TE Vwgh Beschluss 2003/2/26 2002/04/0175

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Veröffentlicht am 26.02.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §52;
AVG §56;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs6 Z4;
GewO 1994 §350 Abs6;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber  und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, in der Beschwerdesache des Mag. E in S im S-Tal, vertreten durch Dr. Peter Sellemond und Dr. Walter Platzgummer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Speckbacherstraße 25, gegen das als Bescheid gewertete Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Juni 2002, Zl. IIa-22.167/2002, betreffend Bekanntgabe eines Prüfungsergebnisses, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und den dieser angeschlossenen Unterlagen zufolge teilte der Landeshauptmann von Tirol dem Beschwerdeführer mit einem Schreiben vom 20. Juni 2002 folgendes mit :

"Sehr geehrter Herr Magister !

Laut Beschluß der Kommission für die Abnahme der Befähigungsnachweisprüfung für das Gewerbe Immobilientreuhänder 'eingeschränkt auf Immobilienverwalter' haben Sie die Prüfung

nicht

bestanden.

Als frühestmöglicher Termin für die Wiederholungsprüfung

wurden für Sie 3 Monate festgelegt."

Auf der Rückseite dieses Schreibens sind die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung (aufgegliedert nach Prüfungsfächern) und die entfallenen Prüfungsteile wiedergegeben. Demnach hat der Beschwerdeführer den 1. Teil der schriftlichen Prüfung in einem Prüfungsfach bestanden und in zwei Fächern nicht bestanden, den

2. Teil der schriftlichen Prüfung in einem Prüfungsfach bestanden und in den übrigen (sechs) Fächern nicht bestanden und den 2.Teil der mündlichen Prüfung bestanden; der 1. Teil der mündlichen Prüfung sowie der Prüfungsteil Unternehmensprüfung sind entfallen.

Das Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Juni 2002 ist wie folgt gefertigt:

"Mit freundlichen Grüßen:

Für den Landeshauptmann:

Stadlwieser

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Obrist"

Gegen diese vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Erledigung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 24. September 2002, B 1238/02-4, ab und trat sie entsprechend dem in der Beschwerde gestellten Eventualantrag dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab. In dem genannten Beschluss betont der Verfassungsgerichtshof, dass "ohne Auseinandersetzung mit der Frage, ob die angefochtene Erledigung überhaupt einen tauglichen Beschwerdetitel bildet" von der Behandlung der Beschwerde abgesehen wurde.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate behauptet wird.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, wobei nach der ständigen hg. Judikatur eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig ist, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid - im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes - in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde.

Um von der Erledigung einer Verwaltungsbehörde als von einem Bescheid sprechen zu können, ist es unabdingbar, dass der Inhalt dieser Erledigung in der normativen Regelung einer Verwaltungssache besteht (vgl. den hg. Beschluss vom 10. Februar 1998, Zl. 97/04/0252, und die dort zitierte Vorjudikatur; sowie zuletzt etwa den hg. Beschluss vom 26. Juni 2002, Zl. 2002/04/0068).

Nun können wohl auch formlose Schreiben einer Behörde Bescheide sein, vorausgesetzt allerdings, es geht aus der Erledigung eindeutig der Wille der Behörde hervor, gegenüber einer individuell bestimmten Person eine konkrete Verwaltungsangelegenheit normativ zu regeln.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt.

§ 350 GewO 1994 regelt das Verfahren bei Prüfungen (Prüfungswesen). Nach dem Abs. 6 dieser Gesetzesstelle ist dem Prüfling das Ergebnis der Prüfung durch den Vorsitzenden vor der gesamten Kommission bekanntzugeben. Dem Prüfling ist auf sein Ersuchen im Anschluss an die Prüfung in Anwesenheit des Vorsitzenden oder eines von ihm zu bestimmenden Prüfungskommissärs Einsicht in die Beurteilung seiner schriftlichen Prüfungsarbeit zu gewähren. Gegen den Beschluss der Kommission steht dem Prüfling kein Rechtsmittel zu. Über die bestandene Prüfung ist dem Geprüften eine Zeugnis auszustellen, das auf "bestanden", allenfalls - bei weit über dem Durchschnitt liegenden Leistungen - auf "mit Auszeichnung bestanden" zu lauten hat. Aus dem Zeugnis muss die Einstimmigkeit oder Mehrstimmigkeit des Beschlusses ersichtlich sein. Über eine nur teilweise bestandene Prüfung ist dem Geprüften ein Zeugnis auszustellen, wenn er

1. die gesamte Prüfung, nicht jedoch den Prüfungsteil Unternehmensprüfung oder den teil Ausbilderprüfung oder

2. den Prüfungsteil Ausbilderprüfung oder den Prüfungsteil Unternehmerprüfung bestanden hat.

Nach dem ersten Satz des Abs. 7 leg. cit. kann die Prüfung im Fall des Nichtbestehens frühestens nach einem halben Jahr wiederholt werden, die Unternehmerprüfung frühestens nach drei Monaten.

Gemäß Art. II Abs. 6 Z 4 EGVG finden die Verwaltungsgesetze - soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist - keine Anwendung auf die Durchführung von Prüfungen, die der Beurteilung der Kenntnisse von Personen auf bestimmten Sachgebieten dienen, soweit es sich nicht um die Zulassung zur Prüfung handelt.

Wie der Gesetzgeber der GewO 1994 in § 350 Abs. 6 dritter Satz ausdrücklich klargestellt hat, besteht kein Recht auf Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Beschluss der Prüfungskommission (betreffend das Prüfungsergebnis), stellt die Bewertung der bei der Prüfung erbrachten Leistungen doch nicht die Erlassung eines Bescheides sondern ein Gutachten dar (vgl. auch die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, Seite 855, RZ 13 wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur GewO, 395 Blg NR 13. GP).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund und nach dem Inhalt der angefochtenen Erledigung ist das Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Juni 2002 eindeutig als Bekanntgabe eines Prüfungsergebnisses und des in diesem Zusammenhang von der Prüfungskommission bestimmten Termins für die Wiederholungsprüfung zu deuten. Für die Annahme, der Landeshauptmann von Tirol habe mit seinem Schreiben vom 20. Juni 2002 in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise einen Bescheid erlassen bzw. damit eine Verwaltungssache des Beschwerdeführers normativ geregelt, fehlt jeder Anhaltspunkt; schließlich ist die Erledigung auch nicht als Bescheid bezeichnet (vgl. nochmals den zitierten hg. Beschluss und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die gegen diese Erledigung an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde ist daher unzulässig. Sie war demnach § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2003

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Vorliegen eines Gutachtens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002040175.X00

Im RIS seit

25.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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