TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/25 2001/11/0090

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Veröffentlicht am 25.02.2003
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Index

L00209 Auskunftspflicht Informationsweiterverwendung Wien;
10/10 Auskunftspflicht;

Norm

AuskunftspflichtG 1987 §4;
AuskunftspflichtG Wr 1988 §1 idF 1999/029;
AuskunftspflichtG Wr 1988 §3 idF 1999/029;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Mag. Erich Poinstingl, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Capistrangasse 8, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 21. November 2000, Zl. MD-VfR-J 29/2000, betreffend Auskunftserteilung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 26. Jänner 2000 ersuchte der Beschwerdeführer den Leiter der Magistratsabteilung 12 um die Erteilung folgender Auskünfte:

1. Mit der Neubesetzung der Leitung der MA 12 sollen Reformen verbunden sein. Wenn ja, welche sind das?

2. Der Publikation "Wien in Zahlen", Ausgabe 1999, kann nicht entnommen werden, wie viele EmpfängerInnen "Geldaushilfen, darunter Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes", wenigstens einmal, im Jahre 1998 erhalten bzw. bezogen haben. Wie viele mitunterstützte Kinder und/oder Jugendliche hat es gegeben?

3. Ihr Vorgänger, Herr Senatsrat Dr. P, konnte anlässlich einer persönlichen Vorsprache im Jahre 1998 nicht erklären, welche Bedarfberechnung bzw. Grundlagen der sogenannten "Heiz(kosten)beihilfe" zu Grunde liegen. Könnte Ihre Behörde die Heiz(kosten)beihilfe von ihrer Entstehung bis zur Jetztzeit dokumentieren?

4. Wenn man bei der Berechnung des Sozialhilfeanspruches den nach der Richtsatzverordnung 1999 für einen Hauptunterstützten im Familienverbund von S 4.800,-- und 2 Mitunterstützten mit Familienbeihilfenanspruch von je S 1.505,-- festgelegten Richtsätzen ausgeht, würde ein Betrag von S 7.810,-- zuzüglich

S 840,-- Heiz(kosten)beihilfe in den Heizmonaten Oktober bis einschließlich April, herauskommen; zuzüglich Mietbeihilfe. Bei dieser Berechnung würde der durchschnittliche Mietenbedarf von

S 835,-- für eine Familie (und nicht für eine Einzelperson) nicht abgezogen werden.

Bei der Berechnung des Sozialhilfeanspruches nach § 13 Abs. 4 WSHG (erhöhter Richtsatz für das Jahr 1999, welcher im Einzelfall bei Familien mit Kindern herangezogen wird bzw. herangezogen werden kann) für einen Erwachsenen und zwei Kindern wird (wurde) ein Betrag von S 9.089,-- zu Grunde gelegt.

 

Variante A:

Hauptunterstützer im Familienverband und
2 Mitunterstützte mit Familienbeihilfenanspruch

Variante B:

"Familienrichtsatz"

1 Erwachsener und
2 Kinder (mit Familienbeihilfenanspruch)

Sozialhilferichtsatz (Bemessungsgrundlage/ amtlich festgelegter "Bedarf"

 

 

S 7.810,00

 

 

S 9.089,00

Mietenmehrbedarf 12/99

+ S 3.030,95

+ S 3.030,95

abzüglich Selbstbehalt

- S 0.000,00

- S 835,00

Heiz(kosten)beihilfe 12/99

+ S 840,00

+ S 0.000,00

Zwischensumme/
Sozialhilfebedarf

S 11.680,95

S 11.284,95

abezügl. anrechenbares Einkommen

 

 

abzügl. Alimente

 

 

abzügl. Sonstiges

 

 

5. Ich behaupte das Vorliegen bzw. Bestehen einer "Ungerechtigkeit". Da die sogenannte Heiz(kosten)beihilfe siebenmal gewährt wird, erhält man bei Variante B aufs Jahr umgerechnet um S 2.772,-- weniger. Die Heiz(kosten)beihilfe und die Regelung bzw. Handhabung des Mietenselbstbehaltes stellt sich bei folgender Betrachtungsweise noch ungerechter dar:

Alleinunterstützter plus Heiz(kosten)beihilfe auf der einen Seite, Variante B auf der anderen Seite; wobei die Frage offen bleibt, warum man bei zwei Kindern einem davon den Lebensbedarf durch den Mietenselbstbehalt kürzt, zumal im gegenständlichen Fall ein sozialhilfebedürftiger Erwachsener ohnehin den Mietzins in der Höhe von S 3.030,95 bezahlen müsste: Jemand mit Kind(ern) wird praktisch bestraft, jemand ohne Kind(er) erhält die Mietzinsbeihilfe zu 100 Prozent. Welche sachlichen und sozialgerechten Überlegungen stecken hinter dieser Vorgangsweise?! Könnten Sie mir alles zum "Sozialpaß P" sagen (Wer, wie, was, wo, wann; Anzahl der "Sozialpaß P-Inhaber")? Welche Kosten - und wofür - entstehen der Stadt Wien daraus?

Die Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14. Februar 2000 Folgendes mit:

"Es ist eine umfassende Umstrukturierung bzw. Neuorganisation des Wiener Sozialamtes geplant. Zu diesem Zweck werden diesbezügliche Konzepte erstellt, welche derzeit noch in Bearbeitung sind. Nähere Informationen über etwaige Änderungen sind daher zur Zeit leider nicht möglich.

Zu Ihrer Frage die Heizbeihilfe betreffend ist zu sagen, dass diese erstmals mit Verordnung der Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe geregelt wurde und jährlich betragsmäßig festgesetzt wird.

Zu den von Ihnen zusätzlich zu der Broschüre "Wien in Zahlen" gewünschten Auskünften sowie zu den Kosten des "Sozialpasses P" wird Ihnen mitgeteilt, dass es der Magistratsabteilung 12 nicht möglich ist, Ihnen über die in der Broschüre bereits angeführten Daten hinausgehende Informationen zu geben.

Bezüglich Ihres Sozialhilfeanspruches ist zu sagen, dass die Berechnung nach den derzeit geltenden Richtlinien erfolgte. Dieser Umstand wurde Ihnen bereits mehrmals dargestellt. Der Berufungsbescheid vom 16. November 1999 enthält zudem eine ausführliche Berechnung.

Für weitere Informationen und Fragen bezüglich Gewährung von Sozialhilfe sowie zur Ausstellung eines Sozialpasses stehen Ihnen die Mitarbeiter des Sozialreferates für den 11. Bezirk zur Verfügung, die Sie gerne ausführlich beraten werden. Darüber hinaus haben Sie auch die Möglichkeit im Internet unter der Magistratsabteilung 12-Homepage:

http://www.mag.wien.gv.at/ma12/Informationen einzuholen."

Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2000 stellte der Beschwerdeführer ein "neuerliches Ansuchen um Auskunft gemäß den Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes" hinsichtlich der am 26. Jänner 2000 gestellten Fragen.

Mit den an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 11. und 25. April 2000 brachte der Beschwerdeführer vor, sein Auskunftsbegehren vom 26. Jänner 2000 (bzw. 20. Februar 2000) sei innerhalb der offenen Zweimonatsfrist nicht beantwortet worden. Er beantrage daher die Ausstellung eines schriftlichen Bescheides, "ob Auskunft zu erteilen ist".

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. November 2000 wies die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers vom 20. Februar 2000, vom 11. April 2000 und vom 25. April 2000 auf Bescheiderlassung gemäß § 3 Abs. 3 und Abs. 6 Wiener Auskunftspflichtgesetz, LGBl. Nr. 20/1988 (idF LGBl. Nr. 29/1999), iVm § 6 Abs. 1 AVG und § 73 AVG zurück.

Nach Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen und des bisherigen Verfahrensgeschehens vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass weder eine ausdrückliche Verweigerung noch eine Fristversäumnis im Sinne des § 3 Abs. 3 Wiener Auskunftspflichtgesetz erfolgt sei. Es bestehe weder eine Pflicht noch eine behördliche Zuständigkeit zur Bescheiderlassung auf Grund der Eingaben des Beschwerdeführers vom 20. Februar 2000, 11. April 2000 und 25. April 2000. Bemerkt werde, dass die zitierte Auskunft auf die Anfrage sachlich und abschließend eingegangen sei und daher in ihr keinesfalls eine Verweigerung der Auskunft erblickt werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welchem sich der Beschwerdeführer in seinem subjektiven öffentlichen Recht "auf Auskunftserteilung und auf Ausstellung eines Bescheides gem. § 3 Wiener Auskunftspflichtgesetz" verletzt sieht und den Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides stellt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Auskunftspflichtgesetzes, LGBl. Nr. 20/1988, idF. Nr. 29/1999, lauten wie folgt:

"§ 1. (1) Die Organe des Landes und der Gemeinde Wien sowie der durch Landesgesetz geregelten Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs Auskunft zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskunft ist eine Wissenserklärung. Sie hat auf dem Wissen zu beruhen, über das ein auskunftspflichtiges Organ in dem Zeitpunkt verfügt, in dem das Auskunftsbegehren bei ihm einlangt.

(3) Jedermann hat das Recht, Auskünfte zu verlangen.

(4) Die Organe beruflicher Vertretungen sind nur gegenüber den diesen Vertretungen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird.

(5) Auskunft ist nur insoweit zu erteilen, als dadurch die Besorgung der übrigen Aufgaben eines Organs nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Auskunft ist nicht zu erteilen, wenn sie offenkundig mutwillig begehrt wird. ....

§ 3. (1) Auskunft ist nach Möglichkeit mündlich oder telefonisch zu erteilen.

(2) Auskunft ist ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber acht Wochen nach dem Einlangen des Begehrens bei dem zuständigen Organ, zu erteilen.

(3) Wird die Auskunft ausdrücklich verweigert oder nicht fristgerecht erteilt, hat das Organ auf Antrag des Auskunftswerbers innerhalb von drei Monaten ab Antrag mit schriftlichen Bescheid zu entscheiden, ob die Auskunft zu erteilen ist. Wird die Auskunft nachträglich erteilt, endet die Pflicht zur Bescheiderlassung.

(4) Langt bei einem Organ ein Begehren um Auskunft in einer Sache ein, die nicht in seinen Wirkungsbereich fällt, so hat es das Begehren unverzüglich an das zuständige Organ weiterzuleiten oder den Auskunftswerber an dieses zu weisen. Der Auskunftswerber ist von der Weiterleitung zu verständigen.

(5) Auf Antrag des Auskunftswerbers hat das Organ mit schriftlichem Bescheid über seine Zuständigkeit zur Auskunftserteilung zu entscheiden.

(6) Für das in den Abs. 3 und 5 vorgesehene Verfahren gilt das AVG 1950, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft begehrt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist. Eine Berufung ist nur gegen Bescheide des Magistrats zulässig. ...."

Der Beschwerdeführer vertritt im Wesentlichen die Auffassung, die Behörde habe ihm die begehrte Auskunft nicht erteilt, weil die im Schreiben vom 14. Februar 2000 enthaltenen Ausführungen inhaltlich keineswegs als Auskunft anzusehen seien, zumal sie nicht auf die Anfrage eingingen. Im Übrigen sei damit nicht das Schreiben vom 20. Februar 2000 beantwortet worden.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Die Behörde hat die an sie gerichtete Fragen in einer dem Auskunftspflichtgesetz entsprechenden Art und Weise, in Form einer kurzen Information, beantwortet. Die Behörde ist nach dem Auskunftspflichtgesetz weder zu umfangreichen Ausarbeitungen noch zur Erstellung von Gutachten oder Statistiken oder zur Auslegung von Bescheiden verhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. August 2002, Zl. 2002/10/0099, das den Beschwerdeführer betrifft, und das hg. Erkenntnis vom 22. April 2002, Zl. 2002/10/0034).

Er erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob angesichts des Inhaltes der "Anfrage" des Beschwerdeführers überhaupt eine Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft bestand. Im Übrigen ist den Beschwerdeausführungen zu entgegnen, dass das Schreiben vom 20. Februar 2000 lediglich Bezug auf das Auskunftsersuchen vom 26. Jänner nimmt und darin ausdrücklich erklärt wird, dass "...nochmals meine Eingabe vom 26.01.2000 zu Grunde gelegt" werde, es sich somit um kein selbständiges - neues -

Ersuchen handelt, sondern nur um eine Wiederholung des bezogenen Schreibens.

Da die Nichterteilung der Auskunft Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrages auf Bescheiderlassung ist, ist der Antrag zurückzuweisen, wenn diese Voraussetzung nicht vorliegt, weil etwa die Auskunft erteilt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2000, Zl. 98/01/0473).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Februar 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001110090.X00

Im RIS seit

05.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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