TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/20 2001/06/0054

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Veröffentlicht am 20.02.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
95/03 Vermessungsrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
VermG 1968 §15 Abs1;
VermG 1968 §17;
VermG 1968 §20 Abs1;
VermG 1968 §43;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des G in D, vertreten durch Dr. Johannes Dörner, Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 20. März 2001, Zl. 96 205/64-IV/13/00, betreffend Aufhebung der Umwandlung nach § 20 VermG (mitbeteiligte Parteien: 1. F U und 2. M U, beide in D), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 2 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 24. Jänner 1995 stellte der Ingenieurkonsulent Dipl. Ing. W beim Vermessungsamt D (der erstinstanzlichen Behörde) gemäß § 39 VermG den Antrag auf Bescheinigung des auf Grund der Vermessung vom 9. Dezember 1994 ausgefertigten Planes GZ 3034/94. Der Eingabe war unter anderem eine Ablichtung formularmäßiger Zustimmungserklärungen der Anrainer angeschlossen.

Mit Bescheid des Vermessungsamtes D vom 23. Mai 1995, P- 28/95, wurde dieser Plan des Ingenieurkonsulenten Dipl. Ing. W antragsgemäß gemäß § 39 VermG bescheinigt und die betroffenen Grundstücksnummern wie folgt endgültig festgesetzt:

"neues Grundstück: KG W 721/3

geänderte Grundstücke: KG W 721/1 und KG W 106 und 107."

Gemäß § 20 Abs. 1 VermG wurde hinsichtlich der Grundstücke Nr. 721/3 der KG W und Nr. 106 der KG W überdies die Umwandlung vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster unter der Bedingung verfügt, dass dieser Plan im Grundbuch durchgeführt werde.

Dieser Bescheid wurde lediglich dem Antragsteller zugestellt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Deutschlandsberg vom 6. Juni 1995, TZ 1342/95, wurden die Grenzänderungen laut Plan des Ingenieurkonsulenten Dipl. Ing. W vom 9. Dezember 1994, GZ 3034/94, grundbücherlich eingetragen.

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Grundstücke Nr. 106 der Katastralgemeinde W und Nr. 721/3 der Katastralgemeinde W, welche eine gemeinsame Grenze haben. Die Mitbeteiligten sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 111/1 und 112 der Katastralgemeinde W, welche an das Grundstück Nr. 106 derselben Katastralgemeinde angrenzen.

Mit Eingabe vom 30. April 1999 (bei der Behörde erster Instanz eingelangt am 3. Mai 1999) beantragten die Mitbeteiligten die Zustellung des Bescheides vom 23. Mai 1995.

Dies erfolgte nicht, vielmehr erließ die Behörde erster Instanz den Bescheid vom 11. Juni 1999, mit dem Spruch:

"Die Umwandlung des Grundstückes Nr. 721/3 der Katastralgemeinde W sowie des Grundstückes Nr. 106 der Katastralgemeinde W vom Grundsteuerkataster in den rechtsverbindlichen Grenzkataster wird mit den im Plan des Dipl. Ing. W vom 1994-12-09, GZ 3034/94, dargestellten Grenzen verfügt."

Nach der Begründung dieses Bescheides wollte die Behörde erster Instanz jedoch lediglich die unterlassene Zustellung ihres Bescheides vom 23. Mai 1995 nachholen.

Gegen den Bescheid vom 11. Juni 1999 erhoben die Mitbeteiligten Berufung, im Wesentlichen mit der Begründung, der Erstmitbeteiligte sei nicht dazu befugt gewesen, anlässlich der Vermessung durch den Ingenieurkonsulenten Dipl. Ing. W am 9. Dezember 1994 für die Zweitmitbeteiligte eine Zustimmungserklärung im Sinne des § 43 Abs. 6 VermG abzugeben, und habe dies auch tatsächlich nicht getan.

Mit Bescheid (Berufungsvorentscheidung gemäß § 64a Abs. 1 AVG) vom 26. November 1999 hob die Behörde erster Instanz den Bescheid vom 11. Juni 1999, mit dem die Umwandlung des Grundstücks Nr. 721/3 der Katastralgemeinde W sowie des Grundstückes Nr. 106 der Katastralgemeinde W vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster verfügt worden war, auf und stellte unter einem fest, die genannten Grundstücke verblieben somit weiterhin im Grundsteuerkataster.

Mit Antrag vom 16. Dezember 1999 (bei der Behörde eingelangt am 17. Dezember 1999) begehrten die Mitbeteiligten die Vorlage ihrer Berufung an die Behörde zweiter Instanz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 15. September 2000 wurde gemäß § 17 Z. 3 und § 20 Abs. 1 in Zusammenhalt mit § 43 Abs. 6 VermG die Umwandlung des Grundstücks Nr. 106 der KG W vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster aufgehoben und - allerdings lediglich in der Begründung dieses Bescheides - festgestellt, dass hinsichtlich des Grundstücks Nr. 721/3 der KG W alle Voraussetzungen für die Umwandlung erfüllt gewesen seien, dieses Grundstück somit im Grenzkataster zu verbleiben habe. Die Behörde ging im Übrigen begründend nach Darstellung des Verfahrenslaufes und der Rechtslage davon aus, die von den Mitbeteiligten angeschnittene Frage, ob eine rechtswirksame Zustimmungserklärung der Zweitmitbeteiligten vorgelegen sei, könne dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die Zustimmungserklärung eines namentlich bezeichneten anderen Grundstücksnachbarn nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob nunmehr der Beschwerdeführer insoweit Berufung, als aufgrund der Berufung und des Vorlageantrages der Mitbeteiligten die Umwandlung des Grundstücks Nr. 106 der KG W vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster aufgehoben worden sei. Insoweit mit dem bekämpften Bescheid der Verbleib des Grundstücks Nr. 721/3 der KG W im Grenzkataster ausgesprochen worden sei, werde der Bescheid ausdrücklich nicht bekämpft. In der Berufung machte er geltend, der Erstmitbeteiligte sei zur Erhebung einer Berufung infolge der durch ihn - unstrittig - abgegebenen Zustimmungserklärung gemäß § 43 Abs. 6 VermG nicht mehr legitimiert; die Zweitmitbeteiligte habe anlässlich der nachträglichen Einholung der Zustimmungserklärungen durch den Beschwerdeführer persönlich zumindest konkludent zugestimmt, was in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren zutage getreten wäre.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. März 2001 wurde der Bescheid vom 11. Juni 1999, GZ P-28/95, ersatzlos aufgehoben und festgestellt, dass damit die Umwandlung des Grundstücks Nr. 106 der KG W vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster aufgehoben werde (Spruchpunkt 1), die Umwandlung des Grundstücks Nr. 721/3 der KG W in den Grenzkataster von Amtswegen aufgehoben (Spruchpunkt 2) und die Berufung des Erstmitbeteiligten abgewiesen (Spruchpunkt 3) wurde. Darüber hinaus stellte die belangte Behörde fest, dass die Berufungsvorentscheidung der Behörde erster Instanz rechtswidrig gewesen sei.

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und Zitierung der zur Anwendung gebrachten Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde - soweit dies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Relevanz ist - begründend aus, die Mitbeteiligten seien je zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke Nr. 111/1 und 112 der KG W, der Beschwerdeführer Eigentümer der Grundstücke Nr. 721/3 der KG W und Nr. 106 der KG W. Im Zuge der Überprüfung des zur Planbescheinigung eingereichten Planes des Dipl.-Ing. W durch das Vermessungsamt sei es verabsäumt worden, den Planverfasser dazu aufzufordern, auf der Zustimmungserklärung die vom Vermessungsgesetz (gemäß § 43 Abs. 6) vorgesehene Erklärung anzubringen, dass die Unterschrift der Zweitmitbeteiligten nicht zu erlangen beziehungsweise der Erstmitbeteiligte bevollmächtigt gewesen sei, für seine Ehefrau dem Grenzverlauf zuzustimmen. Die Verhandlung der Grenzen, deren Ziel die einvernehmliche Festlegung der Grenzen durch die betroffenen Eigentümer in der Natur sei, stelle einen wesentlichen Teil der Tätigkeit jedes Vermessungsbefugten dar. Darüber hinaus solle die Grenzverhandlung transparent und nachvollziehbar sein, die Parteien und Beteiligten ausreichend unter Vorhalt sämtlicher Behelfe informieren sowie eine eindeutige Dokumentation gewährleisten. Im Zuge der Verhandlung sei eine Niederschrift anzulegen und die Zustimmungserklärung als Nachweis des zwischen den Eigentümern geschlossenen Vertrages im Beisein des Leiters der Verhandlung abzugeben. Die Nämlichkeit der Parteien und allfällige Vertretungsbefugnisse würden durch die Unterschrift des Verhandlungsleiters beurkundet. Das Vermessungsamt habe es verabsäumt, die Zweitmitbeteiligte von der geplanten Umwandlung des benachbarten Grundstückes Nr. 106 gemäß § 18a VermG, in Kenntnis zu setzen. Von der erfolgten Planbescheinigung und der Umwandlung der Grundstücke Nr. 106 und 721/3, gemäß § 20 Abs. 1 VermG, sei "nur" der Antragsteller bescheidmäßig verständigt worden, obwohl die gesetzlichen Bescheidadressaten (außer den Grundeigentümern, deren Grundstücke umgewandelt werden sollten) auch - im Hinblick auf die wechselseitige Verbindlichkeit der gemeinsamen Grenzen - deren Anrainer seien. Die Grenzvermessung betreffe die beiden Katastralgemeinden W und W. Der Antrag auf Planbescheinigung sei für beide Katastralgemeinden gleichzeitig gestellt worden. In einem solchen Fall werde nur eine Geschäftszahl vergeben und für jede Katastralgemeinde ein Gleichstück des Planes der Vermessungsbehörde vorgelegt. Dies sei aber im Beschwerdefall nicht geschehen, vielmehr sei der Teilungsausweis über die von der Teilung betroffenen Grundstücke und auch die Zustimmungserklärung unterschiedlich.

Auch sei vom Beschwerdeführer die grundbücherliche Durchführung der Teilung des Grundstückes Nr. 721/1 nach den Sonderbestimmungen des § 13 LiegTeilG beantragt worden. Die Behörde zweiter Instanz sei davon ausgegangen, dass es sich um Gleichstücke gehandelt habe, und habe bei ihrer Entscheidungsfindung nur einen Plan herangezogen, nämlich den die KG W betreffenden. Dadurch sei sie dem Irrtum verfallen, dass nicht nur die Zustimmung der Zweitmitbeteiligten, sondern auch die des anderen betroffenen Anrainers, die Grenze zu Grundstück Nr. 105/1 betreffend, gefehlt habe.

Die gemäß § 64a Abs. 1 AVG für eine Berufungsvorentscheidung vorgeschriebene Frist von zwei Monaten sei von der Behörde erster Instanz nicht eingehalten worden. Die Berufung sei am 25. Juni 1999 im Vermessungsamt eingelangt, die Berufungsvorentscheidung jedoch erst am 16. November 1999 ergangen.

Das Vermessungsgesetz unterscheide zwischen dem Bescheid nach § 39 VermG (Planbescheinigung) und jenem nach § 20 VermG (Umwandlung in den Grenzkataster). Unklar könne allenfalls die Bedeutung des Wortes "gemeinsam" in § 20 Abs. 1 und § 39 Abs. 5 VermG sein. Die Behörde gehe davon aus, dass der Gesetzgeber das Wort "gemeinsam" im Sinne von "gleichzeitig", nicht aber zwingend im Sinne von "in einem einheitlichen Verwaltungsakt" verstanden habe. Der Vermessungsbehörde stünde es demnach frei, zwei getrennte Bescheide, nämlich jeweils einen betreffend die Planbescheinigung und einen weiteren betreffend die Umwandlung, zu erlassen, sofern nur die Erlassung im engen zeitlichen Zusammenhang erfolge. Im gegenständlichen Fall habe die Behörde erster Instanz jedoch einen gemeinsamen Bescheid erlassen, der zwar verschiedene Inhalte habe, jedoch nachträglich nicht mehr in einzelne Teilbescheide zerlegbar sei. Deshalb sei der am 11. Juni 1999 ergangene Bescheid der Vermessungsbehörde über die Umwandlung der Grundstücke 106 und 721/3 ersatzlos aufzuheben gewesen.

Adressat des Bescheides über die Umwandlung seien der Eigentümer des umzuwandelnden Grundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück angrenzenden Grundstücke. Habe die Vermessungsbehörde mehrere Verwaltungsakte zu einem Bescheid zusammengefasst, so sei dieser Bescheid den Parteien zuzustellen (auch wenn ihnen nur im Hinblick auf einzelne der zusammengefassten Verwaltungsakten Parteistellung zukomme). Die Berufung der Mitbeteiligten gegen den ihnen erst am 15. Juni 1999 zugestellten Bescheid sei daher zulässig, die Berufung des Erstmitbeteiligten aber nicht gerechtfertigt. Durch die unbestritten von ihm abgegebene Zustimmungserklärung zum Grenzverlauf sei ein beiderseits bindender Vertrag zustande gekommen, der nicht durch die Berufung gegen die Umwandlung "unterlaufen" werden könne.

Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen sei davon ausgegangen, dass auch die Zustimmung des Eigentümers des Gst Nr. 105/1 zum Grenzverlauf zu Gst. Nr. 106 gefehlt habe und sei daher auf die Frage, ob eine Zustimmung der Zweitmitbeteiligten vorliege, nicht mehr eingegangen. Dabei habe es sich jedoch um einen Irrtum gehandelt, da die Unterschrift dieses Anrainers zwar vorhanden gewesen sei, nur auf der für die KG W vorgesehenen Planausfertigung gefehlt habe. Durch diesen Irrtum veranlasst habe sich der Bescheid der Behörde zweiter Rechtsstufe mit der entscheidungswesentlichen Frage, ob der Erstmitbeteiligte für seine Frau vertretungsbefugt gewesen sei, nicht auseinandergesetzt.

Gemäß § 17 ff VermG erfolge die Umwandlung vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster grundstücksweise, nicht einlagezahlweise, die Zustimmungserklärung beziehe sich daher gemäß § 17 Z. 3 VermG auf den Verlauf der Grenze eines Grundstückes zu einem angrenzenden. Man könne daher nicht von der Zustimmung zu einer Grundstücksgrenze auf die Zustimmung zu allen Grundstücken eines Grundbuchskörpers schließen. Insoweit der Beschwerdeführer vorgebracht habe, er habe den Mitbeteiligten eine Verständigung über den Termin der Vermessung persönlich überbracht, sie seien zur Vermessung nicht erschienen und die Mitarbeiter des Ingenieurkonsulenten hätten dem Beschwerdeführer das bereits vorausgefüllte Formular über die Zustimmungserklärung mit der Bitte ausgehändigt, sich zu den Mitbeteiligten zu begeben und die Unterschrift einzuholen, widerspreche diese Schilderung der von diesem dem Amtsleiter der Behörde erster Instanz gemachten Mitteilung, dass die Mitbeteiligen bei der Vermessung am 9. Dezember 1994 zugegen gewesen seien und mündlich ihre Zustimmung zum Grenzverlauf gegeben hätten. Die Aussagen über die Anwesenheit der Mitbeteiligten bei der Verhandlung der Grenze seien also widersprüchlich. Offensichtlich sei auch, dass im Formular für die Zustimmungserklärungen der Name "M U" und die Bemerkung unter der Unterschrift des F U "gilt auch für M U", mit einem anderen Schreibgerät und in einer anderen Schrift als die übrigen Namen eingetragen worden seien. Diese Eintragungen seien also vermutlich ergänzt worden und seien deshalb durch den Planverfasser zu beurkunden gewesen. Außerdem gebe es keinen schlüssigen Hinweis auf eine Vertretungsbefugnis des Erstmitbeteiligten. Die Beweiskraft der Planurkunde sei darüber hinaus durch divergierende Ausfertigungen dieser Urkunde in Frage gestellt. Aufgrund dieser Widersprüchlichkeiten und Unvollständigkeiten sowie der weitreichenden rechtlichen Folgen einer Umwandlung eines Grundstückes in den Grenzkataster sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Auch lägen die Voraussetzungen für eine Umwandlung für das Grundstück Nr. 721/3 nicht vor. Dieses Grundstück sei im Jahre 1997 von einer weiteren Vermessung insoweit betroffen gewesen, als es durch den Zuwachs eines Teilstückes des angrenzenden Grundstückes 720 (EZ 21, Eigentümerin R) vergrößert worden sei. Die Grenze sei so gezogen worden, dass das Grundstück Nr. 721/3 jetzt einen Grenzpunkt (Nummer 346) mit der streitigen Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 106 und Nr. 112 gemeinsam habe. Damit liege jedenfalls nicht für den gesamten Grenzverlauf des Gst Nr. 721/3 eine einvernehmlich festgelegte Grenze vor, weshalb auch die Umwandlung dieses Grundstückes aufzuheben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Beschwerdegründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem sich aus § 20 Abs. 1 iVm §§ 17 Z. 3, 18a, 39 und 43 Abs. 6 VermG ergebenden Recht darauf, dass die Umwandlung der Grundstücke Nr. 106 der KG W und Nr. 721/3 der KG W vom Grundsteuerkataster in den Grenzkataster weder durch Berufung der Mitbeteiligten noch von amtswegen aufgehoben werden und folglich im Grenzkataster verbleiben, sowie in seinem Recht auf rechtsrichtige Anwendung des § 68 Abs. 3 AVG verletzt.

Die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, beantragte jedoch die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde und legte die Verwaltungsakten vor.

Die Mitbeteiligten erstatteten eine Gegenschrift, ohne einen Kostenersatzantrag zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegen die im Spruchpunkt 2 vorgenommene Aufhebung der Umwandlung des Grundstücks Nr. 721/3 der KG W in den Grenzkataster macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Voraussetzungen für eine amtswegige Behebung gemäß § 68 Abs. 3 AVG nicht vorgelegen seien.

Zwar hat die belangte Behörde ihren Bescheid in diesem Punkte nicht - wie der Beschwerdeführer meint - auf § 68 Abs. 3 AVG gestützt, der Beschwerdeführer kann daher in dem Recht auf rechtsrichtige Anwendung dieser Bestimmung nicht verletzt worden sein.

Der Beschwerdeführer hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass sich seine Berufung gegen den zweitinstanzlichen Bescheid ausschließlich gegen die Umwandlung des Grundstücks Nr. 106 KG W gerichtet hatte, die Umwandlung des Grundstücks Nr. 721/3 der KG W in den Grenzkataster somit mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen war. Die belangte Behörde war daher im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG nicht befugt hinsichtlich dieses, nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens bildenden, Teils des Abspruchs eine Entscheidung zu fällen. Die Umwandlung des Grundstücks Nr. 721/3 der KG W in den Grenzkataster war nicht mehr "Sache" des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde im Sinne der Rechtsprechung zu § 66 Abs. 4 AVG, so dass diese Aufhebung der Umwandlung rechtwidrig erfolgte, zumal auch keine Anhaltspunkte für die Annahme einer Untrennbarkeit der Bescheidabsprüche über die Umwandlung erkennbar sind. Dadurch dass die belangte Behörde die Umwandlung des Grundstücks Nr. 721/3 der KG W in den Grenzkataster von amtswegen vorgenommen hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er in diesem Umfange gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Hinsichtlich der Aufhebung der Umwandlung des Grundstücks Nr. 106 KG W jedoch erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Gemäß § 17 Z. 3 des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, in der Fassung BGBl. Nr. 238/1975 - VermG, erfolgt die grundstücksweise Umwandlung in den Grenzkataster (§ 15 Abs. 1 Z 1) u. a. auf Grund eines Beschlusses des Grundbuchsgerichtes nach einer sonstigen Grenzvermessung (als einer solchen nach § 17 Z. 1 VermG) hinsichtlich der Grundstücke, deren Grenzen zur Gänze von der Grenzvermessung erfasst sind und für die eine Zustimmungserklärung der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze beigebracht wird.

Gemäß § 20 Abs. 1 VermG ist die Umwandlung gemäß § 17 Z 3 und 4 gemeinsam mit der Bescheinigung gemäß § 39 mit Bescheid unter der Bedingung zu verfügen, dass der Plan im Grundbuch durchgeführt wird. Nach Abs. 2 leg cit. ist die Umwandlung in allen übrigen Fällen mit Bescheid zu verfügen und nach Eintritt der Rechtskraft desselben im Grundstücksverzeichnis des Grundsteuerkatasters einzutragen.

§ 43 VermG enthält Sonderbestimmungen für Vermessungsbefugte. Dessen Abs. 6 trifft Bestimmungen hinsichtlich näher umschriebener Vermessungen betreffend bestimmte Grundstücke, die noch nicht im Grenzkataster enthalten sind; diesfalls sind den Plänen überdies Zustimmungserklärungen der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze dieser Grundstücke anzuschließen. Soweit solche Zustimmungserklärungen nicht zu erlangen waren, hat der Plan eine Erklärung des Planverfassers hierüber unter Angabe der Namen und Adressen der betreffenden Eigentümer zu enthalten.

Im Lichte des Spruchteiles 1 des angefochtenen Bescheides (in dritter Instanz), mit dem der erstinstanzliche Bescheid vom 11. Juni 1999 betreffend die Umwandlung des Grundstücks Nr. 106 KG W ersatzlos behoben wurde, ist die mit dem Bescheid der zweiten Instanz gleichfalls ausgesprochene Aufhebung dieser Umwandlung im Sinne dieses Spruchpunktes 1 zu verstehen. Die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides erweist sich in diesem Umfang schon deshalb als rechtmäßig, weil mit dieser Entscheidung gegen den Grundsatz der entschiedenen Sache verstoßen wurde.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde - soweit sie den Spruchpunkt 1 und 3 des angefochtenen Bescheides betrifft - gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Februar 2003

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch den Berufungsantrag Umfang der Anfechtung Teilrechtskraft Teilbarkeit der vorinstanzlichen Entscheidung Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001060054.X00

Im RIS seit

07.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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