TE Vwgh Beschluss 2003/1/30 2003/17/0001

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Veröffentlicht am 30.01.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
18 Kundmachungswesen;

Norm

BGBlG 1996 §2 Abs3;
VwGG §26a Abs1;
VwGG §26a Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2003/17/0004 2003/17/0053 2003/17/0025

Betreff

     Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden

Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger,

Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, in den

Beschwerdesachen

     1.        der T GmbH in I,

     2.        der I GmbH & Co KG in I,

     3.        der P Gesellschaft mbH in S,

     4.        des P in Wien,

     sämtliche vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft

in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide

     ad 1.        der Finanzlandesdirektion für Tirol vom

15. November 2002, Zl. RV1028/1-T7/02,

     ad 2.        der Finanzlandesdirektion für Tirol vom

13. Dezember 2002, Zl. RV1032/1-T7/01,

     ad 3.        der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom

17. Juli 2002, Zl. RV487/1-10/02,

     ad 4.        der Finanzlandesdirektion für Wien,

Niederösterreich und Burgenland vom 28. Oktober 2002, Zl. RV/248 - 11/2002,

sämtliche betreffend Abweisung von Anträgen auf Vergütung von Energieabgaben, den Beschluss gefasst:

Spruch

I. Es wird Folgendes mitgeteilt:

1. Es besteht im Sinne des § 26a Abs. 1 VwGG Grund zur Annahme, dass beim Verwaltungsgerichtshof eine erhebliche Anzahl von Beschwerden von Dienstleistungsunternehmen eingebracht werden wird, in denen die Rechtsfrage zu lösen ist, ob ein Bescheid, der die Vergütung von Energieabgaben auf Grund des § 2 Abs. 1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes in der Stammfassung dieser Bestimmung nach dem Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996, bzw. in ihrer Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 797/1996 versagt, rechtswidrig ist, weil der Anwendung der genannten Gesetzesbestimmung (in diesen beiden Fassungen) auch unter Berücksichtigung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 22. Mai 2002, C (2002) 1890fin, kundgemacht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 10. Juli 2002, C 164, Seite 4, der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts entgegen steht.

2. Zur Beantwortung der in Z 1 genannten Rechtsfrage hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Rechtsvorschriften anzuwenden:

§ 2 Abs. 1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes in den Fassungen dieser Bestimmung durch die Bundesgesetze BGBl. Nr. 201/1996 und BGBl. Nr. 797/1996; Art. 88 (ex-Art 93) EG-Vertrag sowie die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 des EG-Vertrags, insbesondere deren Kapitel II.

3. Der Verwaltungsgerichtshof wird die in Z 1 genannte Rechtsfrage in den zu den Zlen. 2003/17/0001, 0004, 0025 und 0053 anhängigen Beschwerdeverfahren beantworten.

II. Ferner wird darauf hingewiesen, dass der

Bundeskanzler kraft Gesetzes zur unverzüglichen Kundmachung des Spruches dieses Beschlusses im Bundesgesetzblatt, Teil II, verpflichtet ist.

Auf die mit der Kundmachung kraft Gesetzes eintretenden, in § 26a Abs. 3 VwGG genannten Rechtsfolgen wird weiters verwiesen.

Begründung

Beim Verwaltungsgerichtshof sind schon derzeit mehr als 30 Beschwerdeverfahren zu der im Spruch genannten Rechtsfrage anhängig. Es war daher im Sinne des § 26a VwGG zu prüfen, ob Grund zur Annahme besteht, dass eine erhebliche Zahl solcher Beschwerden eingebracht werden wird. Der Gesetzgeber hat die Frage, auf welche Weise sich der Verwaltungsgerichtshof Kenntnis von jenen Tatsachen zu verschaffen hat, welche in ihrer Gesamtheit einen Grund für die Annahme im Sinne des § 26a VwGG bieten, nicht geregelt. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass Grund zu einer solchen Annahme jedenfalls dann besteht, wenn - wie hier - 1.) von der in Rede stehenden Rechtsfrage eine größere Zahl von Rechtssubjekten in einem relativ kurzen Beobachtungszeitraum potenziell betroffen ist, wenn 2.) mehr als nur vereinzelte Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gemacht wurden und 3.) nicht damit gerechnet werden kann, dass eine dem Standpunkt der Betroffenen Rechnung tragende Erledigung durch die Verwaltungsbehörden zu erwarten ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil davon auszugehen ist, dass im Geltungszeitraum der in Rede stehenden Bestimmungen zwischen Juli 1996 und Dezember 2001 jeweils durchgehend eine große Zahl von Betrieben, die nicht Produktionsbetriebe waren, durch § 2 Abs. 1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes in den oben angeführten Fassungen von der Erlangung der Vergütung ausgeschlossen waren und sind, sofern dieser Bestimmung der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtes nicht entgegen steht. Hinzu kommt noch, dass in einem Rundschreiben des Fachsenates für Steuerrecht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom Jänner 2003 (Nr. 2/2003) ausdrücklich auf die Möglichkeit verwiesen wird, die oben beschriebene Rechtsfrage an den Verwaltungsgerichtshof heranzutragen. Der Umstand, dass die Finanzlandesdirektionen die Rechtsauffassung vertreten, die in Rede stehende Gesetzesbestimmung sei anwendbar, lässt darauf schließen, dass die Verwaltungsbehörden dem Standpunkt der Betroffenen nicht Rechnung tragen werden.

Die Voraussetzungen für einen Beschluss gemäß § 26a Abs. 1 VwGG liegen daher vor. Die Zuständigkeit des Bundeskanzlers zur Kundmachung gründet sich auf § 26a Abs. 2 VwGG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1996.

Wien, am 30. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003170001.X00

Im RIS seit

13.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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