlich realisierte) Vergütung erfolge in der Weise, dass zunächst jedem Geschäftsführer der von ihm getätigte Umsatz (aus Unternehmensberatungen einzelner Kunden) zugerechnet werde. Anschließend würden die dem Geschäftsführer direkt zuzurechnenden Einzelkosten (z.B. im Jahr 1999 Beratungskosten von dritter Seite, Forderungsausfall) abgezogen. Sodann würden die Gemeinkosten (z.B. Abschreibung Büroeinrichtung, Instandhaltungen) entsprechend dem Verhältnis der Umsätze der beiden Geschäftsführer aufgeteilt und abgezogen. Je höher die Umsätze eines Geschäftsführers im Verhältnis zu den Umsätzen des anderen Geschäftsführers seien, umso höher sei demnach der von ihm zu tragende Gemeinkostenanteil. Dies entspreche dem Verursachungsprinzip, da auf Grund der höheren Umsätze auch die Ressourcen der Gesellschaft in höherem Maße beansprucht würden. Wesentlich sei weiters, dass jeder Geschäftsführer - auch bei einem niedrigeren Umsatzanteil - jedenfalls einen Gemeinkostenanteil von 20 % zu tragen habe, wodurch auch ein Verlust aus der Tätigkeit als Geschäftsführer entstehen könne. Die Geschäftsführervergütung sei solcherart nichts anderes als der Gewinn (allenfalls Verlust) aus der Summe der vom Geschäftsführer realisierten Projekte. Das daraus für die Geschäftsführer zu tragende Unternehmerwagnis entspreche jenem, das von Mitunternehmern einer Personengesellschaft zu tragen sei. Bei der getroffenen Regelung handle es sich auch nicht "um ein theoretisches Konstrukt", hinter dem tatsächlich kein Unternehmerwagnis stehe. So habe Mag. S. im Jahr 1998 keine Geschäftsführervergütung erhalten, da sein Umsatzanteil (auf Grund einer schweren im Verwaltungsverfahren durch ärztliche Atteste belegten Erkrankung) zu gering gewesen sei, um die ihm zugewiesenen Kostenkomponenten mehr als nur zu decken. Die dargestellte Regelung enthalte keine wie immer gearteten "Sicherheitsmechanismen" ähnlich einem Dienstverhältnis. Sei das erwirtschaftete Ergebnis Null, werde auch keine Vergütung gewährt, sei es negativ, müsse sogar eine Einzahlung geleistet werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen hat, können deutliche erfolgsbedingte Schwankungen des Geschäftsführerhonorars ein Unternehmerrisiko in der Geschäftsführungstätigkeit begründen, welches bei der nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gebotenen Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse den Ausschlag gegen ein Dienstverhältnis bewirkt (vgl. insbesondere das im Beschwerdefall ergangene Vorerkenntnis vom 12. September 2001, 2001/13/0115, mit weiteren Nachweisen).

Die belangte Behörde ist in rechtlicher Hinsicht davon ausgegangen, das im Beschwerdefall vereinbarte Entlohnungssystem (dessen tatsächliche Umsetzung unstrittig ist) halte einem Fremdvergleich nicht stand, weil es nicht üblich sei, für eine erbrachte Leistung kein Entgelt zu erhalten. Nun trifft es zu, dass Dienstnehmer (bereits) dafür entlohnt werden, dass sie ihre Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung stellen und sie nicht an geschäftlichen Verlusten ihres Arbeitgebers teilhaben. Warum dieses im Beschwerdefall nicht vorliegende Merkmal eines Dienstverhältnisses aber dazu führen sollte, die gegenständliche Tätigkeit der Geschäftsführer als dienstnehmerähnlich erscheinen zu lassen, ist nicht nachzuvollziehen. Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht läuft darauf hinaus, in Fällen, in denen ein Unternehmerwagnis eines Geschäftsführers gegeben ist, diesen Umstand als fremdunüblich anzusehen und das Fehlen eines Unternehmerrisikos zu fingieren. Ein derartiges Auslegungsergebnis ist mit der Rechtslage nicht in Einklang zu bringen. Soweit der Hinweis der belangten Behörde auf die Fremdunüblichkeit des gegenständlichen Entlohnungssystems aber so zu verstehen sein sollte, dass eine derartige Vereinbarung ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach einer Gewinnverteilungsabrede gleich zu halten sei (also in der Gesellschaftereigenschaft der Geschäftsführer wurzle), vermag diese "Fremdunüblichkeit" allenfalls den Betriebsausgabencharakter der Geschäftsführervergütungen in Frage zu stellen, nicht jedoch für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ins Treffen geführt zu werden. Aus diesem Grund kann das Beschwerdevorbringen, entsprechende Werkverträge seien im Bereich der Unternehmensberatung durchaus üblich und nicht aus der Gesellschafterstellung der Geschäftsführer zu erklären, im gegebenen Zusammenhang dahingestellt bleiben.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002130186.X00

Im RIS seit

02.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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