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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des 1982 geborenen A in Wien, vertreten durch Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Februar 2001, Zl. 211.896/0-XII/37/99, betreffend §§ 7 und 8 des Asylgesetzes 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer gelangte am 17. April 1999 in das Bundesgebiet und beantragte am 19. April 1999 die Gewährung von Asyl. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 28. April 1999 gab er hiezu an:
"Ich habe mich nur insofern politisch betätigt, als ich Anfang 1998 der Southern Cameroun Youth League (SCYL) beigetreten bin. Die meisten Jugendlichen haben sich angeschlossen, aber es gibt keinen Zwang dazu. Ich bin deshalb beigetreten, weil diese Organisation sehr aktiv ist. Es handelt sich um eine Untergruppe der SCNC, Southern Cameroun National Council. Sie haben Demos und Versammlungen abgehalten, weil sie der Meinung sind, dass die Leute im Süden des Landes von dem französ.-sprechenden Teil unterdrückt wird. In meinem Heimatland Kamerun leben ca. 15 Mio Menschen, 1/3 spricht englisch, 2/3 französisch. Ich bin aber genauso Staatsbürger von Sudan, ich habe eine doppelte Nationalität.
...
Zu meinen Fluchtgründen gebe ich an:
Als Mitglied der SCYL habe ich insgesamt seit 1997 etwa viermal an Demonstrationen teilgenommen. 1997 habe ich nur teilgenommen, weil es mich interessiert hat. Es waren jeweils durchschnittlich 1000 Demonstranten in Muyuka. Die Demonstranten haben alles blockiert, sodass die Gendarmerie gekommen ist, um die Demonstration aufzulösen. Dabei wurde auch Gewalt angewendet. Es wurden viele festgenommen.
Ich selbst wurde einmal im Februar 1997 und einmal im Oktober 1998 erwischt. Ich wurde immer anders behandelt als die anderen. Normalerweise wird man in so einem Fall einmal geschlagen, für 6 Stunden angehalten und dann immer wieder entlassen. Man hat mich zusammengeschlagen und mir immer wieder gesagt, dass ich nie mehr demonstrieren darf. Sie haben auf mich öfter und fester eingeschlagen, weil ich kein Staatsbürger von Kamerun bin, wie sie aus dem Schülerausweis entnehmen konnten. Sie sagten zu mir, dass ich ein Sudanese bin und dass ich bei solchen Demonstrationen nichts verloren hätte. Ich wurde gemeinsam mit 10 anderen in einem Raum befragt und geschlagen.
Wir wurden anschließend wieder gleichzeitig nach Hause geschickt und ermahnt, keine Demonstrationen mehr abzuhalten. Im Oktober 1998 verlief alles gleich. Danach gab es keine Probleme mehr.
Auf Befragen, weshalb sich mein Vater bzw. auch ich im April 1999 zur Ausreise entschlossen haben, gebe ich an: Die Regierung in Yaounde hat den Verdacht, dass die SCNC-Führung versucht, die jungen Mitglieder für einen Guerillakrieg auszubilden. Es gab nämlich einen Zwischenfall. 10 junge südkamerun. Jugendliche wurden nämlich in der nordwestl. Provinz von Regierungssoldaten erschossen, weil die SCNC den Süden angebl. für unabhängig erklärt hat. Angehörige und Mitglieder der SCYL sollen angebl. bei einem möglichen Angriff gegen die Regierungssoldaten kämpfen. Mein Vater befürchtete daher konkret, dass alle Mitglieder der SCYL zum Angriffsziel der Regierung werden.
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Die SCNC ist nach wie vor sehr aktiv, das heißt, dass auch unsere Jugendgruppe sehr aktiv ist."
Mit Bescheid vom 6. Mai 1999 wies das Bundesasylamt (die Erstbehörde) den Asylantrag gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) ab und sprach gemäß § 8 AsylG aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan zulässig sei. Begründend führte die Erstbehörde zusammengefasst aus, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, dem Sudan, keine asylrelevante Verfolgung drohe. Weder sei von einer drohenden Rekrutierung des Beschwerdeführers durch die sudanesische Volksbefreiungsarmee SPLA im Süden des Sudan auszugehen noch stelle die Rekrutierung durch die sudanesische Armee eine Verfolgung dar. Eine eventuelle Einberufung zu den Regierungssoldaten könne nicht nach § 57 FrG ins Treffen geführt werden.
In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe praktisch sein ganzes Leben in Kamerun verbracht, habe sich im Zuge des Schulbesuches - wie vor der Erstbehörde dargelegt - politisch betätigt und sei deshalb verhaftet worden. Unter anderem begehrte er die Einholung von Berichten über die Organisationen SCYL bzw. SCNC in Kamerun und darüber, was mit Angehörigen dieser Organisationen zu geschehen pflege, sollten sie Regierungskräften in die Hände fallen.
Im Zuge seiner Einvernahme in der Berufungsverhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat (der belangten Behörde) sagte der Beschwerdeführer aus (VL = Verhandlungsleiter, BW = Beschwerdeführer, BWV = Vertreter des Beschwerdeführers):
"VL: Was würden Sie im Falle einer Rückkehr nach Kamerun befürchten?
BW: Die Lage wird in Kamerun immer schlechter. So wurde zB früher für den Beginn des neuen Jahrtausends ein unabhängiger Staat für Südkamerun per Radio deklariert.
VL: Was hat dies konkret mit Ihnen zu tun?
BW: Das hat mit mir insofern zu tun, als Vertreter der Regierung nunmehr verstärkt nach Mitgliedern der SCNC und SCYL suchen, weil diese Gruppierungen für die Loslösung im Norden des Landes kämpfen.
VL: In welcher Abteilung der Gruppen waren Sie?
BW: Ich war in der Jugendabteilung d. SCNC. Meine Gruppierung heißt SCYL.
VL: Welche Tätigkeit haben Sie ausgeübt?
BW: Ich war hauptsächlich verantwortlich für die Verteilung
von Flugblättern und Einladungen und ähnlichem.
VL: Sind Sie von staatlicher Seite verfolgt worden?
BW: Unsere Gruppierung wurde zwar zugelassen, andererseits sollte aber verhindert werden, dass wir uns politisch betätigen.
VL: Was ist Ihnen konkret passiert?
BW: Im Feb. 1997 protestierten wir gegen das Verhalten der Regierung. Es hatte im Jahre 1996 eine Wahl stattgefunden, bei welcher die SDF gewonnen hatte.
VL: Sind sie verhaftet worden?
BW: Ja.
VL: Wann war das?
BW: Im Feb. 1997 und im Oktober 1998 war ich jeweils verhaftet.
VL: Waren Sie in einem Gefängnis und in welchem?
BW: Im Feb. 1997 wurde ich in Polizeihaft in Muyuka genommen.
VL: Wie lange waren Sie dort?
BW: Für 5 Stunden. Im Okt. 1998 war ich in Buie für 6 Stunden.
VL: Sind Sie dann entlassen worden?
BW: In Kamerun wird man in Polizeihaft mit einer Machete geschlagen und gezwungen eine Erklärung zu unterschreiben.
VL: Das ist Ihnen auch widerfahren?
BW: Ja. Ich wurde geschlagen und gezwungen eine Erklärung zu unterschreiben, dass ich nicht an Demonstrationen teilnehme.
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VL: Bei einer Rückkehr nach Kamerun, was würden Sie konkret befürchten?
BW: Wegen meiner Zugehörigkeit zu meiner Bewegung muss ich damit rechnen, bei der Einreise verhaftet zu werden.
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BWV: Ist Ihr Name der Polizei in ganz Kamerun bekannt. Würde man Sie auch in anderen Teilen von Kamerun suchen?
BW: Hätte ich kein schwer wiegendes politisches Problem, wäre ich nicht zum politischen Flüchtling geworden. Ich will damit sagen, dass mein Name und meine Funktion als Verantwortlicher für die parteiliche Öffentlichkeitsarbeit bekannt sind, werde ich von der Polizei im ganzen Land gesucht. Das Ziel der Partei ist die Unabhängigkeit des Südkamerun.
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BWV: Hat bei Ihrer Behandlung durch die Polizei Ihre
Abstammung aus dem Sudan eine Rolle gespielt?
BW: Ich hatte das Gefühl von der Polizei wie ein Fremder behandelt zu werden und allgemein gilt in Kamerun, dass Personen mit einem Elternteil aus einem anderen Land nur als "Halbkameruner" angesehen werden und in den Dörfern an verschiedenen traditionellen Bräuchen nicht teilnehmen dürfen.
...
Erörtert und dargetan werden von der VL folgende Berichte:
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Bericht vom Home Office Cameroon Assessment vom April 2000 (Beilage J)
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Auszug aus dem Asylmagazin vom Juni 2000, betreffend Kamerun (Beilage K)
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Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 13.04.2000 (Beilage L)
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Bericht des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Stand Juni 1999 (Beilage M)
Dem BWV wird eine Stellungnahmefrist von 14 Tagen bezüglich der vorgelegten Dokumente gewährt.
VL: Was hat man Ihnen entgegengehalten von Seiten der Polizei bezüglich der Verhaftungen?
BW: Wir wurden wegen Störung der öffentlichen Ordnung und des Versuchs innerhalb eines Staates einen weiteren Staat zu gründen, beschuldigt.
Die Beweisaufnahme wird geschlossen."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG ab und sprach gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 des Fremdengesetzes 1997 die Feststellung aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun zulässig sei. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Aufzählung der im Verhandlungsprotokoll genannten Beweismittel gelangte die belangte Behörde vorerst zu folgenden Sachverhaltsfeststellungen:
"Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kamerun. Der Beschwerdeführer ist nicht Staatsbürger des Sudan. Die vom Beschwerdeführer angegebene Fluchtroute in den Sudan wird für nicht glaubwürdig erachtet. Die Angaben zu den Fluchtgründen, nämlich eine Verfolgung von staatlicher Seite im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft bei der SCYL werden mangels Glaubwürdigkeit nicht der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Zur politischen Situation in Kamerun werden folgende Feststellungen getroffen:
Die SCYL wurde 1995 in Buea gegründet und ist die Jugendorganisation des SCNC und setzt sich wie dieser für die Unabhängigkeit der englischsprachigen Provinzen ein und wird wie der SCNC für die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Nordwestprovinz 1997 verantwortlich gemacht. Mitglieder der SCYL wurden in diesem Zusammenhang verhaftet. Laut einer Auskunft des Auswärtigen Amtes und einer Auskunft des Instituts für Afrikakunde werden aktive Mitglieder des SCNC in Kamerun nicht systematisch politisch bloß wegen ihrer Mitgliedschaft verfolgt. Der SCNC ist eine legale Organisation; sehr wohl würde es aber zu Schikanen und Benachteiligungen von SCNC-Mitgliedern kommen. SCNC-Mitglieder unterliegen einem erhöhten Verfolgungsrisiko und würden dann verfolgt, wenn ihnen eine Beteiligung an den Anschlägen in den sezessionistischen anglophonen Provinzen unterstellt werde. Im Oktober 1999 wurden mehrere Personen nach einem laut Amnesty International unfairen Gerichtsverfahren zu langen Freiheitsstrafen verurteilt. Ihnen (und dem SCNC) war die Beteiligung an bewaffneten Angriffen in der Nordwest-Provinz im März 1997 vorgeworfen worden. Am 8. und 9.1.2000 hielt die SCNC Kundgebungen in Buea und Limbe in der Südwest-Provinz ab. Danach soll es zu Verhaftungen zahlreicher SCNC-Aktivisten gekommen sein."
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die vom Beschwerdeführer angegebene Fluchtroute sowie das Vorbringen betreffend die Verfolgung von staatlicher Seite im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft bei der SCYL würden deshalb nicht für glaubwürdig erachtet, weil er sich im Rahmen seiner Einvernahmen in wesentlichen Punkten - wie näher dargelegt in seinen Angaben über den Fluchtweg - widersprochen habe. Auf Grund der widersprüchlichen Aussagen sei zusammenfassend davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die von ihm geschilderte Fluchtroute in den Sudan nicht selbst habe erleben können und sein diesbezügliches Vorbringen dadurch völlig unglaubwürdig sei. Auch hinsichtlich seiner Angaben im Zusammenhang mit seiner Parteitätigkeit bei der SCYL und die damit verbundene Polizeihaft ergäben sich - näher dargelegte - Widersprüche. Zusammenfassend halte die belangte Behörde daher fest, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft machen können, dass er "bezüglich seiner Mitgliedschaft zur SCYL Schwierigkeiten mit den staatlichen Behörden" habe. Die Feststellungen über die Situation in Kamerun ergäben sich aus den Beilagen D, E (Anm.: ein vom Jugendwohlfahrtsträger vorgelegter Amnesty International-Report vom Juni 1999, betreffend die Lage der Menschenrechte - u.a. in Kamerun - im Zeitraum September 1998 bis März 1999) und J bis M. Rechtlich folgerte die belangte Behörde, im gegenständlichen Fall sei eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht gegeben, weil der Beschwerdeführer eine Verfolgung von staatlicher Seite auf Grund seiner Mitgliedschaft bei der SCYL nicht habe glaubhaft machen können. Auf Grund der allgemeinen Feststellungen werde weiters betont, dass einfache Mitglieder dieser Organisation keiner systematischen Verfolgung ausgesetzt seien. Der Beschwerdeführer habe in concreto keine Indizien aufgezeigt, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass er Gefahr liefe, in Kamerun einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Aus den Feststellungen zur allgemeinen Situation in Kamerun ergebe sich im Übrigen kein Anhaltspunkt, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde einer Gefahr im Sinn des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG ausgesetzt wäre.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, auf Grund des Beweisverfahrens stelle sich die aktuelle Situation in Kamerun dermaßen dar, dass Funktionäre des SCNC bzw. des SCYL asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt seien. Im Zusammenhang mit Unabhängigkeitsbestrebungen komme es zu Verfolgungen dieses Personenkreises. Besonders sei es in dem Zeitraum, den der Beschwerdeführer geschildert habe, zu schweren Übergriffen von staatlichen Behörden gegen SCNC- bzw. SCYL-Mitgliedern gekommen. Weiters werde in einer "Akkordstellungnahme vom 2. August 2000" von einer Rückführung aktiver Mitglieder des SCYL nach Kamerun ausdrücklich abgeraten, weil die Gefahr bestünde, dass diese von staatlichen Behörden verfolgt würden. In diesem Bericht werde auch bestätigt, dass unmittelbar vor der Flucht des Beschwerdeführers im April 1999 mehrere Jugendliche in der Nordwestprovinz erschossen worden wären und diese Verfolgungshandlungen auch im Jahr 2000 fortdauerten bzw. seit der Veröffentlichung der Unabhängigkeitserklärung am 30. Dezember 1999 an Intensität zugenommen hätten, sodass derzeit eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kamerun aus asylrelevanten Gründen nicht möglich sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Die Gefahr einer Verfolgung im Sinn des § 7 AsylG muss aktuell sein, daher auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung bezogen beurteilt werden. In der Vergangenheit liegenden Verfolgungshandlungen kommt Indizwirkung für die von der belangten Behörde festzustellende und zu beurteilende Gefahr einer Verfolgung zu.
Der Beschwerdeführer sah - schon bei seiner Einvernahme vor der Erstbehörde - den fluchtauslösenden Grund darin, dass Anhänger und Mitglieder des SCYL in den Verdacht geraten seien, für einen Kampf gegen die Regierung ausgebildet zu werden. Dies habe sich in der Tötung von zehn Jugendlichen durch Regierungssoldaten manifestiert. Bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde gab er - ohne dass darin eine Steigerung des Vorbringens zu erkennen wäre - an, Vertreter der Regierung suchten nunmehr verstärkt nach Mitgliedern der SCNC und SCYL, weil diese Gruppierungen für die Loslösung im Norden des Landes kämpften.
Die belangte Behörde zieht nicht in Zweifel, dass der Beschwerdeführer Mitglied der SCYL ist. Sie sieht seine Behauptungen über seine Parteitätigkeit bei der SCYL - und eine daraus resultierende aktuelle Verfolgungsgefahr - dadurch entkräftet, dass sein diesbezügliches, "gesteigertes" Vorbringen nicht glaubhaft sei. Damit hat sie jedoch die vom Beschwerdeführer ebenfalls geltend gemachte aktuelle Gefahr einer Verfolgung auf Grund seiner bloßen Mitgliedschaft zur SCYL wegen unterstellter Unterstützung sezessionistischer Bestrebungen nicht näher behandelt, obwohl sie im Rahmen ihrer Sachverhaltsfeststellungen von einem "erhöhten Verfolgungsrisiko" von SCNC-Mitgliedern ausging, wenn diesen eine Beteiligung an Anschlägen in sezessionistischen Provinzen unterstellt werde.
Da die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte aktuelle Gefahr einer Verfolgung (auch) als einfaches Mitglied der SCYL ohne nähere Begründung als nicht gegeben erachtete, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 18. Februar 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001010231.X00Im RIS seit
18.08.2003