TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/27 2003/18/0020

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Veröffentlicht am 27.02.2003
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, geboren 1976, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Bergstraße 22, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17. Dezember 2002, Zl. St 129/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 17. Dezember 2002 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien albanischer Volkszugehörigkeit, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer halte sich seit dem 9. Oktober 1998 im Bundesgebiet auf. Er habe unmittelbar nach seiner Einreise einen Asylantrag gestellt, der am 17. April 2000 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Bundesminister für Inneres habe der Anregung auf Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis mit Schreiben vom 30. September 2001 nicht zugestimmt.

Der Beschwerdeführer halte sich seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens am 17. April 2000, sohin seit mehr als zwei Jahren rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Da er in Österreich einer Erwerbstätigkeit nachgehe, greife die nunmehrige Ausweisung in sein Privatleben ein. Er habe jedoch nicht davon ausgehen dürfen, dass er nach dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens weiterhin ohne Aufenthaltstitel in Österreich verbleiben könnte. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß, weshalb die Ausweisung gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Ordnung werde schwer wiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache habe auch von der Ermessensbestimmung des § 33 Abs. 1 FrG Gebrauch gemacht werden müssen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ausführungen, dass der Beschwerdeführer nach der Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. April 2000 über keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfüge. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.

2.1. Im Licht des § 37 Abs. 1 FrG und des von der belangten Behörde zu übenden Ermessens bringt der Beschwerdeführer vor, er gehöre einer Großfamilie an und habe sieben Geschwister. Die Eltern und drei Brüder lebten noch immer im Kosovo in Behelfsunterkünften. Das Heimatdorf sei fast zur Gänze zerstört worden. Er habe im Fall seiner Rückkehr Angst vor Übergriffen durch fanatisierte UCK-Leute, die ihm vorwerfen würden, dass er nicht gekämpft hätte. Seit seiner Einreise nach Österreich habe er sich hier vollständig integriert. Er verfüge über eine bis zum 5. April 2003 befristete Arbeitserlaubnis und gehe in Österreich einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nach. Er habe sich während seines Aufenthaltes keiner Vergehen schuldig gemacht und unterstütze mit seinem Einkommen seine Familie im Kosovo. Aus dem bloßen Umstand, dass der Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel besitze, lasse sich ein dringendes Gebotensein seiner Ausweisung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele ohne eingehende und nachvollziehbare Begründung nicht ableiten. Die belangte Behörde habe das ihr obliegende Ermessen nicht ausgeübt bzw. nicht eingehend genug begründet und in Verkennung der Rechtslage das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen durchgehend höher eingeschätzt als familiäre, private, existentielle und humanitäre Gründe. Er verdiene eine wohlwollende Ausübung des Ermessens. Dabei seien auch jene Lebensumstände, die den Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Kosovo erwarten, zu berücksichtigen.

2.2. Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Insoweit er mit seinen Ausführungen in Zweifel zieht, dass seine Ausweisung im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde sowohl auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit dem 9. Oktober 1998 als auch auf den Umstand seiner (rechtmäßigen) Beschäftigung in Österreich Rücksicht genommen hat. Die aus der Aufenthaltsdauer und der ausgeübten Beschäftigung ableitbaren persönlichen Interessen sind aber in ihrem Gewicht dadurch deutlich gemindert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers von Oktober 1998 bis April 2000 lediglich auf einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG beruhte und dieser Aufenthalt seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens unrechtmäßig ist. Die belangte Behörde hat zutreffend ausgeführt, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukomme (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zlen. 98/18/0248, 0249). Dem gegenüber treten die nicht besonders ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich in den Hintergrund. Im Hinblick darauf ist die Maßnahme der Ausweisung zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung dringend geboten und daher im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Eine Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG ist im Fall einer auf § 33 Abs. 1 FrG gestützten Ausweisung nicht vorzunehmen.

2.3. Vor dem Hintergrund des Gesagten ist auch die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe das ihr im § 33 Abs. 1 FrG eingeräumte Ermessen nicht rechtmäßig geübt, nicht zielführend.

§ 33 Abs. 1 FrG räumt insofern Ermessen ein, als er die Behörde ermächtigt, von der Erlassung einer Ausweisung trotz Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzung des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes abzusehen. Nach Art. 130 Abs. 2 B-VG hat die Behörde von dem besagten Ermessen "im Sinne des Gesetzes" Gebrauch zu machen. Sie hat hiebei in Erwägung zu ziehen, ob und wenn ja welche Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung gegen die Erlassung einer Ausweisung sprechen, und sich hiebei insbesondere von den Vorschriften des Fremdengesetzes leiten zu lassen. Es könnten etwa - anders als bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 37 Abs. 1 FrG - öffentliche Interessen zu Gunsten eines Fremden berücksichtigt werden und bei entsprechendem Gewicht eine Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen der Ermessenentscheidung rechtfertigen. Aber auch persönliche, schon im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 37 Abs. 1 FrG zu berücksichtigende Interessen sind bei der Handhabung des Ermessens nach § 33 Abs. 1 FrG dann zu beachten, wenn dies erforderlich ist, um den besonderen im Einzelfall gegebenen Umständen gerecht zu werden. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1998, Zl. 98/18/0209.)

Weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid - dessen Ermessensbegründung ausreichend ist - sind besondere Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, im Grund des § 33 Abs. 1 FrG von ihrem Ermessen, von der Erlassung einer Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen. Dass der Beschwerdeführer einer geordneten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht und sich keinerlei strafbares Verhalten zu schulden kommen ließ, bewirkt keine relevante Verstärkung der maßgebenden Interessen, vielmehr stellen das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für aufenthaltsbeendende Maßnahmen dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2002, Zl. 2002/18/0112).

Für die Frage der Rechtmäßigkeit des Ausweisungsbescheides ist es auch ohne Bedeutung, ob und gegebenenfalls in welchem Staat der Fremde im Sinn des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht ist. Mit der Erlassung einer Ausweisung ist ausschließlich die Verpflichtung des Fremden verbunden, unverzüglich auszureisen; es wird damit jedoch nicht (auch) ausgesprochen, in welchen Staat er auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde. Die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat stellt sich im Verfahren betreffend eine Ausweisung nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0149). Die belangte Behörde hat daher die von der Beschwerde ins Treffen geführten schlechten Lebensbedingungen im Heimatland des Beschwerdeführers zu Recht bei der Ermessensübung außer Betracht gelassen.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

4. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 27. Februar 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180020.X00

Im RIS seit

06.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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