TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/20 2000/07/0211

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Veröffentlicht am 20.02.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §59 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §8 impl;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §113;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft M in M, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 5. Jänner 2000, Zl. VIb-112/298-1999, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Bund, Bundesgebäudeverwaltung I, vertreten durch den Landeshauptmann von Vorarlberg in Bregenz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 331,75 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Schreiben des Landeshochbauamtes F vom 26. September 1997 teilte die mitbeteiligte Partei (MP) der Bezirkshauptmannschaft F (BH) mit, dass beabsichtigt sei, beim Zollamt F, Zweigstelle M, einen (neuen) Grundwasserbrunnen zu errichten. In der Folge stellte die MP mit Schreiben des Landeshochbauamtes F vom 31. Oktober 1997 bei der BH einen Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Grundwasserentnahme für die Trink- und Brauchwasserversorgung.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der BH am 16. Dezember 1997 - laut der diesbezüglichen Verhandlungsniederschrift war Verhandlungsgegenstand die geplante Errichtung eines Grundwasserbrunnens auf dem Grundstück Nr. 2100/8 der EZ 847 Grundbuch M - wurde dieser Antrag mit Schreiben des Landeshochbauamtes F an die BH vom 2. September 1998 zurückgezogen.

Nach einer weiteren Antragstellung und Antragszurückziehung stellte die MP schließlich mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 an die BH (dort eingelangt am 12. Jänner 1999) den Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Grundwasserbrunnens auf dem Grundstück Nr. 2153/3 der EZ 492 Grundbuch M. Über diesen Antrag führte die BH am 9. Februar 1999 eine mündliche Verhandlung durch. Laut der Verhandlungsniederschrift sollte der neue Grundwasserbrunnen ca. 70 m südwestlich des Zollamtes auf dem Grundstück Nr. 2153/3 errichtet werden, wobei dieses Grundstück im Eigentum des Bundes stehe.

Im Grundbuch M ist ob der Liegenschaft EZ 492 (in COZ 2a) zugunsten der Beschwerdeführerin folgendes Recht eingetragen:

"Stand 1911

Dienstbarkeit der Nutzung des Rheinvorlandes und des Vorlandes des rechtseitigen Illdammes nächst der Illmündung Gst 1597, 2067/1, 2153/3, 2153/5 gem Pkt 3 des Vertrages 1873-11- 07 betreffend den Konkurenz-Modus bei Herstellung und Einhaltung der Uferschutzbauten sowie des Par 6 des Gesetzes von 1892-05-11 LGBl Nr 12 und des Übereinkommens 1892-09-15 LGBl Nr 37 welche Nutzung in der Gewinnung von Letten, Sand, Schotter und Steine, Mähen von Gras oder Streue, sowie in Schneiden und Fällen von Gesträuchen und Holz, soweit diese Nutzungen nicht den k.k.Ärar zu Wasserbauzwecken benötigt werden, für die Agrargemeinschaft Bürgergemeinschaft Meiningen".

In der Verhandlung vom 9. Februar 1999 erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie laut den im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten zur Nutzung berechtigt sei, sie auf Grund vorhergehender Besprechungen auch mit dem Landeshochbauamt einen Brunnen im nördlichen Bereich des Zollamtsgebäudes (Grundstück Nr. 2102/1) befürworte und sie den nunmehr beantragten Standort auf Grund der zu erwartenden Nutzungseinschränkung ablehne.

Mit Bescheid vom 24. September 1999 erteilte die BH der MP gemäß den §§ 10, 105 und 111 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung für die Grundwasserentnahme für Brauch- und Trinkwasserzwecke auf dem Grundstück Nr. 2153/3 nach Maßgabe der eingereichten, einen wesentlichen Bescheidbestandteil bildenden Plan- und Beschreibungsunterlagen und unter Setzung einer Reihe von Auflagen. Zu diesen Plan- und Beschreibungsunterlagen führte die BH in ihrem Bescheid ergänzend aus, dass sich der neue Grundwasserbrunnen ca. 100 m nordwestlich des Inselzollamtes Meiningen befinde und der Abstand des Brunnens zur Brücke über den Rhein ca. 35 m und ca. 25 m zum südlich gelegenen Damm, Grundstück Nr. 2103/1 betrage. Es sei beabsichtigt, an diesem Standort einen Bohrbrunnen bis in eine Tiefe von ca. 15 bis 20 m ab Geländeoberkante abzuteufen. Mittels einer Unterwasserpumpe werde Grundwasser gefördert und das Amtsgebäude sowie das Inselzollamt mit Trink- und Brauchwasser versorgt. Die Konsenswassermenge liege bei 2 l/s bzw. 1,5 m3/Tag bzw. 300 m3/Jahr. Weiters führte die BH in ihrem Bescheid aus, dass die Bundesgebäudeverwaltung I Vorarlberg, vertreten durch das Landeshochbauamt Feldkirch, mit Eingabe vom 26. September 1997 um die wasserrechtliche Bewilligung für eine Grundwasserentnahme auf dem Grundstück Nr. 2153/3 im Bereich des Rheinvorlandes angesucht habe. In der Begründung dieses Bescheides vertrat die BH die Auffassung, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Gemeinschaft im Sinn des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes handle und die im Grundbuch ob dem Grundstück Nr. 2153/3 eingetragenen Dienstbarkeiten keine Nutzungsrechte im Sinn des Grundsatzgesetzes 1959 (offensichtlich gemeint: 1951), BGBl. Nr. 103, über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten seien. Ihr komme daher keine Parteistellung im Sinn des § 102 WRG 1959 zu, und es seien die von ihr erhobenen Einwendungen zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die für sie grundbücherlich sichergestellte Dienstbarkeit unter § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 zu subsumieren sei, zumal die Beschwerdeführerin durch die Realisierung des beantragten Projektes zu einer Duldung und auch Unterlassung verpflichtet werden solle und sie darüber hinaus in ihren Rechten als Nutzungsberechtigte im Sinn des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten berührt werde. Ferner finde die erteilte Bewilligung in dem von der MP gestellten Antrag keine Deckung, weil diese um die Errichtung eines Grundwasserbrunnens ca. 70 m südwestlich des Zollamtes angesucht habe, ihr jedoch dessen Errichtung ca. 100 m nordwestlich des Zollamtes bewilligt worden sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 5. Jänner 2000 wurden gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 102 WRG 1959 der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 62 Abs. 4 AVG die in der Sachverhaltsdarstellung des erstinstanzlichen Bescheides enthaltene Wortfolge "Mit Eingabe vom 26.9.1997" in der Weise berichtigt, dass diese Wortfolge zu lauten habe: "Mit Eingabe vom 23.12.1998, eingelangt bei der Behörde am 12.1.1999" (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des vorangegangenen Verwaltungsgeschehens und Wiedergabe des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 aus, dass der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme, weil sie durch die Errichtung des Grundwasserbrunnens nicht zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werde und keine der im Grundbuch zu ihren Gunsten eingetragenen Rechte unmittelbar durch die Errichtung des Brunnens eingeschränkt würden. Die Beschwerdeführerin habe es im Übrigen auch unterlassen, zu spezifizieren, zu welcher Leistung, Duldung oder Unterlassung sie tatsächlich durch die Errichtung des Brunnens verpflichtet werden solle. Auch könne sie sich nicht auf ein Recht im Sinn des § 12 Abs. 2 leg. cit. oder auf die Stellung als Fischereiberechtigte berufen. Ferner sei eine Parteistellung im Sinn des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, auszuschließen. Bei den Wald- und Weideservituten im Sinn dieses Grundsatzgesetzes handle es sich um jene Rechte, die auf Grund des Servitutenpatentes 1853 durch Regulierungsentscheidungen der Regierungslokal- und Landeskommissionen festgelegt worden seien. Diese Rechte bezweckten die Ergänzung des Haus- und Gutsbedarfes an Wald- und Weidenutzung für die landwirtschaftlichen Betriebe auf fremdem Grund. Ihre Festlegung habe jeweils einer Vereinbarung bzw. einer Entscheidung der angeführten Kommissionen nach dem Servitutenpatent 1853 bedurft. Im vorliegenden Fall sei jedoch weder eine Vereinbarung noch eine Entscheidung dieser Kommissionen hervorgekommen, sodass davon auszugehen sei, dass kein Nutzungsrecht im Sinn des letzten Falls des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 vorliege, sondern vielmehr ausschließlich eine zivilrechtliche Vereinbarung zustande gekommen sei. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine Gemeinschaft nach dem Wald- und Weidenutzungsgrundsatzgesetz, sondern laut Auskunft der Agrarbezirksbehörde Bregenz im erstinstanzlichen Verfahren um eine solche nach dem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz handle, sodass eine Berufung der Beschwerdeführerin auf diese Bestimmung auch aus diesem Grund ausscheide. Allerdings sei darauf hinzuweisen, dass auf Grund eines allenfalls zum Schutz des Grundwasserbrunnens festzulegenden Schutzgebietes möglicherweise Entschädigungsleistungen an die Beschwerdeführerin auf Grund von Wirtschaftsbeschränkungen zu leisten sein würden. Da das Schutzgebietsverfahren jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei, könnten von der Beschwerdeführerin allfällige diesbezügliche Dienstbarkeitsbeschränkungen nicht rechtswirksam vorgebracht werden.

Was das Berufungsvorbringen hinsichtlich der mangelnden Deckung der erteilten Bewilligung in dem von der MP gestellten Antrag anlange, so sei auch dieses Vorbringen verfehlt. Ursprünglich sei mit Eingaben vom 26. September 1997 und 31. Oktober 1997 ein Grundwasserbrunnen südwestlich des Zollamtes beantragt worden. Dieser Antrag sei später zurückgezogen worden. Der dem Bewilligungsbescheid zugrunde liegende Antrag vom 23. Dezember 1998 (bei der Behörde am 12. Jänner 1999 eingelangt) beziehe sich auf das Grundstück Nr. 2153/3, und es sei auf Grund dieses Ansuchens am 9. Februar 1999 eine kommissionelle Verhandlung durchgeführt worden.

Da somit die Beschwerdeführerin keine Parteistellung erlangt habe, habe der Berufung hinsichtlich Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides kein Erfolg beschieden sein können.

Was den Spruchpunkt II. dieses Bescheides betreffe, so sei darin aus einem offenbaren Versehen der Antrag vom 23. Dezember 1998 als solcher vom 26. September 1997 benannt worden. Da sich die Ortsangaben über die Situierung und die Grundstücksnummer unzweifelhaft auf den dem Verfahren und dem Bescheid zugrunde liegenden Antrag vom 23. Dezember 1998 bezögen, handle es sich dabei offensichtlich um einen Schreibfehler, der zu berichtigen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 13. Juni 2000, B 293/00-3).

Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführerin auf Grund ihres ob dem Grundstück Nr. 2153/3 grundbücherlich einverleibten Nutzungsrechtes gemäß § 102 Abs. 1 lit. b erster Fall WRG 1959 Parteistellung zukomme, weil sie bei Realisierung des wasserrechtlich bewilligten Projektes zu einer Duldung bzw. Unterlassung verpflichtet werde, indem die Ausübung ihrer dinglichen Nutzungsrechte nicht mehr möglich sein werde. Dessen ungeachtet sei sie auf Grund dieses dinglichen Nutzungsrechtes auch Nutzungsberechtigte im Sinn des vorzitierten Grundsatzgesetzes 1951, dies zumindest im Hinblick auf ihre Weidenutzungsrechte, sodass ihr auch gemäß § 102 Abs. 1 lit. b letzter Fall WRG 1959 Parteistellung zukomme. Daraus, dass keine Vereinbarung bzw. Entscheidung der Kommissionen nach dem Servitutenpatent 1853 habe aufgefunden werden können, sei nicht zu schließen, dass eine Vereinbarung bzw. Entscheidung nicht existierte. Vielmehr lasse der Umstand der grundbücherlichen Eintragung der Nutzungsrechte den gegenteiligen Schluss zu. Die belangte Behörde hätte die wasserrechtliche Bewilligung somit versagen müssen oder die Dienstbarkeitsrechte der Beschwerdeführerin nur unter Festsetzung einer angemessenen Entschädigung einschränken oder aufheben dürfen, dies umso mehr, als an die Beschwerdeführerin wegen eines allenfalls festzulegenden Schutzgebietes und der damit verbundenen Wirtschaftsbeschränkungen möglicherweise Entschädigungsleistungen zu leisten sein würden. Darüber hinaus sei das bewilligte Projekt nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 1999 gewesen und handle es sich bei der Berichtigung im angefochtenen Bescheid um keine Richtigstellung im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG. Ferner habe die belangte Behörde - wie schon die BH - im Spruch ihres Bescheides nicht über die Einwendungen der Beschwerdeführerin abgesprochen und sei dem angefochtenen Bescheid nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, in welcher Weise über die Einwendungen entschieden worden sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die MP hat keine Gegenschrift erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 idF der WRG-Novelle 1990 sind Parteien in einem wasserrechtlichen Verfahren diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103.

Bei den Rechten im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG 1959 handelt es sich um rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum.

Die Parteistellung nach dem WRG 1959 vermittelt nicht die Befugnis, beliebige Einwendungen zu erheben, sondern es können die Parteien nur eine zu gewärtigende Beeinträchtigung ihrer wasserrechtlich geschützten Rechte geltend machen, wobei die Art der Beeinträchtigung zu konkretisieren ist (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, § 102 WRG Rz 10, 20).

Die Beschwerdeführerin stützt die von ihr behauptete Parteistellung auf die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit der Nutzung, welche in der Gewinnung von Letten, Sand, Schotter und Steinen, Mähen von Gras oder Streue, sowie im Schneiden und Fällen von Gesträuchen und Holz besteht, und begründete ihre in der mündlichen Verhandlung am 9. Februar 1999 erhobenen Einwendungen gegen den laut dem Verhandlungsprotokoll ca. 70 m südwestlich des Zollamtes auf dem Grundstück Nr. 2153/3 projektierten neuen Grundwasserbrunnen damit, dass sie diesen Standort auf Grund der zu erwartenden Nutzungsbeschränkung ablehne. In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem die Errichtung des neuen Grundwasserbrunnens ca. 100 m nordwestlich des Inselzollamtes auf dem Grundstück Nr. 2153/3 bewilligt wurde, brachte sie ergänzend vor, dass sie als Dienstbarkeitsberechtigte durch die Realisierung des Projektes zu einer Duldung und Unterlassung verpflichtet und darüber hinaus auch in ihren Rechten als Nutzungsberechtigte im Sinn des vorzitierten Grundsatzgesetzes 1951 berührt werde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1989, Zlen. 89/07/0017, 0018, und vom 12. Dezember 2002, Zl. 2000/07/0055, mwN) zählen Dienstbarkeitsrechte nicht zu den wasserrechtlich geschützten Rechten des § 12 Abs. 2 WRG 1959, sodass dem Beschwerdeführer insoweit keine Parteistellung zukommt.

Aber auch unter dem Blickwinkel der in § 102 Abs. 1 b WRG genannten Nutzungsrechte im Sinn des Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103, begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme, keinen Bedenken.

Gemäß § 1 Abs. 1 dieses Grundsatzgesetzes sind Nutzungsrechte im Sinn dieses Bundesgesetzes die im § 1 Z. 1, 2, 3 lit. a des Kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr. 130, bezeichneten Rechte, einschließlich der seit Erlassung dieses Patentes entstandenen Rechte dieser Art, und zwar (Z. 1) alle wie immer benannten Holzungs- und Bezugsrechte von Holz und sonstigen Forstprodukten in oder aus einem fremden Wald; (Z. 2) die Weiderechte auf fremdem Grund und Boden; (Z. 3) alle nicht schon unter 1 und 2 mitinbegriffenen Feldservituten, bei denen das dienstbare Gut Wald oder zur Waldkultur gewidmeter Boden ist, mit Ausnahme der Wegerechte.

Die Bestimmungen des § 1 Z. 1, 2 und 3 lit. a des vorgenannten Patentes haben folgenden Wortlaut:

"Den Bestimmungen dieses Patentes unterliegen:

1. Alle wie immer benannten Holzungs- und Bezugsrechte von Holz und sonstigen Forstproducten in oder aus einem fremden Walde;

2.

die Weiderechte auf fremdem Grunde und Boden;

3.

alle nicht schon in den Absätzen 1 und 2 mitbegriffenen Feldservituten, bei denen entweder

              4. a)              das dienstbare Gut Wald oder zur Waldkultur gewidmeter Boden ist, oder

              5. b)              .........".

Nach § 4 dieses Patentes waren die den Gegenstand des Patentes bildenden Rechte gegen Entgelt aufzuheben (Ablösung) oder, inwiefern die Ablösung nicht stattfinden konnte, in allen Beziehungen dergestalt festzustellen, dass hiedurch die möglichste Entlastung des Bodens erreicht werde (Regulierung). Zur Durchführung wurden in jedem politischen Verwaltungsgebiet Landeskommissionen bzw. von diesen abhängige Lokalkommissionen gebildet, die zum Zweck der Ablösung und der Regulierung jedes Nutzungsrechtes Erhebungen zu führen und Feststellungen zu treffen sowie Vergleiche aufzunehmen und über nicht durch gütliches Übereinkommen der Parteien (Vergleich) beigelegte streitige Punkte zu entscheiden hatten (vgl. §§ 7 ff, 33 ff des Patentes).

Nach § 43 iVm § 6 lit. a des Patentes konnten vom Tag der Kundmachung des Patentes die in § 1 Z. 1, 2 und 3 lit. a angeführten Rechte nicht mehr ersessen werden und später überhaupt nicht anders als durch einen schriftlich ausgefertigten Vertrag, eine letzte Willenserklärung oder einen bei einer Grundstücksteilung erfolgten Rechtsspruch nur unter der Bedingung erworben werden, dass die eingeräumte Dienstbarkeit von der Behörde als mit den "Landesculturs-Rücksichten" vereinbar erkannt und deren Ausübung zugelassen wurde.

Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen der belangten Behörde, dass im Verwaltungsverfahren weder ein Übereinkommen noch eine Entscheidung der Kommission im Sinn des vorzitierten Patentes hervorgekommen ist, und begründet ihre Auffassung, dass die zugunsten der Beschwerdeführerin grundbücherlich eingetragene Dienstbarkeit dennoch ein Nutzungsrecht im Sinn des genannten Patentes sei, mit dem Umstand der grundbücherlichen Eintragung. Aus diesem Umstand kann jedoch diese Schlussfolgerung nicht gezogen werden.

Die in dieser grundbücherlichen Eintragung angeführte Bestimmung des § 6 des Gesetzes vom 11. Mai 1892, wirksam für das Land Vorarlberg, betreffend den Ausbau der Rheinbinnendämme in Vorarlberg, LGBl. Nr. 12, spricht nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde. Darin wurde bestimmt, dass alle Handlungen, die die normale Ausbildung des Vorlandes (das ist der Terrainstreifen zwischen Wuhr und Damm) beeinträchtigen können, und Beschädigungen an den Wuhr- und Dammanlagen zu bestrafen sind und innerhalb des Vorlandes die Gewinnung von Letten, Sand, Schotter und Steinen, das Mähen von Gras oder Streu sowie das Schneiden und Fällen von Gesträuchen und Holz nur über besondere Bewilligung der politischen Behörde zulässig ist. Das in der grundbücherlichen Eintragung des Dienstbarkeitsrechtes angeführte Übereinkommen vom 15. September 1892, LGBl. Nr. 37, wurde bei der

k. k. Bezirkshauptmannschaft Feldkirch zwischen der Staatsverwaltung, dem Vorarlberger Landesausschuss und mehreren Gemeinden, darunter die Gemeinde Meiningen, abgeschlossen und betraf die Ausführung der im vorzitierten Landesgesetz vom 11. Mai 1892 bezeichneten Dammarbeiten am Rhein. Auch diese Bestimmungen legen nicht den Schluss nahe, dass es sich bei der grundbücherlich eingetragenen Dienstbarkeit um ein Recht handelt, das Gegenstand des vorgenannten Patentes bzw. im Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, geregelt ist.

Von daher kann die Auffassung der belangten Behörde, es sei davon auszugehen, dass kein Nutzungsrecht im Sinn des § 102 Abs. 1 lit. b letzter Fall WRG 1959 vorliege, nicht beanstandet werden und begegnet ihre Auffassung, dass der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme, daher keinem Einwand.

Mangels eines die Parteistellung vermittelnden Rechtes in Bezug auf das Grundstück Nr. 2153/3 konnte die Beschwerdeführerin nicht dadurch in subjektiven Rechten verletzt werden, dass die wasserrechtliche Bewilligung für die Grundwasserentnahme auf dem Grundstück Nr. 2153/3 an einem anderen Standort bewilligt wurde als dies Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 1999 war.

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG idF der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, wonach mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages Einwendungen als miterledigt gelten, ist - entgegen der Beschwerdeansicht - darin, dass die belangte Behörde die Einwendungen der Beschwerdeführerin im Spruch nicht zurückgewiesen hat, keine Rechtswidrigkeit gelegen. Aus dem den erstinstanzlichen Bescheid bestätigenden Bescheid ergibt sich unmissverständlich, dass die belangte Behörde der Beschwerdeführerin keine Parteistellung einräumte. Mangels einer Parteistellung kam eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg im Sinn des § 113 WRG 1959 nicht in Betracht (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die in Oberleitner, WRG (Wien 2000(, zu § 113 WRG E 6 zitierte hg. Judikatur).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Februar 2003

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Wasserrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000070211.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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