TE Vwgh Beschluss 2003/2/18 2002/05/0918

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Veröffentlicht am 18.02.2003
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Index

L10104 Stadtrecht Oberösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
Statut Linz 1992 §46 Abs1 Z2;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, in der Beschwerdesache des Franz Untersmayr in Linz, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Linz Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der gegenständlichen, am 18. Juli 2002 zur Post gegebenen und am 22. Juli 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde belangt der Beschwerdeführer den Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz und bringt der Sache nach zusammengefasst vor, dieser habe durch mehr als sechs Monate nach Aufhebung eines Berufungsbescheides der belangten Behörde durch die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 8. Jänner 2002 über eine von ihm gegen einen erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid eingebrachte Berufung nicht entschieden. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juli 2002 wurde über diese Beschwerde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG das Vorverfahren eingeleitet.

Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift ausgeführt, dass der versäumte Bescheid demnächst nachgeholt werde. Allerdings sei die Säumnisbeschwerde unzulässig, weil es die Beschwerdeführerin unterlassen habe, zuvor den Gemeinderat, der gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 des Statutes für die Landeshauptstadt Linz 1992, LGBl. Nr. 7/1992 (StL 1992) als Oberbehörde iS des § 73 Abs. 2 AVG anzusehen sei, mit Devolutionsantrag anzurufen. Beantragt wurde, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin hat sich hiezu nicht geäußert.

Im Beschwerdefall ist daher zu prüfen, ob der Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz im Verhältnis zum Stadtsenat (belangte Behörde) die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG ist.

§ 46 StL 1992 enthält nähere Bestimmungen über die Zuständigkeit des Gemeinderates; nach Abs. 1 Z. 2 dieses Paragraphen steht dem Gemeinderat die Ausübung der Oberaufsicht über die Geschäftsführung zu; der Gemeinderat ist insbesondere befugt, die Geschäftsführung des Magistrates in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen sowie die Vorlage aller einschlägigen Akten, Urkunden, Rechnungen, Schriften und Berichte zu verlangen.

In dieser Bestimmung ist zwar nicht ausdrücklich die Rede davon, dass der Gemeinderat die gegenüber dem Stadtsenat in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse ausübt, es ergibt sich aber andererseits aus dem StL 1992 auch nicht das Gegenteil.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter anderem sachlich in Betracht kommende Oberbehörde jene, die - bei Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Kommt ein Weisungsrecht gegenüber der säumigen Behörde nicht in Betracht, so genügt die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht gegenüber der säumigen Behörde, um der hiezu berufenen Behörde die Stellung einer Oberbehörde in diesem Sinn zu verleihen (siehe dazu den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 24. April 1986, Slg. Nr. 12.123/A, betreffend den Berufungssenat der Stadt Wien, unter Hinweis auf Vorjudikatur; aus jüngerer Zeit vgl. etwa auch den hg. Beschluss vom 27. November 1996, Zl. 96/12/0271, betreffend die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz).

Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Stellung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz gemäß dem Stadtstatut, so ist dieser im Verhältnis zum Stadtsenat als "sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" anzusehen. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der bundesverfassungsgesetzlichen Regelung der Gemeindeorgane insofern überein, als sich aus Art. 118 Abs. 5 B-VG, wonach alle Organe der Gemeinde für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich sind, ergibt, dass der Gemeinderat das oberste Organ der Gemeinde zu sein hat (vgl. dazu abermals den zuvor zitierten hg. Beschluss Slg. Nr. 12.123/A; siehe dazu auch den von der belangten Behörde genannten hg. Beschluss vom 22. Oktober 1985, Zl. 85/05/0136, zum Statut der Landeshauptstadt Linz; vgl. ebenfalls den hg. Beschluss vom 30. September 1997, Zl. 97/05/0160, zum Statut der Stadt Krems).

Da die Beschwerdeführerin den Gemeinderat nicht im Wege eines Antrages nach § 73 Abs. 2 AVG angerufen hat und vielmehr den Stadtsenat belangt, war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen (siehe hiezu auch den hg. Beschluss vom 4. September 2001, Zl. 2001/05/0223, zur gleich gelagerten Rechtslage des Statutes der Stadt Wels).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. I Nr. 501/2001.

Wien, am 18. Februar 2003

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002050918.X00

Im RIS seit

18.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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